Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2007
Aktenzeichen: 10 W (pat) 30/06

(BPatG: Beschluss v. 20.06.2007, Az.: 10 W (pat) 30/06)

Tenor

Die Beschwerde und der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Für seine Patentanmeldung 102 47 443.5-25 vom 11. Oktober 2002 wurde dem Anmelder durch Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 8. Mai 2003 antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe für das Prüfungsverfahren bewilligt.

Mit Schreiben vom 7. März 2005 wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass er die 3. Jahresgebühr nicht innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit entrichtet habe und dass die Anmeldung als zurückgenommen gelten müsse, wenn die Gebühr samt einem Verspätungszuschlag (insgesamt 120,- €) nicht bis zum 2. Mai 2005 gezahlt werde. Nachdem keine Zahlung erfolgt war, erfolgte die Feststellung, dass die Anmeldung mit Wirkung vom 3. Mai 2005 als zurückgenommen gelte.

Ebenfalls unter dem Datum des 3. Mai 2005, eingegangen am 4. Mai 2005, hatte der Anmelder ein Schreiben an das DPMA verfasst. Darin entschuldigte er sich für die Nichteinhaltung des Termins und beantragte Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr. Das DPMA erläuterte ihm daraufhin schriftlich, dass trotz der bewilligten Verfahrenskostenhilfe für das Prüfungsverfahren eine jährliche Beantragung der Verfahrenskostenhilfe für die jeweils fällige Jahresgebühr erforderlich sei. Der Antrag müsse spätestens zur Fälligkeit der Jahresgebühr vorliegen. Da er im vorliegenden Fall zu spät eingegangen sei, gelte die Anmeldung wegen Nichtzahlung der 3. Jahresgebühr als zurückgenommen.

Daraufhin beantragte der Anmelder am 16. Juni 2005 Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 3. Jahresgebühr. Zur Begründung gab er in seinem weiteren Schreiben vom 13. Juli 2005 an, er sei am 29. April 2005 mit seiner Lebensgefährtin zu einem Urlaub in die Berge aufgebrochen. Die eigentlich beabsichtigten Skitouren habe er aus gesundheitlichen Gründen nicht unternehmen können. Nachdem sich nichts gebessert habe, sei er am 9. Mai 2005 zur Behandlung in das Krankenhaus Ruhpolding gegangen. Dort sei er vom 18. Mai bis 9. Juni 2005 in stationärer Behandlung gewesen.

Das DPMA stellte dem Anmelder mit einem Zwischenbescheid vom 28. September 2005 die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrags in Aussicht. Dem Umstand, dass er in der fraglichen Zeit vor Ende der Zahlungsfrist für zwei Tage in Urlaub gewesen sei, könne keine unverschuldete Verhinderung i. S. d. § 123 PatG zuerkannt werden. Im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht und in Anbetracht dessen, dass der Urlaub sicherlich geplant gewesen und somit nicht überraschend gekommen sei, hätte er den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe so zeitig stellen müssen, dass dessen Eingang beim DPMA vor dem 2. Mai 2005 sichergestellt gewesen wäre.

Weil der genannte Zwischenbescheid fälschlicherweise als "Beschluss" überschrieben war, wurde er unter dem Datum 20. Dezember 2005 erneut versandt.

Der Anmelder erklärte auf den Zwischenbescheid in einer Eingabe vom 17. Januar 2006, es sei völlig irrational von ihm gewesen, am 29. April 2005 in Urlaub zu fahren. An diesem Tag sei er schon schwer krank gewesen, was sich aus dem beigefügten Attest des behandelnden Arztes vom Krankenhaus Ruhpolding ergebe. Nach diesem Attest ist es bei dem Anmelder, der sich seit mehreren Jahren in kontinuierlicher ambulanter Behandlung der internistischen Fachklinik des Ruhpoldinger Krankenhauses befunden habe, im April 2005 zu einer ernsthaften internistischen Erkrankung gekommen, die bereits zum damaligen Zeitpunkt eines akuten stationären Krankenhausaufenthaltes bedurft hätte. Dass der Anmelder trotz seines Krankheitszustandes am 29. April 2005 noch zu einem Kurzurlaub in die Schweiz gefahren sei, könne aus medizinischer Sicht nicht nachvollzogen werden, zumal sich durch die körperliche Anstrengung dort der eingeschränkte Gesundheitszustand nochmals dramatisch verschlechtert habe. Aus internistischer Sicht sei der Patient am 2. Mai 2005 nicht arbeitsfähig gewesen.

Durch Beschluss vom 4. April 2006 hat das DPMA - Prüfungsstelle für Klasse E 03 C - den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Auch die Angaben in dem nachgereichten ärztlichen Attest können nach Meinung des Prüfers nicht hinreichend glaubhaft machen, dass der Antragsteller nicht in der Lage gewesen sei, den Verfahrenskostenhilfeantrag rechtzeitig zu stellen. Schließlich sei er in Urlaub gefahren und habe am 3. Mai 2005 den Antrag gestellt. Die notfallmäßige Aufnahme im Krankenhaus sei erst am 18. Mai 2005 erfolgt, also erst zwei Wochen nach Ablauf der Frist zur Stellung des Antrags.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 3. Jahresgebühr für seine Patentanmeldung und außerdem Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.

Zur Begründung der Beschwerde verweist der Anmelder erneut auf seine damalige Erkrankung. Bereits am 27. April 2005 habe er nicht mehr arbeiten können, was seine Lebensgefährtin bezeugen könne.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG statthaft, weil der Anmelder die Frist zur Zahlung der gemäß § 17 Abs. 1 PatG zu entrichtenden 3. Jahresgebühr und damit eine Frist, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, versäumt hat.

Diese Gebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 11. Oktober 2002 - gemäß § 3 Abs. 2 PatKostG am 31. Oktober 2004 fällig geworden und hätte gemäß § 7 Abs. 1 PatKostG bis zum 31. Dezember 2004 zuschlagfrei gezahlt werden können. Nachdem dies nicht geschehen war, hätte der Anmelder noch vier weitere Monate lang die Möglichkeit gehabt, die Gebühr mit einem Verspätungszuschlag nachzuentrichten. Da der 30. April 2005 ein Samstag war, verlängerte sich diese Nachfrist analog § 222 Abs. 2 ZPO bis zum 2. Mai 2005.

Spätestens bis zum Ablauf dieses Tages hätte der Anmelder die 3. Jahresgebühr bezahlen oder einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 PatG für diese Gebühr stellen müssen, wodurch der Nichteintritt der für den Fall der Nichtzahlung vorgesehenen Rechtsfolgen bewirkt worden wäre (§ 130 Abs. 2 PatG). Da der Anmelder den diesbezüglichen Verfahrenskostenhilfeantrag erst am 4. Mai 2005 und damit verspätet gestellt hat, gilt seine Anmeldung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen.

Keine Rolle spielt hierbei der Umstand, dass dem Anmelder bereits Verfahrenskostenhilfe für das Prüfungsverfahren gewährt worden war. Diese Verfahrenskostenhilfe umfasst Jahresgebühren nur, wenn dies gemäß § 130 Abs. 5 PatG ausdrücklich angeordnet ist, was hier nicht geschehen ist.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber nicht in zulässiger Weise gestellt worden.

a) Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG ist die Wiedereinsetzung mit Wegfall des Hindernisses zu beantragen, d. h., sobald der Säumige bei der Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung nachzuholen (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 123 Rn. 26). Somit ist das Hindernis im vorliegenden Fall bereits einen Tag nach Fristende, am 3. Mai 2005, weggefallen, als der Anmelder an das DPMA einen Brief sandte und Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr beantragte. Fristende für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags war demnach der 3. Juli 2005. Die Antragstellung vom 16. Juni 2005 war somit rechtzeitig.

b) Der Anmelder hätte aber gemäß § 123 Abs. 2 Satz 2 PatG innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist auch Angaben zu den die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen machen müssen, was er nicht getan hat. Vielmehr hat er erstmals mit Schreiben vom 13. Juli 2005 seine gesundheitlichen Probleme vorgetragen. Dieses Vorbringen darf - weil es verspätet war - von Gesetzes wegen nicht berücksichtigt werden.

3. Abgesehen davon wäre es auch zur Begründung der beantragten Wiedereinsetzung nicht geeignet.

In dem Schreiben vom 13. Juli 2005 hat der Anmelder lediglich vorgetragen, er sei am 29. April 2005 in Urlaub gefahren und habe dort aus gesundheitlichen Gründen keine Skitouren machen können. Daraus ist nichts zu entnehmen, was ihn an der Fristeinhaltung gehindert haben könnte. Die weiterhin dargestellten Umstände (insbesondere die ärztliche Untersuchung und der Krankenhausaufenthalt) betreffen nicht den hier maßgeblichen Zeitraum.

Auch durch die ergänzenden Ausführungen in der Eingabe vom 17. Januar 2006 sowie in der Beschwerdebegründung - einschließlich des vorgelegten ärztlichen Attests - ist nicht glaubhaft gemacht, dass gesundheitliche Gründe den Anmelder an der rechtzeitigen Beantragung der Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr gehindert haben könnten. Selbst wenn der Urlaubsantritt am 29. April 2005 "irrational" gewesen sein sollte, folgt daraus nicht, dass der Anmelder nicht imstande war, vor der Fahrt in den Urlaub den Verfahrenskostenhilfeantrag zu stellen. Auch das ärztliche Attest, wonach der Anmelder im April 2005 auf Grund einer "ernsthaften internistischen Erkrankung" eines stationären Krankenhausaufenthaltes bedurft hätte, stellt - ebenso wie die weitere Aussage, der Anmelder sei am 2. Mai 2005 nicht arbeitsfähig gewesen - keinen ausreichenden Beleg für ein mangelndes Verschulden dar. Nachdem der Anmelder dazu in der Lage war, wenige Tage vor Fristende eine Reise anzutreten und unmittelbar nach Fristende einen sachlich fundierten Brief an das DPMA zu senden (mit Entschuldigung für die Fristversäumung und Beantragung der Verfahrenskostenhilfe), erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb er nicht in der Lage gewesen sein soll, rechtzeitig (etwa vor Reiseantritt) den Verfahrenkostenhilfeantrag zu stellen.

4. Wegen Erfolglosigkeit der Beschwerde hat der Anmelder auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (§ 130 Abs. 1 PatG).






BPatG:
Beschluss v. 20.06.2007
Az: 10 W (pat) 30/06


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