Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. April 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 166/06

(BPatG: Beschluss v. 23.04.2009, Az.: 30 W (pat) 166/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 eingetragenen, am 7. Juni 2001 veröffentlichten Wortmarke 300 83 698

"lladro"

ist Widerspruch erhoben worden aus der seit dem 18. Januar 1990 für die Waren der Klassen 14, 18, 21 und 25

"Metaux precieux et leurs alliages et objets en ces matières ou en plaque non compris dans d'autres classes; joaillerie, bijouterie fantaisie et pierres precieuses, horlogerie et instruments chronometriques; Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d'autres classes; peaux d'animaux; malles et valises; parapluies, ombrelles et cannes; cravaches et sellerie; Bibelots artistiques en porcelaine, ustensiles et recipients pour le menage ou la cuisine (ni en metaux precieux ni en plaque) ; peignes et eponges; brosses (à l'exception des pinceaux), materiel pour la fabrication des brosses; materiel de nettoyage; paille de fer (eponges metalliques en acier); verre à l'etat brut ou miouvre (à l'exception du verre de construction), verrerie, porcelaine et fa•ence non comprises dans d'autres classes; Vêtements, chaussures et chapellerie"

in Deutschland geschützten Wort-Bild-Marke IR 545 378 Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamtes (DPMA) hat mit zwei Beschlüssen vom 18. Oktober 2004 und 20. März 2006 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr der Marken zurückgewiesen. Im ersten Beschluss einer Prüferin des gehobenen Dienstes ist die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen verneint worden, wobei die vom Markeninhaber erhobenen Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke offengelassen, aber deren mögliche Relevanz im weiteren Verfahren ausdrücklich klargestellt worden ist. In dem auf die Erinnerung der Widersprechenden ergangenen Beschluss vom 20. März 2006 hat die Erinnerungsprüferin eine Ähnlichkeit zwischen den angegriffenen Waren "wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungsund Unterrichtsapparate und -instrumente" und den Widerspruchswaren "Zeitmessund chronologische Instrumente" bejaht, aber insoweit darauf abgestellt, dass die Widersprechende hinsichtlich dieser Waren keinerlei Unterlagen vorgelegt und damit die nach der vom Markeninhaber zulässigerweise erhobenen Nichtbenutzungseinrede die erforderliche rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht habe. Dagegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, in deren Begründung sie auf die Benutzung ihrer Marke mit keinem Wort eingegangen und auch keine weiteren Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht hat.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache bereits deshalb keinen Erfolg, weil die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht hat.

Der Inhaber der jüngeren Marke hat mit Schriftsatz vom 7. Januar 2002 die Benutzung der seit dem 18. Januar 1990 eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten. Diese Einrede war auch zulässig, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG im Zeitpunkt der für IR-Marken maßgeblichen Veröffentlichung der Eintragung im Veröffentlichungsblatt der WIPO (vgl. § 114 Abs. 1 MarkenG) abgelaufen war. Zudem umfasst die undifferenzierte Geltendmachung der Nichtbenutzung auch die weitere Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 43 Rdn. 15 m. w. N.), wonach die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch glaubhaft zu machen hat, so dass seitdem die Widersprechende auch insoweit Unterlagen zur Glaubhaftmachung einzureichen hatte. Nachdem die Bedeutung der Einrede der Nichtbenutzung für das Rechtsmittelverfahren bereits im Erstprüferbeschluss vom 18. Oktober 2004 klargestellt worden ist und im Erinnerungsbeschluss vom 20. März 2006 ausdrücklich die Glaubhaftmachung der Benutzung für nicht ausreichend erachtet wurde, wäre es Aufgabe der Widersprechenden gewesen, vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass sie ihre Marke sowohl innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke als auch innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch benutzt hat (§ 43 Abs. 1 S. 1 und 2 MarkenG). Das ist für den ersten Zeitraum, wie die Markenstelle zu Recht festgestellt hat, nicht hinreichend und für den zweiten Benutzungszeitraum überhaupt nicht geschehen. Für einen solchen Sachvortrag und der Einreichung von Glaubhaftmachungsunterlagen bedurfte es keiner besonderen Aufforderung durch das Gericht. Die Widersprechende hat nach Übermittlung der Einrede von sich aus unverzüglich alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der im Rahmen des Benutzungszwanges herrschende Beibringungsgrundsatz lässt es grundsätzlich auch nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 139 ZPO nicht zu, die Widersprechende auf diese Verpflichtung zum Vortrag hinzuweisen (vgl. BPatG GRUR 1996, 981, 982 -ESTAVITAL m. w. N. zur früheren Rechtslage). Zwar besteht die Hinweispflicht des Gerichtes entsprechend § 139 ZPO auch im Widerspruchsverfahren. Sie hat aber ihre Grenze in Fällen, in denen ein solcher Hinweis eine Selbstverständlichkeit wäre, in denen nicht ersichtlich ist, dass dieser Gesichtspunkt übersehen worden ist oder wenn der Hinweis die Stellung der einen Partei stärken und gleichzeitig die der anderen schwächen würde, also zu einer Parteinahme des Gerichts führen würde. Nachdem die Benutzungsfrage im Erinnerungsbeschluss der Markenstelle ausdrücklich thematisiert worden ist, bedurfte es ohnehin bei der anwaltlich vertretenen Widersprechenden auch keines weiteren Hinweises. Die Widersprechende hat auch ausreichend Gelegenheit gehabt, zur Nichtbenutzungseinrede vorzutragen. Der Senat hat mit Schreiben vom 16. März 2009 den Beteiligten noch einmal Schriftsatzfrist zur Stellungnahme bis zum 17. April 2009 gewährt, welche die Widersprechende, die ihrerseits mit Anwaltschriftsatz vom 23. Januar 2009 um Entscheidung gebeten hatte, nicht wahrgenommen hat. Das Schweigen der Widersprechenden ist vom Senat daher als Zugeständnis des gegnerischen Sachvortrags nach § 138 Abs. 3 ZPO zu werten, womit von der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

Der Widersprechenden waren aus Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung unter Billigkeitsgesichtspunkten kommt vor allem bei einem Verhalten eines Beteiligten in Betracht, das mit der prozessualen Sorgfaltspflicht nicht zu vereinbaren ist. Im Falle einer zulässigerweise erhobenen Einrede der Nichtbenutzung ist dies dann anzunehmen, wenn der Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung weiterverfolgt wird (ständige Rechtsprechung, BPatG GRUR 1996, 981 f.; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 71 Rdn. 15 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende keine Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht. Ebenso wenig hat sie ihren Widerspruch zurückgenommen. Ein solches Verhalten zieht zwangsläufig die Kostentragungspflicht nach sich (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O.).

Dr. Vogel von Falckenstein Hartlieb Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 23.04.2009
Az: 30 W (pat) 166/06


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