Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 25. April 2005
Aktenzeichen: AnwZ (B) 81/03

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1985 als Rechtsanwalt in M. zugelassen. Mit Verfügung vom 24. März 2003 hat die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die sofortige Vollziehung ist angeordnet worden Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1.

Soweit der Antragsteller rügt, mangels Ladung von dem Verhandlungstermin vor dem Anwaltsgerichtshof keine Kenntnis gehabt zu haben, vermag dies seinem Rechtsmittel schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil ausweislich der sich bei den Gerichtsakten befindlichen Zustellungsurkunde eine Zustellung der Ladung an ihn am 14. Juni 2003 nach Maßgabe des § 180 ZPO erfolgt ist. Eine Wiedereinsetzung kommt insoweit nicht in Betracht (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 40 Rn. 56). Im übrigen entscheidet der beschließende Senat als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5, 6 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung; auf Verfahrensfehler der Vorinstanz kommt es daher grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren würde eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (vgl. Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl. § 42 Rn. 20; Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2003 - AnwZ(B) 36/02 und vom 17. Mai 2004 - AnwZ(B) 48/03).

2.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlaß der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Gegen den Antragsteller wurden zum Zeitpunkt des Widerrufs Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen der im Widerrufsbescheid im einzelnen aufgelisteten Forderungen betrieben. Zahlungen durch ihn erfolgten vielfach nur unter dem Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder aufgrund bereits eingeleiteter Klageverfahren. Er ist den wiederholten Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen konkret und detailliert Stellung zu nehmen und die hierzu erforderlichen Nachweise vorzulegen, nicht nachgekommen.

b) Anhaltspunkte dafür, daß ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlaß der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.

3. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.

Gegen den Antragsteller sind nach Erlaß der Widerrufsverfügung von weiteren Gläubigern Schuldtitel erwirkt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden. Unter anderem erfolgte gegen ihn ein Vollstreckungsauftrag zur Räumung der Kanzleiräume und Zahlung von über 75.000 Euro wegen rückständiger Mieten. Er wurde zwischenzeitlich mit vier Haftbefehlen (§ 901 ZPO) in das Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen, so daß nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ein Vermögensverfall vermutet wird. Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachzuweisen vermocht. Er hat zwar im Beschwerdeverfahren die Erledigung einzelner Forderungen und den Abschluß zahlreicher Ratenzahlungsvereinbarungen dargetan sowie zu deren Nachweis dem Senat kurz vor und in dem Termin vom 8. November 2004 umfangreiche Unterlagen vorgelegt. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 17. November 2004 ist ihm daraufhin aufgegeben worden, bis spätestens zum 31. Dezember 2004 eine aktuelle Vermögensübersicht und einen Liquiditätsplan vorzulegen sowie die Zahlung der aufgrund der abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarungen für die Monate November und Dezember 2004 geschuldeten Beträge nachzuweisen. Dem ist der Antragsteller jedoch mit Schreiben vom 31. Januar 2005, das der Senat trotz Überschreitung der gesetzten Frist noch berücksichtigt hat, nur sehr unvollkommen nachgekommen. Der Antragsteller hat zwar durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge die aufgrund der geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarungen fälligen Ratenzahlungen für die Monate November und Dezember im wesentlichen nachgewiesen. Er hat es jedoch entgegen der ihm mit Verfügung vom 17. November 2004 unter Ziffer 1. Buchst. a) erteilten Auflage unterlassen, eine aktuelle Vermögensübersicht und einen Liquiditätsplan vorzulegen. Die nicht weiter belegte Übersicht über Einnahmen in den Jahren 2003 und 2004 genügt dem nicht, zumal die Rechtsgrundlage der danach erzielten Einkünfte völlig unklar ist. Zudem bleibt die Gesamthöhe der Forderung des Gläubigers Freiherr H. weiterhin offen. Der Antragsteller hat auch nicht im einzelnen dargetan, wie er die noch verbleibenden Forderungen des Finanzamtes M. (18.269,64 €) und der Sparkasse M. (9.701,84 €) in absehbarer Zeit zurückführen will. Schließlich ist ausweislich eines von der Antragsgegnerin vorgelegten Vollstreckungsprotokolls vom 17. Februar 2005 zwischenzeitlich wegen einer weiteren - bisher nicht bekannten - Forderung in Gesamthöhe von 2.376,02 € gegen den Antragsteller die Mobiliarzwangsvollstreckung fruchtlos durchgeführt worden. Hierbei hat der zuständige Gerichtsvollzieher in dem Protokoll vermerkt, daß der Antragsteller über keine Bankverbindungen verfügt. Nach all dem kann keine Rede davon sein, daß -was erforderlich gewesen wäre - der Vermögensverfall des Antragstellers zweifelsfrei zum Wegfall gekommen ist.

4.

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, daß ungeachtet des fortbestehenden Vermögensverfalls ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gegeben ist.

5.

Der Senat konnte ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten im Termin vom 8. November 2004 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.

Hirsch Ganter Otten Ernemann Schott Frey Wosgien






BGH:
Beschluss v. 25.04.2005
Az: AnwZ (B) 81/03


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