Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 197/03
(BPatG: Beschluss v. 17.02.2004, Az.: 24 W (pat) 197/03)
Tenor
Die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die für "Dienstleistungen im Internet" zur Eintragung in das Register angemeldete Wortmarkeb2bopenhat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts - nach vorheriger Beanstandung als nicht unterscheidungskräftige und beschreibende freihaltebedürftige Angabe - durch Beschluß vom 3. April 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, daß die angemeldete Marke gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei, da sie lediglich aus Angaben bestehe, die zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen im Internet geeignet seien. Der Markenbestandteil "b2b" sei die geläufige Abkürzung für "businesstobusiness" und bezeichne die Abwicklung von Geschäftsvorgängen zwischen Unternehmen durch elektronische Interaktionen bzw über elektronische Medien. Der Begriff "open" bezeichne auf dem Gebiet des Internets ein - für jedermann - offenes Portal oder eine sonstige offene Plattform. In ihrer Gesamtheit verfüge die angemeldete Marke daher über einen konkreten und eindeutigen beschreibenden Sinngehalt. Dabei trete der Charakter als dienstleistungsbeschreibender Sachhinweis auch nicht dadurch zurück, daß der vollständige Fachbegriff eigentlich "b2bopen portal" oder "b2bopen marketplace" heißen müßte, wie er im Verkehr bereits verwendet werde, denn der Verkehr sei an die in der Werbesprache häufig bevorzugte, schlagwortartig verkürzte Ausdrucksweise zur Vermittlung von Sachverhalten gewohnt. Auch würden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise die angemeldete englischsprachige Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung ohne weiteres verstehen, da sowohl das Kürzel "b2b" für "businesstobusiness", für das es kein deutschsprachiges Äquivalent gebe, als auch das Wort "open" in der deutschen Internet-Fachsprache, in der Englisch eine überragende Rolle spiele, geläufige Fachbegriffe darstellten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er macht im wesentlichen geltend, es liege kein absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG vor. "b2bopen" sei keine unmittelbar, sondern allenfalls eine mittelbar beschreibende und damit nicht von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG erfaßte Angabe. Sie lasse nicht automatisch auf die vom Anmelder angebotenen "Dienstleistungen im Internet" schließen und beinhalte keine Artangabe mit inhaltlicher Aussage über allgemeine, die Eigenschaften der Dienstleistungen wesensbestimmende Dienstleistungsmerkmale oder über die Art ihrer Erbringung. Im übrigen zeigten die von der Markenstelle zum Vergleich herangezogenen, im Internet verwendeten Begriffe "B2B Open Portals" und "B2B open digital marketplaces", daß der Begriff "b2bopen" für sich betrachtet nicht zur Beschreibung von Businessto-Business-Portalen im Internet verwendet würde. Außerdem gebe es weder einen zwingenden Zusammenhang zwischen Internet-Portalen und sog "b2b" Geschäftsbeziehungen, noch seien alle Internetportale zwingend offen ("open"). Der Marke fehle ferner nicht die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Maßgeblich sei dabei die Unterscheidungskraft der Marke als Ganzes. Bei deren Beurteilung seien die einzelnen Bestandteile, auch wenn diese als solche nicht unterscheidungskräftig sein sollten, regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Die angemeldete Marke ergebe schon aufgrund der Zusammensetzung der Bestandteile "b2b", "-" und "open" ein eigenartiges eintragungsfähiges Gesamtbild. Auch müsse bei einer neuen, nicht geläufigen Wortzusammenstellung, wie der angemeldeten Marke, deren beschreibender Gebrauch derzeit nicht nachweisbar sei, angenommen werden, daß die Marke bei entsprechender Benutzung in bezug auf die konkret angemeldeten Dienstleistungen als Unterscheidungsmittel geeignet sei. Schließlich stehe die eigene Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamtes, das eine Vielzahl vergleichbarer Marken geschützt habe, im Widerspruch zu der Zurückweisung der angemeldeten Marke.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke sowohl das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG als auch das des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist nicht erforderlich, daß die Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für einschlägige Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, daß sie zur beschreibenden Bezeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen im Verkehr dienen können, eine solchermaßen beschreibende Verwendung also jedenfalls in der Zukunft vernünftigerweise zu erwarten ist. Ein Wortzeichen muß daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 725 f (Nr 25-37) "Chiemsee"; MarkenR 2003, 450, 453 (Nr 32) "DOUBLEMINT"). Diese Voraussetzungen treffen für die angemeldete Marke zu.
An der Bedeutung sowie der Verständlichkeit der Buchstaben-Zahlenfolge "b2b" bei den angesprochenen Verkehrskreisen als einem im Bereich der Informationstechnologie gängigen Kürzel des Begriffs "businesstobusiness", mit dem die Kommunikation oder der elektronische Austausch von Produkten und Dienstleistungen zwischen Unternehmen, insbesondere im Internet, bezeichnet wird (vgl ua Microsoft Press, Computer Lexikon, 7. Aufl, 2003, S 83; Der Brockhaus, Computer und Informationstechnologie, 2003, S 88; jeweils zu "B2B"), bestehen auch aus Sicht des Anmelders keine Zweifel. Das weiter in der Marke enthaltene englische Adjektiv "open" besitzt in der den interessierten Verkehrskreisen geläufigen Computer- und IT-Fachterminologie die Bedeutung "offen", wobei "offen" je nach Sachzusammenhang vor allem im Sinn von "jedermann zugänglich" (zB "open shop" = offener, für jeden zugänglicher Rechenzentrumsbetrieb; vgl Hans Herbert Schulze, Computer-Englisch, 2002, S 236; "open acess" = system where many workstations are available for anyone to use = offener Zugang; vgl PONS, Fachwörterbuch Datenverarbeitung, Engl-Dt, 1997, S 262; "Open Source Software" = eine Software, deren Quellcode frei zugänglich ist; vgl Der Brockhaus, aaO, S 657) oder im Sinn von "system-, hersteller- bzw plattformunabhängig" zu verstehen ist (zB "open (communcation) system" = offenes (nicht herstellergebundenes) (Kommunikations-) System = System von miteinander verbundenen Datenendsystemen, deren Kommunikation durch Anforderungen festgelegt ist, so daß jedes weitere Endsystem, das diese Anforderungen erfüllt, in das System aufgenommen werden kann; vgl Duden, Informatik, 3. Aufl, S 459; "open bus" = offener Bus (erlaubt den Anschluß beliebiger Peripherie); "open messaging interface" = systemfreie Nachrichtenschnittstelle; "open network architecture" = systemfreie Netzarchitektur; "open standard" = systemfreier Standard; vgl Hans Herbert Schulze, aaO, S 235 f; "Open ML" (Abk für "Open Multimedia Language", dt "offene Multimediasprache") = Kodierungsstandard, der in Anlehnung an OpenGL die plattformübergreifende Kommunikation von Multimediadaten zuläßt; "Open Document Archtecture" (dt "offene Architektur für Dokumente") = eine in der ISO-Norm 8613 definierte plattformunabhängige Architektur von Programmen ("offene Systeme") ...; vgl Der Brockhaus, aaO, S 656 u 655). Ausgehend von der Bedeutung der beiden Bestandteile "b2b" und "open" speziell auf dem hier betroffenen Gebiet der Datenverarbeitung und Informationstechnologie beschreibt die daraus zusammengesetzte Marke in ihrer Gesamtheit unmittelbar Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen.
Entgegen der Auffassung des Anmelders ist hierfür nicht erforderlich, daß die angemeldete Marke automatisch auf die angebotenen Dienstleistungen schließen läßt. Vielmehr ist die Frage eines möglichen beschreibenden Charakters der fraglichen Angaben stets in konkretem Bezug zu den jeweils angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen (vgl BGH GRUR 2001, 1042, 1042 "REICH UND SCHÖN"; GRUR 2001, 1043, 1045 f "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"). Dabei ist bei sehr weit gefaßten Waren- oder Dienstleistungsoberbegriffen, wie die vorliegend beanspruchte Formulierung "Dienstleistungen im Internet" einen darstellt, zu berücksichtigen, daß das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bereits dann greift, wenn die angemeldeten Angaben Merkmale nur einzelner, unter den Oberbegriff fallender Waren oder Dienstleistungen bezeichnen (vgl BGH GRUR 2002, 261, 262 "AC"). Zu dem Begriff "Dienstleistungen im Internet", der alle im Bereich des Internet möglichen Dienstleistungen umfaßt, zählen auch solche, die gerade auf die Einrichtung oder das Betreiben jedermann zugänglicher bzw system- oder plattformunabhängiger b2b-Marktplätze, -Portale oder sonstiger b2b-Anwendungen im Internet ausgerichtet sind. In konkretem Bezug hierauf aber erschließt sich den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres der unmittelbar beschreibende Aussagegehalt der angemeldeten Marke. Derartige "Dienstleistungen im Internet" bezeichnet die Kombination "b2bopen" nämlich naheliegend ihrer Art nach als solche, die die Kommunikation oder den elektronischen Austausch von Produkten und Dienstleistungen zwischen Unternehmen im Internet zum Gegenstand haben, beispielsweise die Einrichtung oder das Betreiben eines elektronischen "b2b Markplatzes" oder eines "b2b Internetportals", wobei der durch Bindestrich angefügte Zusatz "open", auch ohne weitere Ergänzungen, wie "portal", "marketplace" bzw auch "standard" oder "system" darauf hinweist, daß der elektronische Austausch zwischen den Unternehmen "offen", also jedermann frei zugänglich bzw system- oder plattformunabhängig ist.
Soweit der Anmelder meint, die Marke sei schon aufgrund des sich aus der Zusammenstellung der einzelnen Bestandteile ergebenden eigenartigen Gesamtbildes eintragungsfähig, kann dem nicht gefolgt werden. Wie dargelegt, geht die Zusammenstellung der beiden Termini aus dem Bereich der Computer- und IT-Fachsprache begriffsinhaltlich nicht über die Summe der Einzelbestandteile hinaus (vgl EuG GRUR Int 2003, 545, 547 (Nr 29) "Kit Pro" u "Kit Super Pro") und ergänzt sich zu einer in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen naheliegend beschreibenden Gesamtaussage. Ferner ist die aufzählende Aneinanderreihung, mittels Bindestrich voneinander abgesetzter, beschreibender Begriffe eine im Rahmen von Produktbeschreibungen gebräuchliche, mithin nicht ungewöhnliche Sprachform (vgl EuGH GRUR 2001, 1145, 1147 (Nr 40, 42 u 43) "Babydry").
Angesichts des - wie dargelegt - für die beanspruchten "Dienstleistungen im Internet" im Vordergrund stehenden, den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres ersichtlichen, unmittelbar beschreibenden Aussagegehalts der in der sprachüblichen Form einer Aufzählung aneinandergereihten Angaben "b2bopen", fehlt der angemeldeten Marke außerdem, auch ohne den Nachweis einer beschreibenden Verwendung der konkret beanspruchten Kombination in Alleinstellung, die erforderliche Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl ua BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch").
Schließlich kann der Anmelder auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 GG) keinen Anspruch auf Eintragung seiner Anmeldung aus etwaigen ähnlichen, vom Deutschen Patent- und Markenamt oder vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) registrierten Marken herleiten. Zum einen handelt es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung (vgl ua BH GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge"; BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Zum anderen muß die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, daß sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann (vgl EuG MarkenR 2002, 260, 266 "SAT.2"; vgl auch EuGH vom 12. Februar 2004 - C-218/01 Nr 59 ff - zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von Voreintragungen).
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BPatG:
Beschluss v. 17.02.2004
Az: 24 W (pat) 197/03
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