Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. September 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 279/04

(BPatG: Beschluss v. 05.09.2007, Az.: 26 W (pat) 279/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 301 69 855 Paderpostfür die Dienstleistungen der Klassen 35 und 39:

"Büroarbeiten; Schreibdienste; Sekretariatsdienstleistungen; Werbung; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken und Verteilung von Werbematerialien; Vervielfältigung von Dokumenten; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Auslieferung von Post und Paketen; Kurierdienste; Botendienste; Verpackung und Lagerung von Waren, insbesondere von Post und Paketen; Transport- und Lagerwesen; Nachrichtenüberbringung; Auslieferung von Waren; Befrachtung; Dienstleistungen eines Frachtmaklers; Auskünfte über Transportangelegenheiten; Dienstleistungen einer Spedition, soweit in Klasse 39 enthalten; Transport und Auslieferung von Briefen, Paketen und Waren; Dienstleistungen eines Frachtunternehmens, nämlich Verfrachten und Entladen von Frachten"

ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 39

"Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Kurierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen, Päckchen, Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendungen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften"

eingetragenen älteren Marke 300 12 966 POST 2. aus der u. a. für Dienstleistungen der Klassen 35:

Werbung; Sponsoring; Geschäftsführung; Marktkommunikation, insbesondere Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen für andere; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung; Beratungsdienstleistungen im Bereich des Direktmarketing.

38:

Telekommunikation; Internet- und Onlinedienstleistungen, nämlich elektronische Übermittlung von Nachrichten und Bildern sowie Sammeln, Bereitstellen und Liefern von Informationen und Daten und sonstige Internet- und Onlinedienstleistungen.

39:

Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren, Veranstaltung von Reisen; Sendungsverfolgung durch elektronische Standortbestimmung der Waren und Güter sowie weitere unterstützende logistische Dienstleistungen wie die systematische Verknüpfung von Waren und Informationsströmen; Briefdienst-, Frachtdienst-, Kurierdienstleistungen; Beförderung von Gütern, Paketen, Postgut, Päckchen, Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Postkarten, Drucksachen, Warensendungen, Wurfsendungen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften, mit Fahrrädern, Kraftfahrzeugen, Maschinenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern der vorgenannten Sendungen.

42:

Philatelie; Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung, Erstellung von technischen Gutachten; technische, gewerbsmäßige Beratungeingetragenen Gemeinschaftsmarke 1 798 701 Deutsche Post.

Die Markenstelle hat die Widersprüche mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz der Eintragung für teilweise identische und im Übrigen hochgradig ähnliche Dienstleistungen bestehe zwischen den beiderseitigen Marken keine Verwechslungsgefahr. Aus der ausgeprägten Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "Post" folge ein eng zu bemessener Schutzumfang. Die Vergleichsmarken enthielten zwar übereinstimmend den Bestandteil "Post", das weitere Markenelement "Pader" der angegriffenen Marke sei aber ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Dem Markenteil "Post" könne keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zugemessen werden. Vielmehr verbänden sich die Elemente "Pader" und "Post" zu einem einheitlichen Gesamtbegriff, den das inländische Publikum ohne weiteres in diesem Sinne werten werde, zumal auch die Schreibweise in einem Wort die Einheitlichkeit der Bezeichnung dokumentiere. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb der Verkehr diese Gesamtbezeichnung aufspalten und den Markenteil "Pader" bei der Benennung des jüngeren Zeichens unberücksichtigt lassen sollte.

Die Voraussetzungen einer assoziativen Verwechslungsgefahr lägen ebenfalls nicht vor. Eine solche Verwechslungsgefahr könne nicht darauf gestützt werden, dass lediglich Übereinstimmungen in Markenbestandteilen vorhanden seien, die in einem der Vergleichszeichen nicht eigenständig kollisionsbegründend hervorträten. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie zu bejahen, weil sich sämtliche von der Widersprechenden eingeführten Marken im Aufbau erheblich von der angegriffenen Marke unterschieden. Daher könne die Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen dahinstehen.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie vertritt unter Hinweis auf eine Anzahl von Beschlüssen verschiedener nationaler Gerichte, mit denen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Widerspruchsmarken und Kennzeichnungen Dritter, wie z. B. "DBP - Deutsche Brief-Post" und "Die neue Post", bejaht worden ist, die Ansicht, auch die Marken des vorliegenden Widerspruchsverfahrens seien verwechselbar, weil das Wort "Post", dem neben seiner beschreibenden Bedeutung auch die Funktion eines Hinweises auf ihr Unternehmen zukomme, innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung innehabe, weil der Begriff "Pader" einen gewissen geografischen Bezug habe. Nach den vom Europäischen Gerichtshof u. a. im "THOMSON LIFE"-Urteil (MarkenR 2005, 438 ff.) aufgestellten Grundsätzen sei die Hinzufügung eines beschreibenden Bestandteils zu einer identisch übernommenen älteren Marke dazu geeignet, die selbständig kennzeichnende Stellung der übernommenen älteren Marke innerhalb einer jüngeren Kennzeichnung in Frage zu stellen. Auf Grund der im Eintragungsverfahren nachgewiesenen Tatsache, dass ca. 83 % der beteiligten Verkehrskreise das Wort "POST" dem Unternehmen der Widersprechenden zurechneten, weise die Marke "POST" eine erhöhte Kennzeichnungskraft auf, die zur Folge habe, dass der Verkehr der Bezeichnung "POST" auch dann einen Hinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden entnehme, wenn es ihm als Bestandteil jüngerer Marken Dritter begegne. Eine selbständig kennzeichnende Stellung sei aber, wie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 19. Juli 2007 (WRP 2007, 1193 - Euro Telekom) festgestellt habe, selbst dann anzunehmen, wenn die von Haus aus schutzunfähige Bezeichnung durch Verkehrsdurchsetzung nur eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft erworben habe. Die Widersprechende verweist auf eine Anzahl von für sie eingetragenen Marken, die das Wort "Post" enthalten. Unter diesen fänden sich auch solche, die - wie z. B. die Marken "Centerpost" oder "Regiopost" - mit der angegriffenen Marke in Bezug auf die Art der Markenbildung ohne weiteres vergleichbar seien, weshalb auch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken bestehe.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2003 und 21. September 2004 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie beantragt zudem, das Beschwerdeverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des die Widerspruchsmarke 300 12 966 betreffenden Löschungsverfahren auszusetzen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Beschlüsse als zutreffend und führt ergänzend aus, der Begriff "POST" sei nicht schutzfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG, da es sich um einen beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen Begriff handele, der zudem zur Umschreibung der betreffenden Dienstleistungen üblich geworden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Verfahrensbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr gilt der Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe bzw. der Abstand der beiderseitigen wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiete und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Danach kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2007, 235 - Goldhase; GRUR 2006, 859, 861 - Malteserkreuz; GRUR 2005, 61 - CompuNet/ComNet II, jeweils m. w. N.).

Demnach ist die Beschwerde mangels Verwechslungsgefahr zurückzuweisen.

a.) Widerspruchsmarke zu 1): 300 12 966 "POST":

Die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 sind mit den Dienstleistungen, für die diese Widerspruchsmarke eingetragen ist, weitgehend identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich, so dass zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich ist.

Im vorliegenden Widerspruchsverfahren ist von dem rechtlichen Bestand dieser Widerspruchsmarke auszugehen, da das beim Bundesgerichtshof im Rahmen eines gegen die Widerspruchsmarke zu 1) in Gang gesetzten Löschungsverfahrens anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kann - ungeachtet der beim Senat darüber bestehenden Zweifel, die er im bei ihm in der Beschwerdeinstanz geführten Löschungsverfahren ausgesprochen hat - zugunsten der Widersprechenden eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) unterstellt werden. Diese besteht zwar aus dem in der deutschen Umgangssprache geläufigen Begriff "POST", der geeignet ist, die Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, sowie den Gegenstand dieser Dienstleistungen ihrer Art und Gattung nach zu beschreiben, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Wort "POST" diente bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der Widerspruchsmarke seit langem im allgemeinen inländischen Sprachgebrauch einerseits zur Bezeichnung einer Dienstleistungseinrichtung, die Briefe, Pakete, Geldsendungen und andere Gegenstände entgegennimmt, befördert und zustellt, andererseits zugleich als Sammel- und Oberbegriff für die von einer solchen Dienstleistungseinrichtung beförderten Güter, insbesondere für Schriftgut aller Art wie z. B. Briefe und Karten (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Auflage 1999, Band 7, S. 2975 f.). Diese Sprach- und Bezeichnungsgewohnheit, die dadurch begründet worden ist, dass die Beförderung von Schriftgut, Päckchen und Paketen über mehr als ein Jahrhundert allein durch staatliche Einrichtungen wie die Kaiserliche Post, die Reichspost und die Bundespost erfolgt ist, hat sich umgangssprachlich auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost und ihrer Umwandlung in das Unternehmen "Deutsche Post AG" erhalten. Auch heute noch wird zu beförderndes oder bereits befördertes und zugestelltes Schriftgut mit dem Sammelbegriff "POST" bezeichnet, selbst wenn die Beförderung durch andere Unternehmen als das der Widersprechenden erfolgt. Angesichts dieses beschreibenden Charakters fehlt der Bezeichnung "POST" für die fraglichen Dienstleistungen von Haus aus auch jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Widerspruchsmarke zu 1) ist jedoch aufgrund von Verkehrsdurchsetzungen gem. § 8 Abs. 3 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden. Marken, die auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden sind, weisen im Regelfall eine normale Kennzeichnungskraft und damit einen durchschnittlichen Schutzumfang auf (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder; GRUR 2004, 514, 516 - Telekom; WRP 2007, 1192, 1195 - Euro Telekom).

Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft kommt allerdings entgegen der Auffassung der Widersprechenden für die Widerspruchsmarke zu 1) nicht in Betracht. Um bei kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marken von gesteigerter Kennzeichnungskraft ausgehen zu können, bedarf es der Feststellung besonderer Umstände. Solche zusätzlichen Umstände sind von der Widersprechenden weder vorgetragen worden, noch sind sie sonst ersichtlich. Insbesondere können die zum Nachweis der Verkehrsdurchsetzung des von Haus aus beschreibenden Begriffs "POST" durchgeführten Verkehrsbefragungen, die einen hohen Grad der Zuordnung dieses Begriffs zum Unternehmen der Widersprechenden - nach ihrer Auffassung ca. 83 % des angesprochenen Verkehrs - ergeben haben, nicht zur Begründung einer über die durchschnittliche Kennzeichnungskraft hinaus gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke herangezogen werden, weil diese hohen Zuordnungsgrade bereits erforderlich waren, um die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zu überwinden und eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu begründen.

Bei einer hiernach zugunsten der Widersprechenden zu unterstellenden durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) besteht zwischen dieser und der angegriffenen Marke selbst dann keine Verwechslungsgefahr, wenn die Marken für identische Dienstleistungen benutzt werden, weil die beiderseitigen Marken keine hinreichende Ähnlichkeit aufweisen.

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Merkmale zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Bei der Prüfung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr bedeutet die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was allerdings nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marken im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE; BGH a. a. O. - EURO TELEKOM; GRUR 1996, 404; 2006, 513 - Malteserkreuz).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze weisen die beiderseitigen Marken wegen des zusätzlichen Bestandteils "Pader" in der angegriffenen Marke weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht eine Ähnlichkeit auf, die die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken begründen könnte. In begrifflicher Hinsicht kommt eine unmittelbare Verwechslung beider Marken ungeachtet des identischen Bestandteils "POST" ebenfalls nicht in Betracht, weil die angegriffene Marke unübersehbar den Zusatz "Pader" und damit einen geografischen Bezug aufweist, der in der Widerspruchsmarke zu 1) keine Entsprechung findet.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden hat der Begriff "Post" innerhalb der angegriffenen Marke auch keine den Gesamteindruck prägende bzw. selbständig kennzeichnende Stellung inne. Voraussetzung für die Prägung des Gesamteindrucks einer Marke ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Begriff "POST" verbindet sich mit dem ihm vorangehenden Wort "Pader", dem kleinsten Fluss Deutschlands (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Pader), wegen des beschreibenden Begriffsgehalts für den Teil der angesprochenen Verkehrskreise, dem der Name des Flusses bekannt ist, ohne weiteres zu einem Gesamtbegriff in dem Sinne, dass die unter der Marke erbrachten Postdienstleistungen sich regional in besonderem Maße auf das Umland der Pader beziehen. Aber auch für die Teile des Verkehrs, die den Fluss "Pader" nicht kennen und deshalb den beschreibenden Begriffsgehalt nicht erfassen, besteht nach dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr eine Marke in ihrer Gesamtheit auffasst und zu näheren Analysen im allgemeinen nicht neigt, keinerlei Veranlassung, den Begriff "Pader" in dem zusammengeschriebenen Wort zu vernachlässigen, denn nach der Art der Wortbildung beinhaltet er erkennbar jedenfalls irgendeine, nicht aber notwendig beschreibende Spezifizierung des nachfolgenden Begriffs "POST". Unter anderem auch deshalb unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem durch den Bundesgerichtshof in der Sache "Euro Telekom" (a. a. O.) zu beurteilenden Sachverhalt, in dem die angegriffenen Bezeichnungen als getrennte Wörter oder allein durch einen Bindestrich verbunden nebeneinander standen, so dass bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit die für mehrteilige Marken geltenden Rechtsgrundsätze Anwendung gefunden haben, während im vorliegenden Fall dem Verkehr in der angegriffenen Marke auf Grund der Zusammenschreibung der Bezeichnung "Paderpost" ein Verständnis dieser Bezeichnung als ein einziges, zusammengehöriges Wort schriftbildlich und klanglich nahe gebracht wird.

Auch der Umstand, dass das Wort "Post" auf Grund seiner Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung eine normale Kennzeichnungskraft aufweist, ist entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht geeignet, eine prägende oder selbständig kennzeichnende Stellung dieses Bestandteils innerhalb der angegriffenen Marke zu begründen. Denn der Bestandteil "Pader" trägt ungeachtet seiner Eignung, die angemeldeten Dienstleistungen inhaltlich zu beschreiben, als seinerseits durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Bestandteil maßgeblich zur Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke bei. Zwar gilt der Erfahrungssatz, dass der Verkehr einem Zeichen, das infolge seiner Benutzung eine Stärkung der Kennzeichnungskraft erfahren hat, auch dann einen stärkeren Herkunftshinweis entnimmt, wenn er diesem nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen Zeichens begegnet (BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; vgl. auch BGH GRUR 2004, 154, 156 Farbmarkenverletzung II), grundsätzlich auch bei Zeichen, die ihre Eintragungsfähigkeit erst aufgrund der Durchsetzung im Verkehr erlangt haben (BGH a. a. O., Rn. 25 - EURO TELEKOM). Daraus lässt sich aber für den vorliegenden Fall selbst bei Unterstellung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) nichts zugunsten der Widersprechenden herleiten. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden mangels Kenntnis der Bedeutung des Wortes "Pader" die Beschreibungseignung entweder nicht erkennen oder aber, soweit der beschreibende Inhalt erkannt wird, das Markenwort als eigenständigen Gesamtbegriff auffassen. Deshalb ist die Kennzeichnungskraft des Worts "Pader" jedenfalls nicht geringer zu bewerten als die Kennzeichnungskraft der ihr innerhalb der angegriffenen Marke nachfolgenden Bezeichnung "POST", wenn es nicht gar aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers den allein prägenden Bestandteil der angegriffenen Marke darstellt.

Es besteht auch nicht die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Verkehr, der die Unterschiede der Marken wahrnimmt und sie deshalb nicht unmittelbar verwechselt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelheiten Anlass hat, die jüngere Marke (irrtümlich) der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung zu schließen. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, werden von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht erfasst (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24). In erster Linie hat der Verkehr dann Anlass, eine jüngere Kennzeichnung dem Inhaber der älteren Marke zuzuordnen, wenn dieser den Verkehr durch die Benutzung einer Markenserie mit einem wiederkehrenden Stammbestandteil bereits daran gewöhnt hat, diesen Stammbestandteil als Hinweis auf sein Unternehmen zu verstehen. Für die Annahme, der inländische Durchschnittsverbraucher der hier maßgeblichen Dienstleistungen verstehe das Wort "POST" in einem rechtlich erheblichen Umfang auch dann irrtümlich als auf das Unternehmen der Widersprechenden hinweisenden Stammbestandteil, wenn es ihm in jüngeren Kennzeichnungen Dritter begegnet, fehlt es jedoch an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, ob, wie lange und in welchem Umfang die Widersprechende welche der für sie eingetragenen und zudem prioritätsälteren Marken mit dem Wortbestandteil "POST" im Verkehr für die hier maßgeblichen Dienstleistungen benutzt hat und den Verkehr damit an die Verwendung des Stammbestandteils als Hinweis auf ihr Unternehmen gewöhnt hat.

Zwar kann im Einzelfall auch ohne vorherige Benutzung der Markenserie die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken bestehen. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn eine im Verkehr bekannte Marke bzw. Unternehmenskennzeichnung innerhalb einer mehrteiligen jüngeren Marke, ohne diese zu dominieren, eine derart selbständig kennzeichnenden Stellung innehat, dass der durch das zusammengesetzte Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum glauben machen kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a. a. O. Rdn. 30 ff. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 1996, 267, 269 - AQUA). Eine solche selbständig kennzeichnende Stellung weist die Widerspruchsmarke, bei der auch an dieser Stelle von aufgrund Verkehrsdurchsetzung erworbener Eintragungsfähigkeit und damit durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen ist, innerhalb der angegriffenen Marke jedoch nach dem bereits oben Gesagten nicht auf. Es kommt hinzu, dass der inländische, angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher auf Grund der seit Jahren andauernden und umfangreichen Berichterstattung in den deutschen Medien über den teilweise bereits erfolgten und demnächst vollständig abgeschlossenen Wegfall des Postmonopols darüber informiert ist, dass es zwischenzeitlich außer der Widersprechenden eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer Postdienstleistern gibt, so dass er jedenfalls dann, wenn er einem Zeichen begegnet, das wie die angegriffene Marke neben dem Wort "POST" weitere kennzeichnend wirkende Bestandteile aufweist, keinen begründeten Anlass hat, eine entsprechend gebildete Marke dem Unternehmen der Widersprechenden zuzuordnen. Auch insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem BGH-Urteil "Euro Telekom", da die Bezeichnung "Telekom" - anders als "POST" - erst nach der Privatisierung des Telekommunikationsbereichs durch ihre häufige Verwendung und nicht auf Grund eines vorangegangenen "Monopols" Verkehrsbekanntheit erlangt hat.

b.) Widerspruch 2 aus der Gemeinschaftsmarke 1 798 701 Für die Verneinung der Verwechslungsgefahr zwischen dieser Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke wird auf die zum Widerspruch 1 vorstehend getroffenen Feststellungen Bezug genommen, die hier in gleicher Weise zutreffen. Hinzu kommt, dass der rein beschreibende Begriff "Deutsche" in der Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke weder identisch noch sinngemäß eine Entsprechung findet.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall zu entscheiden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallentscheidung getroffen worden ist, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten in anderen, von der Widersprechenden zur Stützung ihrer Rechtsauffassung angeführten Entscheidungen, ganz oder teilweise nicht vergleichbar sind.

Für die von der Widersprechenden gemäß §§ 82 Abs. 1 MarkenG, 148 ZPO beantragte Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens, das die Frage der Rechtsbeständigkeit der Widerspruchsmarke zu 1), deren Löschung beantragt ist, zum Gegenstand hat, war kein Raum. Der Ausgang dieses Verfahrens ist für die Widerspruchsentscheidung nicht vorgreiflich, weil der Senat bei seiner Entscheidung den rechtlichen Bestand der Widerspruchsmarke und deren durchschnittliche Kennzeichnungskraft unterstellt hat. Feststellungen zu der Frage, ob diese Marke über eine normale oder eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, sind nicht Gegenstand des Löschungsverfahrens, so dass keine rechtliche Aussage zu dieser Frage in dem beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu erwarten ist.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Prietzel-Funk Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.09.2007
Az: 26 W (pat) 279/04


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