Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 17. Februar 2012
Aktenzeichen: 38 O 148/11 U.

(LG Düsseldorf: Urteil v. 17.02.2012, Az.: 38 O 148/11 U.)

Tenor

Der Beschluss der 2a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 5. September 2011 bleibt aufrechterhalten.

Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist die Holding-Gesellschaft des Bekleidungsherstellers "G". Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke 274159, einer einen Lorbeerkranz darstellenden Bildmarke, die Schutz unter anderem für die Klassen 18 und 25 genießt. Wegen der Einzelheiten der Eintragung wird auf die Anlage EVK 3 a verwiesen.

Eine gleiche nationale Marke ist für die Antragstellerin unter der Nummer DPM 000000 eingetragen.

Die Antragsgegnerin betreibt Internetplattformen, über die von Kunden gestaltete Motive mit Bekleidungsstücken, Accessoires und Taschen kombiniert werden können, die sodann von der Antragsgegnerin vertrieben werden.

Im Sommer 2011 hat die Antragsgegnerin verschiedene Lorbeerkranz-Motive, wegen derer genauer Gestaltung auf die Abbildungen in der Antragsschrift und den Anlagen EVK 15 a - d Bezug genommen wird, zur Verfügung vorrätig gehalten und bei Testkäufen geliefert.

Die Antragstellerin sieht hierdurch ihre Markenrechte verletzt. Die Marken seien durch jahrzehntelange Benutzung und umfangreiche Marketinganstrengungen in ihrer Kennzeichnungskraft gesteigert. Bei Warenidentität benutze die Antragsgegnerin markenmäßig teils identische, teils hochgradig verwechslungsfähige Zeichen, zudem unter Ausnutzung und Beeinträchtigung der bekannten Marken der Antragstellerin.

Im Hinblick auf den eigenen Vertrieb der Antragstellerin bestehe daneben eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die 2a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf durch Beschluss vom 05.09.2011 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union

1 das nachfolgend abgebildete Zeichen auch in hell auf dunklem Hintergrund

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

auf Bekleidungsstücken,

oder

2 das nachfolgend abgebildete Zeichen auch in dunkel auf hellem Hintergrund

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

auf Bekleidungsstücken oder Taschen,

oder

3 das nachfolgend abgebildete Zeichen auch in hell auf dunklem Hintergrund

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

auf Bekleidungsstücken oder Taschen

oder

4 das nachfolgend abgebildete Zeichen auch in hell auf dunklem Hintergrund

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

auf Bekleidungsstücken

oder

5 das nachfolgend abgebildete Zeichen auch in hell auf dunklem Hintergrund

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

auf Bekleidungsstücken,

zu benutzen, insbesondere die Zeichen auf den Waren anzubringen, die Waren unter Verwendung dieser Zeichen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder in der Werbung für diese Waren zu benutzen.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Sie ist der Auffassung, es fehlte ein Verfügungsgrund ebenso wie ein Verfügungsanspruch. Die Antragstellerin habe mit der Einleitung gerichtlicher Maßnahmen nach Kenntnis von den behaupteten Rechtsverstößen insbesondere im Hinblick auf eine in der Abmahnung nach Stunden bemessene Stellungnahmefrist zu lange gewartet und damit zu erkennen gegeben, dass es ihr nicht eilig sei.

Markenrechtliche Ansprüche stünden der Antragsstellerin im Übrigen nicht zu, weil die Antragsgegnerin die Lorbeerkranz-Motive nicht markenmäßig sondern als dekoratives Element verwendet habe. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des als Symbol vielfach verwendeten Lorbeerkranzes messe der angesprochene Verkehr dem Zeichen keine betriebliche Herkunftsfunktion zu. Es fehle aber auch an einer Verwechslungsgefahr, da sich die verwendeten Zeichen deutlich von den geschützten Marken unterschieden. Zudem werde bestritten, dass die Marken der Antragstellerin innerhalb der letzten 5 Jahre rechtserhaltend benutzt wurden und zugleich die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 05.09.2011 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Widerspruch der Antragsgegnerin vom 10.10.2011 zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 05.09.2011 aufrechtzuerhalten.

Die Antragstellerin weist zur Dringlichkeit daraufhin, dass sofort nach Kenntniserlangung am 07. und 14.07.2011 die erforderlichen Nachforschungen getätigt, Beweise gesichert und Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Rechtsverstöße eingeleitet wurden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Der Beschluss vom 5. September 2011 ist aufrechtzuerhalten.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der im Beschlusstenor beschriebenen Verhaltensweise gemäß Artikel 9 Abs. 1 b GMV.

Die Antragstellerin ist unstreitig Inhaberin der Gemeinschaftsmarke CTM 000000, die Schutz unter anderem für Taschen und Bekleidungsstücke genießt.

Die Marke steht in Kraft. Soweit die Antragsgegnerin eine rechtserhaltende Benutzung der Marken bestreitet, ist der Einwand unberechtigt. Die Antragstellerin hat dargelegt und durch eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 17.08.2011 glaubhaft gemacht, dass sie kontinuierlich in den letzten 5 Jahren in der Europäischen Union mit der Marke gekennzeichnete Waren vertrieben und hierbei Verkaufserlöse im zweistelligen Millionenbereich erwirtschaftet hat. Über die fortdauernden geschäftlichen Aktivitäten verhalten sich auch die vorgelegten Medienberichte.

Die Bildmarke 000000 verfügt mindestens über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Sie enthält keine als beschreibend aufzufassenden Elemente. Die naheliegende Ableitung aus dem Bereich der Symbolik, also der Auszeichnung eines Erfolgreichen, beeinträchtigt die Kennzeichnungskraft nicht. Als Aufdruck auf Textilien und Taschen besteht für den Betrachter kein Zusammenhang mehr mit früher üblichen Bekränzungen im Rahmen einer Siegerehrung.

Die Antragsgegnerin hat der geschützten Marke nahezu identisch ähnliche Zeichen benutzt. Dier hier in Rede stehenden Lorbeerkranz-Motive sind nahezu vollständig identisch (1. Zeichen) und hochgradig ähnlich (2. bis 5. Zeichen). Es handelt sich jeweils um zwei zu einem an der Oberseite offenen Kreis gebogene Zweige mit in etwa linsenförmigen Blättern. Unterschiede untereinander und zu dem geschützten Zeichen, etwa in der Anordnung der Blätter, sind nur bei vergleichender Betrachtung unter Gegenüberstellung der Zeichen erkennbar. Der Umstand, dass sich damit bis an die Identität heranreichende Zeichen und identische Waren verschiedener Hersteller gegenüberstehen, begründet eine erhebliche Gefahr von Verwechslungen im Sinne von Artikel 9 Abs. 1 GMV.

Die Art und Weise der Benutzung der Zeichen durch die Antragsgegnerin ist mindestens auch als herkunftshinweisend anzusehen. Zwar entspricht es allgemeiner Ansicht, dass insbesondere auf der Vorderseite von T-Shirts angebrachte Zeichen eine dekorative oder eine den Träger betreffende Aussagefunktion haben können. Vorliegend ist jedoch auszuschließen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, Verbraucher, die Bekleidungsstücke und Taschen erwerben, nicht auch einen betrieblichen Herkunftsweis annehmen. Zu berücksichtigen ist, dass nach der insoweit nicht substantiiert angegriffenen Darstellung der Antragstellerin "G" eine jahrzehntelange Firmentradition aufweist und auf einen bekannten Sportler zurückgeht. Bekannt ist auch, dass hochpreisige Produkte seit vielen Jahren Markenzeichen nicht nur an versteckter Stelle sondern teilweise sogar demonstrativ zur Schau gestellt werden. Gerade in der Textilbranche ist das großflächige Bedrucken mit geschützten Zeichen nicht unüblich. Der Lorbeerkranz auf der Vorderseite etwa eines T-Shirts beinhaltet auch keine auf den ersten Blick erkennbare Meinungsäußerung. Es fehlt jeglicher Zusammenhang mit Friedenssymbolen oder Organisationen wie beispielsweise der UNO, da der Kranz in seinem Inneren kein weiteres Zeichen aufweist. Es liegt damit nahe, dass ein Verbraucher, der verschiedene Bekleidungsstücke oder Taschen wahrnimmt, die einen der hier in Rede stehenden Kränze aufweisen, annimmt, sie stammten vom selben Hersteller.

Neben dem damit gegebenen Anspruch auf Unterlassung ist auch die zum Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit als gegeben anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (so zuletzt Urteil vom 07.06.2011 Aktenzeichen I 20 U 1/11) ist im Bereich kennzeichenrechtlicher Auseinandersetzungen für eine Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG kein Raum. Vielmehr ist eine Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmen. Den Nachteilen, die der Antragstellerin aus einem Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung entstehen können, sind die Nachteile gegenüber zu stellen, die der Antragsgegnerin aus der Anordnung entstehen. Diese Abwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an einer einstweiligen Regelung zu ihren Gunsten deutlich überwiegt. Die Antragstellerin muss eine ständige Schwächung ihres Zeichens befürchten, während die Lorbeerkranz-Motive für die Antragsgegnerin keine überragende wirtschaftliche Bedeutung aufweisen. Diese Motive sind Einzelfälle aus einem weit gespannten Sortiment gestalterischer Möglichkeiten. Das summarische Verfahren bietet auch nicht lediglich eingeschränkte Erkenntnismöglichkeiten. Es ist nicht damit zu rechnen, dass in einem Hauptsacheverfahren Umstände vorgetragen werden oder Beweismittel benannt werden können, die mit einiger Wahrscheinlichkeit eine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen geeignet wären.

Die Antragstellerin hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass ihr an Eilmaßnahmen nicht gelegen ist. Unstreitig ist zwischen erster Kenntnis eines Mitarbeiters und dem Eingang der Antragsschrift beim Gericht nicht die vom Oberlandesgericht Düsseldorf regelmäßig als noch angemessen angesehene Frist von 2 Monaten verstrichen. Die kurz bemessene Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist insofern nicht von maßgeblicher Bedeutung, als erst anschließend und nach ablehnender Stellungnahme eine Antragsschrift zu fertigen war. Diese wiederum musste die Einwände einbeziehen und in einer als Glaubhaftmachung zu verwenden Weise alle zum Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Elemente aufweisen. Die Zeitabläufe lassen vorliegend unter Berücksichtigung alle Umstände nicht den Schluss zu, die Antragstellerin habe vorwerfbar gezögert, gerichtliche Maßnahmen einzuleiten.

Der Beschluss vom 05.09.2011 war daher insgesamt aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

Der Streitwert wird auf 150.000,-- Euro festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 17.02.2012
Az: 38 O 148/11 U.


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