Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. August 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 99/07

(BPatG: Beschluss v. 29.08.2007, Az.: 28 W (pat) 99/07)

Tenor

die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die WortmarkestŒlformfür Waren und Dienstleistungen der Klassen 11, 14, 16, 20, 37, 40 und 42.

"Lampen (elektrisch); Küchenaccessoires aus Edelstahl, nämlich Küchengefäße, Küchengeräte, Serviettenringe, Tabletts, Zuckerdosen; Wohnaccessoires aus Edelstahl, nämlich Behälter und Behältnisse für Haushalt oder Küche, Kästen, Aschenbecher, Schalen, Kerzenständer, Vasen, Untersetzer; Schmuckwaren, insbesondere Schlüsselanhänger und Manschettenknöpfe; Kunstgegenstände aus Edelstahl; Büroartikel (ausgenommen Möbel), insbesondere Briefkörbe, Briefbeschwerer, Brieföffner, Stifte, Stifthalter, Zettelbehälter, Buchstützen, Locher; Möbel, einschließlich Kleinmöbel und Möbelteile (soweit in Klasse 20 enthalten); Einrichtungsgegenstände, nämlich Mobiles (Dekorationsgegenstände); Wanddekorationsartikel (Innenausstattung); Bau und Montage von Möbelstücken; Bearbeitung von Edelstahl, insbesondere Zurichten auf Bestellung, Oberflächenveredelung, Umformen, Schneiden; Dienstleistungen eines Designers, insbesondere Entwurf von Möbelstücken, Inneneinrichtungsgegenständen und Accessoires; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; Konstruktionsplanung"

Die Markenstelle für Klasse 14 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit Beschluss vom 10. November 2006 zurückgewiesen. Auch wenn das schwedische Wort "stŒl" nicht zum Grundwortschatz des inländischen Verkehrs zähle, werde es von ihm trotzdem ohne weiteres verstanden werden, da es sowohl phonetisch wie auch schriftbildlich dem deutschen Begriff "Stahl" ähnle. Vor dem Hintergrund, dass den angesprochenen Verbrauchern der deutsche Begriff "Stahlform" bekannt sei, werde die abweichende Schreibweise daher für das Verständnis der angemeldeten Marke als beschreibender Hinweis auf eine Gussform aus Stahl bzw. eines aus Stahl geformten Gegenstandes nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Zur Gebräuchlichkeit des Begriffs "Stahlform" wurden der Anmelderin von der Markenstelle mit dem Zurückweisungsbeschluss verschiedene Nachweise übermittelt.

Die Anmelderin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, das angemeldete Markenwort existiere weder im deutschen Sprachgebrauch noch sei es ein Wort einer bekannten Fremdsprache. Der erste Wortbestandteil "stŒl" stamme aus der schwedischen Sprache, die dem inländischen Publikum nicht vertraut sei. Der Verkehr werde der angemeldeten Marke auch nicht aus anderen Gründen die Bedeutung des deutschen Wortes "Stahlform" geben. Die hierfür notwendigen Übereinstimmungen zwischen diesem Begriff und der angemeldeten Marke "stŒlform" könnten nicht festgestellt werden, vielmehr werde der schwedische Buchstabe "Œ" wie ein langgezogenes "o" gesprochen, so dass sich das Klangbild "stoolform" ergebe. Selbst wenn der Verkehr den Buchstaben "Œ" aber doch wie das deutsche "a" auffassen sollte - etwa wegen eines unterstellten Schreibfehlers -, werde er in dem Wort allenfalls den Begriff "Stallform" erkennen. Ein Wahrnehmen des Markenwortes im Sinne von "Stahlform" sei dagegen fernliegender, da es sich hierbei um keine gebräuchliche Wortverbindung mit allgemein verständlichem Bedeutungsgehalt handle. Der Marke könnten aus diesen Gründen keine absoluten Schutzhindernisse entgegen gehalten werden.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 10. November 2006 aufzuheben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der Marke steht bereits das absolute Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von ihr erfassten Waren und/oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st.Rspr., BGH, GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Die Feststellungen zur Unterscheidungskraft sind dabei im Hinblick auf die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen zu treffen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 ff., Rdn. 24 - SAT.2).

Bei dem Markenwort "stŒlform" handelt es sich um eine Bezeichnung, die sich in offenkundiger Weise an den allgemein gebräuchlichen Sachbegriff "Stahlform" anlehnt. Als ohne weiteres erkennbare Abwandlung einer beschreibenden Angabe fehlt der angemeldeten Marke jede selbständige individualisierende Eigenart und damit die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. Nr. 1 MarkenG (vgl. BGH GRUR 2005, 258, 259, dort unter 2.a - Roximycin).

Der Sachbegriff "Stahlform" bezeichnet eine spezielle Gussform für die Bearbeitung besonders hitzebeständiger Materialien, er wird aber auch allgemein für aus Stahl geformte Gegenstände verwendet, wie dies bereits die Markenstelle in dem angefochten Beschluss zutreffend dargelegt hat. Zur Gebräuchlichkeit des genannten Begriffs hat die Markenstelle der Anmelderin mit dem angefochtenen Beschluss umfangreiche Rechercheunterlagen übermittelt. Danach reicht das Produkt- bzw. Dienstleistungsspektrum in dem der Sachbegriff Verwendung findet, von Gebrauchs- und Einrichtungsgegenständen über Kunstobjekte bis hin zu speziellen Formprozessen und Fertigungsverfahren. Die mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren der Klassen 11, 14, 16 und 20 können entweder aus einer Stahlform bestehen oder mittels einer Stahlform hergestellt werden und die darüber hinaus beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 37, 40 und 42 können auf den Herstellungsvorgang dieser Produkte ausgerichtet sein. Da somit alle fraglichen Waren und Dienstleistungen in einem sachbezogenen Zusammenhang mit dem genannten Sachbegriff zu bringen sind, werden die angesprochenen Verkehrskreise dem Markenwort "stŒlform" ohne analysierende Gedankenschritte einen beschreibenden Sachhinweis auf die äußere plastische Gestalt der fraglichen Produkte ("Form aus Stahl") bzw. die fachspezifische Ausrichtung der betreffenden Dienstleistungen entnehmen (vgl. zu diesem Sprachverständnis auch BPatG 27 W (pat) 122/96 - Naturform, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).

Ob die angesprochenen Verbraucher die vorhandene Abweichung der angemeldeten Marke zu dem Begriff "Stahlform" überhaupt bewusst wahrnehmen werden, erscheint angesichts der weitgehenden Gemeinsamkeiten der beiden Wörter bereits fraglich. Abwandlungen beschreibender Sachbegriffe, die aber nicht als solche wahrgenommen werden, können einer Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft vermitteln (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 88 m. w. N.). Selbst wenn dem Verkehr jedoch die schriftbildliche Abweichung des Markenworts "stŒlform" zu dem deutschen Begriff "Stahlform" auffallen sollte - wovon vor dem Hintergrund der wiederholten Reformen der deutschen Rechtsschreibung in den letzten Jahren keineswegs ohne weiteres ausgegangen werden kann - wird er in der angemeldeten Marke den ihm geläufigen und verständlichen deutschsprachigen Sachbegriff erkennen. Dies gilt umso mehr, als ihm weitere, vergleichbar gebildete Sachbegriffe geläufig sein werden, wie etwa "Edelstahlform", "Eisenform" oder "Holzform". Einer Abwandlung beschreibender Angaben ist aber auch dann die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechenden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in der konkreten Abwandlung den ihnen geläufigen Fachbegriff wiedererkennen bzw. den Fachausdruck wiedererkennen würden, wenn er ihnen bekannt wäre (vgl. nochmals BGH, a. a. O. - Roximycin). Vor dem dargestellten Hintergrund wird der Verkehr bei schriftbildlichem Kontakt mit dem Markenwort "stŒlform" allenfalls einen Druck- oder Schreibfehler vermuten. Klanglich wirkt sich die Abweichung bei sprachregelgemäßer Aussprache überhaupt nicht aus, da die wenigsten Verkehrsteilnehmer von einem schwedischen Begriff ausgehen bzw. die entsprechenden schwedischen Ausspracheregeln beherrschen werden. Dies sieht zwar auch die Beschwerdeführerin selbst so, knüpft aber zur Begründung einer klanglichen Abweichung der beiden Vergleichswörter "stŒlform" und "Stahlform" dennoch an die schwedischen Ausspracheregeln an. Für die markenrechtliche Prüfung ist jedoch der Verständnishorizont der angesprochenen Verkehrskreise maßgeblich, so dass die den allgemeinen deutschen Sprachregeln entsprechenden Sprachgewohnheiten des inländischen Publikums heranzuziehen sind. Danach ist davon auszugehen, dass der Verkehr das angemeldete Markenwort mit einem langgezogenen "a" aussprechen wird, wie es ihm aus vergleichbaren Vokal/Konsonantenfolgen vertraut ist (vgl. hierzu etwa die Aussprache von Begriffen wie "Star", "Stola", "Stele" oder "Stör"). In phonetischer Hinsicht ergibt sich somit das Klangbild "Stahlform" bzw. "Staalform", das keinerlei hörbare Abweichung zu dem des Sachbegriffs "Stahlform" aufweist.

Eine Assoziation mit dem Begriff "Stallform" - wie dies die Beschwerdeführerin vorgetragen hat bzw. eine dementsprechende Aussprache liegen für die angesprochenen Verbraucher dagegen fern, nicht zuletzt auch deshalb, weil bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen landwirtschaftliche Aspekte keinerlei Rolle spielen. Stattdessen wird das "Wiedererkennen" des Sachbegriffs "Stahlform" in der angemeldeten Marke für den Verkehr umso näher liegen, als es sich bei den fraglichen Waren und Dienstleistungen insbesondere um Stahl- und Edelstahlobjekte handeln kann, was auch bereits die Formulierung des mit der Anmeldung beanspruchten Verzeichnisses verdeutlicht.

Die Bezeichnung "stŒlform" verfügt damit nicht über den auch für Abwandlungen beschreibender Angaben erforderlichen individualisierenden Charakter (vgl. hierzu Ströbele, a. a. O., § 8 Rdn. 88), so dass bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegeben ist. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob sie darüber hinaus auch als eine im Allgemeininteresse freizuhaltende beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Beschwerdeführerin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).

Richterin Werner isturlaubsbedingt verhindertzu unterschreiben Schell Richterin Schuster isturlaubsbedingt verhindertzu unterschreiben Schell Schell Me






BPatG:
Beschluss v. 29.08.2007
Az: 28 W (pat) 99/07


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