Amtsgericht Konstanz:
Beschluss vom 20. Oktober 2006
Aktenzeichen: UR II 231/06

(AG Konstanz: Beschluss v. 20.10.2006, Az.: UR II 231/06)

Auch bei nachträglicher Antragstellung muß der nachträgliche Antrag vor der ersten Tätigkeit unterzeichnet sein. Die Entstehung der Gebühren aus RVG VV 2502ff ist in geeigneter Form glaubhaft zu machen.

Tenor

Der Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Rechtsanwalt des Antragstellers beantragte am 29.09.2006 - eingegangen am 02.10.2006- (nachträgliche) Beratungshilfe für folgende Angelegenheit:

... ./. Firma ... (Mobilfunkanbieter) . Dabei handelte es sich um die Abwehr der Inanspruchnahme der Antragstellerin durch o.g. Firma.

Das Gericht hat vor der Erteilung eines Beratungshilfescheines u.a. zu prüfen, ob dem Rechtsuchenden nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtssuchenden zuzumuten ist und die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist, § 1 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 3. und ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beratungshilfe gegeben sind.

I.

In diesem Verfahren kann keine Beratungshilfe (BerH) bewilligt werden, da der Beratungshilfeantrag nicht vor Aufnahme der Beratungstätigkeit datiert und unterzeichnet ist.(LG Hannover, Beschl. 09.07.1999, FamRZ 2000, 1230 f.; Beschl. 16.12.99, NdsRpfl 2000, 293)Vielmehr liegen zwischen der ersten anwaltlichen Tätigkeit und der Unterzeichnung ca. 8 Monate. Selbstverständlich kann - wie sich aus § 4 Abs. 2 Satz 4 des Beratungshilfegesetzes ergibt - der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe auch nachträglich gestellt werden, wenn sich der Betroffene unmittelbar an einen Rechtsanwalt wendet. Voraussetzung ist insoweit jedoch, dass der Rechtsanwalt um die Gewährung von Beratungshilfe ersucht wurde und Beratungshilfe gewährt hat, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung ergibt: Wenn sich der Rechtssuchende wegen Beratungshilfe unmittelbar an einen Rechtsanwalt wendet ... Beratungshilfe in diesem Sinne ist nicht etwa gleich zu setzen mit jeglicher beratenden anwaltlichen Tätigkeit, sondern nach der Gesetzessystematik insbesondere wegen des Bestandteils -hilfeim Begriff Beratungshilfe als anwaltliche Tätigkeit zu den wirtschaftlichen Bedingungen des Beratungshilfegesetzes zu verstehen. Das Gericht hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass vor Tätigwerden des Anwalts eindeutig geklärt sein muss, ob Rechtsberatung auf der Grundlage der normalen Gebührensätze der BRAGO / des RVG oder aber Rechtsberatung nach dem Beratungshilfegesetz stattfinden soll, die eine Abrechnung zu den normalen Gebührensätzen ausschließt. Es kann nicht Sinn des Beratungshilfegesetzes sein, dass der Anwalt zunächst einen normalen Anwaltsvertrag zu den üblichen Gebühren schließt und erst im nachhinein, wenn sich herausstellt, dass der Mandant nicht (oder nicht mehr) zahlungsfähig / zahlungswillig ist, versucht, wenigstens einen Teil des Honorars aus Sozialhilfemitteln zu erhalten (vgl. Amtsgericht St. Wendel, Beschluss vom 23.08.2001, Rechtspfleger 2001, Seite 603).

Nachträglich i.S.v. § 4 II S.4 BerHG meint - wie oben geschildert - nur die +Einreichung+des Antrags. Der nachträgliche Antrag muss jedoch vor der anwaltlichen Tätigkeit datieren und unterzeichnet sein.(AG Bad Kissingen, Beschl. 27.03.2000, FamRZ 2001, 558; Kreppel, Rpfleger 1986, 86 ff., FamRZ 2001, 1511)

Dies ist allein schon aus Gründen der Überprüfbarkeit geboten, da andernfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass in den Fällen, in denen d. Bevollmächtigte die Vergütung nach Nr. 2100 ff. VV RVG aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten diese nicht erfolgreich gegen ihn geltend machen kann, ein Antrag über BerH konstruiert wird.(Kreppel a.a.O.; AG St. Wendel, Beschl. 23.08.2001, Rpfleger 2001, 602 f.; AG Bad Oeynhausen, (richterl .) Beschl. 19.03.2004, 2 II 36/04 (BH), 2 II 98/04 (BH), 23.04.2004, 2 II 59/04 (BH); AG Konstanz, (richterl .) Beschlüsse z.B. vom . 09.02.2006, UR II 500/05; sowie beispielsweise UR II 131/05; UR II 218/05; Beschluss vom 06.11.2005, UR II 317/05; Rpfleger 2001, 603; LG Hannover, NJW -RR 2000, 1370 ; NdsRpfl 2000,293; AG Hannover NdsRpfl 1999, 293 ; AG Konstanz UR II 131/05 ; FamRZ 2001, 558; Klein, JurBüro 2001,172ff; AG Minden, Urteil vom 13.12.1983, AnwBl. 1984, 516 u.a.)).Die BerH ist subsidiär und soll keinen Auffangtatbestand dafür bieten, wenn sich der Rechtsuchende und/oder d. Bevollmächtigte(r) erst im Laufe oder nach Abschluss des Mandats Gedanken zur Begleichung der mit dem Mandat verbundenen Kosten macht.

Wendet sich ein Rechtsuchender unmittelbar an eine(n) Bevollmächtigte(n), so haben beide zunächst zu entscheiden, ob das Mandat auf der Basis von BerH geführt werden soll oder nicht Dies setzt voraus, dass sich beide eine Meinung darüber bilden müssen, ob zum Zeitpunkt der Mandatsaufnahme die Voraussetzungen des § 1 BerHG vorliegen oder nicht. Dies setzt im Interesse klarer Rechtsbeziehungen zwischen allen Beteiligten (hierzu zählt auch die Staatskasse) weiter voraus, dass zu diesem Zeitpunkt abgeklärt wird, ob die gewünschte Tätigkeit im Rahmen der BerH stattfindet, oder ob ein Mandatsvertrag über die regulären Gebühren geschlossen werden soll.

Dies bedingt die Aufnahme eines Beratungshilfeantrages zu Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und eine Glaubhaftmachung, dass die finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von BerH zum Zeitpunkt des Mandatsbeginns vorgelegen haben.(AG Hannover, Beschl. 20.04.1999, NdsRpfl. 1999, 293)Die Glaubhaftmachung, dass ein Mandatsverhältnis im Rahmen der BerH geschlossen wurde, kann für das Gericht nur aus der Unterzeichnung und Datierung des nachträglichen Antrags entnommen werden, da alle Verhältnisse außerhalb des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks (vgl. BerHVV) von Seiten des Gerichts einer Überprüfung nicht zugänglich sind, und das Gericht auch nicht verpflichtet ist den Sachverhalt zu ermitteln. Vielmehr müssen und können sich alle für das Verfahren relevanten Daten und Angaben nur aus dem Vordruck ergeben.

Würde man eine Datierung und Unterzeichnung des sog. nachträglichen Antrags zeitlich nach der ersten Tätigkeit d. Bevollmächtigten zulassen, so würde dies auch bedeuten, dass die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sich auf das angegebene Datum, und nicht auf den maßgeblichen Zeitpunkt der ersten Tätigkeit durch d. Bevollmächtigte(n) beziehen,(AG Witzenhausen, Beschl. 16.01.1989, 290; AG Eschweiler, Beschl. 24.05.1991, Rpfleger 1991, 322; Schoreit/Dehn, 8. Aufl. § 1 Rn. 29, § 4 Rn. 11)da das gesetzlich vorgeschriebene Antragsformular keine Möglichkeit vorsieht, Angaben für die Vergangenheit zu machen.

Im übrigen würde auch die nach § 7 BerHG erforderliche Versicherung, wonach noch keine Beratungshilfe gewährt worden sein darf, ad absurdum geführt werden. Der Rechtssuchende müsste also gegenüber dem Rechtsanwalt, der für ihn bereits tätig geworden ist und dessen bereits erbrachte Tätigkeit er als Beratungshilfe nachträglich gewertet haben will, zugleich erklären, dass noch keine Beratungshilfe gewährt worden sei. Auch hier zeigt sich in der gesetzgeberischen Konzeption deutlich, dass Tätigkeiten vor Antragstellung nicht von der Beratungshilfe erfasst werden.

Da hier der nachträgliche Antrag jedoch nach der ersten anwaltlichen Tätigkeit datiert, ist daher nach hiesiger Auffassung ein Beratungsvertrag auf Grundlage der Gebühren der Nr. 2100 ff. VV RVG geschlossen worden.

Hieran ändert auch der Umstand, dass ggf. die Voraussetzungen zur Bewilligung von BerH vorgelegen hätten, nichts. D. Bevollmächtigte kann daher nach hiesiger Ansicht in diesem Verfahren von dem Rechtsuchenden die Vergütung nach den regulären Gebührensätzen des RVG fordern (Klein, JurBüro 2001, 172 ff.)und ist nicht auf die (meist geringeren) Gebühren der Nr. 2500 ff. VV RVG zu verweisen.

Etwas Anderes könnte z.B. gelten, wenn d. Bevollmächtigte gegen seine Verpflichtungen aus §§ 16 BORA, 49a BRAO verstoßen hätte.(Derleder, MDR 1981, 448 ff.)Es ist jedoch weder Aufgabe des Beratungshilfeverfahren, noch besteht die Möglichkeit im vorliegenden Verfahren zu dieser Frage eine verbindliche Aussage zu treffen.

D. Bevollmächtigte ist insoweit schutzwürdig, da von einem Rechtsuchenden erwartet werden kann, vor der anwaltlichen Beratung auf seine beengten wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen, da es ihm klar sein muss, dass eine anwaltliche Beratung Geld kostet.(AG Minden, Urt. 13.12.1983, AnwBl. 1984, 516 f.)Wenn der Ratsuchende falsche Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat, kann d. Bevollmächtigte nicht wenigstens" Beratungshilfegebühren liquidieren, auch wenn es keinen Anlass gab, den Angaben des Mandanten zu misstrauen. Das Kosten- bzw. Vollstreckungsrisiko trifft d. Bevollmächtigte(n) wie in anderen Fällen, in denen die Tätigkeit außerhalb eines Beratungshilfemandats stattgefunden hat.(Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH/BerH, 4. A., Rdn 936)

Das Gesetz hat auch keinen Automatismus geschaffen, nach dem Rechtsuchende mit geringerem Einkommen ausschließlich im Wege der BerH beraten werden können. Auch kann der Rechtsuchende durchaus gute Gründe dafür haben, selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG ein Mandatsverhältnis über die regulären Gebührensätze begründen zu wollen.(Derleder a.a.O.)

Das Kostenrisiko beim Verfahren nach §§ 4 II S. 4, 7 BerHG liegt bei d. Bevollmächtigten.(BT-Drs. 8/3695 S.9; AG Witzenhausen, a.a.O.; Schoreit/Dehn § 7 Rdn.3; Klinge § 7 Rdn. 2)Es dürfte nach informatorischer Befragung jedoch selten unsicher sein, ob die (wirtschaftlichen) Voraussetzungen zur Bewilligung von BerH vorliegen oder nicht.

Der Antrag auf Bewilligung der nachträglichen Beratungshilfe ist daher bereits unzulässig.

Hierbei handelt es sich zudem um die Rechtsprechung der Gerichte im Landgerichtsbezirk Konstanz.

Insbesondere die Vorlage von Belegen aus dem Monat August 2006 sind für die Beratungshilfe im vorliegenden Falle nicht aussagekräftig.

II.

Das Gericht hat vor der Erteilung eines Beratungshilfescheines u.a. zu prüfen, ob der Rechtssuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann (§ 1 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 BerHG).

Die Voraussetzung des § 1 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 BerHG wäre gegeben, wenn dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ohneeinen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre.

Die Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse -welche allerdings den Zeitpunkt der Beratungshilfetätigkeit, also Januar 2006 umfassen müßten- und die geltend gemachten, z.T. nicht nachgewiesenen Aufwendungen ergaben folgende wirtschaftliche Situation:

Einkommenlt. Antragsteller:EUR 734eigenes EinkommenEUR 353Gesamtbedarf/EinkommenEUR 1087abzgl. Miete (Nebenkosten):EUR 411§ 115 ZPO i.V.m. § 76 BSHG EUR 380UnterhaltsberechtigteEUR 266

Schulden / Darlehen werden nicht berücksichtigt, allenfalls Abzahlungszinsen, jedoch auch nur in angemessener Höhe und je nach Art der Verbindlichkeit und Kreditaufnahme und sofern die Abzahlungszinsen nicht unangemessen sind. Hierzu wird auf die eingehenden PKH-Vorschriften verwiesen.

Garagenmiete gehört nach der Rechtsprechung nicht zu den absetzbaren Beträgen nach § 115 ZPO.

Im Falle eines Prozesskostenhilfeantrags wäre Prozesskostenhilfe ohneRatenzahlung nach der Tabelle daher nicht gewährt worden.

Gem. §1 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 BerHG i.V.m. § 115 ZPO ist der Antrag auf nachträgliche Bewilligung auch deshalb abzulehnen.

Im Bestreitensfall müsste zudem auch anhand der zeitlich richtigen Belege eine eingehende Prüfung vorgenommen werden. Zum Einkommen zählen weiter Geld oder Sachleistungen (= Geldeswert ) unabhängig davon, woher sie stammen, ob sie pfändbar oder zu versteuern sind. Hierunter fallen auch freiwillige regelmäßige Zahlungen Dritter (z.B. des Lebensgefährten) egal, ob ein Rechtsanspruch hierauf besteht oder nicht. Weiter zählen zum Einkommen auch Wertvorteile, Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, sonstige Sozialleistungen, Kindergeld, Wohngeld, BAFÖG etc.. Sonderzahlungen wie Urlaubs - und Weihnachtsgeld, Steuererstattungen sind auf den Monat umzulegen und ebenfalls zu berücksichtigen. Neben den Einkünften ist das bereits vorhandene Vermögen zu berücksichtigen, soweit es den sogenannten Schonbetrag (§ 115 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO , § 90 SGB XII zählt hier abschließend auf; Geldbeträge bis 2600,- Euro gelten als Schonbetrag.)übersteigt. Zum einzusetzenden Vermögen gehören neben dem offensichtlichen Aktiva auch gesetzliche Ansprüche, etwa wie der gesetzliche Prozesskostenvorschuss.(OLG Stuttgart v. 22.1.2004 - 8 WF 12/04; BGH FamRZ 2004, 1633 = OLG Stuttgart v. 27.1.2004 - 18 WF 16/04.)

Auch ersparte Mittel sind einzusetzen, da sonst jeder Sparer den Einsatz seiner Mittel mit dem Hinweis auf die künftige Alterssicherung verweigern könnte. Eine Einsetzung des Vermögens ist auch erforderlich, da BerH eine Sozialleistung auf dem Gebiet der Rechtspflege ist (AG Pforzheim, Beschl. 01.07.2004, FamRZ 2005, 467 f.)und den Zugang zu der außergerichtlichen anwaltlichen Hilfe erleichtern soll, die jedoch nicht zur Aufgabe hat, begüterten Parteien den ungeschmälerten Erhalt ihres Vermögens zu ermöglichen.(OLG Frankfurt/M., Beschl. 27.05.2004, FamRZ 2005, 466)

Sparguthaben oberhalb des Schonvermögens ist selbst dann einzusetzen, wenn z.B. wegen einer vorzeitigen Kündigung ein Zinsverlust eintritt.(OLG Celle, Beschl. 09.12.2004, FamRZ 2005, 992)Dies gilt auch für Wertpapierdepots, die die voraussichtlich entstehenden regulären Anwaltskosten um ein Vielfaches übersteigen und die weder für den Lebensunterhalt verwendet werden noch anderweitig zweckgebunden sind.(BFH, BFH/NV 2005, 1611; OLG Koblenz, Beschl. 04.11.2003, Rpfleger 2004, 110 f.)

Insbesondere ist auch eine Lebensversicherung einzusetzen, wenn deren Rückkaufwert den sog. Schonbetrag übersteigt.(KG, Beschl. 04.02.2003, FamRZ 2003, 1394 f.; OLG Stuttgart, Beschl. 22.01.2003, FamRZ 2004, 1651, Beschl. 30.09.1998, FamRZ 1999, 598; OLG Frankfurt, Beschl. 27.05.2004, FamRZ 2005, 466; OLG Brandenburg, Beschl. 05.01.2006, FamRZ 2006, 1045)

Es ist dabei auch unbeachtlich und nicht als härtebegründender Umstand anzunehmen, dass der Rückkaufwert der Lebensversicherung evtl. erheblich hinter den auf sie erbrachten Leistungen zurückbleibt.(BVerwG, Beschl. 13.05.2004, NJW 2004, 3647 f.,19.12.1997, Urt. 19.12.1997, NJW 1998, 1879; OLG Köln, Beschl. 24.04.2003, FamRZ 2004, 382; OLG Karlsruhe, Beschl. 11. 05 2005, FamRZ 2005. 1917 f.)

Bei Bezug von Arbeitslosengeld I oder II ist des weiteren zu berücksichtigen, dass die Partei über die Abgaben des Trägers der entsprechenden Sozialleistungen grundsätzlich nach wie vor ihre Rentenversicherung bedient und somit eine gesetzliche Alterssicherung geschaffen wird. In jedem Fall besteht im Rahmen des Sozialstaatsprinzips jedem Bürger eine (ggf. aufstockende) Alterssicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GsiG) zu. Eine Alterssicherung ist daher, auch wenn sich diese lediglich in Höhe des Existenzminimums bewegt, gewährleistet. Eine Verweisung hierauf ist auch nicht unbillig, da das BerHG über seine Verweisung in §§ 114 ZPO (s.o.) gerade eben diese, und keine anderen Vermögensschongrenzen, für anwendbar erklärt.

Es müssten auch zur Prüfung der Vermögensvoraussetzungen entsprechende Kontoauszüge vorgelegt werden.

III.

Sofern eine Geschäftsgebühr RVG VV 2502 ff RVG oder weitere Gebühren beantragt werden hat zudem Glaubhaftmachung der Gebühren zu erfolgen. Die Entstehung der Gebühr/en aus § 132 II, III BRAGO / VV Nr. 2502 ff. RVG ist in geeigneter Form glaubhaft zu machen. Die anwaltliche Versicherung genügt nicht (LG Berlin, Beschl. 18./20.04.1983, Rpfleger 1983, 414f.; LG Köln, Beschl. 14.12.1981, Rpfleger 1982, 120; LG Göttingen Beschl. 29.02.1984, JurBüro 1984, 1369 ff.; LG Darmstadt, Beschl. 04.06.1982, AnwBl. 1983, 142 f.; LG Aachen, Beschl. 03.11.1997, AnwBl 1999, 58; Schoreit/Dehn, BerHG, zu § 44 RVG, Rn 40; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und BerH, Rn 1035))Auf die einschlägige Kommentierung wird verwiesen. Im übrigen ergibt sich dies bereits aus dem Gesetz (§§ 55 Abs. 5 RVG, 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Insofern wird auf die Vorschriften der Glaubhaftmachung der ZPO verwiesen. Die Gesetzesfassung ergibt im Umkehrschluss auch, dass die bloße anwaltliche Versicherung nicht genügt (Kalthoener, aaO). Die Glaubhaftmachung kann dabei durch geeignete Kopien oder Schriftsätze erfolgen oder aber auch durch eidesstattliche Versicherung (nicht anwaltliche). Mit der Vorlage von Belegen verletzte der Rechtsanwalt nicht seine anwaltliche Schweigepflicht (Kalthoener, aaO). Soweit dies angenommen wird, wird übersehen, dass es sich um die Inanspruchnahme einer Sozialleistung durch den rechtsuchenden handelt, der gegenüber dem insoweit als Sozialbehörde tätigen Gericht seine Berechtigung zur Inanspruchnahme dieser Leistung nachweisen muß. Im Übrigen ist der Urkundsbeamte ebenso wie der Richter im Gebührenprozess zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Geheimhaltungsgewähr ist im Gebührenprozess (der öffentlich ist!) keineswegs größer als in diesem Verfahren, wobei nur nebenbei darauf hinzuweisen ist, dass auch dort die Akten durch viele nichtrichterliche Hände gehen (LG Paderborn JurBüro 87, 871; Mümmler, JurBüro 84, 1141; Hansens JurBüro 87,329 LG Göttingen, JurBüro 86, 242; Kalthoener aaO, Rn 1037 u.a.)

Dies ergibt sich zudem aus dem Gesetzestext des BerHG selbst.

Gemäß § 2 I BerHG besteht die Beratungshilfe nämlich grundsätzlich zunächst in der Beratung. Nur dann, wenn der Beratungshilfeempfänger wegen der rechtlichen Schwierigkeit des Falles trotz anwaltlicher Beratung nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, besteht die Beratungshilfe auch in der Vertretung. Ist einem ASt. jedoch nach anwaltlicher Beratung möglich und auch zumutbar, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, bedarf er der Vertretung nicht (AG Koblenz, Beschluß v. 18.06.1997 - 18 UR II 74/94 ). Insoweit wird auf § 2 BerHG (Beratung und insoweit erforderlich) verwiesen. Dies ergibt sich im übrigen bereits aus den drei Bundestagsdrucksachen/ Gesetzesentwürfen des BerHG.

Als erforderlich angesehen werden kann die Vertretung beispielsweise dann, wenn es sich um eine (so) komplizierte Sachlage handelt, die durch Beurteilungsspielraum und unbestimmte Rechtsbegriffe gekennzeichnet ist (AG Koblenz FamRZ 1998, 1038; Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs, aao, Rn 968.), so dass der Bedürftige auch nach anwaltlicher Beratung die Rechtsverwirklichung nicht sachgerecht in die eigene Hand nehmen kann.

Diese Erforderlichkeit ist im Kostenfestsetzungsverfahren darzulegen und vom Gericht zu prüfen.(LG Achen, AnwBl 1997, 293 u.a.; Kalthoener, aaO, Rn 969.)Bereits hieraus ergibt sich um Umkehrschluss, dass nur durch die Vorlage von Tätigkeitsnachweisen oder aber sonstiger geeigneter Glaubhaftmachung diese gesetzliche Bestimmung geprüft werden kann.

Für das Kriterium der Erforderlichkeit haben sich zudem maßgebliche Kriterien entwickelt, welche auf den Inhalt der schriftlichen Tätigkeitsnachweise abstellen.

Sofern hier trotz ausreichender Aufforderung keine Belege / Nachweise vorgelegt wurden, geht dies zu Lasten des Antragsteller-Vertreters.

IV.

Ausschlaggebend für die Bewilligung von Beratungshilfe und die Erteilung eines Berechtigungsscheines nach dem BerHG ist, dass das Gesuch des Antragstellers die rechtlichen Kompetenzen und Möglichkeiten des Ratsuchenden selbst und nicht allein seine finanzielle Situation betreffen. Beratungshilfe soll dazu dienen, wirtschaftlich hilfebedürftigen Rechtsuchenden wenn es sich um Probleme handelt, wo juristischer Rat unumgänglich ist, anwaltliche Beratung zu ermöglichen.

Sinn und Zweck von Beratungshilfe ist es nicht, dem Rechtsuchenden jedwede - und noch dazu zumutbare - Eigenarbeit zu ersparen.

Auch darf es durch das Beratungshilfegesetz nicht zu einer Besserstellung der bedürftigen Partei kommen. Beratungshilfe ist daher nur dann zu gewähren, wenn auch eine nicht bedürftiger, der einen Anwalt selbst zu bezahlen hätte, vernünftiger Weise in konkreten Fall den Rat eines Anwalts einholen würde (Nöcker, Rpfleger 1981, 2ff ).

Grundsätzliche Beratungen bezüglich typischer Angelegenheiten fallen insofern nicht unter das Beratungshilfegesetz. (Schoreit/Dehn, BerHG, Einl. Rz 11 zu § 1 BerHG).

Vorliegend sind die genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe nicht erfüllt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im konkreten Fall besondere Rechtskenntnisse erforderlich wären, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich machen würden.

Der Antrag auf nachträgliche Bewilligung war insgesamt zurückzuweisen.






AG Konstanz:
Beschluss v. 20.10.2006
Az: UR II 231/06


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