Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 279/04

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2006, Az.: 24 W (pat) 279/04)

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. November 2004 aufgehoben, soweit wegen der Widersprüche aus den IR-Marken 705 736 und 703 665 die Löschung der Marke 302 08 304 angeordnet worden ist.

Die Widersprüche aus den IR-Marken 705 736 und 703 665 werden zurückgewiesen.

II. Die dem Markeninhaber entstandenen Kosten der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2006 werden der Widersprechenden auferlegt.

Gründe

I.

Die Wortbildmarke 302 08 304 "wellSUN" ist für die Waren und Dienstleistungen "Bräunungsgeräte, Solarien, Betreiben eines Sonnenstudios" in das Register eingetragen und am 22. November 2002 veröffentlicht worden.

Dagegen hat die Inhaberin der jeweils für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 11, 35 und 42 am 11. Februar 1999 (Date of Notification) mit Datum vom 17. Juli 1998 international registrierten Wortmarke 705 736 "SUNWELL" und der am 31. Dezember 1998 (Date of Notification) mit Datum vom 4. November 1998 international registrierten Wortbildmarke 703 665 "Sunwell" Widerspruch erhoben.

Mit Beschluss vom 5. November 2004 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschung der angegriffenen Marke 302 08 304 aufgrund der Widersprüche aus den IR-Marken 705 736 und 703 665 wegen einer zwischen den Marken bestehenden Verwechslungsgefahr gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet.

Mit am 19. November 2004 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 18. November 2004 hat der Inhaber der angegriffenen Marke Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle und gleichzeitig den Einwand der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarken erhoben. In dem am 12. April 2005 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 11. April 2005 hat er das bisherige Fehlen von Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung moniert und das Gericht um Fristsetzung für die Widersprechende zur Vorlage von Benutzungsunterlagen gebeten. Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er vor, dass ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarken die Widersprüche auch mangels einer erheblichen Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen seien.

Der Markeninhaber beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Widersprüche zurückzuweisen.

Er regt außerdem an, der Widersprechenden die Kosten des Termins der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Die Widersprechende hat sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt. Sie hat insbesondere keine Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarken eingereicht.

In der Terminsladung für die auf den 4. April 2006 anberaumte mündliche Verhandlung hat der Senat die Beteiligten auf die nach seiner Auffassung wirksam erhobene Einrede der Nichtbenutzung hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke hat auch in der Sache Erfolg. Es greift die von ihm erhobene Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarken (§§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG) durch.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren zulässig die Benutzung der beiden Widerspruchsmarken nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG bestritten. Gemäß §§ 116 Abs. 1, 115 Abs. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 4 Satz 1 MMA sowie Regel 18 Abs. 1 Buchst. a) Ziffer iii GAusfOMMA/PMMA ist die fünfjährige Benutzungsschonfrist für die widersprechende IR-Marke 705 736 am 11. Februar 2005 und für die widersprechende IR-Marke 703 665 am 31. Dezember 2004, also nach der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 22. Februar 2002, abgelaufen. Zwar war die mit Beschwerdeschriftsatz vom 18. November 2004 seitens des Inhabers der angegriffenen Marke erhobene Einrede zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zulässig. Nachdem der Markeninhaber aber in seinem weiteren Schriftsatz vom 11. April 2005 nach dem Ablauf der Benutzungsschonfristen der Widerspruchsmarken erneut ausdrücklich die Nichtbenutzung der beiden älteren Marken geltend gemacht hat, ist nunmehr von einer wirksam erhobenen Einrede auszugehen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 40).

Die Widersprechende ist demnach verpflichtet, die rechtserhaltende Benutzung ihrer beiden Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 26 MarkenG innerhalb fünf Jahren vor der Entscheidung des Senats über die Widersprüche glaubhaft zu machen. Dem ist die Widersprechende jedoch nicht nachgekommen. Sie hat, obwohl der Senat in der Ladung zur mündlichen Verhandlung auf die wirksam erhobene Nichtbenutzungseinrede hingewiesen hat, keine Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht.

Nachdem die Widersprüche aus den IR-Marken 705 736 und 703 665 bereits wegen Nichtglaubhaftmachung der Benutzung keinen Erfolg haben können und unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gemäß §§ 43 Abs. 1 S. 2, 26, 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG zurückzuweisen sind, erübrigt sich die Frage einer zwischen den Vergleichsmarken bestehenden Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

2. Der Widersprechenden sind gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen die dem Markeninhaber entstandenen Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Abweichend von dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat, kann es in Ausnahmefällen aufgrund besonderer Umstände angezeigt sein, die Kosten ganz oder teilweise einem Beteiligten aufzuerlegen. Solche besonderen Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 "Lewapur"; GRUR 1996, 399, 401 "Schutzverkleidung"; BPatGE 23, 224, 227). Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. u. a. BPatG Mitt. 1974, 17; Mitt. 1977, 73, 74). So entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass dem Widersprechenden, der auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung seinen Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung (§§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG) weiterverfolgt, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind (vgl. u. a. BPatGE 38, 102, 104 f. "bonjour"; BPatG GRUR 1996, 981, 982 "ESTAVITAL"). Dies ist der Widersprechenden vorliegend vorzuwerfen. Jedenfalls nach Erhalt des Ladungszusatzes, in dem vom Senat ausdrücklich auf die wirksam erhobene Einrede der mangelnden Benutzung hingewiesen worden ist, hätte es die prozessuale Sorgfaltspflicht erfordert, dass die Widersprechende entweder Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarken einreicht oder ihre Widersprüche zurücknimmt und nicht mehr weiterverfolgt.

Da bei einer Rücknahme der Widersprüche nach Erhalt der Terminsladung die mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hätte, entspricht es der Billigkeit, der Widersprechenden die dem Markeninhaber entstandenen Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen. Die Durchführung des Beschwerdeverfahrens im übrigen und die daraus resultierenden Kosten stehen hingegen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Sorgfaltsverstoß der Widersprechenden, so dass es insoweit bei der eigenen Kostentragung der Beteiligten verbleibt.






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Az: 24 W (pat) 279/04


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