Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 315/04

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2006, Az.: 7 W (pat) 315/04)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 5 gemäß Patentschrift, neun Seiten Beschreibung gemäß Hauptantrag vom 6. Juni 2006, Zeichnungen (Fig. 1 bis 4) gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Die Erteilung des Patents 100 23 172 mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Messung der Unrundheit von länglichen Werkstücken" ist am 30. Oktober 2003 veröffentlicht worden. Am 30. Januar 2004 ist gegen die Erteilung des Patents Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei und dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Zum Stand der Technik hat die Einsprechende folgende Druckschriften genannt:

1. DE 198 03 938 A1 2. DE 40 37 383 A1 3. WO 81/02927 A1 4. Wullschleger, P. Römer, B, Orpund, CH.: Berührungslose Laser-Durchmesser-Messung in Warmwalzwerken, STEEL & METALS Magazine, Vol. 26, No. 10, 1988, S. 928 - 936 5. a) PATENT ABSTRACTS OF JAPAN Vol. 015, No. 116 (P-1182), 20. März 1991 (1991-03-20)

b) JP 03 006407 A 6. US 4 264 208 A 7. US 5 028 798 A 8. a) PATENT ABSTRACTS OF JAPAN Vol. 005, No. 191 (P-092), 5. Dezember 1981 (1981-12-05)

b) JP 56 117107 A c) deutsche Übersetzung der JP 56 117107 A 9. GB 2 121 956 A 10. EP 0 843 156 A2 11. Deutsche Norm ISO 4292 "Verfahren zum Messen von Rundheitsabweichungen", Entwurf Juni 1984 (ohne Ersatz zurückgezogen)

12. Deutsche Norm ISO 6318 "Rundheitsmessung"

13. Deutsche Norm ISO 4291 "Verfahren zur Ermittlung der Rundheitsabweichung"

14. Norme franaise NF E 10-103, Methodes de mesurage dimensionnel, Juin 1988.

Zur Erläuterung ihres Vorbringens hat die Einsprechende schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung verschiedene schematische Darstellungen bzw. Skizzen und Erläuterungsblätter vorgelegt.

Sie macht außerdem geltend, dass der im Streitpatent beschriebene Berechnungsmodus bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit durch eine Vorgabe der Firma A... mit einem Kommentar von Herrn B... der Firma A... (Anlage B) und darauf aufbauende Angebote der Einsprechen- den an die Firma C... GmbH (Anlage A und C) und an die Firma D... in E... (Anlage D und E) zugänglich gewesen seien. Hierzu hat sie weiter ein dreiseitiges Prospektblatt, welches das System ODAC der Einsprechenden beschreibe und dessen Datierung nicht möglich sei (Anlage F), sowie einen Prospekt "Steelmaster" von Sep. 2005 vorgelegt.

Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 6. Juni 2006 neue Unterlagen zu einem Haupt- und einem Hilfsantrag vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Patents in der verteidigten Fassung eine patentfähige Erfindung darstelle.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 5 gemäß Patentschrift, neun Seiten Beschreibung vom 6. Juni 2006 (Hauptantrag), hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag vom 6. Juni 2006, aber unter Ersatz des Anspruchs 2 durch einen aus den erteilten Patentansprüchen 1 und 4 zusammengefassten neuen Patentanspruch 2, neun Seiten Beschreibung gemäß Hilfsantrag vom 6. Juni 2006, Zeichnungen jeweils gemäß Patentschrift.

Der Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents lautet:

"Verfahren zur Messung von Durchmesser und Unrundheit von in ihrer Längsrichtung vorbewegten Rundprodukten an Walzstraßen, mit einer Messeinrichtung aus drei oder mehr Laserscannern, die jeweils einen lichtempfindlichen Sensor und einen Laser aufweisen und das Werkstück durch den Laserstrahl von jedem der Laserscanner derart beleuchtet wird, dass das Werkstück ein oder zwei Schattenkarten auf den zugehörigen Sensor wirft, dadurch gekennzeichnet, dass zu jeder der Schattenkanten eine parallel zum Laserstrahl verlaufende Gerade berechnet wird, aus je drei ermittelten Geraden ein Kreis berechnet wird, an dem die Geraden als Tangenten anliegen, die Berechnung des Kreises wiederholt wird und die Unrundheit als Differenz von größtem und kleinstem Durchmesser der Kreise bestimmt wird."

Laut geltender Beschreibung (S. 3 letzter Abs. i. V. m. S. 1 Abs. 1) soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zur Messung von Durchmesser und Unrundheit zu schaffen, das mit einfachen Mitteln eine schnelle und zuverlässige Messung der Unrundheit bei Werkstücken erlaubt.

Die Patentansprüche 2 bis 5 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen das Verfahren nach Patentanspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 1 Patentgesetz durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.

3. Die Erfindung ist im angefochtenen Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Als Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus, des Hüttenwesens oder ähnlicher Fachrichtungen mit Erfahrungen auf dem Gebiet der betrieblichen Messtechnik, insbesondere in Walzwerken, anzusehen.

Die patentgemäße Lehre sieht vor, dass das zu vermessende Werkstück von den Lasern so angeleuchtet wird, dass auf einem jedem Laser zugeordneten Sensor mindestens eine Schattenkante erzeugt wird. Da ein Laser bekanntlich parallele Lichtstrahlen aussendet, ist durch die Anordnung jedes Lasers die Richtung des von ihm ausgesandten Lichtstrahls bestimmt. Die Schattenkante auf dem zugehörigen Sensor stellt die Grenze zwischen dem gerade noch an dem zu vermessenden Werkstück vorbeigehenden und dem auf das Werkstück auftreffenden Licht dar. In einer Schnittebene, wie sie z. B. in der Figur 2 des Patents dargestellt ist, kann somit eine mit der Steigung des Laserstrahls durch die Schattenkante auf dem zugehörigen Sensor verlaufende Gerade konstruiert bzw. berechnet werden, was im Patentanspruch durch das Merkmal ausgedrückt wird, dass zu jeder Schattenkante eine parallel zum Laserstrahl verlaufende Gerade berechnet wird.

Für den Fachmann versteht es sich von selbst, dass für die Messungen und Berechnungen ein Koordinatensystem zugrunde zu legen ist. Wo dessen Ursprung liegt, ist unerheblich, da durch entsprechende Verschiebungen bzw. Transformationen die Koordinaten verschiedener Ursprungspunkte ineinander überführt werden können. Daher bedarf es diesbezüglich auch keiner Angabe im angefochtenen Patent.

Auch die Anweisung, dass aus je drei ermittelten Geraden ein Kreis berechnet wird, an dem die Geraden als Tangenten anliegen, stellt den Fachmann nicht vor grundsätzliche Probleme. Dem Fachmann sind nämlich die Grundlagen der euklidischen Geometrie bekannt, wonach der Mittelpunkt eines drei Geraden, die nicht alle parallel zueinander sind, berührenden Kreises durch den Schnittpunkt je zweier Winkelhalbierender der durch sich schneidende Geraden gegebenen Winkel bestimmt wird.

Schließlich liest der Fachmann bei dem Merkmal, dass die Berechnung des Kreises wiederholt wird, auch mit, dass diese wiederholte Berechnung für ein unter einem anderen Drehwinkel am Werkstück anliegendes Tangententripel durchgeführt wird. Aus dem Gesamtinhalt des Patents ergibt sich, dass dieses andere Tangententripel entweder durch gleichzeitige Messung mit mehr als drei Laserscannern oder durch gleichzeitige Erzeugung von je zwei Schattenkanten mit jedem der drei Laserscanner (Fig. 3) oder durch Drehung der Messeinrichtung zwischen zwei Messungen (Anspruch 5) gewonnen werden kann.

Der Fachmann wird am Verständnis der Lehre des Patentanspruchs 1 entgegen der Ansicht der Einsprechenden auch nicht durch die Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 23 bis 34 und Spalte 4, Zeilen 10 bis 12 der Patentschrift gehindert, wo ein gemeinsamer Nullpunkt für die Messung der Lage der Schattenkanten angesprochen ist. Die Lage der Schattenkante auf jedem Sensor kann nämlich ohne weiteres als Abstand zu einer parallel zum betreffenden Laserstrahl verlaufenden Bezugsgeraden bestimmt werden, die sich mit den entsprechenden Bezugsgeraden für die anderen Sensoren in einem Punkt schneidet. Dies ist der in der Beschreibung (Sp. 4 Z. 12) erwähnte Nullpunkt. Für das im Patentanspruch 1 spezifizierte Verfahren ist eine solche Festlegung, wie der Fachmann ohne weiteres erkennt, jedoch nicht obligatorisch.

4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents in der Fassung gemäß Hauptantrag stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.

4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

In dem Norm-Entwurf DIN ISO 4292, von dessen öffentlicher Zugänglichkeit vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Senat ausgeht, ist ein Verfahren zum Messen von Rundheitsabweichungen mittels Zweipunkt- und Dreipunktmessverfahren beschrieben, das eine schnelle und billigere Erfassung der Rundheitsabweichungen ermöglichen soll, wenn die Prüfung nach ISO 4291 unnötig genau oder wegen der Abmessungen der zu prüfenden Gegenstände nicht möglich ist (S. 2 li. Sp. Mitte). Gemäß der ISO 4291 (Entgegenhaltung 13) wird die Rundheitsabweichung erfasst als Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten Radius des gemessenen Profils (S. 4 Anhang A li. Sp. Abs. 1). Zur Abtastung des Profils rotiert entweder ein Messwertaufnehmer um ein feststehendes Werkstück, oder ein rotierendes Werkstück wird von einem feststehenden Messwertaufnehmer angetastet (S. 2 Abschn. 4.1 a und b). Die ISO 4292 schreibt demgegenüber vor, dass das Werkstück auf zwei feststehenden Messbolzen oder in einem Prisma gelagert wird und dass an einer dritten Stelle symmetrisch oder asymmetrisch zu den beiden festen Auflagepunkten mittels einer Messeinrichtung der Unterschied zwischen dem größten und dem kleinsten Ausschlag bei verschiedenen Drehlagern des Werkstücks gemessen wird. Diese Messung ist für mindestens zwei verschiedenen Winkeln zwischen den festen Messbolzen bzw. zwischen den Schenkeln des Prismas durchzuführen. Die aus den Messungen erhaltenen Ergebnisse sind noch mittels aus Tabellen abgelesenen Faktoren zu korrigieren (insbes. S. 2 re. Sp. untere Hälfte und Beispiel 1 im Anhang). Die im Anspruch 1 des angefochtenen Patents angegebenen Merkmale sind weder den vorgenannten Normen bzw. Normentwürfen, noch der ebenfalls genannten ISO 6318 (Entgegenhaltung 12) oder der französischen Norm NF E 10-103 (Entgegenhaltung 14) zu entnehmen.

Bei den üblichen Dreipunktmessschiebern gemäß der entsprechenden Anlage zum Schriftsatz der Einsprechenden vom 5. Mai 2006 handelt es sich um mechanische Messgeräte, bei denen das Werkstück an zwei Punkten eines V-förmigen Auflagewinkels anliegt und mit einer auf der Winkelhalbierenden des Auflagewinkels verschieblichen Messspitze angetastet wird. Bei solchen Messschiebern ist die Skala unter Berücksichtigung der geometrischen Verhältnisse so ausgeführt, dass sie unmittelbar den Durchmesser eines durch die beiden Auflagepunkte und den Antastpunkt verlaufenden Kreises anzeigt. Mit solchen Messschiebern kann selbstverständlich eine Rundheitsabweichung eines Werkstücks händisch bestimmt werden. Die Merkmale des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents sind jedoch nicht vorhanden.

Aus der JP 62-39681 B2 (= Patentschrift zu Entgegenhaltung 8) ist ein Verfahren zur Messung der Unrundheit von Rundprodukten bekannt, bei dem mit mindestens drei Laserscannern, die jeweils einen Laser und einen Sensor aufweisen, das zu untersuchende Werkstück von jedem Laserscanner derart beleuchtet wird, dass das Werkstück ein oder zwei Schattenkanten auf den zugehörigen Sensor wirft. Aus den drei das Werkstück tangierenden Strahlen (Geraden) wird der Abstand zwischen dem Schnittpunkt zweier Strahlen und dem dritten Strahl berechnet (Bezugszeichen H, Fig. 2). Dieser Abstand H wird für verschiedene Drehwinkel zwischen Werkstück und Messeinrichtung berechnet und einer Fourier-Analyse unterzogen. Aus den Gliedern der Fourier-Reihe wird das Profil ermittelt (S. 2 Abs. 3 bis 5 und S. 3 Abs. 3, hier und im Folgenden wird auf die von der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 5. Mai 2006 vorgelegte Übersetzung der Entgegenhaltung 8 Bezug genommen. Die Berechnung des Abstands H geschieht entweder in einem Polarkoordinatensystem (S. 4) oder in kartesischen Koordinaten (S. 6). Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents von dem aus der Entgegenhaltung 8 bekannten Verfahren zumindest dadurch, dass aus je drei ermittelten, das Werkstück tangierenden Geraden ein Kreis berechnet wird, dies für mindestens eine andere Winkelstellung in Bezug auf das Werkstück wiederholt wird und die Unrundheit als Differenz von größtem und kleinsten Durchmesser der berechneten Kreise bestimmt wird.

In den von der Einsprechenden als Vorbenutzung geltend gemachten Angeboten an die Firmen C... GmbH (Anlage A und C) und D... in E... (Anlage D und E) ist zwar von einer 3-Punkt-Messung - im Gegensatz zu einer 2-Punkt-Messung - die Rede, die Problematik der Unrundheitsmessung an einem Gleichdick wird aber nicht angesprochen. Die Anlage A vermittelt überdies den Eindruck, dass die Problematik noch nicht verstanden wurde, und die 3-Punkt-Messung wird dort als problematisch hinsichtlich der Messgenauigkeit bezeichnet. In der Anlage C wird für die Messung vor dem Kocks-Block ein System mit 2 Messköpfen und für die Messung nach dem Kocks-Block ein oszillierendes System mit 3 Messköpfen (3-achsiges System) angeboten. Die Messköpfe sind in beiden Systemen die gleichen. Das System mit 3 Messköpfen misst 3fach um jeweils 60¡ versetzt gleichzeitig Durchmesser und Lage der beiden Objektkanten und zeigt bei Oszillation sämtliche Durchmesser und den kompletten Querschnitt, auch Polygonform (S. 8 oben). Für die Datenverarbeitung ist ein PC vorgesehen. Zusätzliche Software soll u. a. die Auswertung und Anzeige des eingeschriebenen Kreises und des umschriebenen Kreises des Profils ermöglichen, jedoch durch die gleichzeitige Auswertung von Durchmesser und Kantenlage und soweit mit der Schattenmessung überhaupt erfassbar (S. 9 unten). Die Anlage D betrifft ein System mit 3 Messköpfen, das dem in der Anlage C angebotenen entspricht. Die Anlage E enthält keine technischen Einzelheiten. Der Inhalt der Anlagen A und C bis E (Angebote) nimmt somit das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents, insbesondere die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 nicht vorweg.

Die Seite 1 der Vorgabe der Firma A... mit einem Kommentar von Herrn B... (Anlage B) enthält Definitionen zur Form des Profils und der Walze. Demnach sind DT und GT Durchmesser eingeschriebener Kreise, nämlich der Kreise, die die inneren bzw. äußeren Seiten eines sechseckigen Profils berühren. Ein umschreibender, d. h. durch die am weitesten außen liegenden Profilpunkte laufender Kreis ist nicht erwähnt. Auf Seite 2 wird eine Dreipunktmessung gefordert, da die Ermittlung der Profilparameter DT und GT mit einer Zweipunktmessung generell nicht möglich sei. Ein Gleichdick ist auf den Seiten 1 und 2 nicht erwähnt. Die Handskizze auf Seite 3 könnte ein Gleichdick zeigen. Hier ist ein Umkreis mit dem Durchmesser GT angedeutet. Stichwortartig erwähnt sind: 3-Punkt-Messung, Tangenten anlegen, Eintauchtiefenmessung. Die Anlage B enthält somit allenfalls eine Problemstellung bzw. einen Anforderungskatalog für ein Messverfahren. Die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 des angefochtenen Patents gehen somit aus der Anlage B nicht hervor.

Die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents ist auch gegenüber dem Stand der Technik nach den übrigen Entgegenhaltungen (1 bis 7 sowie 9 und 10) gegeben. Gegenteiliges hat die Einsprechende auch nicht geltend gemacht. Sie hat vielmehr diese Druckschriften entweder gar nicht oder nur im Zusammenhang mit der Rekapitulation der Beschreibungseinleitung und des Prüfungsverfahrens des angefochtenen Patents erwähnt.

Die Prospekte "ODAC" und "Steelmaster" sind nicht vorveröffentlicht. Ihr Inhalt stellt daher keinen Stand der Technik i. S. d. PatG § 3 Abs. 1 und 2 dar.

4.2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Erfindung besteht nicht darin, die Unrundheit als Differenz von größtem und kleinstem Durchmesser von zu einem unrunden Profil bestimmten Kreisen (Außenkreis und Innenkreis) zu bestimmen. Sie besteht auch nicht darin, das Profil mit mindestens drei Laserscannern abzutasten. Sie liegt vielmehr darin, dass und wie aus den Signalen der Laserscanner (Lage der Schattenkanten) und der Geometrie der Anordnung (Winkelstellungen der Laserscanner zueinander) Kreise berechnet werden. Am nächsten kommt diesem Verfahren noch der Stand der Technik nach der JP 62-39681 B2 (Entgegenhaltung 8). Jedoch erfordert das dortige Verfahren ebenso wie die in der ISO 4292 (Entgegenhaltung 11) vorgeschlagene Verfahren keine Berechnung von bestimmte Geraden tangierenden Kreisen, da unmittelbar der Abstand zwischen dem Schnittpunkt zweier Geraden (Strahlen) und einer dritten Geraden ausgewertet wird. Auch aus den Ausführungen im dritten Absatz auf Seite 13 der Entgegenhaltung 8 (deutsche Übersetzung) entnimmt der Fachmann keine Anregung in Richtung des Verfahrens nach dem angefochtenen Patent, denn die an der genannten Stelle beschriebene Differenzbildung zwischen dem Profil des Schnittes des zu untersuchenden Werkstücks und einem durch Tangenten bestimmten Kreis betrifft den Vergleich der Fourier-Reihen für das Profil und für einen virtuellen Kreis, der auf Seite 5 näher erläutert ist. Danach ergibt sich der vorteilhafte Effekt, dass die Unrundheit durch bestimmte Glieder der Reihenentwicklung ausgedrückt wird.

Gemäß der ISO 4292 wird, wie beim Neuheitsvergleich bereits ausgeführt wurde, nicht einmal die Höhe, sondern nur die maximale Verschiebung des dem Scheitelpunkt des Auflageprismas gegenüberliegenden Profilpunktes gemessen und mittels aus Tabellen zu entnehmenden Faktoren in eine Unrundheit umgerechnet. Auch daraus ergibt sich keine Anregung dafür, jeweils zu 3 das zu untersuchende Werkstück tangierenden Strahlen (Geraden) diese tangierende Kreise zu berechnen und die Unrundheit aus den Unterschieden der Durchmesser dieser Kreise herzuleiten.

Noch weiter entfernt liegt das Verfahren zur Ermittlung der Rundheitabweichung nach der ISO 42 91, denn dort wird der Umfang des zu untersuchenden Profils mit nur einem Messfühler abgetastet.

Schließlich führen auch die als vorbekannt geltend gemachten Angebote der Einsprechenden (Anl. A und C bis E) und die Vorgabe der Firma A... mit einem Kommentar von Herrn B... (Anlage B) den Fachmann nicht zum streitpatentgemäßen Verfahren. Die Angabe, dass Durchmesser und Kantenlage gleichzeitig ausgewertet werden (z. B. Anl. C, Abschn. 3.2.1 und Anl. B S. 2 unteres Viertel) schließen eher aus, dass aus der Kantenlage ein Kreis und damit dessen Durchmesser ermittelt wird. Im Übrigen hat die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt, dass der Stand der Technik nach den geltend gemachten Vorbenutzungen nicht über den Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen 8 und 11 hinausgehe. Daher braucht der Frage, ob der Inhalt der Angebote tatsächlich vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents einer unbeschränkten Öffentlichkeit zugänglich war, nicht nachgegangen zu werden.

Die übrigen im Einspruchsschriftsatz zitierten Druckschriften haben im Einspruchsverfahren und in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt. Sie stehen der Erfindungshöhe des patentgemäßen Verfahrens nicht entgegen.

Nach alledem ist das Verfahren nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents patentfähig. Das Gleiche gilt auch für die in den Ansprüchen 2 bis 5 angegebenen Weiterbildungen dieses Verfahrens.






BPatG:
Beschluss v. 14.06.2006
Az: 7 W (pat) 315/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1bb3a09dce68/BPatG_Beschluss_vom_14-Juni-2006_Az_7-W-pat-315-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share