Bundespatentgericht:
Urteil vom 20. Dezember 2005
Aktenzeichen: 4 Ni 59/04

(BPatG: Urteil v. 20.12.2005, Az.: 4 Ni 59/04)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist im Hinblick auf das auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 563 575 (Streitpatent) Rechtsnachfolger des eingetragenen Inhabers. Das Streitpatent wurde am 26. Februar 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 10 482 vom 31. März 1992 angemeldet. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 593 00 648 geführt. Es betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohrs mit Rohr-Muffe und umfasst 10 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Die Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:

1. Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr (107) und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen (24) versehenen Außenrohr (105) bestehenden Verbundrohres (23) mit einer Rohr-Muffe (108) mit folgenden Verfahrensschritten:

- Es wird ein Außen-Schlauch (104) extrudiert;

- der Außen-Schlauch (104) wird durch von außen aufgebrachtes Teil-Vakuum mit einer Wellung mit Querrillen (24) versehen;

- es wird ein Innen-Schlauch (106) in den Außen-Schlauch (104) extrudiert;

- der Innen-Schlauch (106) wird gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) gedrückt und dort mit dem Außen-Schlauch (104) verschweißt;

- der Außen-Schlauch (104) wird in vorgegebenen Abständen unter Aufbringung eines Teil-Vakuums von außen zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) aufgeweitet, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

- Nach dem Extrudieren des Innen-Schlauches (106) in den Außen-Schlauch (104) und vor dem Andrücken des Innen-Schlauches (106) gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) wird in den Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) Gas mit einem über Atmosphärendruck (p3) liegenden Druck (p2) eingeblasen;

- nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches (104) zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) wird der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) entlüftet; und - anschließend wird der Innen-Schlauch (106) mit Gas mit einem Druck (p4) über Atmosphärendruck (p3) beaufschlagt und unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauches (104) gedrückt.

3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2,

- wobei mit ringförmigen Formausnehmungen (102) versehene, sich auf einer Formstrecke (9) jeweils paarweise zu einer Form mit einer Mittel-Längs-Achse (29) ergänzende Halbkokillen (2, 2') auf einem Maschinentisch (1) im Kreislauf und in Produktionsrichtung (4) geführt angeordnet sind,

- wobei die Formausnehmungen (102) an in den Halbkokillen (2, 2') ausgebildete Teil-Vakuum-Kanäle (103) angeschlossen sind,

- wobei der Formstrecke (9) ein Spritzkopf (25) eines Extruders vorgeordnet ist,

- wobei der Spritzkopf (25) mit einer Außen-Düse (93) zur Extrusion eines Außen-Schlauches (104) und in Produktionsrichtung (4) nachgeordnet mit einer Innen-Düse (63) zur Extrusion eines Innen-Schlauches (106) und an seinem in Produktionsrichtung (4) hintenliegenden Ende mit einer Temperierglocke (62) versehen ist,

- wobei zwischen Außen-Düse (93) und Innen-Düse (63) aus dem Spritzkopf (25) mindestens ein Gas-Kanal (56) ausmündet, undwobei zwischen Innen-Düse (63) und Temperierglocke (62) ein zusätzlicher Gas-Kanal (100) aus dem Spritzkopf (25) ausmündet, dadurch gekennzeichnet,

- dass mindestens ein Paar Halbkokillen (2, 2') mit einer Muffen-Ausnehmung (109) versehen ist, dass der mindestens eine Gas-Kanal (56) an ein Ventil (125a) angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck (p2) über Atmosphärendruck (p3) und auf Entlüftung umschaltbar ist,

- dass der zusätzliche Gas-Kanal (100) an ein Ventil (125) angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck (p4) über Atmosphärendruck schaltbar ist, und - dass Schalter (123, 124) vorgesehen sind, die in Abhängigkeit von der Stellung der Muffen-Ausnehmung (109) zu dem zusätzlichen Gas-Kanal (100) und/oder dem mindestens einen Gaskanal (56) die Ventile (125a, 125) schalten.

Wegen der übrigen, auf Anspruch 1 oder Anspruch 3 zurückbezogenen Ansprüche 2 und 4 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 563 575 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der am Anmeldetag eingereichten Fassung der Unterlagen hinaus. Auch sei er weder neu noch erfinderisch. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik seien zum Prioritätszeitpunkt sowohl das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents als auch Vorrichtungen nach Anspruch 3 des Streitpatents bekannt bzw. für den Fachmann naheliegend gewesen. Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:

K7a WO 90/14208 A1 K7b DE 690 12 192 T2 K8 DE 24 13 878 A1 K9 DE 37 01 822 A1 K10 EP 0 108 598 B1 K11 US 4 808 098 K12 US 4 226 580 K13 US 4 500 284 K14 DE 24 13 879 A1 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 563 575 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei neu und beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Gründe

Die Klage, mit der der in Art. II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig jedoch nicht begründet.

I 1. Nach der Beschreibung bezieht sich das Streitpatent auf ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen versehenen Außenrohr. Zur Herstellung dieses Verbundrohres, an das in bestimmten Abständen eine Rohrmuffe angeformt wird, wird erst ein Außenschlauch extrudiert, der über ein Teil-Vakuum mit den Querrillen versehen wird. Anschließend erfolgt die Extrusion des Innenschlauches, der gegen die Wellentäler des Außenschlauches angedrückt und mit dem Außenschlauch verschweißt wird. Zur Ausformung der Rohrmuffe wird der Außenschlauch in vorgegeben Abständen unter Aufbringung des Teil-Vakuums von außen zu einer im Wesentlichen glattwandigen etwa zylinderförmigen Rohr-Muffe aufgeweitet.

Die Beschreibung führt dazu aus, es seien im Stand der Technik (PCT WO 88/05377) ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung zur Herstellung eines Verbundrohres bekannt, bei dem ein Außen-Schlauch in eine Halbkokille gezogen und der Innenschlauch mit dem gewellten Außen-Schlauch verschweißt werde. Bei der Ausformung der Rohrmuffe wird dann erst der Außen-Schlauch zu der Muffe ausgeformt und erst dann der Innen-Schlauch mittels Druckluft gegen den Außen-Schlauch gepresst und mit diesem verschweißt. Hierzu ist eine Temperierglocke mit einem ringförmigen Kanal vorgesehen, der mit Druckgas beaufschlagbar ist, die in erheblichem Abstand hinter einer den Innen-Schlauch extrudierenden Innen-Düse angeordnet ist. Durch diese Ausgestaltung sei jedoch nicht sichergestellt, dass die Verschweißung von Innen-Schlauch und Außen-Schlauch im Bereich der Rohrmuffe zuverlässig durchgeführt werde.

2. Vor diesem Hintergrund formuliert die Streitpatentschrift die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von Verbundrohren mit Rohr-Muffen zu schaffen, wodurch eine hohe Festigkeit der Rohrmuffe mit geringem Aufwand gewährleistet ist.

3. Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß ein Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines mit Querrillen versehenen Verbundrohres mit den folgenden Merkmalen:

1. Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres (23), 1.1 das ein glattes Innenrohr (107) aufweist und mit 1.2 einem Außenrohr (105) verschweißt ist, wobei 1.2.1 das Außenrohr mit Querrillen (24) versehen ist.

1.3 Das Verbundrohr ist mit einer Rohr-Muffe (108) versehen.

2. Ein Außen-Schlauch (104) wird extrudiert und 2.1 durch ein von außen aufgebrachtes Teil-Vakuum mit einer Wellung mit Querrillen (24) versehen.

2.2 Es wird ein Innen-Schlauch (106) in den Außen-Schlauch (104) extrudiert, 2.2.1 in den Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) wird ein Gas eingeblasen, mit 2.2.2 einem Druck (p2) der über dem Atmosphärendruck (p3) liegt.

2.3 der Innen-Schlauch (106) wird gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauchs (104) gedrückt und dort mit dem Außen-Schlauch (104) verschweißt.

2.4 Der Außen-Schlauch (104) wird in vorgegebenen Abständen von außen durch das Teil-Vakuum zu einer Rohr-Muffe (108) aufgeweitet, 2.4.1 die Rohr-Muffe (108) ist im wesentlichen glattwandig und 2.4.2 in etwa zylinderförmig.

2.5 Der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) wird entlüftet, und anschließend 2.5.1 wird der Innen-Schlauch von innen mit Gas beaufschlagt, wobei 2.5.2 der Gasdruck (p4) über dem Atmosphärendruck (p3) liegt und wodurch 2.5.3 der Innen-Schlauch (106) unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauchs (104) gedrückt wird.

Beim Patentanspruch 3 in der verteidigten Fassung wird vorgeschlagen:

3. Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres (23) nach Anspruch 1 oder 2 3.1 das ein glattes Innenrohr (107) aufweist und mit 3.2 einem Außenrohr (105) verschweißt ist, wobei 3.2.1 das Außenrohr mit Querrillen (24) versehen ist.

3.3 Das Verbundrohr ist mit einer Rohr-Muffe (108) versehen.

4. Mit einem Extruder, der einen Spritzkopf (25) aufweist, wobei 4.1 der Spritzkopf (25) eine Außen-Düse (93) zur Extrusion des Außen-Schlauchs (104), 4.2 in Produktionsrichtung nachgeordnet (4) eine Innen-Düse (63) zur Extrusion des Innen-Schlauchs (106) und 4.3 an seinem in Produktionsrichtung (4) hintenliegenden Ende eine Temperierglocke (62) aufweist, wobei 4.4 zwischen der Außen-Düse (93) und der Innen-Düse (63) aus dem Spritzkopf (25) mindestens ein Gaskanal (56) ausmündet, der 4.4.1 an ein Ventil (125a) angeschlossen ist, das 4.4.2 auf Gas mit dem Druck (p2) über Atmosphärendruck (p3) und auf Entlüftung umschaltbar ist.

4.5 Zwischen der Innen-Düse (63) und der Temperierglocke (62) ist ein zusätzlicher Gas-Kanal (100) vorgesehen, der aus dem Spritzkopf (25) ausmündet, der 4.5.1 an ein Ventil (125) angeschlossen ist, das 4.5.2 auf Gas mit einem Druck (p4) über Atmosphärendruck (p3) schaltbar ist.

4.6 Es sind Schalter (123, 124) vorgesehen, die 4.6.1 in Abhängigkeit von der Stellung der Muffen-Ausnehmung (109) zu dem zusätzlichen Gas-Kanal (100) und/oder dem mindestens einen Gaskanal (56) die Ventile (125a, 125) schalten.

5. In Produktionsrichtung (4) nach dem Spritzkopf (25) sind auf einem Maschinentisch (1) im Kreislauf und paarweise Halbkokillen (2, 2`) geführt angeordnet, wobei die 5.1 Halbkokillen (2, 2`) ringförmige Formausnehmungen (102) aufweisen, die 5.2 sich auf einer Formstrecke (9) zu einer Form mit einer Mittellängsachse (29) ergänzen, 5.3 die Formausnehmungen (102) sind an in den Halbkokillen ausgebildete Teil-Vakuum-Kanäle (103) angeschlossen, 5.4 mindestens ein Paar Halbkokillen (2, 2«) sind mit einer Muffen-Ausnehmung (109) versehen.

II 1. Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 10 sind zulässig.

Die Änderung des Patentanspruchs 1 stellt keine unzulässige Erweiterung des Patents im Sinne von Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ dar, denn es sind alle Merkmale des Patentanspruchs 1 in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen offenbart. Gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 wird u. a. das Merkmal beansprucht, dass - nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches (104) zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohrmuffe (108) wird der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) entlüftet;

Im ursprünglichen Patentanspruch 1 (S. 17 der Anmeldeunterlagen) ist offenbart:

- der Außen-Schlauch (104) wird in vorgegebenen Abständen ..... zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohrmuffe (108) aufgeweitet;

- der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) wird entlüftet Durch die Auflistung der einzelnen Verfahrensschritte, die jeweils durch Spiegelstriche gekennzeichnet sind, ist eindeutig erkennbar, dass das Entlüften nach dem Aufweiten erfolgt. Somit sind beim Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lediglich zwei ursprünglich getrennt aufgeführte Merkmale zu einem Merkmal zusammengefasst worden.

Die erteilten Patentansprüche 2 bis 10 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 10.

2. Der unstrittig gewerblich anwendbare Gegenstand nach Patentanspruch 1 bzw. 3 ist gegenüber dem insgesamt im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu, da keine der Entgegenhaltungen dessen Merkmale in ihrer Gesamtheit zeigt.

Bei den Verfahren nach der WO90/14208 A1 (K7a) und der DE 37 01 822 A1 (K9), wird wohl die Muffe mittels Druckluft geformt, es findet jedoch nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches zu der Muffe keine Entlüftung im Bereich zwischen Außen-Schlauch und Innen-Schlauch statt. Bei den Verfahren bzw. den Vorrichtungen nach der DE 24 13 878 A1 (K8), US 4 808 098 (K11), US 4 226 580 (K12), DE 24 13 879 A1 (K14) wird keine Muffe angeformt und beim Verfahren nach der EP 0 108 598 B1 (K10) wird die Muffe durch Andrücken von Rollen an den Innen-Schlauch und damit Verbinden des Innen-Schlauches mit dem Außen-Schlauch ausgeformt.

Bei der Vorrichtung nach der US 4 500 284 (K13) wird lediglich der Außen-Schlauch zu einer Muffe ausgeformt, so dass keine doppelwandige Muffe, bestehend aus Außen-Schlauch und Innen-Schlauch, vorliegt.

3. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Beim Verfahren nach dem Streitpatent wird ein Verbundrohr mit angeformter Muffe hergestellt, indem ein Außenschlauch mittels eines Teil-Vakuums in ringförmige Ausnehmungen von Halbkokillen gezogen wird. Dadurch wird der Außen-Schlauch mit Querrillen versehen. Nach diesem Verfahrensschritt erfolgt die Extrusion des Innen-Schlauches, der in den Außen-Schlauch hineinextrudiert wird. Bevor nunmehr der Innen-Schlauch an die Wellentäler des Außen-Schlauches angedrückt und mit diesem verschweißt wird, wird in diesen Bereich ein Gas mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck eingeblasen um nach dem Abkühlvorgang ein glattes Innenrohr zu erhalten. Nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches zu einer im Wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe wird der Bereich zwischen Außen-Schlauch und Innen-Schlauch entlüftet und anschließend im Muffenbereich der Innen-Schlauch gegen den Außen-Schlauch durch Druckbeaufschlagung von der Innenseite des Innen-Schlauchs gedrückt und vollflächig mit diesem verschweißt.

Zu einem derartigen technischen Handeln konnte der im Verfahren herangezogene Stand der Technik einen Fachmann, einen mehrjährig in der Produktion von Wellrohren tätigen Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Kunststofftechnologie, nicht anregen.

In der EP 0 108 598 B1 (K10) wird ein Verfahren (Sp. 1, Z. 33 bis 37) zum fortlaufenden Herstellen eines aus einem glatten Innenrohr und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen versehenen Außenrohr bestehenden Verbundrohr beschrieben, das mit einer Muffe versehen wird. Bei diesem Verfahren wird ein Außen-Schlauch in einen Innen-Schlauch extrudiert. In den Bereich zwischen dem Außen-Schlauch und Innen-Schlauch wird ein Gas eingeblasen (Luft über das Rohr (27), Auslass (28) in den Raum (30) in Fig. 1), wobei der Druck des Gases über dem Atmosphärendruck liegt (Sp. 2, Z 24 bis 30). Auch wird der Innen-Schlauch gegen die Wellentäler des Außen-Schlauchs gedrückt (Sp. 2, Z. 35 bis 39) und dort mit dem Außen-Schlauch verschweißt. Beim Verfahren nach der EP 0 108 598 B1 werden die Querrillen durch die in den Raum (30) eingepresste Luft, wodurch der Außen-Schlauch in die Halbkokillen eingepresst wird, und nicht über ein Teil-Vakuum erzeugt. Ferner wird in vorgegebenen Abständen der Außen-Schlauch zu einer Rohr-Muffe aufgeweitet, jedoch nicht durch ein Teil-Vakuum, sondern durch das eingepresste Gas (Sp. 2, Z. 40 bis 45). Nach der Aufweitung des Außen-Schlauchs zu der Rohr-Muffe, die in etwa zylinderförmig ist, wird der Bereich zwischen dem Außen- und Innen-Schlauch (Raum (36) Fig. 1) durch ein Anstechen des Außen-Schlauchs entlüftet (Sp. 4, Z. 64 bis Sp. 5, Z. 2). Danach wird der Innen-Schlauch vollflächig unter Aufweitung gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauchs gedrückt (Sp. 4, Z. 10 bis 16), so dass die Kammer (36) im Bereich der Rohr-Muffe im fertiggestellten Teil nicht mehr vorhanden ist. Das Andrücken des Innen-Schlauchs gegen den Außen-Schlauch erfolgt bei diesem Verfahren über Rollen (Fig. 2, Sp. 4, Z. 14) und nicht über die Beaufschlagung mittels Gas.

Bei diesem Verfahren erfolgt wohl eine Entlüftung nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches, jedoch ergibt sich durch das Anstechen des Außenschlauchs keine glattwandige Muffe. Auch unterscheidet sich das in dieser Druckschrift beschriebene Verfahren in der Ausformung der Querrillen und im Andrücken des Innen-Schlauchs an den Außen-Schlauch vom patentgemäßen Verfahren. Das bekannte Verfahren zielt in eine andere Richtung und kann daher keinen Hinweis auf die Lehre des Streitpatents geben.

Bei dem in der WO90/14208 A1 (K7a, entsprechend der DE 690 12 129 T2 (K7b)) beschriebenen Verfahren wird ausgeführt (Fig. 9, S. 13, Z. 26 ff.), dass es möglich ist, den Innen-Schlauch von Innen mit Gas zu beaufschlagen, wobei der Gasdruck oberhalb dem Atmosphärendruck liegen muss, wodurch der Innen-Schlauch unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauchs gedrückt wird. Eine Entlüftung des Bereichs zwischen Außen-Schlauch und Innen-Schlauch erfolgt hier nicht, so dass auch diese Druckschrift die patentgemäße Lehre nicht nahe legen konnte.

In der DE 37 01 822 A1 (K9) wird ein Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr und einem mit diesem verschweißten, mit Querrillen versehenen Außenrohr bestehenden Verbundrohr (Fig. 4, Sp. 6, Z. 45 ff.), beschrieben, bei dem zum Ausformen der Muffe der Außen-Schlauch in vorgegebenen Abständen durch das Teil-Vakuum aufgeweitet wird. Mittels eines eingeblasenen Gases wird nunmehr der Innen-Schlauch ausgeformt und mit dem Außen-Schlauchs verschweißt (Fig. 4). Die Länge der Muffe wird durch zwei Wellentäler der Querrillen begrenzt und stellt somit einen abgeschlossenen Raum dar (Fig. 4, Abdichtung 21, Sp. 6, Z. 62). Wenn auch die Anordnung möglicherweise so verwirklicht werden kann, dass die Formung des Muffenteils schon beginnt, bevor der ganze Hohlraum die Düse (10) passiert hat, und somit bei der Ausformung der Muffe kein vollständig abgeschlossener Raum vorliegt (Sp. 6, Z. 64 ff.), wird der Raum zwischen dem Außen-Schlauch und dem Innen-Schlauch nicht gezielt entlüftet, sondern es wird dem Zufall überlassen, wie viel Gas bis zum Abdichten des Raumes aus dem Bereich zwischen Außen-Schlauch und Innen-Schlauch entweichen konnte. Somit kann auch diese Druckschrift keinen Hinweis auf das gezielte Entlüften des Bereichs zwischen Außen- und Innen-Schlauch geben.

Auch eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen vermag dem Fachmann keinen Weg in Richtung der Lehre nach Patentanspruch 1 des Streitpatents zu weisen.

Auch aus den übrigen noch im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen, die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr herangezogen worden sind, ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise, wie der Senat überprüft hat.

4. Die Vorrichtung nach Patentanspruch 3 beruht ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie bereits bei der Beurteilung der Patentfähigkeit hinsichtlich des Verfahrens des verteidigten Patentanspruchs 1 ausgeführt ist, sind dem Stand der Technik (K7b, K8, K9 und K10) keine Hinweise zu entnehmen, die den Gegenstand des Patentanspruchs 3 nahe legen könnte. Da der Patentanspruch 3 eine Kombination von Merkmalen zum Inhalt hat, die in Anpassung an den Charakter eines Vorrichtungsanspruches im Wesentlichen mit den Merkmalen des Verfahrensanspruches übereinstimmen, ist die Patentfähigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

5. Mit dem Patentanspruch 1 hat der auf ihn rückbezogene Patentanspruch 2, bzw. die auf die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 3 rückbezogenen Patentansprüche 4 bis 10 als Unteransprüche Bestand, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedürfte (vgl. BPatGE 34, 215).

III Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 20.12.2005
Az: 4 Ni 59/04


Link zum Urteil:
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