Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 289/00

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2001, Az.: 26 W (pat) 289/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. August 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit dem vorgenannten Beschluß hat die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts die für die Waren und Dienstleistungen

"Lieferung von Teilen und Erstellung von festen Fahrbahnsystemen für Eisenbahnen"

angemeldete Wortmarke Rheda 2000 gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet: Zwar handle es sich bei dem Begriff "Rheda" nicht um eine amtliche Städtebezeichnung. In der Umgangssprache werde der Städtenamen Rheda-Wiedenbrück jedoch häufig auf "Rheda" verkürzt. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache stelle "Rheda" deshalb durchaus eine Herkunfts- oder Bestimmungsangabe dahingehend dar, daß die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus Rheda stammten, dort angeboten würden oder zum Gebrauch in dieser Region bestimmt seien. Dem stehe nicht entgegen, daß es sich bei den beanspruchten Waren um Spezialprodukte handle, die nur von wenigen Nachfragern wie etwa die Deutsche Bahn bestellt würden. Da der Zahl "2000" der Aspekt der Zukunftsorientiertheit und des technischen Fortschritts anhafte, könne sie für die beanspruchten Leistungen in der Werbung als produktbeschreibender Hinweis auf die Zukunftsorientiertheit der Produkte dienen. In ihrer Gesamtheit weise die Marke "Rheda 2000" deshalb nur auf zukunftsfähige Waren oder Dienstleistungen aus Rheda hin, ohne daß es einer analysierenden Betrachtungsweise bedürfe. Ihr fehle daher für die angemeldeten Produkte jegliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verweist darauf, daß als Abnehmer der beanspruchten hoch spezialisierten Waren und Dienstleistungen nur einige wenige Großkunden wie bspw die Deutsche Bahn AG in Frage kämen. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handle es sich somit um Fachleute, die mit der Planung und dem Einkauf derartiger Waren und Dienstleistungen befaßt seien. Für die Lieferung von Fahrbahnsystemen für Eisenbahnen kämen nur wenige Spezialfirmen wie die Anmelderin in Betracht, von denen keine in oder in der Umgebung von Rheda angesiedelt sei. Es sei wirklichkeitsfremd anzunehmen, daß die unter der Marke "Rheda 2000" angebotenen Waren und Dienstleistungen aus Rheda stammen würden bzw für Rheda bestimmt seien. Auf dem betreffenden Warengebiet sei es nicht üblich, die Produkte mit dem Herstellungsort oder gar mit dem Zielort zu bezeichnen. Die von der Markenstelle ermittelten Internetseiten, die den Begriff "Rheda" enthielten, seien im nichtgewerblichen Bereich verwendet worden und bezögen sich ausschließlich auf historische Namensgebungen. Im übrigen sei die Marke als Gesamtheit zu beurteilen.

Sie beantragt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen keine Schutzhindernisse iSd § 8 Abs 2 MarkenG entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist jedoch davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "Rheda 2000" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf Fundstellen verweist, die belegen sollen, daß die amtliche Städtebezeichnung "Rheda-Wiedenbrück" in der Umgangssprache häufig auf "Rheda" verkürzt werde, vermag der Senat diese Belege nicht als Nachweis für eine Verwendung von "Rheda 2000" für eine eindeutige, konkrete Beschreibung der beanspruchten "festen Fahrbahnsystemen für Eisenbahnen" zu werten. Abgesehen davon, daß die Ortsangabe "Rheda" allein überwiegend von Einrichtungen wie zB dem "Schützenverein zu Rheda e.V. von 1833", die bereits vor dem Zusammenschluß von "Rheda-Wiedenbrück" im Jahre 1970 existierten, verwendet wird, ist maßgeblich für die Beurteilung die Aussage, die die Marke in ihrer Gesamtheit vermittelt. Selbst wenn der weitere Markenbestandteil "2000" als vager Hinweis auf die Zukunftsfähigkeit der beanspruchten Fahrbahnsysteme gewertet wird, kann der Marke in ihrer Gesamtheit keine eindeutige, konkrete Warenbeschreibung entnommen werden. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe für "Fahrbahnsysteme" beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen Anhaltspunkte vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der angesprochene inländische (Fach-)Verkehr der Anmeldung "Rheda 2000" die Bedeutung "Zukunftsfähige Waren aus Rheda" beimißt, sagt dieser Sinngehalt nichts Konkretes darüber aus, welche besonderen Merkmale die unter dieser Bezeichnung angebotenen Fahrbahnsysteme auszeichnen könnten. Damit liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Zukunft eine Benutzung der angemeldeten Bezeichnung als eindeutige Sachangabe erfolgen könnte.

2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft iSd Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dies Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl WRP 1998, 495- TODAY) - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Bezeichnung "Rheda 2000" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden. Eine warenbeschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Fahrbahnsysteme selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie erörtert- nicht dar. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke mehr zu sehen.

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BPatG:
Beschluss v. 18.07.2001
Az: 26 W (pat) 289/00


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