Verwaltungsgericht Würzburg:
Urteil vom 10. Juni 2008
Aktenzeichen: W 4 K 07.1361

(VG Würzburg: Urteil v. 10.06.2008, Az.: W 4 K 07.1361)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 erhielt der Kläger die Baugenehmigung für die Errichtung eines Sendemastes auf dem Grundstück Fl.Nr. ...07/1 der Gemarkung O. (Baugrundstück). Das Baugrundstück ist der im Außenbereich gelegene bewaldete P. Berg, der eine Höhe von 432 Meter üNN aufweist. Der 174,20 m hohe Sendemast wird in Stahlbeton erstellt. Im unteren Bereich des Schaftes wird die erforderliche Sendetechnik untergebracht. Der neu genehmigte Sendemast soll zwei bereits vorhandene Masten, einen Gittermast und einen Rohrmast ersetzen. An den vorhandenen Masten können die notwendigen Antennen für den Ausbau des DVB-T-Netzes (digitales terrestrisches Fernsehen) nicht angebracht werden. Die Baugenehmigung enthält unter den Ziffern 11 bis 15 verschiedene naturschutzrechtliche Auflagen.

Ziffer 15 der Auflagen lautet:

€Als Ausgleich für den Eingriff in das Landschaftsbild und in den Natur-haushalt ist eine Ersatzzahlung in Höhe von 53.103,00 EUR an den Bayerischen Naturschutzfonds ( € ) unter dem Verwendungszweck € Ausgleichszahlung Naturschutz im Landkreis Aschaffenburg€ zu leisten.

Diese Summe ermittelt sich folgendermaßen:

Rohbaukosten: 1.200.000,00 EUR1.200.000,00 EUR : 174 m/Höhe = 6.896,55 EUR6.896,55 x 154 m/Abzug Wald = 1.062.068,00 EUR1.062.068,00 EUR x 5 % = 53.103,00 EUR€Die Baugenehmigung wurde dem Kläger am 12. Oktober 2007 durch Übergabe zugestellt.

II.

Mit seiner am 9. November 2007 erhobenen Klage beantragte der Kläger zunächst:

Die unter Ziffern 11, 12 und 15 der Auflagen und Bedingungen des Bescheides des Landratsamtes Aschaffenburg vom 1. Oktober 2007 angeordneten naturschutzrechtlichen Auflagen werden aufgehoben.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 1. Oktober 2007 den Bauantrag des Klägers vom 27. März 2007 hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Auflagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2008 hat das Landratsamt Aschaffenburg die Ziffern 11 und 12 der Auflagen und Bedingungen der Baugenehmigung vom 1.Oktober 2007 ersatzlos aufgehoben. Nach übereinstimmender Erledigterklärung wurde diesbezüglich das Verfahren eingestellt (W 4 K 07.763).

Zur Begründung der Klage brachte der Kläger im Wesentlichen vor: Der Sendemast sei dringend erforderlich, um die Bevölkerung mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen zu versorgen. Im Zuge der Erfüllung des sich aus europarechtlichen und gesetzlichen Vorgaben ergebenden Erfordernisses, die Versorgung der Bevölkerung mit digitalem Fernsehen flächendeckend bis Ende 2008 sicherzustellen, habe sich die Notwendigkeit einer technischen Aufrüstung des Senders P.berg ergeben. Dort betreibe der Kläger bereits seit den 1950iger Jahren eine Sendestation. Seit 1968 sei dort ein Antennenturm in Höhe von 181 m vorhanden. In der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2007 sei für die zitierten Auflagen keine Begründung enthalten. Die Berechnung der Ausgleichsleistung sei nicht nachvollziehbar. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauBG zulässig. Dem Bauvorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen, insbesondere werde auch das Landschaftsbild nicht verunstaltet. Die schon seit den 50iger Jahren bestehende Sendestation P.berg liege im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Spessart (nachfolgend: LSG-VO). Nach § 6 Abs. 2 der LSG-VO sei die naturschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen, wenn keine der in § 5 der Verordnung genannten Wirkungen hervorgerufen werden könnten. Nach dieser Vorschrift sei es im Landschaftsschutzgebiet verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet seien, das Landschaftsbild zu verunstalten. Von einer Verunstaltung könne nicht die Rede sein. Aus einer etwaigen bloßen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes resultiere ohnehin keine Verunstaltung. Seit 1968 befinde sich dort ein 181 m hoher Antennenturm. Der neue Sendemast weise hingegen lediglich eine Gesamthöhe von 174,20 m auf. Insoweit wirke der neue Sendemast für einen für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter entlastend und nicht belastend. Zu berücksichtigen sei auch, dass nach § 7 Ziffer 4 der LSG-VO der Betrieb, die Instandsetzung und die ordnungsgemäße Unterhaltung von Einrichtungen der Deutschen Telekom AG von den Beschränkungen der Verordnung ausgenommen blieben. Diese Ausnahmeregelung sei nach Sinn und Zweck auch auf Telekommunikationsanlagen (§ 3 Nr. 23 TKG) anzuwenden. Es sei nämlich davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber Telekommunikationsanlagen, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrages dienen sollten, nicht schlechter behandeln wollte, als solche von kommerziellen Telekommunikationsunternehmen. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die naturschutzrechtliche Erlaubnis ohne Nebenbestimmungen zu erteilen gewesen wäre. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die in § 5 der Verordnung genannten Wirkungen ausgeglichen werden müssten, begegne die Auflage Nr. 15 erheblichen rechtlichen Bedenken. Es handle sich hierbei um eine Ersatzzahlung i.S.v. Art. 6a Abs. 3 BayNatSchG. Nach Art.6a Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG bemesse sich die Ersatzzahlung nach den Gesamtkosten einer geeigneten Ersatzmaßnahme. Seien die Kosten einer geeigneten Ersatzmaßnahme nicht feststellbar, bemesse sich die Höhe der Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs. Es sei bereits zweifelhaft, ob die im Gesetz genannten Kriterien mit den Prinzipien der Bestimmtheit und Normenklarheit vereinbar seien. Sie seien deshalb kaum geeignet, den Umfang der geforderten Zahlungsverpflichtung in etwa vorausberechenbar zu machen und könnten zu willkürlichen Ergebnissen führen. Der vorliegende Fall bestätige geradezu exemplarisch die Richtigkeit der in der Literatur gegen die mangelnde Bestimmtheit der zitierten gesetzlichen Regelung erhobenen rechtlichen Bedenken. Aus Sicht des Klägers seien die von der Naturschutzbehörde zugrunde gelegten Parameter (Rohbaukosten und hieraus ein Prozentsatz von 5 %) nicht nachvollziehbar und wirkten eher willkürlich als sachlich gerechtfertigt.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Ein Vergleich des alten Antennenträgers mit dem neuen Sendemast sei abwegig. Der seit 40 Jahren vorhandene 181 m hohe Stahlrohrmast habe einen einheitlichen Durchmesser von 1,50 m und rage wie ein Bleistift über den 432 m hohen P.berg. Der neue Sendemast sei zwar 7 m kürzer, wirke aber durch den wesentlich größeren Durchmesser, den Betonkörper und die vorgesehenen Antennenaufbauten sehr massiv. Der 110 m hohe Betonkörper habe am Boden einen Durchmesser von 14 m, in Höhe von 20 m (Baumgipfel) von 9 m und verjünge sich bis zu 3,70 m in 110 m Höhe. Der darauf vorgesehene hohe Stahlschaft messe 1,80 m im Durchmesser. Darauf käme noch ein abschließender 7,20 m hoher Zylinder mit einem Durchmesser von 1,60 m. Die massive Wirkung des Bauwerkes werde noch verstärkt durch fünf Stahl- bzw. Betonplattformen mit einem Durchmesser von 9,10 bis 12,50 m in einer Höhe von 42 m bis 66 m. Der Verweis auf § 7 Ziffer 4 der LSG-VO gehe ins Leere, weil die Ausnahmen für die Einrichtungen der Deutschen Telekom ausdrücklich nur für bestehende Einrichtungen und nicht für Neubauten gelten würden.

Der Sendemast stelle einen erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Der massive 174 m hohe Sendemast auf dem 432 m hohen P.berg wirke auch nachts durch die rot blinkenden Hindernisfeuer in die umliegenden Ortslagen. Aufgrund des Geländereliefs sei er noch in über 20 km Entfernung sichtbar und reiche mit seiner visuellen Wirksamkeit weit über den Spessart in das Maintal und in den Naturpark Odenwald hinein. Der Eingriff sei dauerhaft und weder ausgleichbar noch in sonstiger Weise kompensierbar. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern habe Bayern die Höhe der Ersatzzahlung im Gesetz nicht geregelt. Es sei auch keine Berechnungsmethode für die Ersatzzahlung vorgeschrieben und entsprechende Verwaltungsvorschriften würden ebenfalls fehlen. Deshalb orientiere sich die Untere Naturschutzbehörde an einem Vorschlag der Regierung von Unterfranken aus dem Jahre 1991. Danach solle für Sendetürme von ca. 40 bis 60 m Höhe und mehr eine Ersatzzahlung für den Landschaftsbildschaden in Höhe von ca. 5 % der Baukosten der Anlage verlangt werden. Dieser Betrag sei angemessen. Es sei auch berücksichtigt worden, dass der alte Antennenmast abgebaut werde. Anstatt der veranschlagten Gesamtbaukosten in Höhe von 2.000.000,00 EUR seien für die Berechnung der Ersatzzahlung nur die im Bauantrag angegebenen Rohbaukosten herangezogen worden. Im Vergleich würde z.B. nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz für eine solche Anlage die Höhe der Ersatzzahlung bis zu 7 % der Kosten der Planung und Ausführung des Vorhabens einschließlich der Beschaffungskosten für die Ausgleichsgrundstücke betragen (Regelung in § 12b Abs. 1 NNatG). Die Höhe der Ersatzzahlung sei deshalb nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger:

Die unter Ziffer 15 der Auflagen und Bedingungen des Bescheides des Landratsamtes Aschaffenburg vom 1. Oktober 2007 angeordnete naturschutzrechtliche Auflage wird aufgehoben.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 1. Oktober 2007 den Bauantrag des Klägers vom 27. März 2007 hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Auflage Nr. 15 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Bei Ziffer 15 der Auflagen und Bedingungen handelt es sich um eine Auflage und nicht um eine Genehmigungsinhaltsbestimmung, so dass die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft ist.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Ziffer 15 der Auflagen und Bedingungen des Bescheides des Landratsamtes Aschaffenburg vom 1. Oktober 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Baugrundstück liegt im Landschaftsschutzgebiet €Spessart€, das mit Verordnung der Regierung von Unterfranken vom 3. Dezember 2001 (Amtsblatt 2001 S. 321) festgesetzt wurde. Diese Verordnung ersetzte die Verordnung über den Naturpark Spessart vom 28. Juli 1982 (GVBl S. 614). Nach § 5 der LSG-VO ist es im Landschaftsschutzgebiet verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu vermindern, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der LSG-VO bedarf der Erlaubnis, wer beabsichtigt, im Landschaftsschutzgebiet bauliche Anlagen zu errichten. Nach § 9 der LSG-VO ist für die Erteilung der Erlaubnis die untere Naturschutzbehörde (Kreisverwaltungsbehörde) zuständig. Nach Art. 13a Abs. 2 Bayer. Naturschutzgesetz (BayNatSchG) wird die Erlaubnis durch eine nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Gestattung ersetzt; diese Gestattung darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis vorliegen und die nach Naturschutzrecht sonst zuständige Behörde ihr Einvernehmen erklärt. Die Vorschriften des Art. 6a Abs. 1 und 3 über Ersatzmaßnahmen und Ersatzzahlungen sind entsprechend anzuwenden (Art. 13a Abs. 1 BayNatSchG). Somit war im Baugenehmigungsverfahren Art. 6a Abs. 3 BayNatSchG zu berücksichtigen. Grundsätzlich müssen nach Art. 6a Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unterlassen werden, sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig ausgeglichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise kompensiert werden (Ersatzmaßnahmen). Wenn der Eingriff weder ausgleichbar noch in sonstiger Weise kompensierbar ist, kann vom Verursacher eine Ersatzzahlung verlangt werden. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den Gesamtkosten einer geeigneten Ersatzmaßnahme. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sie sich nach Dauer und Schwere des Eingriffs; bei erheblichen Landschaftsbildbeeinträchtigungen ist auch die Fernwirkung des Vorhabens zu berücksichtigen (Art. 6a Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG). Die vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die Forderung der Ersatzzahlung können weder dem Grunde nach, noch hinsichtlich der Höhe überzeugen. Es liegt auf der Hand, dass der durch die Baumaßnahme verursachte Eingriff in das Landschaftsbild nicht ausgeglichen werden kann. Der Sendemast ist aufgrund seiner exponierten Lage und seiner Höhe weithin sichtbar. Für den neu zu bauenden Sendemast ist § 7 Abs. 4 der LSG-VO € unabhängig von der Frage, ob der Mast unter den Begriff €Einrichtungen der Deutschen Telekom AG€ fällt € nicht einschlägig. Denn die Ausnahme des § 7 Abs. 4 LSG-VO bezieht sich nur aufbestehendeEinrichtungen. Die bestehenden Einrichtungen werden jedoch abgebrochen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb für den Neubau eines Sendemastes die gesetzlichen Vorschriften nicht zur Anwendung kommen sollten. Grundsätzlich gilt auch der baurechtliche Bestandsschutz nur für bestehende bauliche Anlagen. Mit dem Abbruch oder dem Substanzverlust einer bestehenden baulichen Anlage erlischt auch der baurechtliche Bestandsschutz (siehe z.B. BVerwG, B.v. 27.07.1994, BRS 56 Nr. 85 = NVwZ-RR 1995, 68; BayVGH, U.v. 27.09.1995, BayVBl 96, 759).

Auch hinsichtlich der Höhe begegnet die vom Landratsamt Aschaffenburg geforderte Ersatzzahlung keinen Bedenken. Die Höhe der Ersatzzahlung ist in Bayern gesetzlich nicht geregelt. Von der im Bayer. Naturschutzgesetz in der Fassung der Novelle 1998 enthaltenen Verordnungsermächtigung wurde kein Gebrauch gemacht. Mit der Novellierung im Jahre 2005 ist die Verordnungsermächtigung entfallen. Die Regelung des Art. 6 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG enthält keine betragsmäßig nachzuvollziehende Regelung, sondern unbestimmte Rechtsbegriffe. Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat zu einer Regelung in einer Baumschutzsatzung des Landes Berlin entschieden (U.v. 11.02.2004 <juris>), Regelungen von Abgabetatbeständen, die es wegen ihrer Unbestimmtheit eines Rechtsbegriffes nicht ermöglichten, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschlössen, seien nichtig. Das VG Berlin führt aus, wegen der Vielgestaltigkeit denkbarer Eingriffe in Natur und Landschaft liege zwar auf der Hand, dass quantifizierbare Regelungen in der Art von Tarifen häufig ausschieden, weshalb auf unbestimmte Rechtsbegriffe gerade hier nicht verzichtet werden könne. Bei gleichartigen, immer wieder vorkommenden ausgleichspflichtigen Eingriffen seien jedoch die Anforderungen an die Bestimmtheit enger zu fassen, weil hier ohne weiteres die Möglichkeit zu klar umrissenen Zahlungsregelungen bestehe. Der zugrunde liegende Fall ist aber mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, weil es sich zum einen nicht um einen ständig wiederkehrenden Eingriff handelt und zum anderen, weil das Landratsamt feste Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Erfordernis angemessener Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung so genannter unbestimmter Rechtsbegriffe nur dann vor, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen. Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift müsse sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift lasse noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit entfallen. Das Ausmaß der gebotenen Bestimmtheit lasse sich nicht allgemein festlegen, sondern richte sich nach der Eigenart des zu regelnden Sachgebietes (vgl. BVerwG, U.v. 16.06.1994, BVerwGE 96,100). Verfassungsrechtlich geboten ist danach nicht eine Bestimmtheit €um jeden Preis€, sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden oder Gerichte ausschließt. Das Landratsamt Aschaffenburg hat in der Klageerwiderung dargelegt, dass es sich bei der Bemessung von Eingriffen in das Landschaftsbild an einem Vorschlag der Regierung von Unterfranken aus dem Jahre 1991 orientiert, nach welchem für Sendetürme für den Landschaftsbildschaden eine Ersatzzahlung in Höhe von ca. 5 % der Baukosten der Anlage als angemessen angesehen wird. Wenn ein Bauherr vor Einreichung des Bauantrages wissen will, was betragsmäßig auf ihn zukommt, hat er die Möglichkeit, eine Auskunft zu erlangen. Die Kosten sind also vorhersehbar und werden nicht willkürlich festgelegt. Das Landratsamt hat bei der Bemessung der Ausgleichszahlung die Umstände des Einzelfalles ausreichend berücksichtigt. So hat es insbesondere einen Abschlag für 20 Meter Höhe für den Bereich, wo der Sockel des Sendeturms noch vom Wald verdeckt wird, vorgenommen. Außerdem hat es berücksichtigt, dass an gleicher Stelle bereits ein Sendemast vorhanden war und deshalb nur die Rohbaukosten und nicht die Gesamtbaukosten zugrunde gelegt. Mit seiner Forderung (5 % der Rohbaukosten) bewegt sich das Landratsamt im Rahmen dessen, was in anderen Ländern durch Gesetz geregelt ist. So beträgt z.B. nach § 12b Abs. 1 Satz 2 Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG) die Ersatzzahlung höchstens 7 v.H. der Kosten für Planung und Ausführung des Vorhabens einschließlich der Beschaffungskosten für Grundstücke. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass das Landratsamt Aschaffenburg in vergleichbaren Fällen keine oder eine niedrigere Ersatzleistung gefordert hat. Es ist auch gerichtsbekannt, dass das Landratsamt Aschaffenburg regelmäßig Ausgleichs- bzw. Ersatzzahlungen bei Eingriffen im Landschaftsschutzgebiet erhebt. Soweit der Klägervertreter auf einen Fall im Landkreis Regensburg hingewiesen hat, in dem keine Ersatzzahlung verlangt worden sei, fehlen zum einen nachprüfbare Angaben hinsichtlich der Vergleichbarkeit. Im Übrigen könnte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wohl nur dann geltend gemacht werden, wenn das Landratsamt Aschaffenburg als zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen keine Ersatzzahlung verlangt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 53.103,00 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG).






VG Würzburg:
Urteil v. 10.06.2008
Az: W 4 K 07.1361


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