Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Juli 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 62/05

(BPatG: Beschluss v. 25.07.2007, Az.: 26 W (pat) 62/05)

Tenor

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Widersprechenden zu tragen. Im Übrigen wird der Kostenantrag der Markeninhaberin, soweit es um die im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt entstandenen Kosten geht, zurückgewiesen.

Der Kostenantrag der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren

"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Weine"

eingetragene Marke 301 64 045 QUINTENZ ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"Kaffee, Tee, Kakao, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; frisches Obst und Gemüse; Biere, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Eier, Milch und Milchprodukte; alkoholische Getränke"

eingetragenen prioritätsälteren Wort-Bild-Marke 396 18 933 Grafik der Marke 39618933.4 Die Markenstelle für Klasse 33 hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen; Kosten wurden nicht auferlegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässigerweise erhobene Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 MarkenG greife durch, da es für den Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung insbesondere an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Verwendung der Marke zur (kennzeichenmäßigen) Unterscheidung der Waren des Benutzers von den Produkten anderer Unternehmen fehle.

Hiergegen wenden sich die Widersprechenden mit der Beschwerde. Sie erachten die Benutzung der Widerspruchsmarke für ausreichend glaubhaft gemacht und haben ursprünglich sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ursprünglich beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 30. März 2007 hat der Vertreter der Widersprechenden die Erledigung des Beschwerdeverfahrens mitgeteilt, da die am 30. September 2006 endende Schutzdauer der Widerspruchsmarke 396 18 933 nicht verlängert worden sei. Gleichzeitig beantragen die Widersprechenden, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke vertritt die Auffassung, es sei kein Grund ersichtlich, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Widersprechenden hätten es ihrerseits versäumt, im Beschwerdeverfahren weitere Nachweise vorzulegen, die eine ausreichende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hätten belegen können. Mit den bisher eingereichten Unterlagen sei lediglich ein Zeitraum bis zum Jahr 2001 abgedeckt worden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt deshalb ihrerseits, den Inhabern der Widerspruchsmarke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II Durch den Wegfall der Widerspruchsmarke wegen Nichtverlängerung im Beschwerdeverfahren ist die Grundlage des Widerspruchsverfahrens entfallen, so dass der von der Widersprechenden mit der Beschwerde angefochtene Beschluss der Markenstelle hinsichtlich des Sachausspruchs wirkungslos geworden ist. Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 71 Abs. 4 MarkenG jedoch auch möglich, wenn sich die Hauptsache - wie vorliegend - dadurch erledigt hat, dass die Widerspruchsmarke wegen Nichtverlängerung gelöscht worden ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdnr. 4).

1. Der Kostenantrag der Inhaber der Widerspruchsmarke erweist sich als unbegründet.

Auch für das markenrechtliche Beschwerdeverfahren gilt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Senate des Bundespatentgerichts zusätzlich zum Verfahrensausgang besonderer Umstände, die insbesondere dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfaltspflicht nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Beteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a .O., § 71 Rdnr. 25 m. w. N; BPatG 26 W (pat) 257/00 FRUTTA VIVA/Frutavital).

Dies ist im Hinblick auf die Inhaberin der angegriffenen Marke klar zu verneinen, da diese ihrerseits nach dem Obsiegen in beiden Verfahren vor der Markenstelle keinerlei Veranlassung gehabt hätte, auf ihre Marke zu verzichten.

2. Der Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, den Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens begründet.

Im Verfahren vor der Markenstelle hatten die Widersprechenden zwar Benutzungsunterlagen vorgelegt, die den § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG betreffenden Zeitraum bis zur Veröffentlichung der angegriffenen Marke (17. Mai 2002) mit Benutzungsunterlagen weitgehend abdecken. Auch wenn diese letztendlich eine Glaubhaftmachung der Benutzung - wie von der Markenstelle wohl zutreffend angenommen - nicht belegen konnten, stellt dies zunächst für sich gesehen keinen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht dar. Der Argumentation der Inhaberin der angegriffenen Marke ist jedoch insoweit zuzustimmen, dass zum ausreichenden Nachweis einer Benutzung Unterlagen auch für den Zeitraum von 5 Jahren vor Erlass der (Beschwerde-)Entscheidung, also für die Jahre 2002 bis 2007 hätten eingereicht werden müssen, da das undifferenzierte Bestreiten der Benutzung nicht nur die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern auch nach Satz 2 erfasst, sofern deren Voraussetzungen vorliegen. Eine diesbezügliche Hinweispflicht des Gerichts besteht nicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43 Rdnr. 37-40). Zwar hat die Markenstelle in der Erinnerungsentscheidung am 22. Februar 2005 nicht problematisiert, dass die vorgelegten Nachweise für die Benutzung nur bis zu den Jahren 2001 bzw. 2002 reichten. Zu diesem Zeitpunkt genügte dies aber noch, da die Benutzungshandlungen grundsätzlich nicht den gesamten Zeitraum ausfüllen müssen (vgl. EuG GRUR Int. 2005, 47, 49 - VITAFRUIT). Zwischenzeitlich liegen indes die letzten Benutzungshandlungen - ungeachtet der weiteren, auch von der Markenstelle thematisierten Fragestellungen - jedoch so weit zurück, dass daraus eine Glaubhaftmachung der Benutzung für den gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zu berücksichtigenden Zeitraum von fünf Jahren vor Erlass der Entscheidung jedenfalls nicht mehr hergeleitet werden könnte. Damit liegt zumindest im Rechtsmittelverfahren kein ernsthafter Versuch der Glaubhaftmachung vor, was für eine Kostenauferlegung grundsätzlich ausreicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rdnr. 15). Eine Hinweispflicht des Gerichts besteht dabei nicht; vielmehr hätten die Widersprechenden von sich aus unverzüglich alle erforderlichen Unterlagen vorlegen müssen. Der Umstand, dass der Erinnerungsbeschluss den Zeitraum der nachgewiesenen Benutzung nicht problematisiert hat, entbindet die Inhaber der Widerspruchsmarke nicht von einer selbständigen weiteren Vorlagepflicht.

Daneben spricht auch der Umstand der Erledigterklärung des Beschwerdeverfahrens durch die Widersprechenden aufgrund der Nichtverlängerung der Widerspruchsmarke noch zusätzlich für eine Kostentragungspflicht. Selbst wenn diese unmittelbar nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, innerhalb derer immer noch die Zahlung eines Verspätungszuschlags und damit die Verlängerung der Widerspruchsmarke möglich gewesen wäre, erfolgt ist, kann aufgrund der Gesamtwürdigung aller Umstände nicht in Abrede gestellt werden, dass das Verhalten der Widersprechenden insgesamt der erforderlichen prozessualen Sorgfalt nicht entspricht. Obwohl im Zuge der Beschwerde keinerlei neue Benutzungsunterlagen mehr eingereicht worden sind, wurde das Beschwerdeverfahren weiter betrieben und erst dann für erledigt erklärt, als auch die Nachfrist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr mit Verspätungszuschlag abgelaufen war. Durch den Umstand der Nichtverlängerung erscheint es nahe liegend, dass die Widersprechenden an ihrer Marke schon seit längerem nicht mehr interessiert waren und diese auch seit geraumer Zeit nicht mehr benutzt hatten. Damit haben die Widersprechenden durch ihr Verhalten in vermeidbarer Weise das Beschwerdeverfahren und die dort entstandenen Kosten verursacht.

Soweit der Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke auch dahingehend ausgelegt werden kann, den Widersprechenden sämtliche Kosten des Verfahrens, also auch die vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts entstandenen Kosten aufzuerlegen, war der Antrag zurückzuweisen. Es sind keine Billigkeitsgründe ersichtlich, die eine solche weitergehende Kostenentscheidung rechtfertigen könnten. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Widersprechende bereits bei der Einlegung des Widerspruchs im Februar 2002 an einer künftigen Benutzung der Widerspruchsmarke überhaupt kein Interesse mehr gehabt hat und die Einlegung des Widerspruchs nur der Behinderung der Mitbewerber dienen sollte, zumal im Verfahren vor der Markenstelle Benutzungsunterlagen vorgelegt worden sind, die den Zeitraum bis zum Jahr 2002 abgedeckt haben.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek






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Beschluss v. 25.07.2007
Az: 26 W (pat) 62/05


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