Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. September 2005
Aktenzeichen: 19 W (pat) 42/03

(BPatG: Beschluss v. 21.09.2005, Az.: 19 W (pat) 42/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. März 2003 aufgehoben.

Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I Das am 3. August 1996 angemeldete Patent 196 31 474 ist mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Imprägnieren von Wicklungen" und folgendem Patentanspruch 1 erteilt worden:

"1. Vorrichtung zum Imprägnieren von mindestens einem mit Wicklungen versehenen elektrischen Bauteil mit einem ein Imprägniermittel umgebenden Gefäß und einer das Bauteil tragenden Halteeinrichtung, sowie einer Verstelleinrichtung zum vertikalen Verfahren des Druckgefäßes relativ zu dem Bauteil, dadurch gekennzeichnet, daß das Gefäß als Druckgefäß (1) ausgebildet ist, dem ein einen Deckel bildendes Kopfteil (2) zuordenbar ist, an dem das Bauteil (19) mittels der Halteeinrichtung (18) befestigbar ist und das Stromklemmen (21) für eine Beheizung des Bauteils (19) aufweist unddaß mittels der Verstelleinrichtung (3) das Kopfteil (2) und das Druckgefäß (1) vertikal relativ zueinander verfahrbar und dicht miteinander in Verbindung bringbar sind."

Gegen das Patent, dessen Erteilung am 20. November 1997 veröffentlicht wurde, hat die Einsprechende mit einem am 14. Februar 1998 beim Deutschen Patentamt eingegangenen Schriftsatz Einspruch erhoben und beantragt, das Patent nach § 21 PatG zu widerrufen. Zur Begründung hat sie auf zwei Patentschriften und Anlagen, die eine offenkundige Vorbenutzung belegen sollen, verwiesen.

Die Patentabteilung 32 des Deutschen Patentamts hat den Einspruch als zulässig angesehen und durch Beschluss vom 27. März 2003 das Patent widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie führt aus, der Einspruch sei unzulässig, da sich die innerhalb der Einspruchsfrist eingereichte Einspruchsbegründung auf eine behauptete offenkundige Vorbenutzung stütze, den dazu vorgelegten Unterlagen aber weder der Gegenstand noch die Art und der Zeitpunkt der offenkundige Vorbenutzung entnehmbar sei.

Die Patentinhaberin stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 28. April 2003, den Beschluss der Patentabteilung 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. März 2003 aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende hält ihren Einspruch für zulässig. Die Tatsachen seien im einzelnen vorgetragen worden, und die Begründung hierzu könne auch nachgebracht werden. Im Zusammenhang mit den in Anlage 3 des Einspruchsschriftsatzes aufgelisteten Bestellungen seien auch die Zeichnungen nach Anlage 4 bis 9 im Rahmen eines Angebots den Bestellern zugesandt worden. Die mangelnde Patentfähigkeit ergebe sich daraus, dass ausgehend von dem Stand der Technik nach Entgegenhaltung 1 (Ausführungsbeispiel) die offenkundige Vorbenutzung nach Anlage 3 bis 7 die restlichen Merkmale des Patentanspruchs 1 nahelege.

Die Einsprechende stellte den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig und führt auch zum Erfolg, da der Einspruch unzulässig ist.

Die Einsprechende hat ihren Rechtsbehelf zwar in rechter Frist und Form erhoben (PatG § 59 Abs 1, S 1 und 2) und zulässigerweise auch auf mangelnde Patentfähigkeit als einen der Widerrufsgründe des PatG § 21 gestützt (PatG § 59 Abs 1 S 3).

Den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen wird der Einspruch jedoch nicht gerecht.

Nach PatG § 59 Absatz 1 Satz 2 ist der Einspruch gegen ein Patent zu begründen. Nach Satz 4 dieser Vorschrift sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen anzugeben. Darunter ist die Gesamtheit der Tatsachen zu verstehen, aus denen die von der Einsprechenden begehrte Rechtsfolge, nämlich der Widerruf des Patents, hergeleitet wird. Die Tatsachenangaben müssen sich auf einen der in PatG § 21 genannten Widerrufsgründe beziehen, da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, dass einer dieser Gründe vorliege (PatG § 59 Abs 1 Satz 3).

Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BGH BlPMZ 1988, 289, 290 - Meßdatenregistrierung) unter Hinweis auf weitere Entscheidungen hervorgehoben, es sei keineswegs in das Belieben des Einsprechenden gestellt, was und in welchem Umfang er zur Stützung seines Einspruchsbegehrens vorträgt. Danach genüge die Begründung des Einspruchs den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes - hier: mangelnde Patentfähigkeit - maßgeblichen Umstände so vollständig darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können (vgl BGH - Meßdatenregistrierung, mit Hinweis auf BGH BlPMZ 1987, 203 - Streichgarn). Insbesondere genüge eine Einspruchsbegründung den gesetzlichen Anforderungen dann nicht, wenn sie sich nur mit Teilaspekten der patentierten Lehre befasst (vgl BGH BlPMZ 1988, 250 - Epoxidation) und sich etwa mit dem Zusammenwirken der einzelnen Bauelemente der durch das Streitpatent unter Schutz gestellten Vorrichtung nicht im einzelnen auseinandersetzt (vgl BGH - Meßdatenregistrierung).

Beruft sich der Einsprechende auf fehlende Patentfähigkeit infolge einer offenkundigen Vorbenutzung, so muss die Einspruchsbegründung den Gegenstand der Benutzung bezeichnen. Ferner ist die Angabe bestimmter Umstände dieser Benutzung erforderlich, damit überprüft und festgestellt werden kann, ob der Gegenstand der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Schließlich bedarf es einer nachprüfbaren Angabe dazu, wann der Gegenstand in dieser Weise benutzt worden ist (BGH BlPMZ 1998, 210 Tabakdose).

In ihrem Einspruchsschriftsatz gibt die Einsprechende an, dass die Zeichnungen nach Anlage 4 und 5 zu Kundenaufträgen vom 19. November 1993 und 3. Mai 1996 gehörten. Diese Daten finden sich in Anlage 3 in der Spalte "Bestell-Datum". Umstände und Datum einer offenkundigen Vorbenutzung sind damit aber nicht vorgetragen, denn eine Bestellung belegt weder eine Lieferung, noch ein Angebot einschließlich des Transfers von Werkstattzeichnungen - wie die Einsprechende meint - noch Umstände, die auf eine Geheimhaltungsverpflichtung oder deren Fehlen, oder auf den Zeitpunkt, zu dem der Gegenstand bzw die Zeichnungen offenkundig geworden sind, schließen lassen. Weitere Angaben zu den Umständen der Vorbenutzung finden sich im Einspruchsschriftsatz nicht.

Der Vortrag zum allgemeinen Stand der Technik und zu den Entgegenhaltungen 1 (und 2) betrifft - wie im Einspruchsschriftsatz ausdrücklich angegeben - nur einige kennzeichnende Merkmale, also nur einen Teilaspekt, und ist somit für sich allein nicht geeignet die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 in Frage zu stellen. Es sind somit auch keine Tatsachen angegeben, die den Einspruch rechtfertigen könnten, ohne auf die Vorbenutzung zurückzugreifen.

Somit sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, nicht im einzelnen angegeben.

Dr. Mayer Groß

Dr. Scholz Kirschneck Be






BPatG:
Beschluss v. 21.09.2005
Az: 19 W (pat) 42/03


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