Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 12. August 2010
Aktenzeichen: 31 Wx 139/10

(OLG München: Beschluss v. 12.08.2010, Az.: 31 Wx 139/10)

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 7 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 7. Mai 2010 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Notvorstandes richtet.

II. Im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt aufgehoben. Die Akten werden dem Amtsgericht Ingolstadt zur Fortsetzung des Eintragungsverfahrens betreffend die Anmeldung vom 15.1.2010 zurückgegeben.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde gegen die Bestellung eines Notvorstandes wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 15.12.2009 legte der Beteiligte zu 7 €Einspruch€ gegen die Eintragung der in der Mitgliederversammlung des Vereins vom 11.12.2009 gewählten Vorstände und beschlossenen Satzungsänderung ein. Zugleich beantragte er die Einsetzung eines Notvorstandes. Am 20.1.2010 ging die notariell beglaubigte Anmeldung der Änderungen beim Amtsgericht ein. Nach schriftlicher Anhörung anderer Beteiligter wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 7.5.2010 den Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes und ferner den Einspruch gegen die angemeldete Eintragung zurück. Hiergegen legte der Beteiligte zu 7 mit Schreiben vom 24.5.2010 Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 7.6.2010 begründete er die Beschwerde und nahm gleichzeitig den Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes zurück.

II.

Das Verfahren umfasst zwei verschiedene Verfahrensgegenstände, nämlich die Bestellung eines Notvorstandes und die Eintragungsanmeldung.

31. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Notvorstandes hat keinen Erfolg. Von den übrigen Beteiligten hat sich niemand für die Bestellung eines Notvorstandes ausgesprochen. Es kann offen bleiben, ob die vom Antragsteller trotz Antragsrücknahme ausdrücklich aufrecht erhaltene Beschwerde bereits unzulässig ist; denn die Beschwerde ist in jedem Fall unbegründet. Das gilt schon unabhängig davon, ob der eingetragene Vorstand wirksam bestellt ist oder nicht, zumal allein die Tatsache der Eintragung dem eingetragenen Vorstand jedenfalls das Recht zur Einberufung einer Mitgliederversammlung verleiht (§ 121 Abs. 2 S. 2 AktG analog), wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. § 29 BGB sieht die Bestellung eines Notvorstandes nur bei Handlungsunfähigkeit und auch dann nur in dringenden Fällen vor. Diese Voraussetzungen sind eng auszulegen (OLG München Rpfleger 2008, 140 m.w.N.). Die Achtung vor der Privatautonomie des Vereins rechtfertigt den mit der Bestellung eines Notvorstandes verbundenen hoheitlichen Eingriff nur, wenn eine Handlungsunfähigkeit des Vereins vorliegt und diese wegen eines dringenden Handlungsbedarfs zur unmittelbar drohenden Schädigung des Vereins oder eines außen stehenden Dritten führen kann. Das ist hier nicht ersichtlich. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des Verfahrens nach § 29 BGB, dessen Gegenstand eine gerichtliche Not- und Eilmaßnahme ist, vereinsinterne Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten zu klären (vgl. OLG München aaO).

42. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des €Einspruchs€ gegen die Eintragung der angemeldeten Änderungen führt zur Aufhebung dieses Teils des amtsgerichtlichen Beschlusses, allerdings nur aus formalen Gründen. Ob der Beschwerdeführer in der Sache recht hat, bleibt offen. Zutreffend führt das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung aus, dass ein €Einspruch€ gegen eine Eintragungsanmeldung im Gesetz nicht vorgesehen ist. Es steht allerdings jedem von einer angemeldeten Eintragung Betroffenen frei, sich gegen die Eintragung zu wenden und seine hierfür maßgeblichen Argumente und Gesichtspunkte vorzutragen. Bei dem €€Einspruch€ des Beteiligten zu 7 handelt es sich um solche Einwendungen. Hierüber wird inzident entschieden, wenn das Amtsgericht über die Eintragung entscheidet, sei es € wenn es die Einwendungen für nicht durchgreifend erachtet € durch Eintragung (§ 382 Abs. 1 Satz 1 FamFG), sei es, wenn das Gegenteil der Fall ist, durch Ablehnung des Eintragungsantrags (§ 382 Abs. 3 FamFG). Für eine gesonderte Entscheidung über die im Rahmen des Eintragungsverfahrens vorgebrachten Einwendungen eines Beteiligten ist kein Raum. Der diesbezügliche Teil des amtsgerichtlichen Beschlusses ist deshalb aufzuheben. Das Amtsgericht wird nunmehr abschließend über die noch nicht erledigte Eintragungsanmeldung zu entscheiden haben, sofern diese nicht durch zwischenzeitliche neuere Entwicklungen und neue Anmeldungen überholt ist.

3. Für die Kosten und den Geschäftswert ist zwischen den zwei verschiedenen Verfahrensgegenständen zu unterscheiden:

a) Im Beschwerdeverfahren über den Verfahrensgegenstand €Notvorstand€ hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen. Ferner hat er den Beteiligten zu 1 bis 6 die notwendigen Auslagen zu erstatten (§ 84 FamFG); besondere Umstände für ein Abweichen von der gesetzlichen Regel liegen nicht vor. Die Festsetzung des Geschäftswerts für den Verfahrensgegenstand €Notvorstand€ beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. Der Senat hält den Regelgeschäftswert für angemessen.

b) Das Verfahren für den Verfahrensgegenstand €Einspruch€ ist gerichtsgebührenfrei. Eine Erstattungsanordnung wird nicht getroffen. Einer Geschäftswertfestsetzung bedarf es nicht.

4. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).






OLG München:
Beschluss v. 12.08.2010
Az: 31 Wx 139/10


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