Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 321/02

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2002, Az.: 8 W (pat) 321/02)

Tenor

Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I Das Patent 101 19 567 der I... GmbH & Co. in H... (Anmeldetag: 21. April 2001) betrifft ein "Verfahren zum Kühlen der beiden Werkzeughälften eines Formwerkzeuges und Mischeinheit zur Durchführung des Verfahrens". Der das Verfahren betreffende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zum Kühlen der beiden Werkzeughälften eines Formwerkzeuges zum Tiefziehen von Behältern aus thermoplastischem Kunststoff, die von einem Kühlmittel durchflossen werden, wobei die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Werkzeughälften auf einem vorgegebenen Wert gehalten wird, dadurch gekennzeichnet, dass das von einer zentralen Kühlmittelanlage (32) zugeführte Kühlmittel je einem Mischventil (40, 41) für Oberteil (10) und Unterteil (11) zugeführt und von diesem aus durch je eine Umwälzpumpe (42, 43) den beiden Werkzeughälften (10, 11) über einen Kühlkreislauf (36, 37) zugeführt wird in der Weise, dass die Vorlauftemperaturen oder Rücklauftemperaturen der Kühlkreisläufe (36, 37) auf einen vorgegebenen Wert geregelt werden und bei Überschreitung dieses Wertes eine Zumischung von Kühlmittel aus der Kühlmittelanlage (32) über das Mischventil (40, 41) erfolgt."

Der unabhängige Patentanspruch 8 lautet wie folgt:

"8. Mischeinheit für ein Kühlmittel, die zwischen einer Kühlmittelanlage und den beiden Werkzeughälften eines Formwerkzeuges zum Tiefziehen von Behältern aus thermoplastischer Kunststofffolie angeordnet ist, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

a) Mindestens zwei Mischventile (40, 41), die eingangsseitig mit der Kühlmittelanlage (32) in Verbindung stehen;

b) die Mischventile (40, 41) stehen ausgangsseitig mit je einem Kühlkreislauf (36, 37) für Oberteil (10) und Unterteil (11) in Verbindung;

c) eine in jedem Kühlkreislauf (36, 37) angeordnete Umwälzpumpe (42, 43);

d) einen in jedem Kühlkreislauf (36, 37) angeordneten Temperaturfühler (44, 45).

e) eine Steuerung (52) zur Regelung der Vorlauftemperaturen in den Kühlkreisläufen (36, 37) durch Ansteuerung der Mischventile (40, 41) und Zumischung von Kühlmittel aus der Kühlmittelanlage (32) in die Kühlkreisläufe (36, 37)."

Wegen des Wortlauts der jeweils abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 und 9 bis 15 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Für die Beurteilung der Patentfähigkeit sind seitens des Patentamts die in der Beschreibung angeführten Druckschriften DE 44 18 064 C1, DE 31 35 206 C1 und DE 44 30 824 A1 in Betracht gezogen worden. Die Patenterteilung wurde am 20. Juni 2002 veröffentlicht.

Mit einem am 29. August 2002 beim Patentamt eingegangenen Schreiben vom 27. August 2002 hat die S... GmbH & Co. KG in W... Ein- spruch erhoben. Zur Begründung ist ausgeführt, das beschriebene Verfahren stelle den allgemeinen Stand der Technik dar. Sie - die Einsprechende -, die über große Erfahrung in der Temperiertechnik verfüge und seit vielen Jahren Geräte und Anlagen in unterschiedlicher technischer Detailausprägung baue, habe die in den Patentansprüchen beschriebenen Verfahren bzw deren Kombination mehrfach umgesetzt.

Eine Äußerung der Patentinhaberin ist im Einspruchsverfahren bisher nicht zu den Akten gelangt.

II Der Einspruch, über den der zuständige Technische Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG (eingefügt durch Art 7 Nr 37 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13.12.2001, BGBl I S 3656) zu entscheiden hat, erweist sich als unzulässig. Er ist zwar fristgerecht erhoben worden, jedoch entspricht die äußerst knapp gehaltene Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen, wobei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach Ablauf der dreimonatigen Einspruchsfrist (§ 59 Abs 1 PatG) auch keine Nachreichung der erforderlichen Angaben mehr möglich ist.

Der das (bisherige) patentamtliche Einspruchsverfahren regelnde § 59 PatG gilt für das (neue) Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht entsprechend (§ 147 Abs 3 Satz 2 PatG). Mithin sind nach nunmehr geltendem Recht an die Begründung eines Einspruchs keine geringeren Anforderungen zu stellen als bisher. Die erforderliche Begründung (§ 59 Abs 1 Satz 2 PatG) muß erkennen lassen, auf welchen der Widerrufsgründe des § 21 PatG sich der Einspruch stützt (Satz 3), wobei die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, im einzelnen anzugeben sind (Satz 4).

Diesen, durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts näher konkretisierten gesetzlichen Erfordernissen an eine substantiierte Begründung werden die sehr kurz und allgemein gehaltenen Behauptungen im Einspruchsschreiben nicht annähernd gerecht. Zwar mag, auch wenn ein Antrag nicht gestellt ist und ausdrücklich nur um eine "Stellungnahme" des Patentamts gebeten wird, das Begehren der Einsprechenden ersichtlich sein, das Patentamt (und somit auch der nunmehr zuständige Senat) möge das erteilte Patent widerrufen; andernfalls gebe der förmliche Rechtsbehelf des Einspruchs gar keinen Sinn. Den Hinweis auf den "allgemeinen Stand der Technik", den das in der Patentschrift beschriebene Verfahren angeblich darstelle, sowie der Behauptung, diese(s) Verfahren selbst mehrfach "umgesetzt" - gemeint sein dürfte "ausgeführt" - zu haben, mag weiterhin im Wege der Auslegung zu entnehmen sein, daß die Einsprechende die Patentfähigkeit wegen fehlender Neuheit des Patentgegenstands (§ 21 Abs 1 Nr 1 iVm § 3 PatG) in Abrede stellen will.

In jedem Fall fehlt aber die nach der Rechtsprechung zwingend erforderliche eingehende Auseinandersetzung mit der Lehre des angegriffenen Patents (vgl Busse, PatG, 5. Aufl, § 59 Rdn 66 ff.; Schulte, PatG, 6. Aufl, § 59 Rdn 65 ff.). Die Merkmale der nebengeordneten Hauptansprüche 1 und 8 des Streitpatents werden überhaupt nicht erörtert, was aber unerläßlich gewesen wäre. Die bloße Behauptung, daß der Patentgegenstand im Stand der Technik enthalten sei, stellt keine Substantiierung der einspruchsbegründenden Tatsachen dar. Die Einsprechende hätte konkret angeben müssen, von welchem - druckschriftlichen oder sonstigen - Stand der Technik sie ausgeht und aus welchen Gründen dieser der Neuheit (oder ggfs auch dem Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit gem § 4 PatG) der Patentgegenstände entgegensteht. Soweit der Hinweis darauf, sie selbst habe die betreffenden Verfahren "umgesetzt", eine Vorbenutzung dartun soll - was nicht eindeutig behauptet wird -, hätte es konkreter nachprüfbarer Angaben zu Gegenstand, Ort, Zeitpunkt und Art der Vorbenutzung bedurft sowie außerdem der Darlegung der öffentlichen Zugänglichkeit (Schulte aaO, § 59 Rdn 90 bis 100; Busse, aaO, § 59 Rdn 84 ff.).

Eine Einspruchsbegründung ist nur dann ausreichend substantiiert, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen tatsächlichen Umstände im einzelnen so darlegt, daß Patentamt bzw nunmehr Bundespatentgericht und Patentinhaber daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können. Dem wird - wie ausgeführt - das Vorbringen der Einsprechenden in keiner Weise gerecht, so daß der Einspruch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen ist.

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BPatG:
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