Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 136/04

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2006, Az.: 32 W (pat) 136/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Modern Shotokaiist als Marke für die Dienstleistungen

"Erziehung, Ausbildung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; persönliche Dienstleistungen betreffend individueller Bedürfnisse, Sicherheitsdienste zum Schutze von Personen und Sachen"

zur Eintragung in das Register angemeldet.

Mit Beschluss vom 15. April 2004 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende, freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. "Shotokai" sei ein Fachbegriff auf dem Gebiet des Kampfsports und bezeichne als solcher eine traditionelle Form von Karate. Der Bestandteil "Modern" weise darauf hin, dass es sich um eine modernisierte Form dieser Karatestilrichtung handle. Der Verkehr werde die Marke daher lediglich als Hinweis auf die Art und das Thema der beanspruchten Dienstleistungen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstehen. Als beschreibende Angabe unterliege die Bezeichnung außerdem einem Freihaltebedürfnis. Im Übrigen seien vergleichbare Bezeichnungen für Kampfsportarten ebenfalls nicht als Marke eingetragen worden.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er macht geltend, dass der Begriff "Shotokai" in Lexikonartikeln teilweise fälschlich dem Kampfsport zugerechnet werde. "Shotokai" sei jedoch gerade nicht Kampfsportkreisen zuzuordnen, sondern stelle eine Gegenbewegung dazu dar, die sich über den geistigen Inhalt bestimme. Die Lexikonartikel könnten daher nicht als Beleg dafür herangezogen werden, wie der Verkehr den Begriff "Shotokai" verstehe. Da "Shotokai" ein gegenüber Karate oder anderen Kampfsportarten andersartiges Konzept, nämlich gewaltfreies Auftreten, zugrunde liege, könne der Verkehr nur anhand einer analytischen Betrachtungsweise verstehen, worum es sich bei "Shotokai" handle. Dementsprechend erschließe sich auch die Bedeutung der davon abgeleiteten Differenzierung "Modern Shotokai" nicht ohne weiteres Nachdenken. Der A... e.V., der den Antrag auf Eintragung von "Modern Shotokai" für den Anmelder betreibe, sei alleinvertretungsberechtigter Inhaber aller mit "Shotokai" verbundener Rechte, die durch den Begründer und Vertreter der Marke in Japan für Deutschland autorisiert worden seien. Die von der Markenstelle übermittelten Internetrecherchen, die die Verwendung des Begriffs in Deutschland belegen sollen, beträfen ausschließlich Mitgliedsgruppen der Organisation A... e.V. Außerdem bezögen sich die Belege teil- weise auf den Großmeister B..., der Ehrenpräsident des A... e.V. sei, und auf die C..., die die Mutterorganisation des deutschen Verbandes sei. Daraus ergebe sich, dass durch die Eintragung der Bezeichnung "Modern Shotokai" in Deutschland Namensrechte nicht beschnitten, sondern im Gegenteil sogar geschützt würden. Im Übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt die Bezeichnung "Shotokai" jedenfalls teilweise für schutzfähig erachtet.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dabei ist die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen abzusprechen, die lediglich allgemeine Sachaussagen vermitteln (BPatG GRUR 2006, 766, 767 - Choco'n'More).

Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "Modern Shotokai" für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird.

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um einen Hinweis auf eine modernisierte Form einer bestimmten Karatestilrichtung. Dass "Shotokai" nicht nur ein bloßer Karatestil ist - wie der Anmelder geltend macht -, sondern Ausdruck einer bestimmten Geisteshaltung, unter der verschiedene Ausformungen von Leibesübungen betrieben werden können, begründet ebenso wenig die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft der Bezeichnung "Modern Shotokai" wie der Umstand, dass sich der hinter Shotokai stehende geistige Gehalt möglicherweise nur durch differenziertes, analytisches Nachdenken erschließt. Einer Bezeichnung kommt nicht schon dann Unterscheidungskraft im markenrechtlichen Sinn zu, wenn der Verkehr nur eine vage Vorstellung von ihrem Bedeutungsgehalt hat. Es kommt nicht darauf an, ob der Verkehr einen Begriff in seinem Bedeutungsgehalt unter jedem Aspekt zutreffend und erschöpfend erfassen kann. Entscheidend ist vielmehr, ob der Verkehr ein Zeichen lediglich als einen Hinweis auf die Merkmale der damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen ansieht oder ob er das Zeichen als Hinweis auf die Herkunft der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Betrieb versteht. Denn eine Marke muss die Waren und Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft und nicht nach ihrer Art oder ihrem Inhalt unterscheidbar machen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 38). Auch wenn die angesprochenen Verkehrskreise wegen der Komplexität der Materie den Begriff "Shotokai" möglicherweise nicht unter jedem Gesichtspunkt zutreffend zu erfassen vermögen, werden sie doch aufgrund ihrer allgemeinen Kenntnisse auf dem Gebiet der Kampfsportarten in der Angabe keinen individuellen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich einen Hinweis auf eine bestimmte Stilrichtung von Karate sehen. Sie werden die angemeldete Bezeichnung daher als einen Sachhinweis dahingehend verstehen, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen eine modernisierte Form des Karate-Stils "Shotokai" zum Gegenstand haben oder mit Hilfe dieses Karate-Stils erbracht werden. So beschreibt die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die Dienstleistungen "Ausbildung" und "sportliche Aktivitäten" lediglich deren Gegenstand. Da "Shotokai" zusätzlich eine gewisse Geisteshaltung vermitteln soll, stellt die Bezeichnung "Modern Shotokai" auch in Bezug auf die Dienstleistung "Erziehung" kein betriebliches Herkunftskennzeichen dar. Entsprechendes gilt für die Dienstleistung "kulturelle Aktivitäten". Wie der Anmelder selbst ausführt, kommt "Shotokai" eine über die sportliche Disziplin und Selbstverteidigungsmethode hinausweisende Bedeutung auf dem Gebiet der Bewegungskunst zu. Als Hinweis auf eine Methode der Selbstverteidigung stellt die Wortkombination "Modern Shotokai" auch in Bezug auf die Dienstleistungen "persönliche Dienstleistungen betreffend individueller Bedürfnisse, Sicherheitsdienste zum Schutze von Personen und Sachen" lediglich eine Inhaltsangabe dar.

Dass die Anmeldung vom in Deutschland alleinvertretungsberechtigten Inhaber aller mit "Shotokai" verbundenen Rechte A... e.V. unter- stützt wird und der Anmelder den Titel eines Großmeisters verliehen bekommen hat, ist für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft unmaßgeblich, da diese grundsätzlich unabhängig von der Person des Anmelders zu erfolgen hat (BGH GRUR 2006, 503 - Casino Bremen).

Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht des Anmelders vergleichbare Marken kann er keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BPatGE 32, 28 - CREATION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH, GRUR 2004, 674, Rdn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Rdn. 63 - Henkel).

Ob der Eintragung der angemeldeten Marke insoweit auch der Ausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.






BPatG:
Beschluss v. 18.10.2006
Az: 32 W (pat) 136/04


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