Landesarbeitsgericht München:
Beschluss vom 7. Januar 2010
Aktenzeichen: 6 Ta 1/10

(LAG München: Beschluss v. 07.01.2010, Az.: 6 Ta 1/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht München hat in diesem Beschluss festgelegt, dass der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 30. Oktober 2009 teilweise geändert wird. Der Kläger wurde hinsichtlich seiner Anträge 1 und 5 der Klageschrift unbegrenzte Prozesskostenhilfe gewährt, während die weitergehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen wurde.

Der Kläger ist gelernter Restaurantkaufmann und war vom 1. Februar 2009 bis 14. Juni 2009 in der Gaststätte des Beklagten beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand nicht, jedoch hatte der Kläger eine Arbeitsvereinbarung unterzeichnet. Er klagte auf weitere Vergütung, Schadenersatz, Urlaubsabgeltung und Erteilung von Arbeitspapieren.

Der Kläger behauptet, er habe täglich bis zu 12 Stunden an 7 Tagen in der Woche als Schankkellner gearbeitet. Er legte eine Stundenaufstellung vor, die er gearbeitet haben will. Weiterhin behauptet er, er habe aufgrund der Missstände im Betrieb, insbesondere wegen des nicht erteilten Arbeitsvertrages und der geringen Entlohnung, fristlos gekündigt und verlangt daher Schadenersatz. Er verlangt außerdem die Abgeltung seines offenen Urlaubs.

Das Arbeitsgericht gewährte dem Kläger Prozesskostenhilfe für bestimmte Anträge, jedoch nicht in vollem Umfang. Zudem wurde entschieden, dass die Reisekosten und Tage- und Übernachtungsgelder des beigeordneten Rechtsanwalts nicht erstattet werden. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht München entschied, dass der Kläger für seine Anträge auf weitere Vergütung und erhöhten Urlaubsanspruch Prozesskostenhilfe erhält. Die weiteren Anträge werden jedoch abgelehnt. Es besteht außerdem kein Anspruch auf Erstattung von Reisekosten und Tage- und Übernachtungsgeldern. Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts ist nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts möglich. Der Kläger hatte jedoch keine Umstände vorgebracht, die eine solche Beiordnung gerechtfertigt hätten.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss ist nicht zulässig.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LAG München: Beschluss v. 07.01.2010, Az: 6 Ta 1/10


Tenor

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 30. Okt. 2009 € 39 Ca 13110/09 wird teilweise abgeändert.

2. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Anträge 1. und 5. der Klageschrift in unbeschränkter Höhe bewilligt.

3. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kläger, gelernter Restaurantkaufmann, war beim Beklagten in dessen Gaststätte vom 1. Feb. 2009 bis 14. Juni 2009 beschäftigt gewesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand nicht. Allerdings hatte der Kläger eine Arbeitsvereinbarung vom 26. Jan. 2009 unterzeichnet, auf die Bezug genommen wird (Anlage B 1, Bl. 29 d. A.). Er erhielt eine Vergütung von monatlich € €. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund fristloser Eigenkündigung des Klägers.

Mit seiner Klage vom 20. Aug. 2009 machte der Kläger weitere Vergütung, Schadenersatz, Urlaubsabgeltung und Erteilung von Arbeitspapieren geltend. Er hat für das Klageverfahren mit der Klageerhebung Prozesskostenhilfe beantragt.

Er behauptet, er habe täglich bis zu 12 Stunden an 7 Tagen in der Woche als Schaukellner (wohl: Schankkellner) gearbeitet; hierfür sei tariflich ein Lohn von € 1.313.- und ab dem 4. Monat von € 1.426.- bei 39 tariflichen Monatsstunden üblich. Die Stundenaufstellung, die er gearbeitet haben will, legt der Kläger als Anlage K 1 (Bl. 12 d. A.) vor.

Ferner trägt er vor, er habe wegen der mehrfach angesprochenen, aber seitens des Beklagten nicht abgestellten Missstände im Betrieb, insbesondere wegen des nicht erteilten Arbeitsvertrages, der sittenwidrig geringen Entlohnung und des nicht gewährten freien Tages, fristlos gekündigt. Angesichts dessen begehre er nach § 628 Abs. 2 BGB Schadenersatz.

Schließlich ist er der Ansicht, ihm sei der offene Urlaub ausgehend von 28 Urlaubstagen pro Jahr abzugelten, da er an 7 Tagen in der Woche gearbeitet habe.

Das Arbeitsgericht München hat dem Kläger mit Beschluss vom 30. Okt. 2009 Prozesskostenhilfe für seine Klageanträge 2, 3 und 6 (Arbeitsbescheinigung, Arbeitszeugnis und Zahlung von 50.- €) uneingeschränkt, für den Klageantrag 1. nur im Umfang von € 3.639,58 (statt begehrter € 7.350,61), für Antrag 5 nur in Höhe von € 438,76 (statt begehrter € 614,06) bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Ferner hat es klargelegt, dass für den beigeordneten Rechtsanwalt Dr. M. weder Reisekosten noch Tage- oder Übernachtungsgelder erstattet werden. Auf den Beschluss und dessen Begründung wird vollinhaltlich Bezug genommen (Bl. 50 ff. d. A.).

Gegen diesen ihm am 4. Nov. 2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Dez. 2009, der am selben Tag per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangen war, sofortige Beschwerde eingelegt.

Er meint, er habe die geleistete Arbeitszeit in hinreichender Hinsicht schlüssig dargetan. Auch ist er der Ansicht, er habe ausgeführt, er habe auf die Missstände, die ihn zum Ausspruch der fristlosen Eigenkündigung bewogen hätten, hingewiesen, eine genauere Darlegung sei nicht zu fordern. Weiter hält er daran fest, dass angesichts der Arbeitsleistung an 7 Tagen/Woche auch einen erhöhten Urlaubsanspruch habe.

Schließlich wendet er sich gegen den Ausschluss von Reisekosten sowie Tage- und Übernachtungsgeldern.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Rechtsstreit dem Landesarbeitsgericht vorgelegt (Beschluss vom 8. Dez. 2009, Bl. 60 d. A.).

II.

Die statthafte sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 ZPO). Sie ist in rechter Form (§ 569 Abs. 1 ZPO) und Frist (§ 127 Abs. 2 Satz 3, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegt worden.

2.In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg, soweit der Kläger für die begehrte Arbeitszeit Vergütung beansprucht (Antrag 1.) und soweit er einen erhöhten Urlaubsanspruch geltend macht (Antrag 5). Die weitergehende sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

a.Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin (§ 117 Abs. 1, 2 ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn er auf Grund seiner finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten des Rechtsstreits nicht oder nur in Raten aufbringen kann (§ 115 ZPO) und die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Anträge 1 und 5 ebenso uneingeschränkt gegeben, nicht aber hinsichtlich des Antrages 4.

15aa.Der auf die Bezahlung weiterer Vergütung für die sich aus der Anlage K1 ergebenden Zeiten gerichtete Klageantrag bietet hinreichende Erfolgsaussichten. Der Kläger hat die behauptet geleisteten Arbeitszeiten nach Tag und Uhrzeit (Beginn und Ende der Arbeitszeit) aufgeschlüsselt. Ein weitergehender Sachvortrag ist von ihm nicht zu verlangen (vgl. auch BAG v. 17. 4. 2002 € 4 AZR 644/00, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 148; BAG v. 29. 5. 2002 € 5 AZR 370/01, EzA § 611 BGB Mehrarbeit Nr. 10; BAG v. 25. 5. 2005 € 5 AZR 319/04, EzA § 611 BGB 2002 Mehrarbeit Nr. 1).

Der Klageantrag ist auch nicht wegen nicht erfolgten Beweisangebotes ohne Erfolgsaussicht. Der Kläger hat (nur) für den € eingetretenen € Fall des Bestreitens der Stundenaufstellung Beweis angekündigt, aber nicht angeboten, doch wäre das Arbeitsgericht vorrangig gehalten gewesen, ihm eine Frist zum Beweisangebot zu setzen (BGH v. 3. 6. 1997 € VI ZR 133/96, NJW 1998, 155, 156; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 139 Rz. 16).

17bb.Auch Antrag 5 bietet in vollem Umfang Aussicht auf Erfolg. Denn der Kläger hat nach seiner Darlegung an 7 Tagen/Woche gearbeitet. § 3 Abs. 1 BUrlG geht von einer Arbeitszeit in einer 6-Tage-Woche aus. In diesem Fall steht einem Arbeitnehmer ein Urlaubsanspruch von 24 Werktagen pro Urlaubsjahr zu. Arbeitet ein Arbeitnehmer jedoch an 7 Tagen in der Woche, so muss dieser Anspruch nach oben korrigiert werden. Denn das Bundesurlaubsgesetz will einem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch von 4 Wochen/Jahr gewähren. In diesem Fall bedarf es daher 28 Urlaubstagen, um dieses Ziel des Gesetzes zu verwirklichen.

18Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Beschäftigung an 7 Tagen in der Woche sei gesetzeswidrig (vgl. §§ 9 ff. ArbZG), weswegen eine Erhöhung der Urlaubsdauer in § 3 Abs. 1 BUrlG ausscheide. Zwar widerspricht dies Handhabung den Bestimmungen des Arbeitszeitrechts. Wird sie aber tatsächlich so durchgeführt, so kann dies nicht zulasten des Arbeitnehmers gegen, der dann nicht mehr auf 4 Wochen Jahresurlaub käme. Der Beklagte hat zwar die Beschäftigung des Klägers an 7 Tagen in der Woche bestritten; ihm seien freie Tage gewährt worden (Schriftsatz vom 18. Sept. 2009, Seite 5 (Mitte), Bl. 27 d. A.). Doch trägt er weder in diesem Schriftsatz noch später vor, wann diese freien Tage gewährt worden waren, weswegen das bestreiten (noch) nicht als erheblich angesehen werden konnte und kann.

cc.Allerdings bot Antrag 4 (Schadenersatz) keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass hinreichende €Missstände€ gegeben waren, die ihn zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigten (§ 626 Abs. 1 BGB). Allerdings wäre er gehalten gewesen, diese €Missstände€ vor Kündigungsausspruch abzumahnen. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich.

Der Kläger trägt zwar in der Klageschrift vor, er habe den Beklagten mehrfach um die Erteilung eines Arbeitsvertrages gebeten. Auf die Erteilung eines schriftlichen Vertrages hatte er aber keinen Anspruch. Allenfalls einen schriftlichen Nachweis nach § 2 NachwG hätte er verlangen können. Dessen Nichterteilung berechtigte aber wohl nicht zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, unabhängig dass nach dem klägerischen Sachvortrag kein dahingehendes Verlangen erfolgt war.

Ferner trägt der Kläger vor, der Beklagte habe €trotz mehrfacher Bitte, keinen höheren, sondern weiterhin den sittenwidrigen Lohn€ bezahlt (Klageschrift Seite 3, Bl. 3 d. A.). Was und wann er vom Beklagten erbeten hat ist dem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers in seiner sofortigen Beschwerde, wäre hier aber ein konkreterer Sachvortrag zu fordern gewesen. Auch wenn er seine Bitten jeweils nur mündlich ausgesprochen hatte, wäre es ihm anzusinnen gewesen, sich das Datum und den Inhalt dieser zumindest zu notieren. Ungeachtet dessen ist der dahingehende Sachvortrag des Klägers bestritten; Beweis für die Richtigkeit seiner Ausführungen hatte er nicht einmal angekündigt.

Hinsichtlich der geforderten freien Tagen und behaupteter ungerechter Behandlung seiner Person bei der Trinkgeldverteilung hatte er nicht einmal vorgetragen, die an- oder abgemahnt zu haben.

2.Der Hinweis des Arbeitsgerichts, es würden weder Reisekosten noch Tage- oder Übernachtungsgelder bezahlt, stellt eine statthafte Beiordnung des Prozessvertreters des Klägers zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes dar. Diese gemachte Einschränkung ist nicht zu beanstanden.

a.Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein auswärtiger Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet werden. Andernfalls entstünden Kosten, welche bei Beiordnung eines ortsansässigen Rechtsanwaltes nicht anfielen (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 121 Rz. 7 m.w.N.). Aus diesem Grund befürwortet insbesondere der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 23. 6. 2004 € XII ZB 61/04, NJW 2004, 2749) eine stets zu erfolgende Prüfung, inwieweit die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes etc. geboten ist.

aa.Mehrkosten i.S. dieser Regelung sind die in § 46 RVG genannten Kosten, insbesondere Reisekosten; die frühere Regelung des § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO betreffend Mehrkosten bei auswärtigen Anwälten ist in das RVG nicht übernommen worden (vgl.Schoreit/Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, 9. Aufl., § 46 RVG Rz. 3; wonach die Übernahme dieser Regelung wegen § 121 Abs. 3 ZPO entbehrlich gewesen sei). Nach der nunmehrigen Gesetzeslage werden Mehrkosten (Reisekosten) nicht vergütet, es sei denn, sie sind zur sachgerechten Durchführung der Vertretung erforderlich. Da andererseits ein auswärtiger Rechtsanwalt nach § 121 Abs. 3 ZPO bei entstehenden Mehrkosten nicht beigeordnet werden darf, folgt daraus ein deutlicher Unterschied zur früheren Rechtslage (dazu vgl.Meyer, JurBüro 2005, 134).

26Die Beiordnung eines auswärtigen Prozessvertreters bleibt sonach möglich, sofern eben keine Mehrkosten entstehen. Es hat so zumindest ein Kostenvergleich stattzufinden, mit der Folge, dass diejenigen Kosten, die bei einem Sitz des Prozessvertreters im Gerichtsbezirk nicht angefallen wären, nicht zu erstatten sind (vgl. OLG Hamm v. 25. 11. 2004 € 6 WF 269/04, MDR 2005, 538; OLG Hamm v. 20 4. 2005 € 5 WF 66/05, MDR 2006, 337; OLG Koblenz v. 12. 6. 2003 € 11 WF 332/03, FamRZ 2003, 1939; LAG Köln v. 30. 7. 1999 € 13 Ta 180/99, MDR 1999, 1469; LAG München v. 12. 6. 2007 € 10 Ta 229/05, juris m.w.N.; LAG München v. 20. 2. 2002 € 10 Ta 325/00, MDR 2002 1277; wohl auchSchoreit/Groß, a.a.O., § 121 ZPO Rz. 24). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 23. 6. 2004 € XII ZB 61/04, NJW 2004, 2749) dürfen aber die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes nicht gegeben sein.

27bb.In gleicher Weise gilt dies für Tage- und Abwesenheitsgelder. § 46 Abs. 1 RVG umfasst im Wesentlichen die in VV-RVG Teil 7 aufgeführten Kosten (Mayer/Krois/Ebert, RVG, 1. Aufl., § 46 Rz. 15). Nr. 7005 VV-RVG führt Tage- und Abwesenheitsgelder ausdrücklich auf.

b.Der klarstellenden Einschränkung in Ziff. 2 des Beschlusses vom 20. Okt. 2009 hätte es nach der gesetzlichen Neuregelung in § 121 Abs. 3 ZPO nicht bedurft. Auch bei € nach dem Beschlusstenor € nicht eingeschränkter Prozesskostenhilfebewilligung gilt die Einschränkung unmittelbar nach dieser Vorschrift, dass die Rechtsanwaltsbeiordnung nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes erfolgt (LAG München v. 12. 6. 2007 € 10 Ta 229/05, juris m.w.N.; LAG München v. 20. 2. 2002 € 10 Ta 325/00, MDR 2002 1277; OLG Naumburg v. 30. 8. 2001 € 13 WF 220/01; OLG Celle v. 14. 4. 2000 € 18 WF 90/00 und 18 WF 91/00, MDR 2000, 1038; nur ausnahmsweise OLG Dresden v. 1. 10. 2008 € 8 W 958/08, JurBüro 2009, 368; a.M. LAG Berlin-Brandenburg v. 1. 10. 2008 € 17 Ta (Kost) 6081/08, LAGE § 121 ZPO 2002 Nr. 3; OLG Brandenburg v. 1. 4. 2008 - 6 W 203/07, MDR 2009, 175; OLG Brandenburg v. 1. 10. 2008 € 13 WF 68/08, juris; OLG Koblenz v. 25. 7. 2001 € 14 W 525/01, MDR 2002, 175; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 121 Rz. 7).

aa.Mit der Beiordnung eines im Bezirk des Prozessgerichts €zugelassenen€ Rechtsanwaltes (§ 121 Abs. 3 ZPO) ist nicht die Postulationsfähigkeit, das Recht, bei einem bestimmten Gericht aufzutreten, sondern allein die berufsrechtliche Zulassung nach den Bestimmungen der BRAO gemeint (BAG v. 18. 6. 2005 € 3 AZB 65/03, NJW 2005, 3083; KG v. 29. 8. 2003 € 1 W 185/03, MDR 2004, 474), die allein bei einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu erfolgen hat (§ 18 Abs. 1 BRAO). Danach ist der Rechtsanwalt gehalten, seine Kanzlei grundsätzlich am Ort dieses Gerichts zu betreiben (§ 27 BRAO). Dadurch ist bei einer Beiordnung eines beim Gericht zugelassenen Anwalts grundsätzlich sichergestellt, dass keine Reisekosten entstehen (BAG v. 18. 6. 2005, a.a.O., unter Hinweis auch Vorbemerkung 7 Abs. 2 VV-RVG).

Mangels der Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem Gericht für Arbeitssachen kommt allein eine entsprechende Anwendung von § 121 Abs. 3 ZPO in arbeitsgerichtlichen Verfahren in Betracht. Daraus folgt, dass hier nicht auf die Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht, sondern vielmehr auf seine Ansässigkeit am Ort des Gerichts abzustellen ist (BAG v. 18. 6. 2005, a.a.O.; LAG Bremen v. 11. 5. 1988 € 1 Ta 9/88, LAGE ZPO § 131 Nr. 3). Ist dies nicht der Fall, ist der Rechtsanwalt außerhalb des Gerichtsortes ansässig, so dürfen keine zusätzlichen Kosten entstehen.

bb.Die Annahme einer gesetzlichen Beschränkung der Beiordnungsbefugnis steht nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 18. 6. 2005, a.a.O., Rz. 9), das ausführt, bei €Erfüllung dieser Voraussetzungen kann das Gericht auch von Amts wegen in den Beiordnungsbeschluss aufnehmen.€ Im konkreten Fall hatte das Arbeitsgericht Hamburg den auswärtigen Prozessvertreter €zu den Bedingungen eines Hamburger Anwaltes€ beigeordnet. Nur diese tatsächlich getroffene Beschränkung war Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Die zitierte Aussage des Bundesarbeitsgerichts bedeutet aber nicht, dass auch ohne Beschränkung im Beiordnungsgebeschluss die Einschränkung zu beachten ist.

32c.Einer Beiordnung eines Verkehrsanwaltes, welche das Arbeitsgericht nicht geprüft hatte, bedurfte es im konkreten Fall jedoch nicht. Ein solcher wäre nur dann beizuordnen, wenn eine Partei bereits durch einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt vertreten ist, aber auf Grund besonderer Umstände, wie etwa Schreibungewandtheit, weite Entfernung; schwierige Sach- und Rechtslage, etc.) eine Kommunikation mit diesem ausschließen oder erschweren und die Anreise zum Prozessvertreter (wirtschaftlich) unzumutbar erscheint. Vorliegend sind keinerlei Umstände vorgetragen, dass die fernmündliche oder briefliche Kommunikation des Klägers mit einem in München ansässigen Rechtsanwalt ausgeschlossen gewesen wäre. Vielmehr wäre dieser ohne Weiteres in der Lage gewesen, sich hier einen Rechtsanwalt zu nehmen. Die Argumentation, er habe einen an seinem Wohnort ansässigen Rechtsanwalt des Vertrauens nehmen wollen, geht fehl. Denn auch eine ausreichend bemittelte Partei nähme von einer solchen Mandatierung Abstand, wenn sie die Zusatzkosten nicht erstattet bekäme; nichts anderes kann für eine bedürftige Partei gelten.

33d.Zur erfolgten eingeschränkten Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwaltes bedarf es nicht seiner ausdrücklichen Zustimmung. Unbeschadet der Frage, inwieweit es einer solchen Zustimmung überhaupt bedarf, wenn die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 3 ZPO ohnehin nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen erfolgen kann und somit kein €Abschneiden€ von Rechten des Prozessvertreters erfolgt, enthält der für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellte Beiordnungsantrag eines nicht beim Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts regelmäßig ein konkludentes Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts (BAG v. 18. 6. 2005, a.a.O.; vgl. BGH v. 10. 10. 2006 € XI ZB 1/06, Rpfleger 2007, 83). OLG Brandenburg v. 20. 1. 2000 € 9 WF 189/99 und 9 WF 36/00, Rpfleger 2000, 279 [konkludente Zustimmung jedenfalls im Anwaltsprozess]; OLG Celle v. 14. 4. 2000 € 18 WF 90/00 und 18 WF 91/00, JurBüro 2000, 480; OLG Hamburg v. 15. 2. 2000 € 12 WF 25/00, FamRZ 2000, 1227; OLG Hamm v. 25. 8. 1982 € 6 WF 416/82, MDR 1983, 61; OLG Hamm v. 31. 8. 1999 € 7 WF 275/99, FamRZ 2000, 1227; OLG Karlsruhe v. 14. 5. 2001 € 2 WF 130/01, FamRZ 2002, 761; LAG Thüringen v. 21. 7. 1997 € 8 Ta 100/97, JurBüro 1998, 91; LG Braunschweig v. 2. 12. 1985 € 7 T 88/85, JurBüro 1986, 772;Künzl/Koller, Prozesskostenhilfe, 2. Aufl., Rz. 503;Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 674). Beantragt ein auswärtiger Rechtsanwalt seine Beiordnung, muss er davon ausgehen, seinem Antrag werde nur im gesetzlich zulässigen Umfang stattgegeben (BAG v. 18. 6. 2005, a.a.O.; LAG München v. 12. 6. 2007 € 10 Ta 229/05, juris; LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2005 € 2 Ta 259/05, NZA-RR 2006, 213).

3.Die Kostentragungsverpflichtung des Klägers folgt auch ohne gerichtlichen Ausspruch aus § 22 GVG i.V.m. Nr. 1811 KV-GKG.

4.Tatsächliche Umstände, welche die Zulassung der Rechtsbeschwerde bedingen (§ 574 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.

Dr. Künzl






LAG München:
Beschluss v. 07.01.2010
Az: 6 Ta 1/10


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