Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. November 2010
Aktenzeichen: 15 W (pat) 344/05

(BPatG: Beschluss v. 11.11.2010, Az.: 15 W (pat) 344/05)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I.

Auf die am 21. Juli 2000 eingereichte Patentanmeldung 100 35 641.9, welche die innere Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 299 12 766.4 vom 21. Juli 1999 in Anspruch nimmt, hat das Deutsche Patentund Markenamt ein Patent mit der Bezeichnung "Geschwärztes Flächengebilde"

erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 17. März 2005. Das Patent umfasst vier Patentansprüche, die folgenden Wortlaut haben:

"1. Behältnis oder Flächengebilde zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, wofür ein Aluminiumsubstrat mit einer Oberflächenschicht versehen wurde, die ein Bindemittel und einschwarzes Pigment enthält, dadurch gekennzeichnet, dass das Bindemittel ausgewählt ist aus a1) einem Polysaccharid a2) einem Silikon und das schwarze Pigment ausgewählt ist aus b1) einer Kohlenstoffmodifikation b2) einem Metalloxid.

2.

Verfahren zur Herstellung des Behältnisses oder Flächengebildes zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, dadurch gekennzeichnet, dass das schwarze Pigment ausgewählt aus b1) einer Kohlenstoffmodifikation b2) einem Metalloxid mit einem Bindemittel ausgewählt aus a1) einem Polysaccharid a2) einem Silikon und einem flüssigen Träger auf die Oberfläche des Behältnisses oder des Flächengebildes aufgebracht und der flüssige Träger durch Verdunsten mindestens teilweise entfernt wird.

3.

Verfahren zur thermischen Behandlung von einem Lebensmittel, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Lebensmittel und der Wärmequelle ein Behältnis oder ein Flächengebilde nach dem Anspruch 1 angeordnet ist.

4.

Verwendung des Behältnisses oder des Flächengebildes nach dem Anspruch 1 bei der Zubereitung von Lebensmitteln."

Gegen das Patent hat die C... GmbH & Co. KG in M...str. in M..., mit Schriftsatz vom 15. Juni 2005, eingegangen per Telefax am 15 Juni 2005 beim Deutschen Patentund Markenamt, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Sie gründet ihren Einspruch auf mangelnde Neuheit sowie mangelnde erfinderische Tätigkeit und stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

D1 DE 29 12 296 A1 D2 DE 197 07 805 A1 D3 WO 00/59554 A1 D4 DE 196 47 368 A1 D5 DE 44 17 405 A1.

D6 DE 299 12 766 U1 (Prioritätsanmeldung)

D7 JP 64-030748 A, in: Patent Abstracts of Japan.

Weiter macht sie geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht klar formuliert, da zwischen den Komponenten der Oberflächenschicht a1) und a2) bzw. b1) und b2) jeweils ein "und" oder "oder" stehen müsse. Bei der erteilten Formulierung bleibe offen, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 beide Komponenten jeweils enthalten müsse oder ob es sich nur um Alternativen handele. Ferner nehme das Streitpatent die Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung DE29912766 U1 (D6) zu Unrecht in Anspruch, denn an keiner Stelle sei in der D6 offenbart, dass statt der Beschichtung mit Graphit nun eine Kombination eines Bindemittels aus einem Polysaccharid oder einem Silikon mit einer Kohlenstoffmodifikation oder einem Metalloxid eingesetzt werden solle. Infolgedessen ließen sich die Merkmale des erteilten Anspruches 1 in keiner Weise aus dem Gebrauchsmuster herleiten, weshalb das Streitpatent somit nur den Zeitrang des Anmeldetages besitze. Der Zeitrang des Streitpatents sei insbesondere im Hinblick auf die Offenbarung der WO 00/59554 A1 (D3) relevant, die zwar vor dem Anmeldetag des Streitpatentes angemeldet, aber nach diesem veröffentlicht worden sei.

Des Weiteren hat sie mit dem Schriftsatz vom 21. Januar 2008 als Anlage eine A1 Kopie einer Strafanzeige der Patentinhaberin gegen die Einsprechende vom 2. September 2007 an die Staatsanwaltschaft Mannheim vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 9. November 2010 hat sie weitere Dokumente eingereicht:

A2 Liste der Zugelassenen Lebensmittelfarbstoffe gemäß RiLi 94/36/EG aus dem Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 237/13-29 vom 10.09.1994 A3 Römpps Chemie-Lexikon, 8. Auflage, Band 2, Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart, 1981, Seiten1066-1067, Stichwort "Eisenoxidpigmente"

A4 Internet-Datenbank WIKIPEDIA, Stichwort "Eisenoxidpigmente".

Darüber hinaus hat sie im Hinblick auf die Ansprüche 1 und 2 des mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 eingereichten Hilfsantrages 1 unzulässige Erweiterung geltend gemacht. Diese Ansprüche gingen über den Inhalt des Patents in der eingereichten Fassung hinaus, weil ursprünglich ein Gemisch aus Eisen(III)-und Eisen(II,III)-Oxiden offenbart sei, in den neuen Ansprüchen 1 und 2 des Hilfsantrages 1 aber lediglich eine der beiden Eisenoxidspezies des ursprünglich offenbarten Gemisches genannt werde. In der mündlichen Verhandlung hat sie ihr Vorbringen zur unzulässigen Erweiterung dahingehend ergänzt, indem die erteilte Anspruchsfassung ebenfalls über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinausgehe, weil das ursprünglich genannte "Silikonharz" in der erteilten Fassung durch "Silikon" ersetzt worden sei. Silikonharz sei aber nur eine Untergruppe von Silikonen, die neben Silikonharzen auch weitere Stoffe wie Silikonflüssigkeiten, Silikonfette, Silikonkautschuke, Silikonelastomere und Fluorsilikone umfasse. Hierzu verweist sie mündlich auf Wikipedia, Stichwort "Silikone".

Die Einsprechende beantragt, das Patent 100 35 641 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, 1.

das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, 2.

hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag 1, vorgelegt mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2010, 3.

weiter hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten, wobei in Anspruch 1 und 2 nach Hauptund Hilfsantrag das Wort "Silikon" durch das Wort "Silikonharz" ersetzt wird.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden und verteidigt das Patent im Umfang der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag sowie mit beschränkten Anspruchssätzen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3. Sie führt aus, der Gegenstand des Patentes sei neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er für den Fachmann durch den von der Einsprechenden herangezogenen Stand der Technik nicht nahegelegt sei. Des Weiteren macht sie Beweisanzeichen geltend, nämlich den wirtschaftlichen Erfolg eines solchen Produktes, das die Einsprechende seit dem Jahr 2004 vermarktet (vgl. Schriftsatz vom 18. Juli 2007). Zur Klarheit der Patentansprüche sowie zur unzulässigen Erweiterung durch die Verwendung des Begriffes "Silikon" anstelle von "Silikonharz" verweist sie auf die geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach die Patentschrift ihr eigenes Lexikon darstelle. So seien die Pigmente im Absatz [0012] und die geeigneten Bindemittel in den Absätzen [0014] bis [0020] der Streitpatentschrift exakt beschrieben. Hieraus ergebe sich, dass das Pigment aus einer Gruppe ausgewählt werde, die aus einer Kohlenstoffmodifikation oder einem Metalloxid bestehe. Entsprechend werde das Bindemittel aus einer Gruppe ausgewählt, die aus Polysaccharid sowie Silikonharz bestehe. Jedes dieser Bindemittel könne einzeln oder in Mischung von mindestens zwei eingesetzt werden, wobei aus der Beschreibung eindeutig hervorgehe, dass die Mischung sich nur auf eine Mischung von verschiedenen Polysacchariden oder nur auf eine Mischung von verschiedenen Silikonharzen beziehe. Zudem sei im Absatz [0019] angegeben, dass "als Silikonharze" alle dem Fachmann "bekannten geeigneten Silikone" eingesetzt werden könnten, die mindestens 20, bevorzugt 70 und besonders bevorzugt mindestens 90 Gew.-%, bezogen auf das Silikonharz, mindestens ein Silikon enthielten. Besonders bevorzugt unter den Silikonharzen seien Silikonpolyesterund Silikonepoxidharze.

Die mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 vorgelegte neue Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind kursiv dargestellt):

"1. Behältnis oder Flächengebilde zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, wofür ein Aluminiumfoliensubstrat mit einer Oberflächenschicht versehen wurde, die ein Bindemittel und einschwarzes Pigment enthält, dadurch gekennzeichnet, dassdas Bindemittel ausgewählt ist ausa1) einem Polysaccharida2) einem Silikonund das schwarze Pigment ausgewählt ist ausb1) einer Kohlenstoffmodifikationb2) Eisen(II,III)-Oxid.

2. Verfahren zur Herstellung des Behältnisses oder Flächengebildes zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, dadurch gekennzeichnet, dass das schwarze Pigment ausgewählt aus b1) einer Kohlenstoffmodifikation b2) Eisen(II,III)-Oxid mit einem Bindemittel ausgewählt aus a1) einem Polysaccharid a2) einem Silikon und einem flüssigen Träger auf die Oberfläche des Behältnisses oder des Flächengebildes aufgebracht und der flüssige Träger durch Verdunsten mindestens teilweise entfernt wird.

Es folgen die Ansprüche 3 und 4 in der erteilten Fassung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1.

Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I und BGH GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II sowie BGH GRUR 2009, 184 - Ventilsteuerung).

2.

Der fristund formgerechte Einspruch ist zulässig, denn es sind zumindest im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des geltend gemachten Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen haben ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).

3.

Der Einspruch hat jedoch keinen Erfolg, denn die Ansprüche 1 bis 4 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag sind patentfähig. Das Patent war deshalb aufrechtzuerhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 PatG).

III.

1. Nach den Angaben in der Patentschrift betrifft das Streitpatent ein geschwärztes Behältnis oder Flächengebilde, ein Verfahren zu deren Herstellung, ein Verfahren zum thermischen Behandeln von Lebensmitteln mit diesem Behältnis oder Flächengebilde sowie die Verwendung dieser Flächengebilde bei der Zubereitung von Lebensmitteln (vgl. Absatz [0001]).

Im Absatz [0002] schildert die Patentschrift, dass Lebensmittel oftmals in einem Behältnis aus einem Material wie Aluminium erwärmt würden. Insbesondere werde eine Aluminiumfolie beim Grillen verwendet. Derartige Aluminiumfolien hätten in der Regel eine metallische Oberfläche mit einem schlechten Absorptionsverhalten.

Zum druckschriftlichen Stand der Technik nennt das Streitpatent in den Absätzen [0003] bis [0007] die Dokumente DD 242 061 A1, DD 208 176, EP 0 039 659, DE 44 34 556 A1 und DE 24 19 819 C2, aus denen verschiedene Verfahren zur Herstellung von schwarzen Oberflächen auf Metallen wie Aluminium hervorgingen. Diese bekannten Verfahren wiesen jedoch Nachteile auf. So sei bei dem in der DD 242 061 A1 vorgesehenen Verfahren nachteilig, dass nach einem Beizen und Chromatieren der Oberfläche ein organischer Farbstoff aufgebracht werden müsse. Dieser organische Farbstoff wirke sich bei der Wärmebehandlung zur Lebensmittelzubereitung negativ auf die Qualität des Lebensmittels aus. In der Regel seien die organischen Farbstoffe thermisch so instabil, dass sie bei der Wärmebehandlung des Lebensmittels unter Freisetzung von Toxinen zerfielen. Weiterhin gehe von der Acrylatmonomer enthaltenden Acrylatsuspension eine erhebliche Geruchsund Gesundheitsbelastung aus (vgl. Absatz [0003]). Aus der DD 208 176 seien mit Oxalanschwarz eingefärbte Aluminiumteile bekannt. Der Nachteil bei diesem bekannten Verfahren werde darin gesehen, dass mit einer stark alkalischen Lösung gearbeitet werden müsse, die erhebliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig mache, was zu einer Verteuerung des Herstellungsverfahrens führe (vgl. Absatz [0004]). Bei dem in der EP 0 039 659 offenbarten Verfahren werde die Schwärzung des Metalls durch das Kontaktfeuer geeigneter Elektroden erzeugt. Nachteilig werde gesehen, dass die Brandspur durch einen Teil des Metalls selbst erzeugt und dadurch die Metalloberfläche ungleichmäßig werde, was insbesondere bei dünnen Metallschichten zu einer Schwankung der Metallschichtdicke und damit zu einer unregelmäßigen Metallschicht führe (vgl. Absatz [0005]). Die DE 44 34 556 A1 offenbare eine geschwärzte Aluminiumfolie, wobei die Schwärzung durch elektrochemisches Oberflächenätzen in einer Chloridlösung erfolge. Diese Lehre habe den Nachteil, dass sowohl ein apparativ aufwändiges elektrochemisches Verfahren notwendig sei, als auch starke Säuren, wie Phosphorsäure oder Salpetersäure, die erhebliche Sicherheitsmaßnahmen erforderten, eingesetzt würden (vgl. Absatz [0006]). Bei dem in der DE 24 19 819 C2 beschriebenen Herstellungsverfahren einer schwarzen Aluminiumoberfläche werde als Nachteil gesehen, dass zunächst mit einer sauren Beizund mit einer sauren Färbelösung gearbeitet werde, was nachfolgend eine Neutralisation durch eine alkalische Lösung notwendig mache (vgl. Absatz [0007]).

2.

Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift in den Absätzen [0008] bis [0011] als zu lösendes technisches Problem, die Nachteile des bekannten Standes der Technik zu überwinden und ein Material zur Verfügung zu stellen, das eine bessere Ausnutzung der von dem Herd oder Grill ausgehenden Wärme ermöglicht. Hierbei soll die verbesserte Wärmeausnutzung sich über die Dauer, die das Material der Wärme ausgesetzt ist, nicht wesentlichverschlechtern. Weiter soll ein möglichst einfaches, kostengünstiges Verfahren zur Herstellung eines solchen Materials zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es zu einer Geruchsoder Gesundheitsbelastung kommt.

3.

Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der Patentanspruch 1 erteilter Fassung gemäß Hauptantrag, nach Merkmalen gegliedert, ein M1 Behältnis oder Flächengebilde zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, M2 wofür ein Aluminiumsubstrat mit einer Oberflächenschichtversehen wurde, M3 die ein Bindemittel und ein schwarzes Pigment enthält, dadurch gekennzeichnet, dass M das Bindemittel ausgewählt ist aus M4a1) einem Polysaccharid M4a2) einem Silikon M5 und das schwarze Pigment ausgewählt ist aus M5b1) einer Kohlenstoffmodifikation M5b2) einem Metalloxid.

Nach Patentanspruch 2 in der erteilten Fassung wird die Aufgabe durch eine Kombination folgender Verfahrensmaßnahmen gelöst:

M6 Verfahren zur Herstellung des Behältnisses oder Flächengebildes zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln, dadurch gekennzeichnet, dass M7 das schwarze Pigment ausgewählt aus M7b1) einer Kohlenstoffmodifikation M7b2) einem Metalloxid M8 mit einem Bindemittel ausgewählt aus M8a1) einem Polysaccharid M8a2) einem Silikon M9 und einem flüssigen Träger M10 auf die Oberfläche des Behältnisses oder des Flächengebildes aufgebracht M11 und der flüssige Träger durch Verdunsten mindestens teilweise entfernt wird.

Weiter schlägt der erteilte Patentanspruch 3 zur Lösung der Aufgabe vor ein M12 Verfahren zur thermischen Behandlung von einem Lebensmittel, dadurch gekennzeichnet, dass M13 zwischen dem Lebensmittel und der Wärmequelle ein Behältnis oder ein Flächengebilde nach dem Anspruch 1 angeordnet ist.

Schließlich wird die Aufgabe gemäß erteiltem Patentanspruch 4 gelöst durch die M14 Verwendung des Behältnisses oder des Flächengebildes nach dem Anspruch 1 bei der Zubereitung von Lebensmitteln.

3. Hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Fachmannes ist darauf abzustellen, auf welchem technischen Gebiet die Erfindung liegt, so dass der maßgebliche Fachmann derjenige ist, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Aufgabe übertragen wird (BGH GRUR 78, 37 - Börsenbügel; BGH GRUR 62, 290

- Brieftaubenreisekabine II).

Demzufolge ist auf dem vorliegenden technischen Gebiet der beschichteten Aluminiumsubstrate als zuständiger Fachmann ein Chemiker der Beschichtungstechnologie anzusehen, der aufgrund seiner Ausbildung und mehrjährigen Berufserfahrung, etwa in der Entwicklungsabteilung eines einschlägigen Unternehmens, über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der geschwärzten Aluminiumträger verfügt und zugleich mit den Problemen und Anforderungen an solche geschwärzten Aluminiumsubstrate vertraut ist. Der hier maßgebliche Fachmann besitzt ferner spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, d.h. über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien. Dieses Fachwissen schließt selbstverständlich auch Kenntnisse über Pigmente und polymere Bindemittel, wie Silikone und Silikonharze, ein. Bezüglich der speziellen Anwendung des Streitgegenstandes im Lebensmittelbereich wird der angesprochene Fachmann gegebenenfalls einen Lebensmittelchemiker zu Rate ziehen und in einem Team mit ihm zusammenarbeiten.

4. Ständiger Rechtsprechung folgend setzt die Prüfung, ob der Gegenstand eines Patentes nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist, grundsätzlich die Ermittlung des Gegenstandes der Patentansprüche voraus. Dazu ist der Patentanspruch unter Heranziehung der Beschreibung und ggf. Zeichnungen aus Sicht des von der Erfindung angesprochenen Fachmannes auszulegen und festzustellen, was sich aus den Merkmalen des Patentanspruches im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt. Demnach ist bei der Bestimmung des Gegenstandes nicht allein der Wortlaut der Ansprüche oder dessen Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde zu legen, sondern vielmehr das, was der fachkundiger Leser dem jeweiligen Anspruch, gegebenenfalls eben auch unter Heranziehung der Beschreibung, entnimmt. Der Patentanspruch ist danach nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen, das heißt der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung bestimmt werden, wie sie sich in der Patentschrift ergeben, welche im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH GRUR 1999, 909, 912 -Spannschraube). Hierbei darf der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden, da Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 311, 312 - Baumscheibenabdeckung m. w. H).

a) Im Zusammenhang damit wird der angesprochene Fachmann daher erkennbare Fehler im Anspruch einschließlich ihm ersichtliche problematische Anweisungen oder sprachliche Formulierungen in einer dem Zweck der offenbarten Lösung entsprechenden Weise aufzulösen versuchen und davon ausgehen, dass der Vorschlag der Patentschrift auf eine sinnvolle Anwendung gerichtet ist (vgl. BGH GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I m. w. N.; BGH Mitt. 2002, 176, 177 II.2.aa) - Gegensprechanlage; BGH GRUR 1999, 909, 2. Leitsatz, 911 III.3.a) - Spannschraube).

Diesen Grundsätzen folgend ergibt sich im vorliegenden Fall für den Fachmann unter Heranziehung der Beschreibung eindeutig, welcher Gegenstand des Patentanspruches 1 mit der Erteilung unter Schutz gestellt worden ist. Bei Auslegung des strittigen Patentanspruches 1 ergibt sich nämlich für diesen unter Zuhilfenahme seines Fachwissens i. V. m. der Beschreibung der Patentschrift, dass vorliegend die Angabe hinsichtlich der Komponente "Silikon" nur dahingehend verstanden werden kann, dass hierfür lediglich ein Silikonharz in Frage kommt. Ersichtlich ist dies aus dem Absatz [0019] der Beschreibung der Streitpatentschrift, wo es heißt: "Als Siliconharze können alle dem Fachmann bekannten geeigneten Silicone eingesetzt werden. ... Besonders bevorzugt unter den Siliconharzen sind Siliconpolyesterund Siliconepoxidharze. Beispielsweise das Handelsprodukt Silikophen oder Silkoftal zu nennen". Demnach kann es sich bei dem im Patentanspruch 1 angegebenen Bindemittel "Silikon" offensichtlich nur um geeignete Siliconharze handeln. Nachdem der Fachmann somit ohne Weiteres erkennt, was mit dem erteilten Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag unter Schutz gestellt worden ist, liegt nach dieser Auslegung keine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung vor.

b) Betreffend die seitens der Einsprechenden geltend gemachte mangelnde Klarheit des Patentanspruches 1, wonach zwischen den Komponenten der Oberflächenschicht a1) und a2) bzw. b1) und b2) jeweils ein "und" oder "oder" stehen müsse, weshalb bei der erteilten Formulierung offen bleibe, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 beide Komponenten jeweils enthalten müsse oder ob es sich nur um Alternativen handele, teilt der Senat die Ansicht der Einsprechenden nicht.

Es ergibt sich für den Fachmann aus der Beschreibung des Streitpatents zweifelsfrei, dass die Komponenten a1) und a2) bzw. b1) und b2) mit einem "oder" verknüpft sein sollen. So wird im Absatz [0014] erläutert, dass das Polysaccharid sowie das Siliconharz jeweils einzeln oder in Mischung von mindestens zwei eingesetzt werden können. Nachdem darüber hinausgehende Ausführungen dazu in der Beschreibung fehlen und dort im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel in Absatz [0024] nur von einer Mischung aus verschiedenen Polysacchariden, nämlich von einem "Gemisch aus Methyl-Carboxymethycellulose mit Stärkeether" gesprochen wird, ist der Fachmann vorliegend nicht mit der Situation konfrontiert, unter mehreren Ausführungsformen gegebenenfalls eine Alternative auswählen zu müssen. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass sich die "Mischung" nicht auf eine Mischung aus Komponente a1) und a2) bezieht, sondern nur auf eine Mischung innerhalb der Komponente a1) oder auf eine Mischung innerhalb der Komponente a2). Infolgedessen liest der Fachmann im Hinblick auf die Auswahl der Bindemittel aus der Gruppe "a1) Polysaccharide a2) Silikon" ersichtlich eine "oder"-Verknüpfung mit.

Ebenso erkennt der Fachmann ohne Weiteres aus Absatz [0012] der Streitpatentschrift, dass zwischen Komponente b1) und b2) eine "oder"-Verknüpfung besteht. Denn dort ist ausgeführt, dass das Pigment ausgewählt ist "aus einer Gruppe bestehend aus einer Kohlenstoffmodifikation oder einem Metalloxid" (Unterstreichung hinzugefügt).

Demnach kann es sich bei der Auswahl der im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebenen Komponenten nur um eine "oder"-Verknüpfung handeln.

5.

Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag sind insoweit zulässig, als sich die Merkmale dieser Patentansprüche den Anmeldeunterlagen entnehmen bzw. daraus herleiten lassen. Die Merkmale M1 bis M5b2) des Patentanspruchs 1 erteilter Fassung finden ihre Offenbarung in den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 3 und 9 i. V. m. Seite 4, Zeilen 5 bis 6 und 21 bis 22 sowie in der Bezeichnung. Die Merkmale M6 bis M11 des Patentanspruchs 2 lassen sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 5 und 9 herleiten. Die Merkmale M12 und M13 des Patentanspruchs 3 sowie Merkmal M14 des Patentanspruchs 4 finden ihre Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 8, 9 und 10.

6.

Nach Überzeugung des Senats ist die Priorität aus der Gebrauchsmusteranmeldung zu Recht in Anspruch genommen worden. Die Unterlagen zum Gebrauchsmuster zählen daher nicht zum berücksichtigenden Stand der Technik.

Die Einsprechende macht geltend, dem angegriffenen Patent komme die in Anspruch genommene Priorität nicht zu, denn der Gegenstand des angegriffenen Patents gehe über die Offenbarung der betreffenden Gebrauchsmusteranmeldung hinaus. Der Patentanspruch 1 könne sich somit nicht auf die beanspruchte Priorität berufen, vielmehr genieße er nur den Altersrang des Anmeldetages des angegriffenen Patents. Das im Prioritätsintervall eingetragene, gegenüber dem angegriffenen Patent vorveröffentlichte Gebrauchsmuster (D6) müsste daher als Stand der Technik gelten.

Gemäß den Gebrauchsmusterunterlagen und dem angegriffenen Patent wird übereinstimmend davon ausgegangen, ein geschwärztes Aluminiumsubstrat zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln durch Aufbringen einer ein schwarzes Pigment enthaltenden Oberflächenschicht herzustellen. In den Gebrauchsmusterunterlagen wird hierzu ein Graphitspray verwendet, wobei es offen bleibt, ob der Graphitspray als Pigment Graphit allein oder in einem Bindemittel enthält. Gemäß dem angegriffenen Patent ist in Weiterbildung des Gegenstandes des Gebrauchsmusters nun das Beschichtungsmittel näher definiert, indem es nämlich ein schwarzes Pigment und ein Bindemittel enthält. Die Einheit des Gegenstandes des angegriffenen Patents mit dem Gegenstand des Gebrauchsmusters bleibt damit gewahrt. Infolgedessen schließt die Aufnahme eines zusätzlichen Merkmals in eine Nachanmeldung die Inanspruchnahme der inneren Priorität einer dieses Merkmal nicht enthaltenden prioritätsbegründenden Voranmeldung derselben Erfindung nicht aus (vgl. BPatG, 7 W (pat) 17/94 vom 22. März 1995, in Juris; BPatGE 42, 42-50 - Elektrische Funktionseinheit; BPatGE 40, 115-127 - Luftverteiler).

7. Die Neuheit der Gegenstände nach den Patentansprüchen 1 bis 4 erteilter Fassung ist anzuerkennen, da keine der aufgegriffenen Entgegenhaltungen D1 bis D5 sowie D7 ein geschwärztes Behältnis oder Flächengebilde mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1, weiter ein Verfahren zur Herstellung des Behältnisses oder Flächengebildes mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 2 sowie ein Verfahren zur thermischen Behandlung von einem Lebensmittel mit den Merkmalen des Patentanspruchs 3, noch die Verwendung des Behältnisses oder Flächengebildes mit dem Merkmal des Patentanspruchs 4 offenbart, wie sich im Einzelnen auch aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt.

Soweit die Einsprechende der Ansicht ist, die DE 197 07 805 A1 (D2), weiter die WO 00/59554 A1 (D3) und auch die DE 196 47 369 A1 (D4) ständen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 neuheitsschädlich entgegen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

a) DieDE19707805A1 (D2) betrifft ein Multischicht-Interferenzpigment mit einer absorbierenden Mittelschicht. Dieses mehrschichtige Interferenzpigment besteht aus einer zentralen, absorbierenden Schicht und alternierenden Schichten eines Materials mit niedriger Brechzahl und eines Metalls oder eines Materials mit hoher Brechzahl beiderseits der zentralen Schicht (vgl. D2, Anspruch 1). Beispielsweise kann gemäß Ausführungsbeispiel 1 ein solches Interferenzpigment aus sieben Schichten bestehen, wobei die Schichten durch abwechselndes Aufdampfen von Chrom bzw. Aluminium und Acrylat auf ein Polyesterband hergestellt werden (Schichtfolge: Cr - Acrylat - Al - Lackschicht mit Ruß - Al - Acrylat - Cr). Dieses Schichtsystem wird dann mit Aceton vom Trägerband abgelöst, mit Aceton gewaschen und getrocknet, anschließend im Stickstoffstrom erwärmt und nachfolgend gemischt mit Kohlendioxid-Trockeneis auf eine Teilchengröße von 20 bis 40 µm gemahlen (vgl. D2, Seite 4, Zeilen 30 bis 67). Insofern besteht die zentrale Absorptionsschicht in diesem Beispiel zwar aus einem schwarzen Material, nämlich aus einem UV-härtbarem Acrylat-Melamin-Harz, in welches Ruß dispergiert ist, jedoch ist dieses schwarze Material innerhalb eines mehrschichtigen Interferenzpigmentes angeordnet. Gemäß Anspruch 15 i. V. m. Seite 2, Zeilen 39-40 der D2 werden solche Interferenzpigmente zur Pigmentierung von Lacken, Druckfarben, Kunststoffen und Kosmetika und zur Herstellung von Folien verwendet. Bei dieser Aufzählung liest der Fachmann jedoch nicht mit, solche Interferenzpigmente in einem Bindemittel aus Polysaccharid oder Silikonharz zum Schwärzen einer Aluminiumfolie zu verwenden, weshalb die D2 den Gegenständen der Patentansprüche 1 bis 4 auch nicht neuheitsschädlich entgegensteht.

b) Die WO 00/59554 A1 (D3), die die deutsche Priorität DE 199 15 377.9 vom 6. April 1999 in Anspruch nimmt und am 12. Oktober 2000 - damit nach dem Prioritätstag vom 21. Juli 1999 sowie dem Anmeldetag des Streitpatents am 21. Juli 2000 - veröffentlicht worden ist, beschreibt eine katalytische Zusammensetzung für Desodorierungsoder Oxidationszwecke, die eine Beschichtung aus einer Beschichtungsmasse auf einem Träger umfasst und erhältlich ist durch Aufbringen der Beschichtungsmasse, umfassend (1) ein Polykondensat aus mindestens einem hydrolysierbaren Organosilan sowie gegebenenfalls einer oder mehreren Verbindungen von glasbildenden Elementen, und (2) Teilchen von einem oder mehreren Übergangsmetalloxiden, wobei das Gewichtsverhältnis von Übergangsmetalloxid-Teilchen zu Polykondensat 10:1 bis 1:10 beträgt, auf den Träger und thermisches Behandeln der aufgebrachten Beschichtungsmasse (vgl. D3, Anspruch 1). Weiter betrifft die D3 ein Verfahren zur Herstellung dieser katalytischen Zusammensetzung und ihre Verwendung zum Zweck der Desodorierung oder Oxidation von organischen Komponenten oder Kohlenstoff (vgl. D3, Ansprüche 10 bis 12 i. V. m. Seite 1, Zeilen 9 bis 12 der Beschreibung). Hierbei erfolgt die Hydrolyse und Polykondensation der Silane unter den Bedingungen des SolGel-Prozesses, wobei das Reaktionsgemisch im viskosen Sol-Zustand, vermischt mit Teilchen von einem oder mehreren Übergangsmetalloxiden, zum Beschichten des Substrates verwendet wird (vgl. D3, Seite 5, Zeilen 8 bis 10 und 28 bis 31). Bei den Übergangsmetalloxiden handelt es sich um katalytisch wirkende Übergangsmetalloxide, die desodorierende und/oder oxidierende Eigenschaften aufweisen, darunter sind auch Eisenoxide genannt (vgl. D3, Seite 6, Zeile 33 bis Seite 7, Zeile 4). Des Weiteren können nanoskalige anorganische Partikel mit einer durchschnittlichen Teilchengröße bis zu 300 nm, z. B. Eisenoxide oder Kohlenstoff (Ruß und Graphit), dem Reaktionsgemisch zugesetzt werden (vgl. D3, Seite 8, Zeilen 16 bis 21). Die Beschichtungsmasse kann noch weitere Additive enthalten. Als übliche Verdickungsmittel sind Cellulose-Derivate genannt (vgl. D3, Seite 9, Zeilen 16 bis 23). Daneben können auch die in katalytischen Zusammensetzungen üblichen Additive wie Pigmente (z. B. Schwarzpigmente) eingesetzt werden (vgl. D3, Seite 9, Zeilen 23 bis 25). Die Beschichtungsmasse wird nach üblichen Beschichtungsmethoden, wie Tauchen, Gießen, Schleudern, Aufsprühen oder Aufstreichen) auf den Träger aufgebracht (vgl. D3, Seite 9, Zeilen 34 bis 36). Geeignete Träger sind Metalle, Metalloxide, Gläser, Glaskeramiken und Keramiken, wobei die Form des Trägers beliebig ist. Unter den Metallen ist auch Aluminium genannt. Als bevorzugte Trägerform sind Geflechte, Wabenkörper oder Netze, wie Stahldrahtgeflechte, keramische Wabenkörper oder Drahtnetze angegeben (vgl. D3, Seite 10, Zeilen 1 bis 9). Der erhaltene Überzug wird gegebenenfalls vorgetrocknet und dann thermisch bei Temperaturen von 200¡C bis 700¡C behandelt (vgl. D3, Seite 10, Zeilen 18 bis 20). Die katalytische Zusammensetzung ist in der Lage, organische Komponenten oder Kohlenstoff, z. B. Ruß oder Graphit, die sich beispielsweise auf der Oberfläche der katalytischen Zusammensetzung befinden, zu oxidieren (vgl. D3, Seite 11, Zeilen 23 bis 25). Aufgrund dieser Eigenschaft wird die katalytische Zusammensetzung bevorzugt dort eingesetzt, wo Geruchsbelastungen auftreten können oder wo besonders "geruchsneutrale" Luft, also Luft mit möglichst wenig zusätzlichen Stoffen, wünschenswert ist bzw. wo die Oxidation von organischen Komponenten oder Kohlenstoff gewünscht ist. Allgemein können die katalytischen Zusammensetzungen z. B. bei der Viehzucht, der Lebensmittelverarbeitung, z. B. Fischverarbeitung oder in Käsereien, in Fabrikationsprozessen, bei der Müllverarbeitung oder allgemein in chemischen Industrieanlagen oder auch in Wohnräumen verwendet werden (vgl. D3, übergreifender Absatz der Seitenwende 11/12).

Die Einsprechende macht anhand dieser Offenbarung geltend, hiervon seien Silikone als Bindemittel für Pigmente umfasst, denn aufgrund der Hydrolyse und Polykondensation entstünden aus den Silanen kettenoder netzartige Verknüpfungen von Siliciumatomen und Sauerstoffatomen, also Polysiloxane, was nur eine andere Bezeichnung für Silikone sei. Nachdem in diese Reaktionsgemische Pigmente wie Eisenoxide oder Kohlenstoffmodifikationen eingemischt sein könnten, werde in der D3 demzufolge eine geschwärzte Oberflächenschicht auf einem Aluminiumsubstrat mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents offenbart.

Zwar ist der Einsprechenden dahingehend zuzustimmen, dass Si-O-Si-Bindungen, auf denen die Silikone beruhen, als Siloxanbindung bezeichnet werden, weshalb Silikone Polyorganosiloxane sind. Jedoch unterscheiden sich Polyorganosiloxane, die durch Sol-Gel-Verfahren aus Silanen mit nachfolgender thermischer Härtung hergestellt werden, grundlegend in der Struktur und den Eigenschaften von Silikonharzen, wie sie das Streitpatent versteht. Beim Sol-Gel-Verfahren entstehen nach der thermischen Härtung quasi "anorganische" Schichten, die aufgrund ihrer organischen Gruppen im Si-O-Si-Gerüst in den Eigenschaften modifiziert werden können. Man nennt sie deshalb auch ORMOCER-Schichten (organic modified ceramic), die gegenüber rein organisch gebundenen Schichten sich durch erhöhte thermische Beständigkeit auszeichnen.

Bei den Silikonharzen des Streitpatents dagegen handelt es sich um Lacke, die zur Verarbeitung in organischen Lösungsmitteln zumindest teilweise gelöst werden (vgl. Streitpatent, Absatz [0025]). Bevorzugt sind diese zudem mit organischen Harzen, wie z. B. Polyesterund Epoxidharze, kombiniert bzw. copolymerisiert (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0019]). Nach dem Beschichten wird der flüssige Träger des Bindemittels nur durch Verdunsten mindestens teilweise entfernt (vgl. Streitpatent, Patentanspruch 2), so dass der organische Charakter der Schicht erhalten bleibt, während bei dem Sol-Gel-Verfahren die Beschichtung durch die thermische Behandlung zwischen 200 und 700¡C "eingebrannt" wird, so dass eine organisch modifizierte, quasi anorganische Schicht erzielt wird.

Beim Streitpatent und der D3 liegen daher unterschiedliche chemische Beschichtungen vor, die infolgedessen auch unterschiedlichen Zwecken dienen. Während die Beschichtung der D3 unabhängig von ihrer ggf. durch Pigmente hervorgerufenen Färbung katalytische und oxidierende Eigenschaften aufweist, wird durch die zwingende Schwarzfärbung der Silikonharzschicht des Streitpatents eine Wärmestrahlung absorbierende Eigenschaft erzielt. Da in D3 zudem Polysaccharide nur als übliches Verdickungsmittel, nicht aber als Bindemittel eingesetzt werden, ist weder der angegriffene Gegenstand des Patentanspruchs 1 noch die Gegenstände der Patentansprüche 2 bis 4 in der D3 neuheitsschädlich vorbeschrieben. Demzufolge erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob das Streitpatent die Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung D6 zu Recht in Anspruch nimmt.

c) Die DE 19647368 A1 (D4) beschreibt einen Verbundwerkstoff, der gekennzeichnet ist durch ein Substrat und ein damit in funktionellem Kontakt stehendes Nanokomposit, das erhältlich ist durch Oberflächenmodifizierung von kolloidalen anorganischen Partikeln mit einem oder mehreren Silanen unter den Bedingungen des Sol-Gel-Prozesses mit einer unterstöchiometrischen Wassermenge, bezogen auf die hydrolysierbaren Gruppen, unter Bildung eines Nanokomposit-Sols, gegebenenfalls weiterer Hydrolyse und Kondensation des Nanokomposit-Sols vor dem Inkontaktbringen mit dem Substrat und anschließender Härtung (vgl. D4, Anspruch 1).

Insofern liegt die D4 auf demselben technischen Gebiet der Sol-Gel-Beschichtung wie die D3. Wenngleich auch in der D4 als Schichtträger u. a. eine Folie aus u. a. Aluminium (vgl. D4, Spalte 1, Zeile 66 bis Spalte 2, Zeile 3) und als Beispiele für kolloidale anorganische Partikel Sole und nanoskalige dispergierbare Pulver mit einer Teilchengröße bis zu 300 nm von u. a. Eisenoxiden oder Kohlenstoff (Ruß und Graphit) (vgl. D4, Spalte 2, Zeilen 18 bis 24) genannt sind, so ist doch der Zweck dieser nanoskaligen Teilchen in dem Reaktionsgemisch nicht die Färbung der Beschichtung, sondern die Einstellung besonderer Eigenschaften des Substrats durch die Beschichtung, wie z. B. Oxidationsbeständigkeit, Flammverzögerung, Hydrophobie, Oleophobie, Härte, Undurchlässigkeit, elektrische oder thermische Isolation (vgl. D4, Spalte 5, Zeilen 56 bis 62). Die kolloidalen anorganischen Teilchen werden nämlich durch die Silane unter den Bedingungen des Sol-Gel-Prozesses oberflächenmodifiziert (vgl. D4, Spalte 2, Zeilen 33 bis 37). Soll dagegen eine gefärbte Beschichtung erzielt werden, dann können dem Reaktionsgemisch als Eventualzusatzstoffe Pigmente oder Farbstoffe zugesetzt werden (vgl. D4, Spalte 4, Zeilen 29 bis 32 und 36). Nach der Beschichtung des Substrats muss eine abschließende Härtung durchgeführt werden, wobei eine Trocknungsstufe bei Raumtemperatur oder leicht erhöhter Temperatur (z. B. bis zu ca. 50¡ C vorangehen kann, dann kann eine Vorhärtung bei Raumtemperatur und die Wärmehärtung bei Temperaturen über 50¡ C erfolgen. Die maximale Härtungstemperatur hängt u. a. vom Schmelzpunkt bzw. der Temperaturbeständigkeit des Substrats ab, liegt aber in der Regel bei 250 bis 300¡ C. Bei metallischen oder mineralischen Substraten sind auch wesentlich höhere Härtungstemperaturen möglich, z. B. 400 bis 500¡ C und darüber (vgl. D4, Spalte 5, Zeilen 23 bis 35). Im Beispiel 13 der D4 ist die Beschichtung eines Aluminiumbleches beschrieben, wobei die Beschichtung nach dem Trocknen 1 Stunde lang an Luft bei einer Temperatur von 500¡ C gehärtet wurde. Es wurde eine glasartige Schicht mit einer Dicke von 3 µm erhalten.

Infolgedessen werden - wie schon bei der D3 - auch in der D4 quasi "anorganische" Schichten (vgl. D4, Spalte 6, Zeilen 44-45: "Es resultiert ein anorganisch gebundener Gusskern") auf dem Metallsubstrat erzielt, die sich grundlegend von den schwarz pigmentierten Silikonharzschichten des Streitpatents unterscheiden. Dies belegt im Übrigen auch die Textstelle in Spalte 5, Zeilen 15 bis 22, der D4, wo es heißt, dass zur Verbesserung der Haftung zwischen Substrat und Nanokomposit-Sol eine übliche Oberflächenvorbehandlung u. a. mit Schlichten aus Stärke oder Siliconen durchgeführt werden kann.

Damit ist den Gegenständen der Patentansprüche 1 bis 4 die Neuheit auch gegenüber der D4 zuzuerkennen.

8. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 4 beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert ist, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Es ist deshalb grundsätzlich nicht von einem bestimmten, nächstliegenden Stand der Technik als Beurteilungsgrundlage auszugehen, da bereits die Wahl dieses Ausgangspunktes der Rechtfertigung bedarf, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmannes liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin; GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung).

Für die Frage der Veranlassung zur Problemlösung - hier ein geschwärztes Behältnis oder Flächengebilde zur Behandlung von Lebensmitteln zur Verfügung zu stellen, das die Nachteile des bekannten Standes der Technik überwindet und eine bessere Ausnutzung der von Herd oder Grill ausgehenden Wärme ermöglicht, ohne sich über die Dauer der Wärmebehandlung zu verschlechtern - ist zu beachten, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungsweges - hier die Lehre der Verwendung eines Bindemittels für das schwarze Pigment auf Basis von Polysaccharid oder Silikonharz - nicht nur als möglich, sondern als dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es -abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, in dem es für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

a) Ausgehend von der vorliegenden Problemstellung richtete der Fachmann sein Augenmerk zunächst auf die DE 29 12 296 A1 (D1), welche sich mit einem "Verfahren zum Braten und Mittel dazu" befasst (vgl. D1, Bezeichnung der Anmeldung). Dieses Mittel ist eine geschwärzte, wärmeresistente Aluminiumfolie, die wenigstens auf ihrer Außenseite IR-Strahlung, also Wärmestrahlung, absorbiert und während des Bratens des Lebensmittels nicht zerstört wird (vgl. D1, Seite 3, Absatz 3 bis Seite 4, Absatz 1). Auf die Herstellung der geschwärzten Aluminiumfolie wird in D1 nicht eingegangen. Infolgedessen ist zwar in der D1 erkannt worden, das Lebensmittel in einer geschwärzten Aluminiumfolie verpackt zu braten oder zu grillen, jedoch findet der Fachmann in D1 keinerlei Anregungen dahingehend, wie die Aluminiumfolie zu schwärzen bzw. mit einer schwarze Oberflächenschicht zu versehen ist. Folglich weist das Flächengebilde der D1 auch nur die Merkmale M1 und M2 der vorstehenden Merkmalsgliederung des verteidigten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf.

b) Einen Anstoß zur Problemlösung nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 erhält der Fachmann aber auch nicht bei Einbeziehung der weiteren Druckschriften.

Wie bereits zur Neuheit im Abschnitt III.6. ausführlich dargelegt, liegen die Druckschriften D2 bis D4 dem Streitgegenstand ferner, so dass der Fachmann hieraus keine Anregung erhalten kann, schwarze Pigmente in Kombination mit einem Bindemittel aus Polysaccharid oder Silikonharz zum Schwärzen einer Aluminiumfolie zu verwenden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.

Auch die DE 4417405 A1 (D5) vermag den Fachmann nicht zu der speziellen Beschichtung auf einer Aluminiumfolie im Sinne der Merkmale nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 anzuregen. Die D5 betrifft nämlich ein Verfahren zur Herstellung von strukturierten anorganischen Schichten unter den Bedingungen des Sol-Gel-Prozesses (vgl. D5, Ansprüche 1 bis 4). Wie schon in D4 angegeben, werden auch in D5 glasartige Schichten erhalten (vgl. D5, Spalte 5, Zeilen 42 bis 45 und Zeilen 65 bis 68). Infolgedessen liegt auch die D5 dem Streitgegenstand ferner.

Aber auch in der JP 64-030748 (D7) findet sich kein Hinweis auf die spezielle Beschichtung für ein Behältnis oder Flächengebilde zur thermischen Behandlung von Lebensmitteln. In der D7 ist eine beschichtete Aluminiumfolie offenbart, die eine Unterschicht und eine Fluorkunststoffschicht umfasst. Die Unterschicht ist eine Haftvermittlerschicht zwischen der Aluminiumfolie und der Fluorkunststoffschicht. Zur Herstellung dieser Unterschicht wird eine Mischung von Metallalkoxiden und anorganischen Partikeln verwendet, d. h. die Kondensationsreaktion der Metallalkoxide führt letztendlich wieder zu einer anorganischen Metalloxidschicht. Auch die D7 liegt damit dem Streitgegenstand ferner.

Die Dokumente A2 bis A4, die sich nur mit Pigmenten befassen, liefern ebenfalls keine Hinweise auf die in Rede stehende, spezielle Beschichtung des Streitpatents.

Dokument A2 ist eine Liste der zugelassenen Lebensmittelfarbstoffe. Hieraus geht nur hervor, dass Pflanzenkohle mit der Nummer E153 sowie Eisenoxide und Eisenhydroxide mit der Nummer E172 als Farbstoffe in Lebensmitteln zugelassen sind.

Dokument A3 ist ein Auszug aus Römpps Chemie-Lexikon zu "Eisenoxidpigmente", darunter Eisenoxidschwarz. Es wird darauf hingewiesen, dass in der Lebensmittelindustrie die Eisenoxidpigmente zur Färbung von Dragees, Käserinden, Dekors für Süßwaren und von Verpackungsmaterial verwendet werden.

Dokument A4 ist ein Auszug aus Wikipedia zu "Eisenoxidpigment". Diesem ist zu entnehmen, dass Eisenoxidschwarz im Vergleich zu Ruß eine geringere Farbstärke zeigt. Eisenoxidschwarz ist ein Mischkristall aus Fe2O3 und FeO (= Fe3O4) mit inverser Spinellstruktur. Die reinen Eisenoxidschwarzpigmente sind gut temperaturbeständig, werden aber durch Luftsauerstoff schon bei etwa 180¡ C oxidiert, so dass sich der Farbton über Braun nach Rot verschiebt.

Die von der Patentinhaberin genannten Patentdokumente sind erst im Dezember 2005, also nach der Veröffentlichung der Erteilung des Streitpatents im März 2005, angemeldet worden. Sie bleiben deshalb zur Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Streitpatents außer Betracht.

Da die entgegengehaltenen Dokumente also keine Hinweise liefern können, die zur Ausgestaltung des Behältnisses oder Flächengebildes mit der speziellen Beschichtung beitragen können, musste folglich der Fachmann erfinderisch tätig werden, um zum Streitgegenstand nach den Patentansprüchen 1 bis 4 zu gelangen.

Die Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag haben deshalb Bestand, so dass das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten war. Bei dieser Sachlage war auf die Hilfsanträge 1 bis 3 nicht mehr einzugehen.

Feuerlein Schwarz-Angele Egerer Zettler Bb






BPatG:
Beschluss v. 11.11.2010
Az: 15 W (pat) 344/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/14ff36c96aee/BPatG_Beschluss_vom_11-November-2010_Az_15-W-pat-344-05




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