Landgericht Bochum:
Urteil vom 23. Mai 2002
Aktenzeichen: 14 O 56/02

(LG Bochum: Urteil v. 23.05.2002, Az.: 14 O 56/02)

Tenor

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.600,-- EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Am 27.04.2002 ließ die Beklagte an die sich in ihren Geschäftsräumen befindlichen Kunden postkartengroße Handzettel verteilen (vgl. Hülle BI. 6 der Akten), die einen Spar-WM-Rabatt auf alles von 5 % anbot und zwar mit dem Zusatz "Nur heute Samstag den 27.04.2002 gültig - ausgenommen sind Prospektartikel!". Nachdem die Beklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat, verlangt der Kläger mit vorliegender Klage die Untersagung derartiger Werbung.

Der Kläger ist der Ansicht, die Werbung verstoße gegen § 7 Abs. 1 UWG, denn die angekündigte Aktion stelle auch insbesondere im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung eine Sonderveranstaltung dar, die nicht zulässig sei. Außerdem sei ein Verstoß gegen § 1 UWG wegen übertriebenen Anlockens festzustellen.

Der Kläger beantragt,

der Beklagten werde es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall einer zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,-- EUR untersagt,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken unter Hinweis auf einen datumsmäßig bestimmten Tag anzukündigen:

"Nur heute auf alles 5 % Spar-Rabatt"

und/oder

eine so angekündigte Verkaufsveranstaltung durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, daß übertriebenes Anlocken gemäß § 1 UWG schon deshalb nicht vorliegen könne, weil die Werbezettel unstreitig nur an sich in ihren Räumen bereits befindliche Kunden verteilt worden seien. Darüber hinaus sei aufgrund der Tatsache, daß der gewährte Rabatt nur um 2-%-Punkte den früher nach dem Rabattgesetz zulässigen Barverkaufsrabatt von 3 % übersteige, weder ein übertriebenes Anlocken zu bejahen noch eine Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG. Denn insoweit halte sich der Rabatt im Rahmen dessen, was üblicherweise an Rabatt ohnehin gewährt werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Schutzschrift 14 AR 19/02 Landgericht Bochum lag vor.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, da die von ihm beanstandete Werbung weder gegen § 1 UWG noch gegen § 7 Abs. 1 UWG verstößt.

Die Dringlichkeit ergibt sich aus § 25 UWG. Da die Beklagte nicht zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bereit war, ist auch Wiederholungsgefahr zu bejahen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein Verstoß gegen § 1 UWG nicht gegeben. Insoweit ist kein übertriebenes Anlocken festzustellen. Fraglich ist schon, ob überhaupt ein Anlocken vorliegt, da die beworbenen Kunden sich unstreitig bereits in den Geschäftsräumen der Beklagten befanden. Wenn also Anlocken so verstanden werden muß, daß die Werbung den Zweck hat, Kunden in die Geschäftsräume des Werbenden zu holen, wäre dies zu verneinen. Selbst wenn aber man das Anlocken auch mit "Verlocken zum Kauf' verstehen wollte, wäre vorliegend ein übertriebenes Anlocken zu verneinen. Entscheidend für die Annahme eines übertriebenen Anlockens ist nämlich, ob sachfremde Einflüsse auf den Kaufentschluß ein zu starkes Gewicht ausüben (vgl. Baumbach-Hefermehl, § 1 UWG, Rz. 87). Das ist hier unter Gesamtwürdigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber der Beklagten, der Kunden sowie der Allgemeinheit zu verneinen.

Die Tatsache, daß der gewährte Rabatt lediglich 2-%-Punkte über dem früher geltenden Rabattgesetz liegt, ist vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht ent- scheidend, da der versprochene Rabatt hier nicht nur einen Barverkaufsrabatt dar- stellt, sondern auch einen Rabatt auf Käufe mittels Schecks oder Kreditkarten. Allerdings sieht die Kammer in einem 5 %igen Rabatt im Möbeleinzelhandel keinen übermäßigen Vorteil, da dieser Rabatt bekanntermaßen sich im unteren Bereich des Rahmens des üblich verhandelbaren Rabatts bewegt. Je hochpreisiger die Möbel sind, die zu kaufen beabsichtigt werden, oder je umfangreicher die Möbelauswahl ausfällt, um so höher sind die gewährten Rabatte. Von daher wird der Kunde von einer 5 %igen Rabattzusage nicht unsachlich beeinflußt und wird infolge dessen nicht gerade wegen dieser Zusage Preisvergleiche mit anderen Möbelhändlern unterlassen. Die Gesamtwürdigung des Einzelfalls führt daher nicht dazu, hier die Verlockung als unzulässig erscheinen zu lassen. Dies folgt auch nicht unter Berücksichtigung des Zeitfaktors, da die Zuwendung zu gering ist, um Kunden auch im Zusammenhang mit der nur kurzzeitigen Gewährung zu überstürzten Käufen zu veranlassen.

Auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 UWG ist zu verneinen. Zweifelsohne diente das Verhalten der Beklagten der Beschleunigung des Warenabsatzes und stellt auch keine Sonderangebot nach § 7 Abs. 2 UWG dar. Fraglich ist aber schon, ob es sich um einen Vorgang außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs handelte. Denn es ist allgemein bekannt, daß Rabattgewährungen im Möbeleinzelhandel branchenüblich sind. Der hier gewährte 5 %ige Rabatt bewegt sich dabei am unteren Rand des Verhandelbaren und kann deshalb nicht als mißbräuchlich angesehen werden. Ein unlauterer Kaufanreiz wird dadurch nicht ausgeübt. Auch wenn der Kläger darlegt, daß bei entsprechenden Kaufsummen auch der Rabatt entsprechend hoch ausfällt, ändert das nichts daran, daß entsprechende Rabatte schlicht aushandelbar sind. Etwas anderes könnte sich hier deshalb ergeben, weil der Rabatt auch auf die anderen, von der Beklagten zusätzlich vertriebenen Produkte wie Vasen etc. gewährt wird, bei denen normalerweise ein Rabatt nicht verhandelbar ist.

Ob deshalb bereits die Aktion der Beklagten als eine solche außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs angesehen werden kann, erscheint fraglich, kann aber letztlich dahinstehen, da jedenfalls für den Kunden nicht der Eindruck besonderer Kaufvorteile entsteht. Wie bereits mehrfach dargelegt, ist im Möbeleinzelhandel die Gewährung eines Rabatts von 5 % kein besonderer Kaufvorteil. Dabei handelt es sich um einen Betrag, den jeder Kunde im ganz normalen Geschäftsverkehr aushandeln kann. Dies verändert sich auch nicht durch die Zeitkomponente. Zwar erweckt eine solche meist den Eindruck besonderer, sonst für immer entgangener Vorteile (vgl. Baumbach/Hefermehl, § 7 UWG, Rn. 19), aber dies ist angesichts der Rabatthöhe vorliegend nicht der Fall. Wegen eines Rabatts von 5 % an nur einem Tag wird ein Kunde nicht zu überschnellem Kauf angeregt, weil er sonst den Entgang nicht wiederkehrender Vorteile fürchtet. Vielmehr weiß der interessierte Kunde um die Rabattmöglichkeit im Möbeleinzelhandel und deshalb nicht von Vergleichen abgehalten.

Abschließend bleibt daher festzuhalten, daß die Werbeaktion der Beklagten zwar einen gewissen Kaufanreiz wecken soll, daß dieser aber bei den angesprochenen Kunden weder den Eindruck einer besonders großen, nicht wiederkehrenden Chance hinterläßt noch das Gefühl erweckt, es handele sich dabei um ein herausragendes Angebot. Von daher war der Antrag des Klägers auf Untersagung der von der Beklagten vorgenommenen Werbemaßnahme im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 Satz 1 ZPO.






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Urteil v. 23.05.2002
Az: 14 O 56/02


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