Hessisches Landessozialgericht:
Beschluss vom 1. September 1998
Aktenzeichen: L 7 B 19/98 KA

(Hessisches LSG: Beschluss v. 01.09.1998, Az.: L 7 B 19/98 KA)

Tatbestand

Die Beteiligten stritten in der Hauptsache um Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise die Quartale IV/94 bis III/95 betreffend in Höhe von DM 10.577,94. Mit Urteil vom 14. Januar 1998 hob das Sozialgericht Frankfurt am Main antragsgemäß den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 15. Juli 1997 auf und verurteilte diesen zur Neubescheidung des Widerspruchs des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sowie zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Mit Beschluß vom 19. Januar 1998 setzte das Gericht den Streitwert auf DM 10.577,94 fest. Zur Begründung bezog es sich auf einen Beschluß des erkennenden Senats vom 7. Juni 1993 (L-7/B-85/91) und hielt einen anderen Beschluß vom 10. August 1995 (L-7/Ka-332/91) auf den vorliegenden Sachverhalt für nicht übertragbar.

Gegen den ihr am 19. März 1998 zugestellten Beschluß hat die Beigeladene zu 1) am 1. April 1998 Beschwerde eingelegt und im wesentlichen vorgetragen, ausschlaggebend sei, daß dem Kläger im Falle des Obsiegens kein direkter Zahlungsanspruch erwachse, sondern hierfür erst ein weiteres Verwaltungsverfahren zur Umsetzung des Urteils erforderlich sei. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens sei deshalb nur in Höhe der Hälfte des eigentlich im Streit stehenden Kürzungsbetrages anzusetzen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

den Gegenstandswert auf DM 5.288,97 festzusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, für die Frage des wirtschaftlichen Wertes sei es zunächst ohne Bedeutung, daß nur ein sogenanntes Bescheidungs-Urteil ergehen könne. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens werde bei einer Honorarkürzung das Ziel verfolgt, die Honorarkürzung aufheben zu lassen bzw. eine neue Überprüfung von z.B. Praxisbesonderheiten zu ermöglichen. Dann sei das wirtschaftliche Interesse nicht mit einem fiktiven Bruchteil zu bemessen.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde am 1. April 1998 nicht abgeholfen und dem Hessischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und an sich statthaft, §§ 172, 173 SGG. Sie ist auch begründet.

Der vom Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluß vom 19. Januar 1998 auf DM 10.577,94.-- festgesetzte Wert des Streitgegenstandes war zu ändern und entsprechend dem Antrag der Beigeladenen zu 1) niedriger festzusetzen.

Auf den Antrag des Klägers war der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluß festzusetzen, § 7 Abs. 1, § 116 Abs. 2 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO).

Nach § 8 Abs. 2 BRAGO ist mangels der Möglichkeit der sinngemäßen Anwendung von § 18 Abs. 2, §§ 19 bis 23,24 Abs. 1,2,4,5,6, §§ 25,39 Abs. 2 der Kostenordnung der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Zwar ist nach dem Rechtsgedanken des § 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) die Höhe einer bezifferten Geldleistung oder ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt maßgebend, jedoch ist zunächst von dem genauen Streitgegenstand auszugehen, der sich aus der Formulierung des Klageantrages ergibt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 1998 gestellten Antrag die Aufhebung des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1997 und die Verurteilung des Beklagten begehrt, den eingelegten-Widerspruch neu zu bescheiden. Auch wenn dahinter das (Fern-) Ziel steht, wie die Prozeßbevollmächtigten des Klägers vortragen, die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen festgesetzten Honorarkürzungen gänzlich aus der Welt zu schaffen, steht bei dem gestellten Antrag fest, daß der Rechtsstreit ungeeignet ist, unmittelbar die den Kläger beschwerenden Honorarkürzungen aus der Welt zu schaffen. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn der Kläger die vollständige und endgültige Aufhebung der Honorarkürzungsbescheide begehrt hätte (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 7. Juni 1993 --L-7/B-85/91), wobei es dann keine Rolle spielt, wenn hilfsweise die Neubescheidung begehrt wird. Daß in solchen Fällen ein weitergehender Antrag vorliegt als bei dem von vornherein auf eine Neubescheidung beschränkten Antrag, zeigt sich im Tenor, wenn bei Aufhebung des Widerspruchsbescheides und unter Abweisung der Klage im übrigen (nur) zur Neubescheidung verurteilt wird und der Kläger nicht die vollen Kosten erstattet bekommt.

Die Aufhebung eines Widerspruchsbescheides und Verurteilung der Verwaltung zu einer Neubescheidung (unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts) bringt den Kläger. zwar ein Stück näher zu dem angestrebten Ziel (Aufhebung der Honorarkürzungen), kann aber nicht mit dem angestrebten Erfolg gleichgesetzt werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß den Prüfgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum verbleibt (vgl. Urteile des BSG vom 15. November 1995 -- 6 RKa 43/94 und 6 RKa 58/94), der auch bei der Neubescheidung nicht entfällt, sondern vielmehr dazu führen kann, daß der Kläger im Ergebnis nichts erreicht, sondern der Beklagte mit einer neuen (nunmehr rechtlich nicht mehr angreifbaren) Begründung die bisherige Honorarkürzung aufrecht erhält, also den Widerspruch erneut zurückweist. Ebenso kann eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Honorarkürzung das Ergebnis sein. Bei dieser ergebnisoffenen Verurteilung zur Neubescheidung hält es der erkennende Senat für angemessen, den Streitwert in der Regel mit der Hälfte der Summe der Honorarkürzungen anzusetzen (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 10. August 1995 --L-7/Ka-332/91; Hartmann, Kostengesetze, 23. Auflage, § 13 GKG, 3 B c). Von dieser Regel abzuweichen bestand im vorliegenden Fall kein Anlaß.






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Beschluss v. 01.09.1998
Az: L 7 B 19/98 KA


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