Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 52/03

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2005, Az.: 27 W (pat) 52/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmelderin hat die Bezeichnung MICRODRIVE nach Umwandlung der Gemeinschaftsmarke 1 194 554 gem. § 125 d Abs. 3 MarkenG als Wortmarke für "Festplattenlaufwerke, Datenverarbeitungsgeräte mit Festplattenlaufwerken, Datenverarbeitungsgerät mit einer Schnittstelle für Festplattenlaufwerke" zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit zwei Beschlüssen vom 5. Juli 2002 und 16. Dezember 2002, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. "MICRO" sei ein sprachüblicher Hinweis auf "(besonders) klein" und bei "DRIVE" handele es sich auf dem hier einschlägigen Warensektor um den fachsprachlichen Ausdruck für "Speicher-) Laufwerk". In ihrer sprachüblich gebildeten Gesamtheit handele es sich daher bei der Anmeldemarke um die Sachaussage "(besonders) kleines Laufwerk, Laufwerk für Microcomputer, Microprozessorenbus", die als Beschreibung des Konstruktions- bzw. Funktionsprinzips der beanspruchten Waren dienen könne und im Verständnis des Verkehrs im Vordergrund stehe. An ihr könne daher kein Monopolrecht bestehen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach beruht die Entscheidung der Markenstelle auf einer analysierenden Betrachtung, welche außer acht lasse, dass es sich bei der Anmeldemarke um eine lexikalisch nicht nachweisbare englische Wortneuschöpfung handele, die einen Gesamtbegriff darstelle. Der Begriff werde auch nur in Zusammenhang mit der Anmelderin verwendet, so dass es sich bei ihm um keine Gattungsbezeichnung handeln könne. Genauso wie vergleichbare Eintragungen von Marken mit dem Bestandteil "MICRO" sei auch die angemeldete Bezeichnung schutzfähig. Auf jeden Fall sei sie aber im Verkehr i.S.d. § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt. Hierzu hat sie eine eidesstattliche Versicherung ihres rechtlichen Beraters, einen Auszug aus einer Internetdatenbank, Marketingmaterial, Anzeigen, Angebote und Beschreibungen, Artikel und Fotos aus Fachzeitungen und -zeitschriften sowie Auszüge aus Newslettern und Diskussionsforen vorgelegt, von denen sie der Auffassung ist, dass sie nicht nur als Mittel der Glaubhaftmachung, sondern bereits als Nachweis der Verkehrsdurchsetzung anzusehen sind, da sich aus ihnen ergebe, dass die Marke für 1-Inch-Festplattenlaufwerke bekannt sei, für welche die Anmelderin seit 1999 die einzige Anbieterin auf dem Markt sei.

Nach der auf ihren Hilfsantrag anberaumten mündlichen Verhandlung vom 24. August 2004, welche zur Frage einer Verkehrsbefragung vertagt worden ist, hat die Anmelderin erklärt, eine Verkehrsumfrage weder von sich aus durchführen noch die Kosten hierfür im Beschwerdeverfahren tragen zu wollen; stattdessen hat sie unter Zurücknahme ihres Hilfsantrags auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung um Entscheidung nach Lage der Akten gebeten.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke entgegensteht, dass sie von Haus aus nicht unterscheidungskräftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und freihaltebedürftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist und die von ihr daneben behaupteten Verkehrsdurchsetzung der Anmeldemarke nach § 8 Abs. 3 MarkenG mangels Nachweises nicht festgestellt werden kann.

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und auch die Anmelderin nicht in Abrede stellt, besteht die angemeldete Bezeichnung aus den beiden zum englischen Grundwortschatz gehörenden und dem angesprochenen Verkehrskreisen auf dem hier in Rede stehenden Warensektor ohne weiteres verständlichen Begriffen "MICRO" für "(besonders) klein" und "DRIVE" für "(Speicher-)Laufwerk". Die Auffassung der Anmelderin, die Verbindung beider Begriffe zu einem lexikalisch nicht nachweisbaren Gesamtbegriff könne der Anmeldemarke die erforderliche Unterscheidungskraft vermitteln, kann nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gefolgt werden. Denn danach bleibt ein aus rein beschreibenden Begriffen zu einem einzigen zusammengesetzter Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD). Dies ist aber vorliegend der Fall, weil der Verkehr die Verbindung der beiden oben genannten Begriffe nur im Sinne von "sehr kleines Laufwerk" verstehen wird, da es sich um eine übliche Verbindung eines Adjektivs mit einem Substantiv zu einem neuen Substantiv handelt und keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, die geeignet wären, das Verständnis des Verkehrs von der einfachen begrifflichen Verbindung beider Wörter wegzuführen. Da unter die beanspruchten Waren, wie sich aus den von der Anmelderin zur Glaubhaftmachung der hilfsweise geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung ergibt, auch solche sehr kleinen (Computer-) Laufwerke fallen, handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um einer die beanspruchten Waren glatt beschreibende Sachangabe, die mangels Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) nicht originär schutzfähig ist.

Auch die von der Anmelderin behauptete Durchsetzung der Anmeldemarke im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG vermag der Senat nicht festzustellen. Eine Verkehrsdurchsetzung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn ein erheblicher Teil des Verkehrs das von Haus aus nicht eintragbare angemeldete Zeichen für die angemeldeten Waren als Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens ansieht (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 321). Eine Überprüfung kommt dabei nur in Betracht, sofern der Anmelder die Verkehrsdurchsetzung schlüssig dargelegt und durch entsprechendes Tatsachenmaterial glaubhaft gemacht hat. Die von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen reichen nach Ansicht des Senats aber nicht einmal für eine solche Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung aus.

Dabei kann der von der Anmelderin dargelegte Marktanteil von 100 % für kleine Festplatten nicht Grundlage einer Verkehrsdurchsetzung sein. Zwar steht ein faktisches Monopol an einer Einzelware der Annahme einer Verkehrsdurchsetzung entgegen der früheren deutschen Spruchpraxis nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht entgegen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 482 unter Hinweis auf die Philips/Remington-Entscheidung des EuGH, vgl. WRP 2002, 924, 930 [Rz. 65]). Bei der Feststellung der Verkehrsdurchsetzung kann aber nicht allein auf die von der Anmelderin als Monopolistin vertriebenen kleinen Laufwerke abgestellt werden, weil eine entsprechende Beschränkung des Warenverzeichnisses auf Festplatten einer bestimmten Größe oder mit bestimmten Eigenschaften nicht möglich ist (vgl. EuGH GRUR-Int 2004, 500, 508 [Rz. 114 f.] - POSTKANTOOR). Eine Verkehrsdurchsetzung für die Anmeldemarke läge daher nur dann vor, wenn sie in bezug auf den - über kleine Festplattenlaufwerke hinausgehenden - gesamten Festplattenmarkt erheblichen Verkehrsteilen als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus dem Unternehmen der Anmelderin bekannt wäre. Für einen solchen Schluss könnten die von der Anmelderin genannten Umsatzzahlen als ein mögliches Indiz für eine Verkehrsdurchsetzung aber nur dann herangezogen, werden wenn gleichzeitig der Gesamtumsatz bekannt wäre, der auf dem Festplattenmarkt insgesamt (also nicht nur mit kleinen Laufwerken) erzielt wird. Eine solche Vergleichsgröße hat die Anmelderin aber nicht genannt, so dass sich aus den von ihr angegebenen Umsatzzahlen, die sie mit kleinen Laufwerken erzielt haben will, nicht einmal eine Aussage über den Marktanteil der mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Einzelwaren auf dem hier relevanten Marktsektor ergibt. Eine Verkehrsdurchsetzung ist auch nicht infolge des von der Anmelderin angegebenen Werbeaufwands glaubhaft gemacht. Insoweit ist schon zu beanstanden, dass die im Affidavit hierzu genannten Zahlen sich einerseits nur auf die USA und andererseits auf den Werbeaufwand "weltweit" beziehen, so dass unklar bleibt, in welchem Umfang unter der angemeldeten Bezeichnung eine Werbung im Inland vorlag. Abgesehen hiervon kann ein bloßer Werbeaufwand allein nicht die Annahme rechtfertigen, dass sich die angemeldete Bezeichnung im Verkehr durchgesetzt hat. Wegen der nur geringen Aussagekraft der Umsatzzahlen ergibt sich ein solcher Schluss auch nicht aus der Gesamtschau von Werbeaufwand einerseits und den von der Anmelderin erzielten Erlösen andererseits. Auch die Nennung der Anmeldemarke in Fachzeitungen, -schriften, Diskussionsforen sowie im Internet-Auftritt der Anmelderin, auf welche sie die geltend gemachte Verkehrsdurchsetzung ebenfalls gestützt hat, gibt weder für sich noch in der Gesamtschau mit den weiteren Angaben ein hinreichendes Indiz dafür, dass sich die Anmeldemarke in erheblichen Verkehrsteilen für Festplattenlaufwerke durchgesetzt habe.

Die von der Anmelderin behauptete Verkehrsdurchsetzung hätte daher nur aufgrund einer Verkehrsbefragung festgestellt werden können. Eine solche Feststellung ist jedoch ausgeschlossen, nachdem die Anmelderin erklärt hat, von sich aus eine Verkehrsbefragung nicht durchführen zu wollen.

Da somit die Anmeldemarke weder von Haus aus schutzfähig ist noch festgestellt werden kann, dass die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG infolge einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG entfallen wären, war die Beschwerde der Anmelderin gegen den der Anmeldemarke die Eintragung versagenden Beschluss der Markenstelle zurückzuweisen.

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BPatG:
Beschluss v. 10.05.2005
Az: 27 W (pat) 52/03


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