Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 48/01

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2001, Az.: 25 W (pat) 48/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 28. Juni 2001 (Aktenzeichen 25 W (pat) 48/01) den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 aufgehoben. In dem Fall ging es um die Bezeichnung "IT-ONE", die am 17. Dezember 1997 für verschiedene Waren und Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie und des Internets beim Markenregister angemeldet worden war.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da sie der Meinung war, dass die Bezeichnung keinerlei Unterscheidungskraft besitze. Das Wort "IT-ONE" bestehe aus den Wörtern "IT" für Informationstechnologie und "ONE" für eins. Diese Kombination ergebe den Eindruck einer Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie, was jedoch keine ausreichende Fantasie oder individuelle Herkunftskennzeichnung darstelle.

Die Anmelderin legte Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle ein und argumentierte, dass die Bezeichnung "IT-ONE" keine eindeutige beschreibende Bedeutung habe und daher als Marke eingetragen werden könne.

Das Bundespatentgericht stimmte der Anmelderin zu und hob den Beschluss der Markenstelle auf. Es vertrat die Ansicht, dass die Bezeichnung "IT-ONE" nicht ohne weiteres als beschreibende Kurzbezeichnung für "Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" aufgefasst werde. Der Begriff sei vage und unklar und enthalte keine eindeutige Sachaussage über die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Auch könne kein schutzwürdiges Interesse von Mitbewerbern an der Verwendung dieser Wortkombination festgestellt werden. Zudem enthalte die Bezeichnung einen Phantasieüberschuss und könne das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Form beeinflussen.

Daher wurde die Beschwerde der Anmelderin für zulässig und begründet erklärt, und der Beschluss der Markenstelle wurde aufgehoben. Die angemeldete Bezeichnung "IT-ONE" besitze ausreichend Unterscheidungskraft und stehe der Eintragung als Marke nicht entgegen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 28.06.2001, Az: 25 W (pat) 48/01


Tenor

Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung IT-ONE ist am 17. Dezember 1997 für die Waren und Dienstleistungen "Programmdokumentationen, Handbücher, Druckschriften; Dienstleistungen eines Anbieters im Internet; Einrichtung und Betrieb eines Helpdesks im Internet; Vermittlung von Waren im Internet" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandung durch Beschluß vom 29. September 1999 die Anmeldung zurückgewiesen, da der Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehle. "IT-ONE" stelle zwar eine Wortneubildung dar. Diese sei aber sprachüblich gebildet und für die einschlägigen Verkehrskreise erkennbar aus den Wörtern "IT" und "ONE" zusammengesetzt. "IT" sei die lexikalisch nachweisbare und den angesprochenen Verkehrskreisen im Bereich der Datenverarbeitung und Telekommunikation geläufige Abkürzung für "Informationstechnologie" bzw "Informationstechnik". "ONE" stelle die zum einfachsten englischen Grundwortschatz gehörende, dem weit überwiegenden Teil des deutschen Verkehrs bekannte Bezeichnung für die Zahl "eins" dar. "IT-ONE" werde deshalb vom Verkehr nur im Sinne von "Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" verstanden werden und vermittle keinen über diese bloße Sachangabe hinausgehenden, hinreichend phantasievollen Gesamteindruck. Es fehle deshalb an jeglicher Eignung zur individuellen betrieblichen Herkunftskennzeichnung.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle des DPMA aufzuheben.

Die Annahme, daß "IT-ONE" als "die Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" verstanden werde, sei nicht naheliegend. Das neu gebildete Wort vermittle keinen eindeutig beschreibenden und klaren Inhalt, der einen Rückschluß auf die einzelnen Waren und Dienstleistungen zulasse. Das Verständnis bleibe vielmehr mehrdeutig und diffus. Die Begriffsbildung "IT-ONE" sei in der deutschen und der englischen Sprache unüblich. "One" werde nur in der Kombination "Number one" als Wertangabe, sonst aber als Zahlenangabe oder Ordnungsziffer wie zB Formel 1, 1. Edition, 1. Auflage usw verstanden. Auch könne kein schutzwürdiges Interesse von Mitbewerbern an einer Benutzung gerade dieser angemeldeten Wortkombination festgestellt werden. Das Zeichen verfüge auch über einen Phantasieüberschuß und damit über eine Eignung, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Form zu beeinflussen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "IT-ONE" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die angemeldete Bezeichnung läßt sich weder lexikalisch belegen noch konnte der Senat aufgrund einer zusätzlich durchgeführten Recherche im Internet eine Verwendung als Sachbezeichnung feststellen. Wenn dies auch der Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht zwingend entgegensteht (st Rspr vgl BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 74, 104), so kann vorliegend gleichwohl weder ein Interesse an einer aktuellen noch zukünftigen Verwendung der konkret angemeldeten Gesamtbezeichnung festgestellt werden (vgl hierzu BGH MarkenG 2001, 209, 211 - Test it; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 74, 75 mit weiteren Hinweisen).

Auch der Senat neigt zu der Auffassung, daß ein Wortzeichen mit dem Begriffsgehalt wie "Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" sich jedenfalls im Zusammenhang mit einzelnen der vorstehend beanspruchten Waren oder Dienstleistungen noch als eine hinreichend konkrete beschreibende Sachaussage erweisen würde, deren Eintragung die absoluten Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegenstünden (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 142; zu Art 7 Abs 1 Buchst. B und c GMV HABM MarkenR 2001, 85 - TELE AID; HABM MarkenR 2001, 82, 84 - CARCARD). Dies kann jedoch dahingestellt bleiben.

Denn nach Auffassung des Senats wird der Verkehr die angemeldete Bezeichnung "IT-ONE" bereits nicht ohne weiteres und nicht in der für eine Verwendung als Sachbegriff erforderlichen schnellen Erfaßbarkeit und Eindeutigkeit als beschreibende Kurzbezeichnung für "Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" aufnehmen (vgl auch PAVIS PROMA, Kliems, BPatG 29 W (pat) 223, 99 - Team One). Der Aussagegehalt von "IT-ONE" bleibt vielmehr vage oder sogar unklar, was insbesondere darauf beruht, daß der Bestandteil "One" dem vorangestellten "IT" durch einen Bindestrich unmittelbar angeschlossen ist und kein erläuternder Zusatz wie zB "Nr" usw ein Verständnis als Hinweis auf eine Spitzenstellung (Marktführerschaft) nach Umsatz, Qualität, Vielfältigkeit des Angebots oder dergleichen unbedingt nahe legt. Anders als verallgemeinernde Angaben, wie zB bei Sammelbezeichnungen, welche sich durchaus als treffende Sachbegriffe eignen können (vgl hierzu BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt) - läßt sich dem Begriff "IT-ONE" keine aus sich heraus sinngebende Aussage entnehmen, die schlagwortartig eine Merkmalsangabe oder sonstige konkrete Umstände in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen umschreibt. Dem Freihaltebedürfnis unterfallen aber nur hinreichend konkrete beschreibende Angaben (vgl zur ständige Rspr des BGH vgl zB MarkenG 2001, 209, 211 - Test it - Eindeutigkeit fordernd).

Selbst wenn man der angemeldeten Bezeichnung jedoch im Zusammenhang mit einzelnen von der Anmelderin beanspruchten Waren oder Dienstleistungen einen derartigen, unmißverständlich beschreibenden Sinngehalt im Sinne von "Nummer Eins im Bereich der Informationstechnologie" zuordnen könnte, stünde dies einer Eintragung nicht zwingend entgegen, da die gewählte Sprachform ungewöhnlich und deshalb geeignet ist, kennzeichnend zu wirken. Hiermit korrespondiert, daß die konkret beanspruchte Gesamtbezeichnung nicht nur für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke maßgebend ist (vgl auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 142 auf die "konkrete Eigenprägung des Gesamtausdrucks" hinweisend), sondern daß - wie die Anmelderin bereits ausgeführt hat - die angemeldete Bezeichnung auch nur insoweit Schutz genießt und deshalb andere Mitbewerber nicht an der (beschreibenden) Verwendung einzelner Wortelemente oder inhaltsgleicher Angaben in anderer Form gehindert sind (vgl auch HABM MarkenR 2000, 296, 299, Ziff 22 - MEGATOURS).

Der angemeldeten Bezeichnung kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren oder Dienstleistungen gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, wobei grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist. Insbesondere liegt die Annahme fehlender Unterscheidungskraft eher fern, wenn es sich - wie hier - bei der Gesamtbezeichnung nicht um einen allgemein gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten fremden Sprache handelt, sondern um eine in eher ungewöhnlicher Sprachform gebildete, interpretationsbedürftig oder mehrdeutig bleibende Wortneuschöpfung (vgl BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION), für die deshalb auch aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise der Eindruck eines beschreibenden Begriffsgehalts nicht deutlich im Vordergrund steht (vgl auch EuG MarkenR 2001, 181, 183 Ziff 31 - EASYBANK - zu Art 7 Abs 1 Buchst c MV; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 51). Es ist deshalb auch hier davon auszugehen, daß der Verkehr "IT-ONE" als eine betriebsbezogene Information auffassen wird und der angemeldeten Bezeichnung nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist, ohne daß es eines weiteren Phantasieüberschusses oder sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder Besonderheiten bedürfte (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst c GMV EuG MarkenR 2001, 181, 184 Ziff 39 und Ziff 40 - EASYBANK).

Auf die Beschwerde der Anmelderin war deshalb der angefochtene Beschluß aufzuheben.

Kliems Brandt Engels Pü






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2001
Az: 25 W (pat) 48/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/137015c8d635/BPatG_Beschluss_vom_28-Juni-2001_Az_25-W-pat-48-01




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