Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 23. Juni 2015
Aktenzeichen: 5 Ta 61/15

(LAG Hamm: Beschluss v. 23.06.2015, Az.: 5 Ta 61/15)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 06.11.2014 AZ: 2 Ca 313/14 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I. Die Klägerin hatte am 31.01.2014 Kündigungsschutzklage erhoben und hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten beantragt. Unter dem 25.03.2014 wurde ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und die mit weiterem Beschluss vom 26.06.2014 auf weitere Anträge erweitert.

Nachdem die Parteien im Rahmen des Vergleiches zur Beendigung des Rechtsstreites eine Abfindung in Höhe von 7500,00 € brutto vereinbart hatten, teilte das Arbeitsgericht im Rahmen einer Nachprüfung mit Schreiben vom 04.09.2015 mit, dass beabsichtigt ist, sie in Höhe von 2.888,00 € an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen. In diesem wurde auch explizit darauf hingewiesen, dass sich die Beiordnung des Rechtsanwaltes auch auf das Nachprüfungsverfahren erstreckt. In dem parallel am 16.09.2014 an den Prozessbevollmächtigten zugestellten Schreiben wurde auch darauf verwiesen, dass Zustellungen nur an ihn erfolgen. Nachdem keinerlei Stellungnahme einging, erfolgte mit Beschluss vom 06.11.2014 die entsprechende Festsetzung. Dieser Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten am 06.11.2014 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss legte die Klägerin mit am 29.12.2014 eingehendem Schreiben sofortige Beschwerde ein.

Vorausgegangen war die Übersendung des Zahlungsplanes, welche zuerst unter der dem Gericht aus dem Verfahren bekannten Adresse erfolgte. Nachdem dieses Schreiben an das Gericht mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurückgesandt wurde, erfragte das Gericht bei dem Prozessbevollmächtigten die aktuelle Adresse, welche mit Fax vom 26.11.2014 mit "T-Straße 1, 12345 C" mitgeteilt wurde. Unter dieser Adresse hat der Zahlungsplan vom 16.12.2014 die Klägerin erreicht.

Nachdem der Beschwerde wegen verspäteter Einlegung nicht abgeholfen wurde, legte das Arbeitsgericht den Sachverhalt der Beschwerdekammer vor.

II. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschuss des Arbeitsgerichtes Siegen ist unzulässig nach den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff ZPO, da die einmonatige Notfrist gem. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht gewahrt ist.

Nach § 127 Abs. 2 Satz 3 iVm. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren binnen eines Monats einzulegen. Diese Frist beginnt nicht mit der Zustellung bei dem Antragsteller, sondern mit der Zustellung an den im Prozesskostenhilfeverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten.

Nach § 172 Abs. 1 ZPO hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, um wirksam zu sein. Diese Regelung findet sich in Titel 2 des 1. Buches der ZPO "Allgemeine Vorschriften€ und gilt damit für alle Zustellungen nach der ZPO und somit auch im Prozesskostenhilfeverfahren, das seinerseits in §§ 114 ff. ZPO geregelt ist.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte auch für das Prozesskostenhilfeverfahren bevollmächtigt ist. Davon ist auszugehen, wenn der Prozesskostenhilfeantrag nicht durch die Partei, sondern durch den Prozessbevollmächtigten gestellt worden ist. (BAG, Beschluss v. 19.07.2006, 3 AZB18/06, - juris - ) Dies ist vorliegend der Fall.

Dass das Nachprüfungsverfahren ebenfalls über den beigeordneten Prozessbevollmächtigten erfolgt war sowohl der Klägerin als auch dem Prozessbevollmächtigten spätestens seit dem Schreiben des Gerichts vom 04.09.2014 bekannt, sollte dem Prozessbevollmächtigten eigentlich aber ohnehin bekannt sein, da es der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des LAG Hamm entspricht (LAG Hamm, Beschluss v. 28.05.2014, 5 Ta 275/14, n.v.; Beschluss v. 20.11.2013, 14 Ta 64/14, juris; Beschluss v. 05.07.2013, 5 Ta 254/13; n.v.) sowie im Übrigen auch der der Zivilgerichtsbarkeit allgemein (BGH, Beschl. v. 08.12.2010, XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 unter Darstellung der gegensätzlichen Meinungen; so auch im Anschluss BGH, Beschl. v. 08.09.2011, VII ZB 63/10, MDR 2011, 1314).

Die Zustellungen sind daher über den Prozessbevollmächtigten wirksam erfolgt. Es oblag diesem, dafür Sorge zu tragen, seine Partei über die ergangenen Entscheidungen und die einzuleitenden Schritte zu informieren. Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 19.03.2015 die Auffassung vertreten hat, die Schreiben seien nicht wirksam zugestellt worden, da sie sie aufgrund einer Anschriftenänderung nicht erreicht hätten, greift dies nach dem oben Gesagten nicht durch. Soweit der Klägervertreter mit Schreiben vom 16.06.2015 ausgeführt hat, die Adresse der Klägerin sei dort offenkundig auch nicht bekannt gewesen, hätte es zum einen dem Prozessbevollmächtigten oblegen, diese zu ermitteln (LAG Hamm, Beschl. v. 13.03.2014, 5 Ta 55/14, n.v.) zum anderen war diesem aber die Adresse offensichtlich bereits am 26.11.2014 bekannt, zu einem Zeitpunkt also, als die Rechtsmittelfrist noch lange lief, da er sie zu diesem Zeitpunkt selbst dem Arbeitsgericht mitgeteilt hatte. Zudem sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin gem. § 120 a Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. dazu verpflichtet ist, dem Gericht eine Änderung der Adresse mitzuteilen, was nicht geschehen ist. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass eine Rücksendung des Schreiben vom 04.09.2014 sowie die Beschlussabschrift nicht als unzustellbar zurückgesandt wurden und die Klägerin das Datum ihres Umzuges auch nicht mitgeteilt hat, so dass auch ein direkter Erhalt der Schreiben vom Gericht angenommen wird, worauf es aber, wie oben ausgeführt, nicht ankommt.

Das Mandat selbst war, wie oben ausgeführt, bezüglich der Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht beendet. Es war auch nicht niedergelegt, hätte auch wirksam nicht niedergelegt werden können, da dieses erst dann endet, wenn der Prozessbevollmächtigte vom Gericht gem. § 48Abs. 2 BRAO entpflichtet wird, wofür es wichtiger Gründe bedarf (hierzu zuletzt auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.08.2011, 1 Ta 127/11, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.06.2010, 1 Ta 99/10, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.07. 2007, 8 Ta 177/07, juris; im Übrigen siehe nur OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2006, 16 WF 123/06, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.11.200, 3 W 260/03, 3 W 260/03 - 8, juris; OLG Schleswig, Beschluss vom 1. 7. 1960 - 7 W 180/60, NJW 61, 131).

Wenn die Klägerin im Innenverhältnis des Mandatsverhältnisses tatsächlich keine weitere Vertretung durch ihren Prozessbevollmächtigten gewünscht haben sollte, geht dies zu ihren Lasten, insbesondere dann, wenn diese weder dem Gericht gegenüber auch nur mitgeteilt wird noch die dann daraus umso mehr resultierenden Verpflichtungen zur Mitteilung der neuen Anschrift beachtet werden.

Ein Widereinsetzungsantrag ist nicht gestellt, Wiedereinsetzungsgründe auch im Hinblick auf die obigen Ausführungen nicht ersichtlich.

Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht gegeben.






LAG Hamm:
Beschluss v. 23.06.2015
Az: 5 Ta 61/15


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