Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juni 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 74/02

(BPatG: Beschluss v. 10.06.2003, Az.: 24 W (pat) 74/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Mai 2000 und vom 15. Januar 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Parfümeriewaren; ätherische Öle" zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Probiotic Cosmeticssoll für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarpflege- und Behandlungsmittel, Haarwässer; nichtmedizinische Mundwässer, Zahnpasten und Zahnpflegemittel"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung zunächst durch einen Beamten des gehobenen Dienstes in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Erinnerung gegen diesen Beschluß führte zu dessen teilweiser Aufhebung hinsichtlich der Zurückweisung der Anmeldung für die Waren "Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel"; im übrigen wurde die Erinnerung zurückgewiesen. Die teilweise Zurückweisung der Anmeldung wird damit begründet, dem deutschen Verkehr seien die Bezeichnungen "probiotisch" oder "Probiotik", die annähernd mit dem englischen Wort "probiotic" der Anmeldung identisch seien, bekannt und würden auf dem Nahrungsmittel- und Arzneimittelsektor beschreibend verwendet. Der durchschnittlich informierte und aufmerksame Durchschnittsverbraucher wisse, daß probiotische Produkte bestimmte Milchsäurebakterien enthielten, die sich positiv auf die Verdauung und allgemein gesundheitsfördernd auswirkten. Da Milchsäurebakterien auch im Bereich der Kosmetik als Bestandteil vieler Hautcremes, Gesichtswässer und Haarpflegemittel eine große Rolle spielten und Bestandteil des Säureschutzmantels der Haut seien, beschreibe die angemeldete Marke unmittelbar verständlich, die Art der Produkte und deren Beschaffenheit (Inhaltsstoff: probiotisch wirkende Milchsäurebakterien).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur deren Begründung wird vorgetragen, die angemeldete Wortfolge sei weder lexikalisch noch im Internet nachweisbar und darum neuartig und phantasievoll. Der Begriff "probiotic" bzw. der entsprechende deutsche Begriff sei für die Waren der Anmeldung nicht beschreibend, denn der Begriff der "Probiotika" bezeichne Lebensmittel, insbesondere Sauermilchprodukte, denen lebende Mikroorganismen zugesetzt würden, die durch ihre positive Beeinflussung der Darmflora gesundheitsfördernd wirkten, stelle also kein Synonym für "Milchsäurebakterien" dar. Der Begriff der "Probiotika" werde ausschließlich für die Darmflora anregende Milchsäurebakterien verwendet. Aus diesem Grund sei das Adjektiv "probiotic" für Kosmetika - anders als für Nahrungsmittel und Arzneimittel - nicht beschreibend. Es bestehe deshalb auch kein berechtigtes Interesse der Mitbewerber der Anmelderin am ungehinderten beschreibenden Gebrauch dieses Wortes in Verbindung mit den angemeldeten Waren. Im übrigen seien zahlreiche vergleichbare Wortmarken eingetragen worden.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf eine Internet-Recherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nur teilweise begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2, § 37 Abs. 1 MarkenG teilweise von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie zur Beschreibung der Waren der Anmeldung mit Ausnahme von "Parfümeriewaren; ätherische Öle" dienen kann.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH MarkenR 2000, 420 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; BGH GRUR 1999, 988, 989 "HOUSE OF BLUES"; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 "FOR YOU"). Dies ist hier teilweise der Fall. Die hier angemeldete Wortfolge ist - wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat - mit "probiotische Kosmetik" bzw. "probiotische Kosmetika" zu übersetzen. Zwar ist der Anmelderin zuzustimmen, daß die deutschen Wörter "probiotisch" und "Probiotika" praktisch nur in Verbindung mit Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln oder Arzneimitteln nachweisbar sind. Die Definition dieses Begriffs in deutschen Nachschlagewerken bezieht sich lediglich auf Bakterien, die eine gesündere Verdauung gewährleisten (vgl. etwa Wahrig, Deutsche Rechtschreibung, Stichwort "probiotisch"). Jedoch ist die Bedeutung der angemeldeten englischsprachigen Wortfolge wesentlich weiter. Wie die Recherche des Senats ergeben hat, existieren zahlreiche Fundstellen im Internet aus dem englischsprachigen Ausland, die sich mit kosmetischen Produkten beschäftigen, welche Mikroorganismen enthalten und als "probiotic" oder "probiotics" bezeichnet werden. In Veröffentlichungen wird auf die wohltuende Wirkung von "probiotics" auf Haut und Schleimhäute hingewiesen. Solche Produkte werden als Mittel zur Körper- und Schönheitspflege im weitesten Sinn eingesetzt. So wird etwa im Internet ein "probiotic skincare mask system", d.h. ein System von probiotischen Masken zur Hautpflege (vgl. Natren Skin Care Trends by T. Mischang; epicuren Bulgaricum Home Mask) angeboten. Weiterhin gibt es z.B. probiotische Gesichtscremes (probiotic face cream), eine probiotische Mischung zur täglichen Haut- und Gesichtsreinigung (PROBIOTICS NEW ZEALAND Natascha's Pro-Biotic Daily Cleansing Preparation; Dental Health Store Probiotic Skin Products, Probiotic Cleaning Solution). Da sich die in den probiotischen Kosmetika enthaltenen Mikroorganismen - hauptsächlich bestimmte Milchsäurebakterien - bevorzugt auf Schleimhäuten ansiedeln und dort eine große Bedeutung für die Abwehr schädlicher Mikroorganismen haben, sind auch probiotische Mundwässer, Zahnpasten und Zahnpflegemittel (Probiotic Mouthwash, Probiotic Toothpowder) im Handel (Dental Health Store Probiotic Oral Hygiene). In Verbindung mit Seifen oder Haarpflegemitteln ist eine Verwendung von "probiotic" zwar noch nicht nachweisbar. Angesichts der hautfreundlichen Wirkungsweise und der jetzt schon verbreiteten Verwendung solcher Produkte zur Reinigung und Pflege auch empfindlicher Hautpartien oder der sensiblen Mundschleimhäute bietet sich jedoch die Verwendung probiotischer Substanzen auch für Seifen und Haarpflegemittel an. Die Eignung zur beschreibenden Verwendung der angemeldeten Wortfolge "probiotic cosmetics" für die inländischen Verkehrskreise ist trotz des engeren Bedeutungsinhalts des deutschen Wortes "probiotisch" hinreichend konkret ersichtlich. Erstens handelt es sich bei der englischen Sprache um eine Welthandelssprache, die im Geschäftsverkehr insbesondere zur Beschreibung und in der Werbung bei der Einführung neuer Produkte aus dem fremdsprachigen Sprachraum stammender Waren auch in Deutschland häufig verwendet wird. Zweitens sind durch die Möglichkeiten neuzeitlicher Telekommunikation, wie durch das Internet, Informationen über Produkte, die in aller Regel in der international am stärksten verbreiteten Sprache Englisch vorliegen, weltweit verfügbar. So können Angebote ausländischer Firmen in Internetshops, die meist auch englischsprachige Seiten enthalten, von praktisch jedem Internetnutzer auf der Welt - also auch von Kunden aus Deutschland - abgefragt und die angebotenen Produkte bestellt werden.

2. Ob der angemeldeten Wortfolge auch die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, was wegen der engeren deutschen Bedeutung von "probiotisch" zweifelhaft sein könnte, kann dahingestellt bleiben, weil der Eintragung im oben genannten Umfang bereits § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

3. Für die Waren "Parfümeriewaren; ätherische Öle" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke jedoch weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Marke stellt insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine Eigenschaft der Waren dar. Bei Parfümeriewaren und ätherischen Ölen steht im allgemeinen die Duftwirkung, nicht die pflegende Wirkung im Vordergrund. Auch enthalten Parfümeriewaren in aller Regel Lösungsmittel, die die für die probiotische Wirkung verantwortlichen Mikroorganismen abtöten würden. Dies gilt in entsprechender Weise auch für ätherische Öle.

Ströbele Hacker Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 10.06.2003
Az: 24 W (pat) 74/02


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