Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 27. Oktober 2011
Aktenzeichen: 1 K 8589/09

(VG Köln: Urteil v. 27.10.2011, Az.: 1 K 8589/09)

Tenor

Der Bescheid der Bundesnetzagentur vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2009 wird aufgehoben, soweit dieser die Lizenzurkunde Nr. 00000000 betrifft.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin - die D. U. GmbH (HRB 00000, AG G. /N. ) - war Inhaberin von zwei Telekommunikationslizenzen (Nr. 00000000 vom 19. Dezember 2002 sowie 0000000 vom 17. März 1997 nebst Ànderungsbescheid 00000000 vom 20. August 1998). Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde mit Eintragung in das Handelsregister am 01. Oktober 2008 auf die D. U. I. GmbH (HRB 00000, Amtsgericht G. /N. ) verschmolzen und im Handelsregister gelöscht. Dem lag ein notarieller Vertrag vom 01. August 2008 zugrunde, der zwischen der früheren D. U1. GmbH, der D. U. F. Ltd. und der D. U. I. GmbH geschlossen wurde (Notar Dr. T. aus G. /N. , Urkunde 000/2008). Die D. U. F. hielt damals alle Geschäftsanteile der D. U. I. GmbH, die ihrerseits alle Geschäftsanteile der D. U. GmbH hielt. Die D. U. GmbH erklärte, im Rahmen der Vermögensübernahme ihr Vermögen als Ganzes der I. zu übertragen. Da die I. alle Geschäftsanteile der GmbH besaß, erfolgten keine Gegenleistung oder Kapitalerhöhung der I. . Die D. U. I. GmbH wurde schließlich in die D. U. GmbH umfirmiert.

Mit Bescheid vom 11. November 2008 forderte die Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 52 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unter anderem auf, die drei Lizenzurkunden der Beklagten binnen einer Frist auszuhändigen und eine Meldung nach § 6 TKG vorzulegen, dass sie - die Klägerin - ihre meldepflichtige Tätigkeit beendet habe. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit der Verschmelzung der früheren D. U1. GmbH auf die D. U. I. GmbH und der anschließenden Umfirmierung in die D. U. GmbH die vorhandenen Lizenzen erloschen seien.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. November 2008 Widerspruch ein.

Am 02. Juni 2009 hat die Klägerin einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die ergangene Entscheidung gestellt, dem die Kammer mit Beschluss vom 26. Juni 2009 teilweise entsprochen hat (1 L 821/09). Im von der Beklagten angestrengten Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW - 13 B 1061/09), in dessen Folge die Beklagte ihre Beschwerde zurückgenommen hat.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 09. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung stellte sie sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, die ursprünglich vergebenen Wegerechte seien von der Klägerin nicht erworben worden. Die Rechtsnachfolge wegen Verschmelzung mit der Rechtsvorgängerin habe nicht zum Rechtsübergang geführt. Die Lizenz- und Wegerechtsübertragung habe sich im Sinne des § 43 Abs. 2 a.E. VwVfG mit Wegfall des Regelungssubjekts erledigt. Bei den Lizenzen handele es sich um ein personengebundenes Recht, das infolge der Verschmelzung erloschen sei. Nach § 8 Abs. 3 TKG 1996 sei die Erteilung einer Lizenz unter anderem davon abhängig gemacht worden, ob der Antragsteller Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde nachweisen könne. Die Lizenzerteilung sei daher an subjektive Zulassungsvoraussetzungen geknüpft gewesen, und bei verschmolzenen Unternehmen fehle es an der Identität mit dem früheren Lizenzinhaber.

Die Klägerin hat am 18. Dezember 2009 Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Ausgangsbescheides und des Widerspruchsbescheides verfolgt, soweit die Lizenzurkunde 98033103 betroffen ist.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren und trägt weiter vor, im Kern sei nur streitig, ob das nach altem Recht erteilte Wegerecht wie die Lizenz nach altem Recht (TKG 1996) übertragbar sei oder der Rechtsübergang nur nach neuem Recht (TKG 2004) zu bewerten sei. § 9 Abs. 2 TKG 1996 habe jede Art der Gesamtrechtsnachfolge umfasst, sodass im Rahmen der Verschmelzung Lizenz und Wegerecht hätten übergehen können. Nach § 150 Abs. 3 TKG 2004 blieben bestehende Wegerechte auch unter der Geltung des neuen Rechts erhalten. Da die erteilte Lizenz regele, dass ein Wechsel des Lizenznehmers nur anzuzeigen sei, führe eine Unterwerfung unter die aktuellen Regelungen zu einer Durchbrechung der Bestandskraft, ohne dass der alte Bescheid aufgehoben werde. Ihre Rechtsauffassung werde durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 150 Abs. 1 TKG gestützt (BVerwG 6 C 3.08 und BVerwG 6 C 14.05). Die fortgeltende Lizenz sei entsprechend den Erwägungen der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren auch verkehrsfähig. § 69 Abs. 3 TKG 2004 sei von der Beklagten unzutreffend angewendet worden. Die Norm sehe nicht die ihr von der Beklagten zugewiesene Rechtsfolge vor, zum Erlöschen des Wege- und Lizenzrechts zu führen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 11. November 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2009 aufzuheben, soweit dieser die Lizenzurkunde Nr. 00000000 betrifft.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Erwägungen, die aus ihrem Widerspruchsbescheid ersichtlich sind. Sie betont, dass durch die Verschmelzung der Rechtsvorgängerin auf die Klägerin das Wegerecht erloschen sei. § 20 UmwG sei kein hinreichender Tatbestand, der eine Gesamtrechtsnachfolge bewirke. Nicht übergangsfähig seien solche Rechte, die an subjektive Kriterien oder Eigenschaften geknüpft seien. Diese subjektiven Anknüpfungspunkte fänden ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass zunächst nur der konkret überprüfte Rechtsinhaber die Gewähr biete, die mit der Óbertragung des Rechts verfolgten Ziele und Zwecke zu gewährleisten. Das Wegerecht enthalte derartige Komponenten einer Personalkonzession und sei daher nicht übergangsfähig. Zudem bedürfe es neben der Óbergangsfähigkeit auch eines Rechtsnachfolgetatbestandes, an dem es fehle. Dies gelte auch für § 9 Abs. 2 TKG 1996. Daher sei Rechtsfolge der Verschmelzung, dass die an subjektive Eigenschaften der Wegerechtsinhaberin geknüpften Lizenzen erloschen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten der Verfahren 1 K 8589/09 und 1 L 821/09 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Bundesnetzagentur vom 11. November 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2009 ist - soweit über ihn zu entscheiden war - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Die Aufforderung zur Rückgabe der Urkunde Nr. 00000000 ist rechtswidrig. Sie ist auf § 52 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes - VwVfG - gestützt. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde die auf Grund eines Verwaltungsaktes erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern, wenn der zugrunde liegende Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen ist oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die Klägerin Inhaberin des in der Urkunde näher bezeichneten Wegerechts ist. Die Urkunde Nr. 00000000 war nach § 8 Abs. 1 TKG 1996 für die unter dem 19. Dezember 2002 erteilte Lizenz zum bundesweiten Betrieb von Óbertragungswegen nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1c) (Lizenzklasse 3), 8 Abs. 1 bis 3 und § 50 Abs. 2 TKG 1996 auszustellen. Obwohl die zugehörige Lizenz mit dem In-Kraft-Treten des derzeit geltenden Telekommunikationsgesetzes erloschen ist (§ 152 Abs. 2 TKG 2004), hat das mit der Urkunde zugleich verliehene Wegerecht, das die Beklagte nicht zurückgenommen oder widerrufen hat, nach der Óbergangsvorschrift des § 150 Abs. 3 TKG 2004 weiterhin Bestand.

Ursprünglich wurde der früheren D. U. GmbH die bereits benannte Lizenz nach den §§ 6 und 8 TKG 1996 erteilt. Entsprechend dem dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahren wurde mit dieser Lizenz nach der Lizenzklasse 3 (Nr. 00000000) auch das dem Bund nach § 50 Abs. 1 TKG 1996 zustehende Wegerecht nach § 50 Abs. 2 TKG 1996 auf die frühere D. U. GmbH übertragen (vgl. Ziffer 2 der Lizenzurkunde). Mit dem In-Kraft-Treten des TKG 2004 erloschen die Lizenzen mit dem Wegfall des Lizenzregimes, während das im Verfahren nach § 8 TGK 1996 übertragene Wegerecht der früheren D. U. GmbH nach § 150 Abs. 3 TKG 2004 erhalten blieb, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig geworden ist.

Dieses Wegerecht ist anlässlich der Verschmelzung der früheren D. U. GmbH mit der D. U. I. GmbH aufgrund des notariellen Vertrags vom 01. August 2008 (Notar Dr. T. , Urkunde 000/2008) und der Eintragung dieses Vorgangs in das Handelsregister am 01. Oktober 2008 (HRB 00000, Amtsgericht G. /N. ) nicht erloschen und an die Bundesrepublik Deutschland zurückgefallen.

Die Verschmelzung der Gesellschaften erfolgte gemäß der notariellen Vereinbarung, wobei die frühere Rechtsinhaberin unter Óbertragung ihres Vermögens auf die aufnehmende Gesellschaft aufgelöst werden sollte (vgl. § 2 Nr. 1 Umwandlungsgesetz - UmwG -). Mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister ging das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; zugleich erlosch die frühere D. U. GmbH, § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Grundsätzlich konnte damit auch das Wegerecht als Teil des Vermögens der früheren D. U. GmbH auf die neue D. U. I. übergehen.

Gleiches gilt, wenn man wegen des Rechtsübergang auf das Telekommunikationsrecht abstellt. Nach den aktuell geltenden Vorschriften ist allerdings im Fall der Verschmelzung des Rechtsinhabers mit einer aufnehmenden Gesellschaft (§§ 4, 46 ff. UmwG) kein Óbergang des Wegerechts möglich, weil eine Óbertragung nur noch bei identitätswahrender Umwandlung zulässig ist, § 69 Abs. 3 TKG 2004. Eine solche identitätswahrende Umwandlung ist in der Regel nur bei Rechtsformwechseln nach den §§ 190 ff. UmwG anzunehmen, also nicht in dem hier zu entscheidenden Fall einer Verschmelzung von mehreren Rechtsträgern. Die Regelungen des § 69 TKG 2004 finden allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten keine Anwendung, weil die Óbertragung des Wegerechts nach § 9 TKG 1996 zu beurteilen ist.

Nach § 9 Abs. 1 TKG 1996 bedurfte die Óbertragung der Lizenz unter anderem der Schriftform und der vorherigen schriftlichen Genehmigung der Regulierungsbehörde, die insbesondere aus den Gründen des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 TKG 1996 versagt werden konnte. Wurde die Lizenz nicht übertragen, sondern erfolgten ein anderweitiger Óbergang der Lizenz auf einen neuen Inhaber, ein Wechsel der Eigentumsverhältnisse beim Lizenznehmer oder eine Óberlassung der Lizenz, war dies der Regulierungsbehörde nur unverzüglich anzuzeigen, Abs. 2 der Vorschrift. Unter dem anderweitigen Óbergang im Sinne des Gesetzes ist die nicht rechtsgeschäftliche Óbertragung (vgl. § 9 Abs. 1 TKG 1996) des Rechts gemeint, also etwa der gesetzliche Óbergang eines Rechts. Neben der von dem Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung beispielhaft gemeinten Gesamtrechtsnachfolge gemäß den erbrechtlichen Vorschriften ist davon auch die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge erfasst, wie sie etwa bei der Vermögensübernahme und der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz eintritt,

vgl. BT-Drs. 13/3609, Seite 39; Manssen, in: Telekommunikations- und Medienrecht, Kommentar Band 1, Stand August 2008, § 9 Rz. 9; Mayen, in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, Kommentar, 1. Aufl. 2002, § 9 Rz. 39f. ders., Óbergang und Rechtsnachfolge bei Lizenzen nach dem Telekommunikationsgesetz, CR 1999, 690; Schütz, in: Beck´scher TKG-Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 15, 16.

Weiterer spezieller telekommunikationsrechtlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen bedarf der Óbergang nicht, sodass die Klägerin über das Wegerecht verfügt. Die mögliche Prüfung der Behörde, ob der nunmehrige Rechtsinhaber etwa die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt und damit ein Widerrufsgrund vorliegt (§ 15 Nr. 2 TKG 1996), steht dem Rechtsübergang nicht entgegen.

§ 9 TKG 1996 findet mit den vorgenannten Rechtsfolgen nach § 150 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 und unter Berücksichtigung allgemeiner Rechtsgrundsätze Anwendung. Die Óbergangsvorschrift bestimmt, dass die nach § 8 TKG 1996 erteilten Wegerechte wirksam bleiben. Gemeint sind die Wegerechte, die nach dem früheren Lizenzregime gemeinsam mit der Lizenz vergeben worden sind und die nach den damaligen Regelungen ohne eine Lizenz regelmäßig nicht vergeben werden konnten (§ 50 Abs. 2 TKG 1996). Was allerdings unter der Fortgeltung des Wegerechts nach den §§ 8, 50 TKG 1996 zu verstehen ist, regelt die Óbergangsvorschrift nicht ausdrücklich. Insbesondere wird nicht geklärt, ob das Wegerecht entsprechend den früheren Bestimmungen beschränkt verkehrsfähig bleiben kann (§ 9 TKG 1996) oder nach den seit 2004 geltenden Vorschriften nicht (§ 69 TKG 2004) verkehrsfähig und letztlich ein Wegerecht nach den §§ 68 ff. TKG 2004 ist.

Der Gesetzgeber ging bei der Formulierung des geltenden Telekommunikationsgesetzes davon aus, dass die bisher im Zusammenhang mit den Lizenzen erteilten Wegerechte (§ 8 TKG 1996) mit den novellierten Bestimmungen vereinbar seien. Artikel 17 Abs. 1 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) - ABl. EG Nr. L 108 vom 24. April 2002 Seite 21 -, der eine Anpassung an europarechtliche Vorgaben verlangt habe, werde damit entsprochen. Eine erneute Beantragung und Zuteilung der entsprechenden Nutzungsrechte nach den novellierten Vorschriften sollte deshalb auch zur Vermeidung zusätzlichen bürokratischen Aufwands entfallen,

vgl. BT-Drs. 15/2316, Seite 107 zu § 148 TKG.

Ferner sind die Vorschriften, die das frühere und das derzeitige Wegerecht definieren, nahezu wortgleich gefasst (§ 50 Abs. 1 TKG 1996/§ 68 Abs. 1 TKG 2004). Hinsichtlich des alten Wegerechts sind allerdings inhaltliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Der Bund hatte sich durch die Óbertragung des Wegerechts auf Lizenznehmer alten Rechts des eigenen Wegerechts in einem weitergehenden Umfang begeben, als dies nach geltendem Recht der Fall ist. Zu der Lizenz und dem dazu übertragenen Wegerecht gehörte die Befugnis des Lizenzinhabers, die Rechte nach Maßgabe des § 9 TKG 1996 weiterveräußern zu dürfen oder anderweitig zu übertragen. Die an die Zuverlässigkeit des Unternehmers geknüpfte Lizenzvergabe (§§ 8 Abs. 3, 15 TKG 1996) stand einer Óbertragbarkeit der Lizenz zwar grundsätzlich entgegen. Gleichwohl hatte sich der Gesetzgeber entschieden, die Lizenz unter den Voraussetzungen des § 9 TKG 1996 verkehrsfähig zu gestalten. Die Lizenz war also trotz ihrer Personengebundenheit übertragbar, soweit eine Genehmigung der rechtsgeschäftlichen Óbertragung erteilt wurde (§ 9 Abs. 1 TKG 1996) oder ein anderweitiger Óbergangstatbestand (Óbergang oder Óberlassung, § 9 Abs. 2 TKG 1996) erfüllt und der Óbergang angezeigt war. Die Anknüpfung des § 9 Abs. 2 TKG 1996 an die Gesamtrechtsnachfolge gemäß den erbrechtlichen Vorschriften und an die gesellschaftsrechtliche Nachfolge verdeutlicht, dass das übertragene Wegerecht nicht mehr dem Bund, sondern dem Lizenznehmer sowie den legitimen Rechtsnachfolgern zusteht und nur im Fall der Unzuverlässigkeit entzogen werden konnte (§§ 9 und 15 TKG 1996).

Das von dem Gesetzgeber verfolgte Ziel, eine erneute Beantragung und Zuteilung der Nutzungsrechte auch zur Vermeidung zusätzlichen bürokratischen Aufwands entbehrlich zu machen sowie die sonstigen im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründungen gehen demgegenüber nicht auf die Frage ein, ob in Anlehnung an die zu § 150 Abs. 1 TKG 2004 später entwickelten Grundsätze,

vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 25. März 2009 - 6 C 3.08 - Rz. 22 m.w.N., zit. nach juris,

auch Vorschriften fortgelten, die das übergegangene Wegerecht inhaltlich näher bestimmen. Dafür spricht jedoch aus systematischen Gründen, dass das Wegerecht dem Berechtigten - wie hier - bestandskräftig erteilt worden ist und es gemäß den Bestimmungen des damals geltenden TKG als übertragbar galt (vgl. u.a. Ziffer 1.1. des ergangenen Bescheides i.V.m. Ziffer 3.1 der Nebenbestimmungen). Daran hat die Neuregelung des Telekommunikationsrechts nichts geändert, weil gesetzliche Ànderungen nicht grundsätzlich zur Folge haben, dass bestandskräftig verliehene Rechte erlöschen. Wie sich etwa aus § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ergibt, verlieren Verwaltungsakte ihre Wirksamkeit in derartigen Fällen auch dann nicht, wenn sie nach einer Rechtsänderung nicht mehr mit dem geltenden Recht übereinstimmen. Der regelmäßige Schutz des Berechtigten geht in diesen Fällen sogar weiter, weil bestandskräftige begünstigende Verwaltungsakte nur für die Zukunft und unter mehreren Vorbedingungen widerrufen werden können. Anderes gilt, wenn das neue Recht ausdrücklich oder seinem Sinn und Zweck nach etwas anderes bestimmt, vorliegend also etwa das Lizenzregime mit der Neufassung des Telekommunikationsrechts wegfällt.

Das früher erteilte Wegerecht ist anders als die weggefallenen Lizenzen bewertet worden. Insoweit ist der Gesetzgeber zu Recht von einer weitgehenden Gleichheit des alten und des neuen Regelwerks ausgegangen, sodass nicht angenommen werden darf, das neue Recht stehe dem Fortbestand bisher erteilter Wegerechte entgegen. Dagegen spricht auch, dass die Bundesrepublik Deutschland in der Vergangenheit Lizenzen nebst Wegerechten in der Erwartung erteilt hat, der Berechtigte werde sehr langfristig von diesen Rechten Gebrauch machen. Nach § 16 TKG 1996 war eine Lizenzgebühr zu entrichten. Die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung vom 28. Juli 1997 (BGBl I S. 1936), nach der bei der Erteilung von Lizenzen der Klassen 3 und 4 in die Berechnung der Gebühren neben dem Verwaltungsaufwand für die Lizenzerteilung auch der Aufwand für die Verwaltung der Lizenzrechte und für die Kontrolle der Einhaltung der Lizenzpflichten einfloss, sah eine Vorauserhebung von Verwaltungskosten vor, die in den folgenden 30 Jahren erwartet wurden. Dies entsprach der angenommenen durchschnittlichen Laufzeit der Lizenzen und führte konkret zu Gebühren, die im Einzelfall weit über 10 Millionen Deutsche Mark betragen konnten,

vgl. dazu auch: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 1 BvR 943/07 - NVwZ 2008, 550.

Diese letztlich nichtigen Vorschriften,

vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2001 - 6 C 13.00 - BVerwGE 115, 125,

fanden auf die Lizenz der Klägerin zwar keine Anwendung mehr, weil die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung mit Wirkung zum 14. September 2002 aufgehoben worden ist (BGBl. I S. 3542). Das bis dahin geltende Regelwerk bringt aber zum Ausdruck, dass der Lizenznehmer und Wegerechtsinhaber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bislang auf unabsehbare Zeit berechtigt sein sollte, über das Recht zu verfügen und es im Rahmen des § 9 TKG 1996 gegebenenfalls zu veräußern (§ 9 Abs. 1 TKG 1996) oder anderweitig darüber zu verfügen (§ 9 Abs. 2 TKG 1996).

Vor diesem Hintergrund hätte es im Rahmen der Neufassung des Gesetzestextes einer Klarstellung oder einer anderen Óbergangsregelung bedurft, wenn die bestandskräftig vergebenen Wegerechte künftig nicht mehr im Rahmen des § 9 TKG 1996 beschränkt verkehrsfähig sein sollten. Dass nach bisherigem Recht verliehene Wegerechte (nur) als nach § 69 TKG 2004 übertragene Wegerechte fortgelten sollten, hat der Gesetzgeber nicht formuliert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung konnte entsprechend der Anregung der Beklagten wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zugelassen werden. Die Kammer ist insoweit nach den §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 VwGO nur beschränkt zur Zulassung befugt. Ein in Betracht kommender Fall grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder die Abweichung von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) sind vorliegend nicht anzunehmen.






VG Köln:
Urteil v. 27.10.2011
Az: 1 K 8589/09


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