Landgericht Köln:
Urteil vom 22. Oktober 2008
Aktenzeichen: 20 O 186/08

(LG Köln: Urteil v. 22.10.2008, Az.: 20 O 186/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils beigetriebenen Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten auf Basis deren ARB 94 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung geltend.

Im Jahre 2007 beauftragte der Kläger die Rechtsanwälte R und Partner in X mit der zunächst außergerichtlichen Geltendmachung von Arzthaftungsansprüchen gegen einen niedergelassenen Arzt sowie gegen zwei Kliniken in E und T, bei denen seine kürzlich an den Folgen eines nicht rechtzeitig erkannten Aneurysmas verstorbene Ehefrau in ärztlicher Behandlung war.

Hierbei stimmte der Kläger einer Abwicklung der Honorarforderungen der Sozietät R über die deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle zu. Letztere arbeitet mit der in N ansässigen G GmbH zusammen, die sich anwaltliche Honoraransprüche abtreten lässt, den Rechnungsbetrag an den beteiligten Rechtsanwalt ausgleicht und dessen Mandanten direkt in Anspruch nimmt.

Der Kläger ließ die geltend zu machenden Arzthaftungsansprüche in der Folgezeit mit 93.844,80 € beziffern, wobei sich die Forderung aus einem Schmerzensgeld von 40.000,-- €, einem angeblichen Haushaltsführungsschaden von 45.844,80 € sowie den mit 8.000,-- € bezifferten Beerdigungkosten zusammensetzte.

Die Rechtsanwälte R erstellten, nach Anspruchsgegnern getrennt, bezogen auf den vorgenannten Gegenstandswert drei Honorarrechnungen über die Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG nebst der Auslagenpauschale. In Bezug auf den Hausarzt und die Universitätsklinik in E war ein Gebührenrahmen von 1,5 zugrunde gelegt, während der Gebührenrahmen im Hinblick auf das Klinikum T mit 2,5 bemessen war, sodass sich zwei Honorarnoten über 2.303,25 € und eine weitere über 3.822,88 € ergaben.

Diese wurden nach Abtretung an die G GmbH von der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle gegenüber dem Kläger geltend gemacht.

Auf den Gesamtbetrag der drei Rechnungen von 8.429,38 € leistete die Beklagte 3.063,06 €, wobei sie den vom Kläger zugrunde gelegten Streitwert akzeptierte.

Gegenstand der Klage ist die Differenz zwischen der Zahlung der Beklagten einerseits und der Forderung der G GmbH andererseits.

Der Kläger hält die Beklagte für aus dem Versicherungsvertrag erstattungspflichtig. Er sei berechtigt, den Hausarzt sowie die beiden Kliniken getrennt in Anspruch zu nehmen, was auch eine getrennte Abrechnung der Angelegenheiten durch seine Rechtsanwälte zur Folge haben müsse, zumal nicht von einer gesamtschuldnerischen Haftung der behandelnden Ärzte bzw. Kliniken auszugehen sei. Die angesetzten Rahmengebühren seien zutreffend bemessen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Forderungen der G GmbH gemäß den Rechnungen der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG mit den Nummern 0001, 0002 und 0003 durch Zahlung restlicher 5366,32 € an die G GmbH, Kontonummer 000000 bei der Landesbank Z, BLZ 000 000 00 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält bereits die Abtretung der Gebührenforderung für unwirksam. Selbst wenn sich das nicht aus § 49 b BRAO ergebe, stehe einer wirksamen Abtretung jedenfalls das in § 17 Abs. 7 der bedungenen ARB 94 enthaltene Abtretungsverbot entgegen. Die Rechnungen der G GmbH überschritten die erforderlichen Kosten, denn die Rahmengebühren seien überhöht bemessen und es handele sich bei der Inanspruchnahme der behandelnden Ärzte und Kliniken um eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit, zumal die in Anspruch genommenen entgegen der Rechtsauffassung des Klägers im Falle ihrer Verurteilung sehr wohl gesamtschuldnerisch hafteten. Die getrennte Bearbeitung der Mandate gegen die drei potentiellen Schuldner verstoße vor diesem Hintergrund zudem gegen die sich aus § 17 Abs. 5 c.) cc.) ARB 94 ergebende Obliegenheit zur Kostenminderung.

Wegen der näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von weiteren Forderungen der G GmbH aus §§ 1, 49 VVG, 1 ARB als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, denn die Beklagte hat ihre aufgrund des Rechtsschutzversicherungsvertrages für die außergerichtliche Tätigkeit der Rechtsanwälte R und Partner geschuldeten Leistungen bereits erfüllt.

Wegen der über den gezahlten Betrag hinausgehenden anwaltlichen Honorarforderung ist die Beklagte nämlich leistungsfrei gemäß §§ 17 Abs. 5 c.) cc.), Abs. 6 ARB 94, 6 Abs. 3 VVG a.F. .

Der Kläger hat gegen seine sich aus der vorgenannten Bedingung des Versicherungsvertrages ergebenden Pflicht zur Vermeidung unnötiger Kosten verstoßen, indem er gegen die behandelnden Ärzte bzw. Krankenhäuser getrennt vorgegangen ist, was sich folgerichtig in der getrennten Rechnungsstellung niedergeschlagen hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers haften sowohl der niedergelassene Arzt als auch Klinikärzte und ein behandelndes Krankenhaus bei einem ärztlichen Behandlungsfehler als Gesamtschuldner (OLG Schleswig, Urt. Vom 23.12.1998, Az.: 4 U 16/95; BGH VersR 1994, 102). Wer aber in einem Arzthaftungsprozess mehrere Gesamtschuldner getrennt in Anspruch nimmt, verstößt gegen die sich aus §§ 17 Abs. 5 c.) cc.) ARB 94 ergebende Obliegenheit zur Vermeidung unnötiger Kosten (vgl. OLG Celle, VersR 2007, 1122, 2. d.) der Entscheidungsgründe). Insbesondere spielt im Rahmen der Kostenminderungspflicht keine Rolle, dass die in Anspruch genommenen Ärzte und Kliniken die Ehefrau des Klägers zu unterschiedlichen Zeitpunkten behandelt haben und ihnen vor diesem Hintergrund unterschiedliche Behandlungsfehler zur Last fallen können. Denn der Kläger kann seinen Schaden insgesamt nur einmal verlangen und macht gegenüber allen drei in Anspruch genommenen die gleichen Schadenspositionen geltend. Kann ein Geschädigter seinen Schaden aber insgesamt nur einmal verlangen, so sind im Zuge einer gerichtlichen Inanspruchnahme die Prozesse gegen die jeweiligen Schuldner zu verbinden (OLG Celle, a.a.O.).

Soweit Gegenstand des hiesigen Verfahrens nur die Kosten für die außergerichtliche Inanspruchnahme sind und Anwaltskosten für die gerichtliche Geltendmachung der behandelnden Ärzte derzeit noch nicht verlangt werden, rechtfertigt das keine abweichende Bewertung. Die Interessenlage ist nämlich gleich gelagert. Überdies folgt aus der Tatsache, dass dem Kläger mehrere Gegeninteressenten gegenüberstehen, die gemeinsam verklagt werden können, dass auch im Rahmen der außergerichtlichen Tätigkeit nur eine Angelegenheit i.S. von § 15 RVG anzunehmen ist (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG 17. Auflage, § 15 Rdnr. 52).

Der damit anzunehmende Verstoß gegen die Obliegenheit, die Kosten gering zu halten, ist bedeutsam i.S. von § 17 Abs. 6 ARB 94, weil er sich auf die Leistungspflicht der Beklagten auswirkt. Das zu vermutende Verschulden seines Anwalts als seines Repräsentanten hat der Kläger sich entgegenhalten zu lassen. Jedoch erfasst bei einem Verstoß gegen die Kostenminderungsobliegenheit die Leistungsfreiheit nicht den gesamten Versicherungsfall, sondern nur diejenigen Beträge, die auf den konkreten Verstoß entfallen (vgl. Prölss/Martin, VVG 27. Auflage, § 15 ARB 75 Rdnr. 14 a. E. für die vergleichbare Situation bei der Abstimmungsobliegenheit).

Bleiben demnach die nach § 1 ARB 94 erforderlichen Kosten versichert und kann entsprechend den vorstehenden Ausführungen die Gebühr nur einmal verlangt werden, so erachtet die Kammer bei der Bemessung der Rahmengebühr gemäß § 14 RVG den Ansatz der Geschäftsgebühr mit 2,0 als erforderlich, aber auch ausreichend.

Hierbei hat sie auf der einen Seite berücksichtigt, dass dem Kläger drei Gegeninteressenten gegenüberstehen, was die anwaltliche Bearbeitung erschwert, zumal es sich bei der Aufarbeitung ärztlicher Behandlungsfehler um eine grundsätzlich komplizierte Materie handelt. Andererseits war jedoch zu erwägen, dass die vom Kläger beauftragte Anwältin auf dem Briefbogen der Rechtsanwälte R und Partner das Arzthaftungsrecht als ihren Tätigkeitsschwerpunkt angibt, was ihre anwaltliche Mühewaltung naturgemäß deutlich reduziert.

Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer zur Höhe der anzusetzenden Rahmengebühr ist im Prozess gegen den Rechtsschutzversicherer nicht einzuholen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG 17. Auflage, § 14 Rdnr. 36 a. E.).

Demnach berechnen sich die erforderlichen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte wie folgt:

1.) 2,0 Geschäftsgebühr 2300 VV RVG 2.554,-- € 2.) Auslagenpauschale 7002 VV RVG 20,-- € 3.) Umsatzsteuer 19 % 489,06 € 3.063,06 €

Dieser Betrag ist unstreitig von der Beklagten reguliert.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert:

bis 6.000,-- €






LG Köln:
Urteil v. 22.10.2008
Az: 20 O 186/08


Link zum Urteil:
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