Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 138/05

(BPatG: Beschluss v. 09.01.2007, Az.: 33 W (pat) 138/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 vom 22. September 2003 und 4. Oktober 2005 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 15. März 2001 die Wortmarke DIREKTE für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

Klasse 35:

Werbung, einschließlich Direktwerbung; Werbeberatung, Werbegestaltung; Media-Schaltungen, nämlich Schaltungen von Werbe- und Stellenanzeigen in Druck-, Bild-, oder Tonmedien; Marketing, einschließlich Direktmarketing und Telefon-Marketing; Marketingberatung, einschließlich Direktmarketingberatung; Entwicklung von Marketing-Konzepten; Marktforschung, Marktanalysen; Öffentlichkeitsarbeit; Unternehmensberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Absatzplanung und Absatzberatung; Sammlung, Erfassung, Verarbeitung, Verwaltung, Vermittlung und Vermietung von Adressen (soweit in Klasse 35), Kunden-Service und Call-Service, nämlich telefonische oder elektronische Beratung von Interessenten über Dienstleistungen anderer (soweit in Klasse 35); Erstellung von wirtschaftlichen Analysen, einschließlich bezüglich des Verbraucherverhaltens; gutachterliche Tätigkeit wirtschaftlicher Art; Organisation und Vermarktung von Datenbanken in wirtschaftlicher Hinsicht;

Klasse 36:

Versicherungswesen, einschließlich Vermittlung von Versicherungen; Finanzwesen, Finanzierungen, einschließlich Prozeßfinanzierung (soweit in Klasse 36 enthalten); Geldgeschäfte; Ausgabe von Kredit- und Versicherungskarten; Immobilienwesen;

Klasse 38:

Telekommunikation; einschließlich der Übermittlung von Daten, Informationen und Nachrichten aller Art, auch in elektronischer Form, sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit Telekommunikationsnetzen, Klasse 42:

Entwicklung, Erstellung, Weiterentwicklung und Wartung (Verbesserung und Aktualisierung) von Computerprogrammen, -programmsystemen, -programmbibliotheken und Datenbanken, sowie deren Vermietung und Überlassung in Form von besonderen Vertragsverhältnissen (lizenzweise Überlassung), vorgenannte Dienstleistungen insbesondere für die Adressenverarbeitung; Erstellen von EDV-Systemanalysen sowie Prüfung von EDV-Systemen; Aufnahme, Erfassung, Übertragung, Speicherung, Verarbeitung und/oder Wiedergabe von Nachrichten, Bildern, Texten, Sprache, Signalen und Daten (soweit in Klasse 42); technische Beratung, gutachterliche Tätigkeit, Dienstleistungen eines Ingenieurs und eines Programmierers, Dienstleistungen eines Datenbankbetreibers; Datenverarbeitung für andere, einschließlich Dienstleistungen eines Rechenzentrums sowie Anlegen und Initialisierung von Datenbanken; Vermietung von EDV-Anlagen, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie Erstellung von technischen Analysen, einschließlich bezüglich des Verbraucherverhaltens, technische Anwenderunterstützung und technische Einsatzplanung auf dem Gebiet der Informationstechnologie und anderer computerverwandter Technologien.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluss vom 22. September 2003 zurückgewiesen und diese Entscheidung im Erinnerungsbeschluss vom 4. Oktober 2005 bestätigt. Sie hat ausgeführt, dass es der angemeldeten Bezeichnung für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG an Unterscheidungskraft fehle. Zwar bedürfe die angemeldete Bezeichnung einer Ergänzung durch weitere Begriffe um als rein beschreibende Sachaussage aufgefasst zu werden. Aber diese notwendige Ergänzung dränge sich durch die jeweilige Kombination mit den hier in Rede stehenden Dienstleistungen auf. Beispielhaft wurde für "Versicherungen" auf eine Internetrecherche verwiesen, in der "direkte Versicherungen" aufgeführt waren, also solche, die unmittelbar ohne weitere Vermittlung z. B. über das Internet angeboten wurden. Eine solche Wortergänzung sei sprachüblich, da das Adjektiv in der weiblichen Form zu dem weiblichen Substantiv "Versicherung" passe. Insofern bestehe ein gewisser Unterscheid zu Eintragungen wie z. B. "DIREKTE LEBEN". Eine entsprechende sprachübliche und sinnvolle Ergänzung ließen praktisch alle angemeldeten Dienstleistungen zu. Der Verkehr werde daher in dem Wort "DIREKTE" im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen lediglich einen Sachhinweis auf die unmittelbare Erbringungsart sehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Diese beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Sie trägt vor, dass eine beschreibende Verwendung des Wortes "DIREKTE" nicht nachgewiesen werden konnte. Das Wort "DIREKTE" sei nachweislich auch keine Abkürzung von Begriffen wie "Direktversicherung", "Direktvertrieb", "Direktbank" oder beispielsweise "Direktwerbung". Als Abkürzung werde allenfalls der Begriff "Direkt" nicht aber ergänzt durch ein "e" verwendet. Wenn "Direkt" als Abkürzung gebraucht werde, erfolge dies nur in nachgestellter Form nach dem Firmenschlagwort wie beispielsweise "Hypo direkt", Allianz direkt" u. Ä..

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist in der Sache begründet. Der Senat hält die beanspruchte Marke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - POSTKANTOOR; ähnlich BGH MarkenR 2005, 145 - BerlinCard). Das ist hinsichtlich der hier beanspruchten Dienstleistungen nicht der Fall.

Die hier begehrte Marke besteht aus dem deutschen Wort "direkt" in seiner weiblichen Form, d. h. am Wortende ergänzt durch ein "e". Der Begriff "direkt" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "unmittelbar" bzw. "ohne Umweg oder Verzögerung" (DUDEN, Das Fremdwörterbuch, 8. Aufl., 2005, CD-ROM). Im Zusammenhang mit den hier angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35, 36, 38 und 42 kann der Begriff "direkt" auf eine unmittelbare Erbringung der Dienstleistungen hinweisen. Dies ergibt sich teilweise bereits aus den angemeldeten Dienstleistungen selbst. So hat die Anmelderin etwa "Werbung, einschließlich "Direktwerbung", "Marketing, einschließlich Direktmarketing" und Telefonmaketing" oder auch "Marketingberatung", einschließlich Direktmarketingberatung" angemeldet.

Auch hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen insbesondere aus dem Bereich des Versicherungswesens konnte der Senat nachweisen, dass der Begriff "direkt" häufig auch in beschreibender Art und Weise verwendet wird:

- www.cosmosdirekt.de: "Cosmosdirekt - Deutschland größter Direktversicherer"

- www.ruv.de: "Die R+V Versicherung informiert über die Vorteile einer Direkt Versicherung ..."

- www.europa.de: "Staatlich geförderte Basis-Rente oder die betriebliche Altersvorsorge in Form der Direkt Versicherung".

Im vorliegenden Fall beansprucht die Anmelderin allerdings lediglich den Begriff "Direkt" in Alleinstellung, so dass bereits insoweit eine Ergänzung und ein Zusammenhang mit den jeweils angemeldeten Dienstleistungen herzustellen ist. Hinzu kommt aber, dass im vorliegenden Fall "Direkt" in seiner weiblichen Form angemeldet worden ist. Die konkrete Ausgestaltung der Marke stellt daher eine Verfremdung des Begriffs "Direkt" dar und ist für sich alleine keine beschreibende Angabe. Sie bedarf vielmehr der gedanklichen Ergänzungen durch weitere Wort- elemente (ähnlich BGH GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE). Aus diesem Grunde sind weitere analysierende Zwischenschritte notwendig, um einen Zusammenhang zwischen der konkreten Marke und den hier beanspruchten Dienstleistungen herzustellen.

Es fehlt daher insgesamt an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

2. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können (BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse aller Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke "DIREKTE" jedoch nicht ausreichend klar und verständlich genannt. Eine Verwendung der Bezeichnung in ihrer weiblichen Form als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen konnte der Senat nicht nachweisen. Weiter konnte der Senat bei seinen Recherchen nicht nachweisen, dass "DIREKTE" in der weiblichen Form als Abkürzung für Begriffe wie "Direkt Versicherung" o. Ä. verwendet wird.

Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.






BPatG:
Beschluss v. 09.01.2007
Az: 33 W (pat) 138/05


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