Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 302/03

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2005, Az.: 24 W (pat) 302/03)

Tenor

Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Infiniist für die Waren

"03: Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege"

am 20. Dezember 2000 unter der Nummer 300 51 036 im Markenregister eingetragen und die Eintragung am 18. Januar 2001 veröffentlicht worden.

Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"03 Tous produits de parfumerie, savonnerie, fards 08 Ustensiles de toilette 21 Ustensiles de toilette"

unter der Nummer R 299 034 am 19. Juni 1985 international registrierten Marke INFINI Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der älteren Marke angeordnet. Die zulässigerweise bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke sei für die Waren "Parfum" und "Eau de Toilette" hinreichend glaubhaft gemacht worden. Die aus den eingereichten Verpackungen erkennbare Verwendung von "infini" erfolge nach Art einer Produktmarke und setze sich deutlich von der Herstellerbezeichnung "de Caron" ab. Da die Verpackungsmuster zusammen mit der eidesstattlichen Versicherung eingereicht worden seien, schade es nicht, dass diese nicht ausdrücklich auf die Anlagen Bezug nehme. Die in den Jahren 1996 bis 2001 erzielten Umsätze in Höhe von ... DM stellten eine dem Umfang nach ernsthafte Benutzung dar. Eingereichte Rechnungen müssten im Zusammenhang mit den übrigen Unterlagen und als deren beispielhafte Ergänzung gesehen werden. Die Nichterwähnung von Referenznummern auf diesen Rechnungen lasse keine ernsthaften Zweifel am Inhalt der eidesstattlichen Versicherung aufkommen. Die Verwendung der Widerspruchsmarke mit dem Zusatz "EXTRAIT" schade nicht, da dieses Wort "Parfüm" bedeute und damit für die Kennzeichnungsfunktion der Marke ohne Belang sei. Da die sich gegenüberstehenden Marken klanglich und schriftbildlich identisch seien und sich nach der Benutzungslage auf identischen oder sehr ähnlichen Waren begegnen könnten, sei eine Verwechslungsgefahr gegeben.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke, der vorträgt, die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen reichten nicht aus, die Benutzung der Widerspruchsmarke hinreichend glaubhaft zu machen. In der eidesstattlichen Versicherung, die zum Teil keine Tatsachen, sondern nur rechtliche Wertungen enthalte, werde kein Bezug zu den Verpackungsmustern bezüglich Vertriebszeitraum und Umsatzhöhe hergestellt. Weiterhin sei aus den von der Widersprechenden eingereichten Rechnungen niemals die auf den Verpackungen genannte Referenznummer ersichtlich. Auch werde die Widerspruchsmarke auf den Verpackungen mit Zusätzen verwendet, die sich nicht deutlich genug von der Widerspruchsmarke abhöben. Insbesondere sei "DE CARON" nicht als eigenständige, von dem in ähnlicher Schriftgröße und Schriftstärke in engem räumlichen Zusammenhang platzierten Wort "infini" unabhängige Firmenkennzeichnung erkennbar. Dies gelte besonders auch deshalb, weil in der Parfümbrache im allgemeinen großer Wert darauf gelegt werde, Produkt und Herstellerkennzeichnung deutlich abzusetzen. Weiterhin wird gerügt, dass für das Jahr 2000 die Umsätze nicht nach den Zeiträumen des § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG aufgeschlüsselt und im Jahr 2001 nur geringe Umsätze erzielt worden seien. Für den späteren gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum fehlten Umsatzzahlen. Auch lasse der Hinweis, dass die Benutzung in Deutschland mit Zustimmung der Markeninhaberin erfolgt sei, Fragen offen. Zudem enthalte die Aussage in der eidesstattlichen Versicherung, die Marke sei für "extraits parfums" benutzt worden, eine Veränderung gegenüber den früheren Erklärungen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, die Benutzung der Widerspruchsmarke sei ausreichend glaubhaft gemacht worden. Da die sich gegenüberstehenden Marken identisch und die Waren teilweise identisch, teilweise ähnlich seien, könne an einer Verwechslungsgefahr somit nicht gezweifelt werden. Die Widersprechende reicht eine aktualisierte eidesstattliche Versicherung des President Directeur General der Widersprechenden vom 12. September 2005 sowie Kopien von Rechnungen und Kopien der bereits früher eingereichten Verpackungen ein. Sie trägt weiterhin vor, die eidesstattliche Versicherung enthalte Tatsachenbehauptungen und lasse insbesondere in der nun vorgelegten präzisierten Fassung einen Bezug auf die beispielhaft eingereichten Belege für Umfang und Art der Benutzung deutlich erkennen. Die vom Inhaber der angegriffenen Marke gerügten Angaben in der eidesstattlichen Versicherung beträfen lediglich Präzisierungen. Die Formulierung, "mit Zustimmung" solle nur besagen, dass die deutschen Händler die Produkte mit Wissen und Willen der Widersprechenden in den Verkehr gebracht hätten. Die Produktkennzeichnung "infini" sei von der Herstellermarke "CARON" in auf dem betreffenden Warengebiet üblicher Weise für den Verkehr unübersehbar abgehoben und als Zweitmarke erkennbar. Der Zusatz "EXTRAIT" stelle - ebenso wie "Eau de Toilette" oder "Parfum" - lediglich eine beschreibende Angabe dar, die einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegenstehe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das eingereichte Glaubhaftmachungsmaterial verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn zwischen den Marken besteht die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2, 26 Abs 5, 114 Abs 1, 116 Abs 1 MarkenG zulässigerweise bestritten, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke abgelaufen war. Da der Inhaber der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede ohne Beschränkung erhoben hat, oblag es der Widersprechenden glaubhaft zu machen, dass ihre Marke gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke sowie gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist.

Nach Auffassung des Senats hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für die Waren "produits de parfumerie" in den entscheidungserheblichen Zeiträumen vom 18. Januar 1996 bis 18. Januar 2001 und von 27. September 2000 bis 27. September 2005 jedenfalls durch die eidesstattliche Versicherung des President Directeur General der Widersprechenden vom 12. September 2005 in Verbindung mit den eingereichten weiteren Unterlagen glaubhaft gemacht.

Die eidesstattliche Versicherung, die ausdrücklich Bezug auf die bereits im Verfahren vor der Markenstelle eingereichten Verpackungsmuster nimmt, führt für die Waren Parfum und Duftwasser in dem Zeitraum vom 18. Januar 1996 bis 31. Dezember 2001 Warenumsätze in der Bundesrepublik Deutschland von ... EURO (1997), ... EURO (1998), ... EURO (1999), ... EURO (2000) sowie ... EURO (2001) auf und belegt damit einen unzweifelhaft ausrei- chenden Umfang der Benutzung für den gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG maßgeblichen Zeitraum.

Von einer ernsthaften Benutzung ist aber auch hinsichtlich der Benutzungseinrede gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG auszugehen. Die Umsätze im Jahr 2000 werden zwar nicht aufgeschlüsselt, so dass nicht ersichtlich ist, welcher Teil davon auf den mit dem 27. September 2000 beginnenden Benutzungszeitraum des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG entfällt. Jedoch betrug der Umsatz für das Jahr 2001, das völlig im relevanten Zeitraum liegt, ... EURO. Außerdem werden Rechnungen mit Umsätzen vorgelegt, die die Jahre 2002, 2004 und 2005 betreffen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass eine Benutzung während des gesamten Fünfjahreszeitraums nicht erforderlich ist, rückläufige Umsätze nicht für eine Scheinbenutzung sprechen müssen und im vorliegenden Fall zusätzlich die langjährige Benutzung in der Zeit vor 2001 für die Ernsthaftigkeit der Benutzung spricht (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 26 Rn 72).

Der Senat hat auch keine Bedenken wegen der Formulierung in der eidesstattlichen Versicherung "Die Marke R 299 043 "INFINI" wurde mit unserer Zustimmung in der Bundesrepublik Deutschland laufend benutzt...". Bei lebensnahem Verständnis ist - wie auch die Widersprechende darlegt - diese Aussage als Hinweis darauf zu verstehen, dass die deutschen Händler die betreffenden Produkte mit Wissen und Wollen der Widersprechenden vertrieben haben. Ein Gedanke an eine Lizenzierung der Marke oä liegt dagegen fern und findet auch in den übrigen Glaubhaftmachungsunterlagen keinen Anhaltspunkt. Ebenso wenig gibt die Angabe, die Umsätze seien mit "parfum (extraits)" und "eau de toilette" erzielt worden, Anlass zu Zweifeln, denn hierbei handelt es sich nur um eine Präzisierung der früheren Erklärungen, die durch die eingereichten Rechnungskopien untermauert werden, die "parfum (extraits)" und "eau de toilette" betreffen.

Auch der Einwand, aus den eingereichten Rechnungen seien auf den Verpackungen genannte Referenznummern nicht ersichtlich, greift nicht durch. Die im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und vor dem Bundespatentgericht vorgelegten Rechnungen, denen ohnehin nur beispielhafter, illustrierender Charakter zukommt, enthalten in der ersten Spalte (RÉFÉRENCE) Referenznummern, die mit der auf der Rückseite der Verpackungsmuster befindlichen Zahlenfolge übereinstimmen.

Die Art der Benutzung ist ebenfalls als rechtserhaltend anzusehen.

Wie die Widersprechende bereits im Verfahren vor der Markenstelle belegt hat, handelt es sich bei der Bezeichnung "EXTRAIT" ebenso wie bei den Zusätzen "PARFUM" und "EAU DE TOILETTE" auf den eingereichten Verpackungsmustern um eine rein beschreibende Angabe (Hinweis auf die Verwendung hochkonzentrierten Alkohols), die außerdem räumlich, größenmäßig und schriftbildlich sehr deutlich vom Markenwort "Infini" abgesetzt ist. Derartige rein beschreibende, austauschbare Zusätze, denen der Verkehr keine eigenständige maßgebende kennzeichnende Wirkung beimisst, stehen einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen (vgl Ströbele/Hacker, aaO § 26 Rn 144; vgl dazu auch BGH GRUR 1999, 54, 55 "Holtkamp"; BGH GRUR 2002, 167, 168 "Bit/Bud"; BGH GRUR 2005, 515 "FERROSIL"). Sie verändern den kennzeichnenden Charakter einer Marke nicht (§ 26 Abs 3 Satz 1 MarkenG), zumal, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - in ihrer Position und Ausgestaltung stark zurücktreten.

Entsprechendes gilt für die Verwendung des Wortes "infini" innerhalb eines zweifach unterbrochenen Kreises und die Tönung der Kreisfläche auf den Verpackungen für "EXTRAIT" und "EAU DE TOILETTE", denn hierbei handelt es sich um werbeübliche grafische Elemente, die lediglich der blickfangmäßigen Hervorhebung des eingeschlossenen Wortbestandteils dienen und keinerlei betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen (vgl dazu auch BGH GRUR 2000, 1038, 1039 "Kornkammer").

Die Hinzufügung des Wortes "CARON" auf den Warenverpackungen steht einer rechtserhaltenden Benutzung ebenfalls nicht entgegen. Die Verwendung eines Hauptzeichens (Firmenzeichens) und weiterer, die einzelne Ware oder Warengruppen individualisierender Kennzeichnungen ist weit verbreitet und kommt insbesondere auch auf dem hier angesprochenen Warensektor sehr häufig vor. Insofern können sowohl Haupt- wie auch Spezialmarke eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen, so dass beide als markenmäßig benutzt anzusehen sind (vgl Ströbele/Hacker, aaO, § 26 Rn 134 ff). Das Wort "CARON", das das Firmenschlagwort der Widersprechenden darstellt, ist in Versalien in einem anderen, deutlich kleineren Schrifttyp als "infini" gehalten und befindet sich im unteren Teil der Verpackungsvorderseite, wie dies allgemein auf dem Sektor der Parfümeriewaren bei Firmenkennzeichnungen üblich ist. Auf der Parfum-Verpackung wird die Eigenschaft von "CARON" als Firmenkennzeichnung durch die Voranstellung von "DE" (= von) zusätzlich verdeutlicht. Auch auf den Rückseiten der Verpackungen werden die Kennzeichnungen deutlich voneinander abgesetzt nach Art einer Firmenkennzeichnung und Individualmarke verwendet. Der Verkehr wird darum - selbst wenn ihm "CARON" nicht als Firmenschlagwort bekannt sein sollte - die Wörter "infini" und "CARON" aufgrund ihrer grafischen Ausgestaltung und wegen ihrer Position auf den Verpackungen ohne weiteres als jeweils eigenständige betriebliche Herkunftskennzeichnungen erkennen, die nebeneinander benutzt werden (vgl dazu etwa BGH GRUR 2005, 515, 516 "FERROSIL"; BGH GRUR 1993, 972, 974 "Sana/Schosana"; BGH GRUR 2000, 510 "Contura").

Somit ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr bei der Widerspruchsmarke von den Waren "produits de parfumerie" auszugehen (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG), die mit den Waren der angegriffenen Marke teils identisch sind und teils in deren engstem Ähnlichkeitsbereich liegen. Die sich gegenüberstehenden Wortmarken stimmen überein. Eine Verwechslungsgefahr ist deshalb gegeben, so dass die Markenstelle die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke R 299 034 zu Recht angeordnet hat.

Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2005
Az: 24 W (pat) 302/03


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