Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. September 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 276/01

(BPatG: Beschluss v. 18.09.2003, Az.: 25 W (pat) 276/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Power Onist am 3. August 1998 für

"Einrichtungen zum Zugang und zur Präsentation von Homepages im Internet;

Plattformen für das Internet;

Programme zur Präsentation von Homepages im Internet;

Kaufmännische, finanztechnische Beratung bei der Auslegung und Einrichtung von Kraftwerken;

Erstellung von DV-Programmen für - die Einrichtung von Internet-Plattformen und - die Präsentation von Homepages im Internet;

- Verfahrensunterstützung durch Zugriff auf wissensbasierte Systeme und multimediale Kommunikationstools;

Einrichtung von Datenbanken zur Bereitstellung von - Informationen zu Projekten und Partnern, wie Zulieferern, Architect Engeneers und Consultants - Online Calculations Tools - interaktiven Online Engineering Tools - Engineering Tools für die Auslegung von Kraftwerkskomponenten und den zugehörigen Komponenten"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. Oktober 2001 durch einen Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen.

Der Eintragung stehe § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Der zum englischen Grundwortschatz gehörende Begriff "Power" habe bereits mit der Bedeutung "Kraft", "Stärke", "Leistung" Eingang in die deutsche Sprache gefunden. In diesem Sinne werde der Begriff in beschreibender Bedeutung werblich als Wertversprechen verwendet. Der angefügte Bestandteil "On" vermittle dem Zeichen keinen darüber hinausgehenden oder widersprüchlichen Sinngehalt. Vielmehr werde die Bedeutung von Power unterstrichen, indem in der angemeldeten Wortfolge, angelehnt an den ursprünglichen Sinn "Betriebsspannung ein", betont werde, dass die mit den Waren und Dienstleistungen verbundene "Power" eingeschaltet werden könne und somit sofort verfügbar sei. Die allgemeine Verbreitung von "Power" gelte in besonderem Maße für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Da dem Zeichen bereits die Unterscheidungskraft fehle, könne dahingestellt bleiben, ob bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vorliege.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle vom 11. Oktober 2001 aufzuheben.

Auch wenn der Begriff "Power" Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe und im Sektor der Energiedienstleister und auf diversen Internetseiten häufig verwendet werde, so lasse sich daraus nicht ableiten, dass der Markenanmeldung, die nicht "Power", sondern "Power On" laute, jegliche Unterscheidungskraft fehle. Es handele sich weder um einen häufig verwendeten noch um einen beschreibenden oder lediglich werblich anpreisenden Begriff für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die Markenstelle nähme eine unzulässige zergliedernde Betrachtung der tatsächlichen Markenanmeldung vor.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Eintragungshindernisse der § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG stehen einer Eintragung der angemeldeten Bezeichnung nicht entgegen. Für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen stellt sie keine unmittelbar beschreibende Angabe dar, und ihr fehlt entgegen der Auffassung der Markenstelle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES, GRUR 2001,1151 - marktfrisch). Dabei darf die Prüfung jedoch nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, vielmehr muss sie streng und vollständig sein (EuGH, WRP 2003, 735, 740 - Libertel Groep.- Farbe Orange), wobei der Senat "streng" eher im Sinne von sorgfältig versteht.

Der angemeldeten Marke, die in Bezug auf die jeweiligen Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, kommt nach Ansicht des Senats eine solche Unterscheidungskraft zu. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist dabei die Bedeutung, die das Zeichen für die angesprochenen Verkehrskreise hat, zugrunde zu legen.

Die angemeldete Bezeichnung hat keinen sich aufdrängenden beschreibenden Begriffsinhalt, der dazu führen würde, dass "Power On" in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht als Marke verstanden wird. Die Bezeichnung hat im engeren Sinne ursprünglich die Bedeutung "Betriebsspannung ein" und weist somit auf eine Einschaltfunktion hin. In Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen ist dies jedoch keine Angabe, die zu deren unmittelbaren Beschreibung dienen könnte. Soweit die Waren eine Einschaltfunktion aufweisen oder einzelne Dienstleistungen sich auch auf die Einschaltungsmöglichkeiten beziehen können, ist der bloße Hinweis, dass man etwas einschalten kann, so selbstverständlich, dass er nicht zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen benötigt wird. Eine genauere Angabe, zB über die Art und Weise des Einschaltens, die unter Umständen zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen dienen könnte, wenn zB auf eine besonders einfache Möglichkeit des Einschaltens hingewiesen wird, enthält das Zeichen nicht.

Die Anwendung von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist allerdings nicht auf beschreibende Angaben im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG beschränkt, da das gesetzliche Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft nicht auf das Vorliegen bestimmter objektiver Merkmalsangaben, sondern auf die Verkehrsauffassung abstellt.

Es sind jedoch keine Anhaltspunkte vorhanden, dass der bloße Hinweis auf eine Einschaltfunktion so gebräuchlich ist, dass der Verkehr in dem Zeichen keine Marke sehen würde.

Auch der Umstand, dass die angemeldete Marke - wie nach Auffassung der Markenstelle - so verstanden werden kann, dass die mit den Waren und Dienstleistungen verbundene Power eingeschaltet werden könne und sofort zur Verfügung stehe, führt nach Ansicht des Senats nicht zur Verneinung jeglicher Unterscheidungskraft.

Von mangelnder Unterscheidungskraft ist bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art sowie in der Regel bei längeren Wortfolgen auszugehen (BGH GRUR 2001, 1042 - LO-CAL PRESENCE, GLOBAL POWER). Dagegen können Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge wie auch Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage einen Anhalt für hinreichende Unterscheidungskraft bieten, die auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage nicht von vornherein abgesprochen werden kann (vgl zB BGH GRUR 2000, 720 - Unter Uns).

Diesen an die Unterscheidungskraft von Werbeslogans zu stellenden Anforderungen genügt die angemeldete Wortfolge. Aus der häufigen Verwendung des Begriffs "Power" auf dem Energiesektor und im Internet lässt sich nicht schließen, dass der Verkehr die angemeldete Marke "Power On" gleichermaßen lediglich als bloßen Hinweis auf Kraft und Leistung sieht. "Power On" kann nicht mit dem Wort "Power" in Alleinstellung gleichgesetzt werden, dem etwa nur ein unbedeutendes Anhängsel hinzugefügt worden ist. Denn es handelt sich bei der angemeldeten Bezeichnung um einen Gesamtbegriff, dessen Primärbedeutung als Hinweis auf eine Einschaltfunktion für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine ernsthafte und sinnvolle Sachangabe ist. Im übertragenen Sinne fehlt aber der Wortfolge weder die Unterscheidungskraft, noch müssen die Mitbewerber in der Lage sein, mit ihr auf den Einsatz von Tatkraft, Kreativität, Energie usw hinzuweisen. Die Deutung des Zeichens wie sie die Markenstelle vorgenommen hat, erfordert zusätzliche Gedankenschritte und ist nur eine unter anderen Interpretationsmöglichkeiten des Zeichens. Zudem weist diese Interpretation selbst keinen konkreten Inhalt auf. Es konnte auch nicht ermittelt werden, dass es sich bei dem Gesamtausdruck "Power On" um einen üblichen Werbehinweis handelt. Auch wenn der Verkehr das Zeichen wörtlich übersetzen würde, ist die Angabe sehr diffus. Es gibt deshalb keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Marke mit "Power" gleichsetzt und sie dann lediglich als Werbeanpreisung verstehen würde.

Die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG liegen nicht vor, was die Markenstelle von ihrem Standpunkt aus zu Recht im angefochtenen Beschluss dahingestellt sein ließ. Wie bereits ausgeführt ist die angemeldete Bezeichnung keine unmittelbar beschreibende Angabe, so dass sie nach dieser Vorschrift nicht freigehalten werden muss.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

Kliems Sredl Bayer Pü






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Az: 25 W (pat) 276/01


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