Amtsgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 13. Mai 2005
Aktenzeichen: 291 II 230/04

(AG Düsseldorf: Beschluss v. 13.05.2005, Az.: 291 II 230/04)

Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

durch den Richter am Amtsgericht X

am 13. Mai 2005

b e s c h l o s s e n :

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. März 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) hat in Verfahrensstandschaft rückständiges Hausgeld gegen den Beteiligten zu 2) geltend gemacht. Da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt wurde, hat das Gericht entsprechend der verfahrenseinleitenden Verfügung unter dem 31.Januar 2005 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren getroffen. Danach wurde der Beteiligte zu 2) antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet, ihm wurden die Gerichtskosten wie auch die, dem Beteiligten zu 2) notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt.

Mit Antrag vom 14.Februar 2005 hat die Beteiligte zu 1) unter anderem die Festsetzung der Terminsgebühr nach der Nummer 3104 VV in Verbindung mit § 13 RVG in Höhe von 102,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer beantragt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.3.2005, zugestellt am 8. April 2005, hat das Gericht die Erstattung von 196,38 € nebst Zinsen zugunsten der Beteiligten zu 1) angeordnet und dabei die Terminsgebühr in Höhe von 102,00 € zuzüglich Umsatzsteuer abgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 19.4.2005, bei Gericht am 20. April 2005 eingegangen, hat die Beteiligte zu 1) gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss "Beschwerde" eingelegt, der der Rechtspfleger nach Anhörung der Beteiligten zu 2) nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24.7.2003, abgedruckt in NJW 2003, Seite 3133 ff. auch unter Geltung des RVG nunmehr eine Terminsgebühr nach Ziffer VV 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG entstanden sei. Die vom BGH zu § 35 BRAGO herangezogene Begründung müsse auch für das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gelten.

II .

Die als befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Rechtspflegergesetz auszulegende sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach der nunmehrigen Fassung des § 567 Abs. 2 ZPO wäre die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes hier 200,00 € nicht übersteigt. Indes ist die sofortige Beschwerde als befristete Erinnerung auszulegen und als solche form- und fristgerecht eingelegt worden. Nachdem der Beteiligte zu 2) angehört wurde und der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat, war abschließend zu entscheiden.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.3.2005 ist nicht zu beanstanden. Die beantragte Festsetzung der Terminsgebühr aus Nummer 3104 VV zu § 13 RVG ist im hiesigen schriftlichen Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht angefallen, der Rechtspfleger hat sie daher zu Recht in Höhe von 102,00 € zuzüglich Umsatzsteuer abgesetzt.

Abs. 1 Nr. 1 von Nr. 3104 VV zu § 13 RVG findet unmittelbar keine Anwendung für das Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz. In Übereinstimmung mit dem vormaligen § 35 BRAGO setzt die genannte Vorschrift ein Verfahren voraus, "für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist". Für Wohnungseigentumssachen gilt insoweit nach § 44 Abs. 1 WEG, dass mündlich verhandelt werden soll. Hieraus folgt regelmäßig die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung, von der jedoch ausnahmsweise abgesehen werden kann (vgl. BGH NJW 2003, 3133 mit weiteren Nachweisen). Anders als im Verfahren nach der Zivilprozessordnung, in der nach § 128 Abs. 1 ZPO die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, besteht im Wohnungseigentumsverfahren lediglich regelmäßig die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung. Allerdings wird der Grundsatz auch im Zivilprozess mehrfach durchbrochen, die genannten Ausnahmen aber sind in § 35 BRAGO wie auch in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG ausdrücklich genannt. Unter Geltung von § 35 BRAGO hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung wegen der Vergleichbarkeit des Verfahrens eine sinngemäße Anwendung von § 35 BRAGO für das Wohnungseigentumsverfahren angenommen. Voraussetzung hierfür aber war nach den Gründen des BGH die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, in den Gründen des BGH nach dem Abdruck irrtümlich mit WEG bezeichnet. Danach gelten die Bestimmungen der BRAGO auch für die Tatsacheninstanzen in Wohnungseigentumssachen, allerdings lediglich sinngemäß. In der Sache hat der Bundesgerichtshof mithin eine entsprechende Anwendung von § 35 BRAGO auf das schriftliche Verfahren in Wohnungseigentumssachen befürwortet. Eine solche entsprechende Anwendung von Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV zu § 13 RVG scheidet indes aus.

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gilt für gerichtliche Verfahren sämtlicher Verfahrensordnungen unmittelbar, mithin auch für das Wohnungseigentumsverfahren.

Die Voraussetzungen einer sinngemäßen, d.h. analogen Anwendung der vorgenannten Gebührenvorschrift des RVG kommt indes anders als bei § 35 BRAGO gerade nicht in Betracht. Zwar gelten die Ausführungen des Bundesgerichtshofes zur Vergleichbarkeit der Verfahrensgestaltung wie auch zur Vergleichbarkeit der Interessenlage immer noch, jedoch fehlt es an einer planwidrigen Lücke des Gesetzes, die im Wege der Analogie zu schließen wäre. Während § 35 BRAGO schon nach der Norm des § 63 BRAGO nur sinngemäße Anwendung auf das Wohnungseigentumsverfahren findet, mithin nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wegen der Vergleichbarkeit von Verfahrensgestaltung und Interessenlage gerade eine solche Analogie in Betracht kommt, hat der Gesetzgeber die Fälle, in denen eine Terminsgebühr nach dem RVG ohne mündliche Verhandlung entstehen sollte, nunmehr abschließend geregelt. Die Verfahrensordnungen waren dem Gesetzgeber bei Inkrafttreten des RVG im Jahre 2004 bekannt, die Auseinandersetzungen darüber, ob eine Gebühr nach § 35 BRAGO im schriftlichen Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz ausgelöst wird, ebenfalls seit geraumer Zeit diskutiert. Gleichwohl hat der Gesetzgeber im Jahre 2004 diejenigen Fälle, in denen eine Terminsgebühr entstehen soll, obwohl es nicht zu einer mündlichen Verhandlung gekommen ist, in Abs. 1 von Nr. 3104 VV unter den Nummern 1 bis 3 abschließend geregelt. Anhaltspunkte dafür, dass der hier zur Entscheidung anstehende Fall vom Gesetzgeber übersehen wurde, sind nicht ersichtlich. Eine planwidrige Lücke des Gesetzes ist nicht gegeben (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage, 3104 VV, Rand-Nr. 32). Soll also der Anwalt auch unter dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz wie zuvor unter Beachtung der BGH-Rechtsprechung zu § 35 BRAGO eine Terminsgebühr zugestanden bekommen ohne mündliche Verhandlung, muss zuvor das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geändert werden (so ausdrücklich auch Gerold/Schmidt/von Eicken/Müller-Rabe, a.a.O. Rdnr 33). Unter Berücksichtigung des derzeitigen Wortlautes mangels planwidriger Lücke kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV zu § 13 RVG daher nicht in Betracht. Dies gilt nach Auffassung des Gerichtes selbst dann, wenn die Beteiligten zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ihr Einverständnis erklärt haben. Denn aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass Abs. 1 Nr. 1 zu 3104 VV schon vom Wortlaut her keine unmittelbare Anwendung finden kann, weil die mündliche Verhandlung gerade nicht vorgeschrieben ist.






AG Düsseldorf:
Beschluss v. 13.05.2005
Az: 291 II 230/04


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