Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. November 1999
Aktenzeichen: 6 U 62/99

(OLG Köln: Urteil v. 26.11.1999, Az.: 6 U 62/99)

Die werblichen Ankündigungen eines Vertreibers von Treppenliften

Der Mont-Blanc und der Matterhorn werden in der Fabrik hergestellt und direkt von uns an Sie geliefert. So bleibt der Preis niedrig und bezahlbar.

und/oder

Wir sorgen für das...Produzieren...

sind relevant irreführend, wenn nicht zugleich hinreichend deutlich gemacht wird, dass die Produkte keinesfalls direkt von der Fabrik an den Endverbraucher gelangen, sondern ein Zwischenhandel eingeschaltet ist.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.03.1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 72/98 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die mit diesem Urteil für die Beklagte verbundene Beschwer wird auf 60.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche und insgesamt zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht - wie in dem angefochtenen Urteil geschehen - die Beklagte zur Unterlassung der beiden klägerseits beanstandeten Werbeaussagen in dem Prospekt "Mit einem einzigen Schritt ... wieder oben!" verurteilt. Denn die auf der Rückseite des genannten Prospektes unter den Ziffern 7 und 8 jeweils enthaltenen Aussagen

"Der Mont-Blanc und der Matterhorn werden in der Fabrik hergestellt und direkt von uns an Sie geliefert. So bleibt der Preis niedrig und bezahlbar."

und/oder

"Wir sorgen für das ... Produzieren ..."

sind geeignet, zumindest einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Adressaten, zu denen die Mitglieder des erkennenden Senats als potentielle Erwerber (beispielsweise für gehbehinderte und/oder gebrechliche Familienangehörige) von Treppenliften der mit den vorstehenden Angaben beworbenen Art zählen, in wettbewerblich relevanter Weise über die Art des Bezugs dieser Produkte zu täuschen.

Angaben, die bei einem nicht lediglich unbeachtlichen Teil der Verbraucher den objektiv unzutreffenden Eindruck erwecken, unter Ausschaltung jedes Zwischenhandels direkt vom Hersteller zu kaufen, verstoßen gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG. Denn sie rufen beim Verbraucher die Vorstellung besonderer - in Wirklichkeit jedoch nicht vorhandener - Vorteile hervor, die u. a. in der wegen des Wegfalls von Zwischenhandelsspannen günstigen Preisstellung liegen kann (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Rdnr. 342 zu § 3 UWG; Köhler-Piper, UWG, Rdnr. 282 f. zu § 3 UWG - jeweils m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Die unter Ziffer 7 der Rückseite des Werbeprospektes enthaltene Aussage, wonach die Treppenlifte der Modellbezeichnungen "Mont-Blanc und Matterhorn ... in der Fabrik hergestellt und direkt von uns an Sie geliefert ... werden. So bleibt der Preis niedrig und bezahlbar" suggeriert ganz eindeutig, dass die Erzeugnisse unter Ausschaltung jeglichen Zwischenhandels unmittelbar vom Hersteller bezogen werden. Dafür spricht ganz maßgeblich der Umstand, dass in dem hier in Rede stehenden Textabschnitt sowohl in der Überschrift als auch im Fließtext auf die besondere Preisgünstigkeit hingewiesen wird, die sich gerade aus dem Umstand erklären soll, dass die Ware nach der Herstellung in der Fabrik " ... direkt ... geliefert ..." wird. Nicht nur unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden dies dahin verstehen, dass die Lieferung "direkt ab Fabrik" - also unter Ausschluss jeglicher Zwischenhandelsstufen und infolgedessen preisgünstiger als Konkurrenzangebote, die über den Einzelhandel vertrieben werden - vorgenommen wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten lassen sich weder der Formulierung des fraglichen Werbehinweises selbst, noch dem übrigen Textzusammenhang, in den er eingebettet ist, eine Klarstellung des Inhalts entnehmen, dass die Beklagte als Händler auftritt, der die Treppenlifte seinerseits - unter Einstellung einer (weiteren) preissteigernden Gewinnspanne - erst vom Hersteller bezieht, um sodann den Endkunden zu beliefern. Soweit die Beklagte der Formulierung "... werden in der Fabrik hergestellt und direkt von uns geliefert" (Hervorhebungen durch den Senat) eine Trennung der Position des Herstellers und Vertreibers entnehmen will, überzeugt das nicht. Denn das Wort "und" nimmt gerade keine trennende, sondern eine verbindende Funktion ein, so dass die einen Zusammenhang zur Beklagten herstellende Formulierung "... von uns ..." zwanglos ebenfalls auf die Herstellung des Produktes bezogen werden kann und - vor allem in Verbindung mit dem Hinweis auf die gerade wegen der "direkten" Lieferung günstige Preisstellung - auch verstanden wird. Eine Klarstellung des tatsächlichen Bezugswegs bewirkt weiter vor allem auch die - im Übrigen gesondert angegriffene - Formulierung unter Ziffer 8 der Rückseite des Werbeprospektes nicht. Die Beklagte will der darin verwendeten Formulierung "Wir sorgen für das Abmessen, Produzieren, Installieren und die erforderliche Nachsorge an unseren Liften ..." (Hervorhebungen durch den Senat) den unmissverständlichen Hinweis darauf entnehmen, dass sie nicht Herstellerin, sondern lediglich vom Hersteller beziehende Händlerin der Lifte sei. Durch das Wort "sorgen" steche die Trennung von Fabrikherstellung und Auslieferung/Montage geradezu ins Auge (Blatt 83 d. A.). Diesem Argument der Beklagten mangelt allerdings schon deshalb die Überzeugungskraft, weil mit der Formulierung "Wir sorgen für ..." unstreitig auch Tätigkeiten beschrieben werden, welche die Beklagte selbst ausführt, nämlich das Abmessen, Installieren und die Nachsorge. Wenn in diesem Zusammenhang erwähnt ist, dass die Beklagte auch für "das Produzieren" Sorge trage, so kann das nur so verstanden werden, dass es sich - wie bei den im Übrigen genannten Tätigkeiten - auch hier um eine eigene Leistung der Beklagten handelt, so dass die als angebliche Klarstellung für die Trennung von Produktion und Lieferung von der Beklagten angezogene Formulierung unter Ziffer 8 die Irreführungseignung der eingangs genannten Formulierung in Ziffer 7 sogar noch verstärkt. Hinzu kommt, dass auch die Formulierung "... an unseren Liften" (Hervorhebung durch den Senat) in Ziffer 8 eine weitere, gerade für die Herstellereigenschaft der Beklagten sprechende Suggestivkraft entfaltet. Auch dem sonstigen Text des Werbeprospektes lässt sich eine die Irreführungseignung der hier beurteilten Werbeaussage unter Ziffer 7 entkräftende Funktion nicht entnehmen. An keiner Stelle wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte, die lediglich unter dem Firmenschlagwort "Practicomfort" in dem Prospekt auftritt, die "Practicomfort"-Treppenlifte nicht auch herstellt, sondern nur Händlerin dieser Erzeugnisse ist bzw. dass die Verbraucher nicht direkt vom Hersteller beziehen. Im Gegenteil wird auch hier wieder durch die auf Seite 2 des Prospektes enthaltene Aussage "... neben den Treppenliften sind unsere Produkte ... getestet und für gut befunden worden" suggeriert, dass es sich bei den "Practicomfort"-Treppenliften um solche aus der Produktion der Beklagten handelt. In die nämliche Richtung deutet die Formulierung unter Ziffer 4 auf der Rückseite des Prospektes, in dem die Beklagte darauf hinweist, dass "... während des Produktionsprozesses ... Ihrer Sicherheit viel Aufmerksamkeit geschenkt ..." werde. Auch dies rückt die Position der Beklagten in die unmittelbare Nähe des Produktionsvorgangs selbst und suggeriert - jedenfalls in Verbindung mit den oben genannten Hinweisen -, dass die Beklagte die Kunden als Herstellerin beliefert.

Aus den vorstehenden, bereits dargestellten Gründen ist weiter auch davon auszugehen, dass die unter Ziffer 8 eingestellte Formulierung "Wir sorgen für das ... Produzieren" den Eindruck erweckt, dass die Beklagte neben der Abmessung, der Installation und der Nachsorge auch die Produktion der Treppenlifte selbst vornimmt.

Dass die Fehlvorstellung, die Treppenlifte unmittelbar vom Hersteller zu beziehen, wegen der damit regelmäßig verbundenen Erwartung eines besonders günstigen Preises geeignet ist, das Interesse jedenfalls eines erheblichen Teils der angesprochenen Verbraucher gerade auf das Angebot der Beklagten zu lenken, mithin von wettbewerblicher Relevanz ist, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

Das Verbot der hier fraglichen Werbeaussage der Beklagten erweist sich schließlich auch unter Vornahme der gebotenen Interessenabwägung als berechtigt (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 97 ff. zu § 3 UWG; Köhler-Piper, a.a.O., Rdnr. 141 ff. zu § 3 UWG - jeweils m.w.N.). Der Beklagten stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, in anderer als gerade der hier fraglichen, die Gefahr der Irreführung eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher begründenden Weise die Preisgünstigkeit und sonstigen Vorteile ihres Angebotes herauszustellen. Demgegenüber ist das Interesse der Verbraucher, nicht durch irreführende Angaben über die Art des Bezugs zu falschen wirtschaftlichen Entscheidungen veranlasst zu werden, als vorrangig zu erachten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterliegens der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 26.11.1999
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