Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 27. Januar 2005
Aktenzeichen: 3 U 28/03

(OLG Hamburg: Urteil v. 27.01.2005, Az.: 3 U 28/03)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, 15. Zivilkammer, vom 30. Januar 2003 (315 O 87/02) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von EUR 11.300,- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 250.000,- festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs des Mittels " EPAMAX " ohne dessen Zulassung als Arzneimittel.

Die Klägerin vertreibt die als Arzneimittel zugelassenen "Lebertrankapseln Pohl 0,5 g/-1,0 g". Das Mittel enthält als arzneilichen Bestandteil durchschnittlich 125 mg bzw. 250 mg Omega-3-Fettsäuren pro Kapsel und ist bei Arteriosklerose und zur allgemeinen Stärkung und Kräftigung zugelassen (Anlage K 1).

Die Beklagte bringt das Mittel EPAMAX in der aus der Anlage K 2 ersichtlichen Kartonverpackung in den Verkehr. Dort wird EPAMAX u.a. als "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" bezeichnetet. Es wird dort weiter ausgelobt: "Zur diätetischen Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden". Dem Produkt liegt ferner die aus der Anlage K 17 ersichtliche Gebrauchsinformation bei. Dort heißt es u.a.:

"Entzündliches Rheuma Ursachen und diätetische Behandlung

Nach den Erkenntnissen der modernen Ernährungswissenschaft wird durch die in unserer Gesellschaft übliche fleischbetonte Ernährung überwiegend die Omega-6-Fettsäure, die sog. Arachidonsäure , aufgenommen. Dadurch werden vermehrt Entzündungsstoffe gebildet, die vorhandene entzündlich-rheumatische Beschwerden verstärken. Durch Umstellung der Ernährung auf eine fischreiche Kost und damit auf eine an Omega-3-Fettsäuren reiche Ernährung kann die Bildung dieser Entzündungsstoffe vermindert und somit der Allgemeinzustand verbessert werden. Allein durch eine gezielte Diät ist jedoch die Zufuhr der Omega-3-Fettsäuren in der erforderlichen Menge fast unmöglich. ... Um die wichtige Omega-3-Fettsäure EPA (= Eicosapentaensäure) besonders reich enthalten in bestimmten Fischarten, in der notwendigen großen Menge von ca. 1 g pro Tag aufnehmen zu können, müssten täglich bspw. 2 kg Kabeljau, 650 g Forelle oder 200 g Lachs verzehrt werden. Eine Alternative hierzu ist die Aufnahme der Omega-3 Fettsäure EPA konzentriert in Form von EPAMAX Kapseln. ...".

Auf die Anlagen wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Die Beklagte warb für EPAMAX ferner mit einer aus der Anlage K 2 ersichtlichen Patienteninformation sowie mit einer Anzeige gemäß Anlage K 3. Insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die aus dem Sitzungsprotokoll ersichtliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (Bl. 104 d.A.). Die Beklagte warb schließlich auch im Internet für EPAMAX (Anlagen K 12, K 13).

EPAMAX enthält pro Kapsel 0,42 g Omega-3-Fettsäuren, davon 0,3 g Eicosapentaensäure (im Folgenden: EPA) sowie 15 mg Vitamin E. EPAMAX ist nicht als Arzneimittel zugelassen.

Es werden eine Vielzahl von Mitteln vertrieben, die Omega-3-Fettsäuren in unterschiedlichen Dosierungen enthalten und verschiedene Anwendungsgebiete haben. Diese werden teilweise als Arzneimittel, teilweise als Nahrungsergänzungsmittel und teilweise als (diätetisches) Lebensmittel in den Verkehr gebracht. Auf die Anlagen K 6, K 7, B 1, BB 2, BB 6, BB 7, BB 9, BB 11, BB 13, BB 18 sowie den Testbericht "Fischölkapseln - So gut wie Fisch€" gemäß Anlage K 22 wird Bezug genommen. Omega-3-Fettsäuren sind essentiell, d.h. sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Sie sind insbesondere in fettreichem Kaltwasserfischen wie etwa Lachs enthalten. Dabei schwankt der Gehalt an EPA im Fisch stark, je nach Herkunft und Fütterungsbedingungen. Fisch enthält neben Fett und schädlichem Cholesterin ferner Arachidonsäure , eine Omega-6-Fettsäure, welcher entzündungsfördernde Wirkung bei Rheumapatienten zugeschrieben wird. Höher als bei Fisch ist der Gehalt an Arachidonsäure bei Fleisch.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Bei EPAMAX handele es sich um ein Arzneimittel, welches ohne arzneimittelrechtliche Zulassung nicht vertrieben werden dürfe.

Zwar könnten die in EPAMAX enthaltenen Omega-3-Fettsäuren sowohl als Lebensmitteln als auch in Arzneimitteln enthalten sein. Die in EPAMAX ausweislich der Packungskennzeichnung enthaltenen 300 mg EPA als Bestandteil der Omega-3-Fettsäuren hätten jedoch bei der empfohlenen Dosierung eine pharmakologische Wirkung.

EPAMAX sei außerdem ein sog. Präsentationsarzneimittel, weil in der zum Gegenstand des Antrags gemachten Aufmachung (Packung und Gebrauchsinformation) arzneiliche Wirkungsaussagen gemacht würden. Danach solle die Erkrankung selbst gelindert und nicht nur der Nahrungsbedarf von Rheumapatienten gedeckt werden.

EPAMAX sei auch keine bilanzierte Diät. Erforderlich sei auch insoweit, dass das Mittel zu Ernährungszwecken bestimmt sei, woran es hier wegen der überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung fehle. Das gesetzlich geregelte Subsidiaritätserfordernis für eine bilanzierte Diät sei ebenfalls nicht erfüllt, denn ein erhöhter Nährstoffbedarf von Rheumapatienten könne auch durch eine Kombination aus Modifikation der normalen Ernährung durch erhöhten Fischverzehr und anderen diätetischen Lebensmitteln, wie z.B. geringer dosierten Fischöl-Nahrungsergänzungen erreicht werden. Weiter lägen die Voraussetzungen des § 14 b II DiätVO i.V.m. Anlage 6 zur DiätVO nicht vor. Insgesamt sei durch die Einführung der Vorschriften über die bilanzierten Diäten in die DiätVO nicht die Möglichkeit eröffnet worden, neuartige Produkte als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, mit denen man Krankheiten heilen dürfe. Der Anwendungsbereich der DiätVO sei durch diese Regelungen nicht erweitert worden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmitteln zu unterlassen,

a) das Mittel " EPAMAX " in der mit diesem Antrag verbundenen Aufmachung ohne die erforderliche Zulassung als Arzneimittel in den Verkehr zu bringen,

hilfsweise,

b) das Mittel " EPAMAX " mit folgenden Angaben zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:

aa) "... gegen entzündlich-rheumatische Beschwerden" und/oder

bb) "ergänzende bilanzierte Diät zur Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden".

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen der unter Ziff. 1. bezeichneten Art vorgenommen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, dass die Werbemittel bzw. die Adressaten, die Daten des Erscheinens bzw. der Auslieferung und/oder Abgabe und die Höhe der Auflage bzw. Stückzahl enthält.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

EPAMAX sei eine bilanzierte Diät, mithin ein Lebensmittel.

Eine pharmakologische Wirkung liege nicht vor, denn die Wirkungen von EPAMAX könnten auch durch eine Ernährung mit fettreichem Fisch erreicht werden. Dem Körper würden lediglich Nährstoffe, nämlich EPA, in einer Menge zugeführt, die der Rheumatiker zur Besserung seines Zustandes benötige. Die Wirkungen seien damit nicht pharmakologisch, sondern physiologisch. Dies gelte auch im Hinblick auf die empfohlene Dosierung, die zu niedrig sei, um unnatürliche Reaktionen im Körper auszulösen. Soweit die empfohlene Dosierung höher sei als die sonstiger Produkte mit Omega-3-Fettsäuren, so sei dies eine normale Eigenschaft von diätetischen Lebensmitteln, insbesondere bilanzierten Diäten, die wegen der Subsidiaritätsregelung i.S. des § 1 Abs. 4a DiätVO notwendigerweise höher zu dosieren seien als normale Lebensmittel.

Auch die streitgegenständliche Aufmachung mache EPAMAX nicht zu einem Arzneimittel. Soweit dort von diätetischer Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden gesprochen werde, sei dies eine Pflichtangabe für eine bilanzierte Diät gem. § 21 II DiätVO und könne nicht zur Annahme eines Präsentationsarzneimittels führen. Es werde nicht die Behandlung der Ursache der rheumatischen Beschwerden, sondern allenfalls die Linderung der Symptome beworben. Dies sei bei einer bilanzierten Diät zulässig. Der diätetische Ernährungszweck ergebe sich aus dem Gesamteindruck der Aufmachung.

Durch Urteil vom 30.1.2003 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Die Klägerin verfolgt in der Berufungsinstanz ihre Hilfsanträge nicht weiter.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus:

Eine pharmakologische Wirkung ergebe sich daraus, dass nach dem Internetauftritt der Beklagten gemäß Anlage B 4 zu Beginn einer Rheumadiät eine Menge von 1.000 mg EPA pro Tag erforderlich sei. Allein durch eine fischreiche Ernährung sei die ausreichend hohe Zufuhr von EPA auch nach Auffassung der Beklagten fast unmöglich. Nach dem auf die Gutachten von Prof. Dr. A ... gestützten Vortrag der Beklagten enthalte EPAMAX ein speziell aufbereitetes Fischöl, welches kaum oder gar keine Arachidonsäure enthalte. Je weniger Arachidonsäure zusammen mit EPA aufgenommen werde, desto mehr EPA werde aufgenommen und desto effizienter werde EPA in die Erythrozytenlipide eingebaut. Die artifizielle Verminderung der Arachidonsäure in EPAMAX bedeute damit zugleich eine künstliche Erhöhung des Anteils an EPA, was zu einer Verbesserung der entzündungshemmenden Eigenschaften des Mittels führe, verglichen mit der gleichen Menge natürlichen Fischöls. In diesem Mechanismus liege die pharmakologische Wirkung. Für die entzündungshemmende Wirkung komme es offenbar auf ein ganz bestimmtes Verhältnis der EPA zu der Arachidonsäure an, die so in Fisch bzw. Fischölen in der Natur nicht vorkomme. Zum anderen seien die Patienten auf eine Versorgung mit EPA in einer gleich bleibenden Dosierung angewiesen, wie sich ebenfalls aus dem von der Beklagten selbst vorgelegten Gutachten gemäß Anlage BB 10 ergebe. Nach der eigenen Beschreibung der Beklagten zu ihrem Produkt EPAMAX sowie der hohen Dosierung ergebe sich damit, dass andere Wirkungen als bei einer geringeren Dosierung - wie sie natürlicherweise in Fisch vorkomme - erzielt werden. Mithin bestehe eine Dosis-Wirkungs-Korrelation.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.01.2003, Az.: 315 O 87/02, aufzuheben und

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmitteln zu unterlassen, das Mittel " EPAMAX " ohne die erforderliche Zulassung als Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, sofern das Mittel mit der aus den Anlagen K 2 (Packung) und/oder K 17 (Gebrauchsinformation) ersichtlichen Aufmachung vertrieben wird.

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen der unter Ziff. 1. bezeichneten Art vorgenommen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, dass die Werbemittel bzw. die Adressaten, die Daten des Erscheinens bzw. der Auslieferung und/oder Abgabe und die Höhe der Auflage bzw. Stückzahl enthält.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Ergänzend trägt sie vor:

Es sei unzutreffend, dass die erforderlichen EPA-Werte durch die vorhandenen Nahrungsergänzungen bzw. diätetischen Lebensmittel in Kombination mit Fischmahlzeiten unproblematisch erreicht werden könnten und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine bilanzierte Diät nicht vorlägen.

Einer Einordnung von EPAMAX als bilanzierte Diät stehe insbesondere nicht entgegen, dass Omega-3-Fettsäuren auch durch den täglichen Verzehr von fettreichem Fisch, etwa 200 g Lachs, aufgenommen werden könnten. Bei der Prüfung der Subsidiaritätsregelung in § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätVO seien unzumutbare oder nicht praktikable Modifizierungen der normalen Ernährung außer Betracht zu lassen. Zur Durchführung einer erfolgreichen diätetischen Behandlung entzündlich-rheumatischer Beschwerden sei der Verzehr von Fisch allein nicht geeignet. Für eine rasche Linderung entzündlicher Beschwerden sei vielmehr die Verringerung der Zufuhr von Arachidonsäure und eine hohe Zufuhr von EPA notwendig. Durch Fischverzehr erhöhe sich zwar die EPA-Zufuhr, gleichzeitig werde aber durch die im Fisch enthaltene Arachidonsäure die notwendige Abnahme der Arachidonsäure im Körper verzögert, so dass der Fischverzehr keine optimale diätetische Behandlung darstelle. Die durch EPAMAX zugeführte Menge von EPA könne durch die in der Nahrung enthaltenen Fischöl-Fettsäuren nicht ersetzt werden. EPAMAX enthalte - was zwischen den Parteien nicht streitig ist - gereinigtes Fischöl, in dem sich kaum oder gar keine Arachidonsäure befinde. Für eine Versorgung mit EPA wäre zudem ein täglicher Fischverzehr erforderlich, der von den meisten Patienten abgelehnt werde. Eine solche Ernährungsumstellung werde auch deshalb nicht akzeptiert, weil immer wieder auf den Schwermetallgehalt von Fischen (Quecksilber) hingewiesen und vor einem reichlichen Fischverzehr gewarnt werde. In Fisch seien weiter Purine enthalten, welche von Rheumatikern, die zusätzlich zu Gichtanfällen neigen, nicht gegessen werden dürften. Auch zählten Allergien gegen Fisch zu den häufigsten Nahrungsmittelallergien.

Bei den meisten erhältlichen Nahrungsergänzungsmitteln sei der EPA-Gehalt nicht angegeben und könne von den Patienten deshalb nicht sicher dosiert werden. Mit keinem einzigen Nahrungsergänzungsmittel würden 900 mg EPA zugeführt.

Eine pharmakologische Wirkung folge auch nicht aus dem Umstand, dass EPAMAX gereinigtes Fischöl enthalte, in dem Arachidonsäure in einem geringeren Verhältnis zu EPA enthalten sei als in Fisch. Egal in welcher Dosierung EPA aufgenommen werde, verändere es immer das Verhältnis von Eicosanoiden , die aus Arachidonsäure gebildet würden, zu den Eicosanoiden , die aus EPA verstoffwechselt würden. Durch die Zufuhr von mehr EPA werde ein natürliches Verhältnis zwischen Omega-6-Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren hergestellt, die durch die "Western Diet" mit viel Fleisch etc. verschoben sei und nicht den Empfehlungen der Ernährungsgesellschaften für eine gesunde Ernährung entspreche.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

A. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nicht zu.

I. Gegenstand des Unterlassungsantrags der Klägerin, wie sie ihn in der Berufungsinstanz noch verfolgt, ist die Unterlassung des Inverkehrbringens des Mittels " EPAMAX " ohne die erforderliche Zulassung als Arzneimittel, sofern das Mittel mit der aus den Anlagen K 2 (Packung) und/oder K 17 (Gebrauchsinformation) ersichtlichen Aufmachung vertrieben wird.

II. Die Voraussetzungen für ein Vertriebsverbot nach §§ 2, 21 AMG i. V. m. § 4 Nr. 11 UWG (§ 1 UWG a.F.) sind nicht erfüllt, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat nicht um ein Arzneimittel handelt.

1. Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Körperschäden zu verhüten (Nr. 1), vom menschlichen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen (Nr. 3) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (Nr. 5). Danach würde im Regelfall jedes Nahrungsmittel dazugehören, das dazu dient, den Körper gesund und funktionsfähig zu erhalten. Deshalb ist in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG geregelt, dass ein Lebensmittel im Sinne von § 1 LMBG nicht zugleich ein Arzneimittel sein kann. Nach dieser Vorschrift sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden, es sei denn, dies geschehe überwiegend zu anderen Zwecken als denen der Ernährung oder des Genusses. Zu den Lebensmitteln gehören ferner die diätetischen Lebensmittel. Dies sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (§ 1 I DiätV). Eine besondere Form der diätetischen Lebensmittel sind wiederum die diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) i.S. des § 1 IVa DiätV/Art. 1 II b RL 1999/21 EG. Dies sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind (§ 1 IVa 1 DiätV). Hierzu gehören die sog. diätetisch unvollständigen bilanzierten Diäten für besondere medizinische Zwecke i.S. des § 1 IV a 2. Alt. DiätV. Diese dienen der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Das Gesetz unterscheidet in Satz 3 dieser Vorschrift weiter. Maßgebend für den vorliegenden Fall ist der Begriff der ergänzenden bilanzierten Diät i.S. des § 1 IVa 3 Nr. 2 b), die bilanzierte Diäten mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen, regelt.

2. Diese gesetzlichen Bestimmungen führen zu einer besonderen Abgrenzungsproblematik, die darin begründet liegt, dass eine ergänzende bilanzierte Diät begrifflich zur diätetischen Behandlung von Patienten bestimmt sein muss, also zwingend eine Zweckbestimmung i.S. des § 2 I Nr. 1, 5 AMG hat. Damit führen die herkömmlichen Abgrenzungsgrundsätze (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11.7.2002 - I ZR 34/01 - NJW 2002, 3469, 3470 - Muskelaufbaupräparate; BGH, Urteil vom 10.02.2000 - I ZR 97/98 - GRUR 2000, 528, 530 - L-Carnitin; GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln) für sich genommen nicht weiter.

Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass es sich bei der Begriffsbestimmung des § 1 IVa DiätV / Art. 1 II b RL 1999/21 EG in Bezug auf die Arzneimitteldefinition des Art. 1 Nr. 2 der RL 65/65/EWG (jetzt RL 2001/83/EG) sowohl um das spätere als auch das speziellere Gesetz handelt (Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 86; Kügel ZLR 2003, 265, 270). Eine systematische Auslegung führt deshalb zu dem Ergebnis, dass ein Produkt, welches die besonderen Voraussetzungen einer bilanzierten Diät i.S. des § 1 IVa DiätV erfüllt, als Lebensmittel und nicht als Arzneimittel zu qualifizieren ist.

3. Das streitgegenständliche Mittel EPAMAX erfüllt die Voraussetzungen einer ergänzenden bilanzierte Diät i.S. des § 1 IVa DiätV / Art. 1 II b RL 1999/21 EG und ist deshalb ein Lebensmittel.

a) EPAMAX ist ein Erzeugnis, welches der Ernährung von Patienten mit einem medizinisch bedingten Nährstoffbedarf dient und entsprechend formuliert ist.

aa) Aus der zum Gegenstand des Antrags gemachten Packung gem. Anlage K 2 sowie der der Gebrauchsinformation gem. K 17 ergibt sich, dass EPAMAX "zur diätetischen Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden" dient.

(1) Bei entzündlich-rheumatischen Beschwerden handelt es sich, was hier zwischen den Parteien unstreitig ist, um krankhafte Beschwerden. Patienten, die an diesen Beschwerden leiden, haben ferner einen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf.

Dies ist nicht nur allgemein anerkannt (vgl. Hahn ZLR 2002, 543, 552 f.; Kügel ZLR 2003, 265, 271 in Fn. 23 zu Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises), sondern ist von der Beklagten auch durch Vorlage der Anlage BK 8 (Rationalisierungsschema 2000 des Berufsverbandes Deutscher Ernährungsmediziner u.a., Anlage BB 8, dort Seite 267 ff.), der Anlage BB 12 (Stellungnahme der Lebensmittelchemischen Gesellschaft) und der Gutachten von Prof. Dr. A. ... vom 9.12.2002 (Anlage BB 8) und vom 17.11.2003 (Anlage BB 10) belegt worden. Die Klägerin hat dies nicht bestritten, sondern sich die Ausführungen des Gutachters A. ... zur Stützung ihres Standpunktes zu Eigen gemacht.

Danach benötigen Rheuma-Patienten die Zufuhr von Fischölfettsäuren wie EPA. Eine hohe Aufnahme von Arachidonsäure führt nämlich zu einer vermehrten Bildung von Entzündungsstoffen mit gewebshormonähnlichen Wirkungen, den sog. Eicosanoiden . Die Omega-3-Fettsäuren EPA verdrängen im Stoffwechsel Arachidonsäure aus den Zellen und vermindern damit deren Verfügbarkeit zur Bildung von Eicosanoiden . EPA ist darüber hinaus ein Hemmstoff für die Bildung der entzündungsfördernden Eicosanoide aus Arachidonsäure. Je weniger Arachidonsäure zusammen mit EPA aufgenommen wird, desto effizienter wird EPA aufgenommen. EPAMAX enthält ein entsprechend aufbereitetes Fischöl. Weiter enthält EPAMAX Vitamin E, welches freie Sauerstoffradikale abfängt und dessen Bedarf, wie sich etwa aus dem Rationalisierungsschema (Anlage BB 8) ergibt, bei Rheumapatienten wesentlich höher ist als bei Gesunden. Mithin ist EPAMAX i.S. des § 1 IVa 3 Nr. 2 b) DiätV als ergänzende bilanzierte Diät formuliert. In der Berufungsinstanz ist weiter unstreitig, dass EPAMAX im Hinblick auf die verfolgten therapeutischen Zwecke wirksam ist. Ausweislich der Gutachten von Prof. Dr. A. ... ist dies auch durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten belegt (Art. 3 I RL 1999/21 EG).

(2) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, dass die Wirkung von EPAMAX eine pharmakologische sei und deshalb von einer Einordnung als Arzneimittel auszugehen sei.

Aus rechtssystematischen Gründen können bilanzierte Diäten von Arzneimitteln nicht nach dem Kriterium der (pharmakologischen) Wirkung abgegrenzt werden. Bilanzierte Diäten bezwecken begrifflich eine diätetische Behandlung von krankhaften Beschwerden, denn die Ernährung von kranken Patienten oder Patienten mit besonderen Ernährungsbedürfnissen hat vielfach auch krankheitsheilende oder lindernde, zumindest aber verhütende Wirkung (Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 86 m.w.N.). Daraus folgt, dass zur Abgrenzung der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke von den Arzneimitteln nicht auf die Wirkungen abgestellt werden kann. Maßgebend ist vielmehr die Zufuhr von Nährstoffen sowie der Stoffe, die für die Verwertung dieser Nährstoffe in der besonderen physiologischen Situation, in der sich die Patienten befinden, erforderlich sind. Solche Stoffe sind zwar Stoffe zur Beeinflussung der menschlichen Körperfunktionen i.S. des Art. 1 Nr. 2 RL 2001/87/EG. Ihre Zweckbestimmung besteht jedoch darin, durch Modifizierung der normalen Ernährung einem medizinisch bedingten Nährstoffbedarf zu dienen (Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 86; Kügel ZLR 2003, 265, 270). Hieran hat sich nach Auffassung des Senats auch durch die Neufassung der Arzneimittelbegriffs durch die RL2004/27/EG, dort Art. 1, nichts geändert.

Dass es sich bei den Stoffen EPA und Vitamin E im Grundsatz um Nährstoffe handelt, ist zwischen den Parteien unstreitig. Weiter sind diese, wie ausgeführt, Nährstoffe, die in der besonderen physiologischen Situation, in der sich Patienten mit entzündlich-rheumatischen Beschwerden befinden, erforderlich. Dass EPAMAX bestimmungsgemäß in einer Dosierung zugeführt werden soll, die diesem Zweck nicht zu dienen vermag, hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Die Klägerin bezieht sich vielmehr im Rahmen ihres Berufungsvorbringens ausdrücklich auf die Gutachten von Prof. Dr. A. ...s, nach denen die für EPAMAX empfohlene Dosierung dem besonderen Ernährungsbedarf von Rheumapatienten angemessen ist.

Soweit die Klägerin eine pharmakologische Wirkung in dem ganz bestimmten, in Fisch bzw. unbehandeltem Fischöl natürlich nicht vorkommenden Verhältnis der (nützlichen) EPA zu der (schädlichen) Arachidonsäure sehen will, ist dies unzutreffend. Für eine bilanzierte Diät ist es eine begriffliche Voraussetzung, dass sie für die diätetische Behandlung von Patienten auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert ist. Zudem ist die ergänzende bilanzierte Diät nur subsidiär zur normalen oder besonderen Ernährung i.S. des § 1 IVa S. 2 DiätV zulässig. In dem von der Klägerin angeführten besonderen, von dem natürlichen Vorkommen abweichenden Verhältnis der Omega-Fettsäuren liegt genau diese für eine bilanzierte Diät wesensnotwendige, auf die diätetische Behandlung zugeschnittene besondere Formulierung der Nährstoffe. Diese besondere Formulierung kann deshalb nicht aus dem Begriff der bilanzierten Diät herausführen. Der Umstand, dass in dem Erzeugnis Nährstoffe nicht mehr in einem natürlichen Verhältnis vorhanden sind, ist zudem bereits deswegen für die begriffliche Einordnung von EPAMAX als bilanzierte Diät irrelevant, weil sich aus § 21 II Nr. 3 DiätV zwingend ergibt, dass eine Vermehrung, Verminderung, Entfernung oder sonstige Veränderung von Nährstoffen die Annahme einer bilanzierte Diät nicht ausschließt, sondern lediglich kennzeichnungspflichtig sind.

b) Für eine diätetische Behandlung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Beschwerden reicht ferner eine Modifizierung der normalen Ernährung, die Verwendung von anderen Lebensmitteln für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht aus (§ 1 IVa 2 DiätV).

aa) Mit einer normale Ernährung kann die hier maßgebende diätetische Behandlung von Rheumapatienten nicht ausreichend erfolgen. Der Begriff der normalen Ernährung i.S. dieser Subsidiaritätsklausel erfasst nur eine solche Ernährung, die im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten liegt. Unzumutbare Modifizierungen des normalen Ernährungsverhaltens oder für den Patienten nicht praktikable Ernährungsweisen sind außer Betracht zu lassen (Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 91; Kügel ZLR 2003, 265, 273; Stellungnahme der Lebensmittelchemischen Gesellschaft, Lebensmittelchemie 57 (2003), 126, 127 = Anlage BB 12). Ebenfalls unbeachtlich sind Ernährungsalternativen, die dem Grundsatz der Gebrauchssicherheit nicht entsprechen oder solche, bei denen Nebenwirkungen nicht auszuschließen sind (Kügel ZLR 2003, 265, 273).

Zwar ist es vorliegend denkbar, die erforderliche Menge an Omega-3-Fettsäuren auch durch den Verzehr von Fisch zu sich zu nehmen. Die Beklagte hat jedoch, belegt durch die gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. A. ...s, vorgetragen, dass der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren in Fischen nicht gleich bleibend und sicher bestimmbar ist, sondern von der Fischsorte, dem Fanggebiet, der Ernährung des Fisches und dem Umstand abhängt, ob es sich um einen Zuchtfisch oder um einen frei lebenden Fisch handelt. Die Klägerin ist diesem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten. Die Beklagte hat zudem unwidersprochen vorgetragen, dass der durchschnittliche Fischverzehr in Deutschland bei nur 16 g täglich liegt. Eine täglicher Verzehr von etwa 200 g Lachs verschiedener Provenienz, wie sie von den Parteien als ausreichend angesehen worden ist, oder gar die in der Gebrauchsinformation - von der Klägerin unbeanstandet - angegebenen Verzehrmengen von 2 Kg Kabeljau oder 650 g Forelle täglich, liegen nach Auffassung des Senats außerhalb der üblichen Ernährungsgewohnheiten (vgl. ebenso Kügel ZLR 2003, 265, 273; Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 91). Zudem hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass eine solche Ernährungsumstellung auch deshalb nicht akzeptiert werden würde, weil immer wieder auf den Schwermetallgehalt von Fischen (Quecksilber) hingewiesen und insoweit vor einem Fischverzehr gewarnt werde.

Hinzu kommt, dass Fische nicht nur die erwünschten Omega-3-Fettsäuren wie EPA enthalten, sondern auch die unerwünschten Omega-6-Fettsäuren. Der Verzehr von Fischen hat deshalb - was auch die Klägerin geltend macht - nicht denselben positiven Effekt, den eine Supplementierung mit speziell aufbereitetem, gereinigtem Fischöl, wie es EPAMAX enthält, hat.

Ob Fisch, wie die Beklagte weiter vorgetragen hat, teilweise schädliches Cholesterin, Purine und Fett enthält und zudem eine Nahrungsmittelallergie auslösen kann, mithin für eine Reihe von Rheumapatienten mit entsprechenden Problemen als Nahrung ohnehin ausscheidet, kann nach alledem dahinstehen.

bb) Auch eine Ernährung mit "anderen Lebensmitteln für eine besondere Ernährung" ist vorliegend nicht ausreichend.

Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die erforderlichen EPA - Werte könnten auch durch eine Einnahme von vorhandenen Nahrungsergänzungs- bzw. diätetischen Lebensmitteln in Kombination mit Fischmahlzeiten unproblematisch erreicht werden.

Selbst wenn man auch Nahrungsergänzungsmittel im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung für beachtlich halten will (zweifelnd mit beachtlichen Argumenten Kügel ZLR 2003, 265, 273; a.A. Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 1 Rn. 91), ist vorliegend nicht ersichtlich, dass eine den Grundsätzen der Praktikabilität und Anwendungssicherheit entsprechende ausreichende EPA-Versorgung von Rheumapatienten mit Nahrungsergänzungsmitteln möglich ist. Die Beklagte hat mit der Anlage B 11 eine Marktübersicht an Nahrungsergänzungsmitteln eingereicht, welche Omega-3-Fettsäuren / EPA enthalten. Danach ist lediglich bei 2 Präparaten der EPA-Gehalt deklariert, so dass bei den anderen eine gebrauchssichere Dosierung für Rheumapatienten ohnehin nicht möglich ist. Unter Berücksichtigung der Verzehrempfehlung der beiden deklarierten Präparate ergibt sich für das eine Erzeugnis ( Salus Vital) eine empfohlene tägliche EPA-Dosis von 360 mg und für das andere Mittel eine empfohlene Tagesdosis EPA von 153 - 306 mg (Sanhelios). Aus den Gutachten Prof. Dr. A. ...s vom 17.11.2003, deren Ergebnisse sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, ergibt sich, dass - entsprechend der für EPAMAX empfohlenen Dosierung - für Rheumapatienten eine tägliche Supplementierung von 900 mg erforderlich ist, um zu einer statistisch signifikanten entzündungshemmenden Wirkung zu gelangen. Daraus folgt, dass eine diätetische Behandlung entzündlich-rheumatischer Beschwerden mit Nahrungsergänzungsmitteln lediglich durch eine Dosierung möglich ist, die die empfohlene Dosierung dieser Mittel übersteigt. Insoweit folgt der Senat aus Gründen der Anwendungssicherheit jedoch der Stellungnahme der Lebensmittelchemischen Gesellschaft (Lebensmittelchemie 57 (2003), 126, 127 = Anlage BB 12), wonach im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung nicht die Forderung gestellt werden darf, dass die empfohlenen Tagesverzehrmengen eines Nahrungsergänzungsmittels überschritten werden.

Die Klägerin ist der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufstellung gemäß Anlage BB 11 nicht entgegengetreten. Sie hat keine weiteren Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätetischen Lebensmittel vorgetragen, die derzeit erhältlich und nach EPAMAX auf den Markt gekommen sind (vgl. zu diesem zeitlichen Aspekt Kügel ZLR 2003, 265, 274) und welche dem Patienten unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte Praktikabilität und Gebrauchssicherheit eine diätetische Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden in der erforderlichen und durch EPAMAX erreichten Wirksamkeit ermöglichen würden.

cc) Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch eine Kombination aus normalen Nahrungsmitteln und Lebensmitteln für eine besondere Ernährung für die hier in Rede stehende diätetische Behandlung nicht ausreichend ist. Insoweit ist wiederum die Problematik der für den Patienten nicht hinreichend sicher vorzunehmenden Dosierung sowohl bei Fisch als auch bei den in Frage kommenden Nahrungsergänzungsmitteln ausschlaggebend.

c) Der Einordnung von EPAMAX als ergänzende bilanzierte Diät und damit als Lebensmittel stehen auch nicht die von der Beklagten auf der Produktschachtel bzw. in der Produktinformation gemachten Angaben bzw. der von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkt des Präsentationsarzneimittels entgegen.

Auch insoweit ist die Besonderheit der Produktgruppe der diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zu beachten, die begrifflich zur diätetischen Behandlung von Patienten bestimmt und gemäß § 21 II DiätV entsprechend zu kennzeichnen sind und sich damit wiederum unter die für ein sog. Präsentationsarzneimittel maßgebenden Definition des Art 1 Nr. 1, 1. Alt. RL 2001/83/EG fassen lassen.

Es kann hier die Frage dahinstehen, ob die Kategorie des Präsentationsarzneimittels nach der Änderung dieser Vorschrift durch Art. 1 der RL 2004/27/EG überhaupt noch Gültigkeit hat (vgl. dazu Pfortner PharmR 2004, 388, 390). Denn jedenfalls können aus systematischen Gründen solche Auslobungen in der Aufmachung des Produkts, die sich im Rahmen der für bilanzierte Diäten vorgeschriebenen kennzeichnenden Angaben i.S. des § 21 II Nrn. 1 und 2 DiätV halten, nicht dazu führen, das Mittel unter dem Gesichtspunkt der Präsentation wiederum dem Arzneimittelbereich zuzuordnen.

Gemäß § 21 II Nr. 1 DiätV dürfen bilanzierte Diäten nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Hinweis "zur diätetischen Behandlung von ..." ergänzt durch die Krankheit, Störung oder Beschwerden, für die das Lebensmittel bestimmt ist, enthalten. Die Auslobung "Zur diätetischen Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden", die sich auf der Produktschachtel gemäß Anlage K 2 findet, entspricht dieser Kennzeichnungsvorschrift und kann damit dem Verkehr keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Arzneimittels geben.

Gemäß § 21 II Nr. 2 DiätV dürfen bilanzierte Diäten ferner nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie eine Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt, enthält. Diese Vorschrift soll insbesondere den Arzt in die Lage versetzen, im Rahmen seiner ärztlichen Aufsicht zu prüfen, ob und gegebenenfalls zu welchen Zwecken und in welcher Art und Weise die bilanzierte Diät einzusetzen ist (Zipfel/Rathke, LebensmittelR, C 140, § 21 Rn. 13). Aber auch die Information der Patienten ist beabsichtigt (Kügel ZLR 2003, 265, 281). Wegen der Besonderheiten der neuen Produktkategorie der bilanzierten Diät für besondere medizinische Zwecke, also der Zweckbestimmung einer Therapie durch Diät, die einen erheblichen Erläuterungsbedarf für die Patienten und die deren Diättherapie beaufsichtigenden Ärzte mit sich bringt, ist zu fordern, dass die Eigenschaften und Merkmale eher ausführlicher als zu kurz beschrieben werden (Kügel ZLR 2003, 265, 281). Es ist deshalb zulässig, den Patienten und beaufsichtigenden Arzt davon zu informieren, welche besondere Funktion die in einer für eine bestimmte Krankheit oder Störung oder für bestimmte Beschwerden spezifisch angepasste Formulierung enthaltenen Nähr- bzw. Inhaltsstoffe haben und für welche Krankheitssymptome im einzelnen die Formulierung nutzbringend verwendet werden kann (Kügel ZLR 2003, 265, 288 f.).

Vor diesem Hintergrund sind die in den Anlagen K 2 und K 17 enthaltenen Angaben unter Berücksichtigung des gesamten Textzusammenhangs nicht geeignet, dem Verkehr den Eindruck zu vermitteln, es handele sich bei EPAMAX um ein Arzneimittel. Sowohl auf der Packung als auch in der Produktinformation wird auf die diätetische Zweckbestimmung ausdrücklich und wiederholt hingewiesen, so dass der Verkehr sämtliche Auslobungen in diesem Kontext wahrnehmen und verstehen wird. Unerheblich ist, ob dort aufgestellte Behauptungen wie etwa die, dass in vielen Fällen bereits nach 4 Wochen eine Verbesserung der Gelenksteifigkeit am Morgen und der Beweglichkeit sowie eine Reduzierung der Gelenkschmerzen festzustellen sei, als unzutreffende und damit irreführende Wirksamkeitsbehauptung anzusehen sind. Denn diese Frage ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden, auf ein Vertriebsverbot abzielenden Verfahrens.

III. Ebenfalls auf sich beruhen kann die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Voraussetzungen des § 14 b DiätV vorliegen und sich daraus ggf. ein Vertriebsverbot ergeben kann. Auch ein solches Verbot ist nicht Gegenstand des Antrags, der allein den Vertrieb als Arzneimittel ohne Zulassung, nicht aber den ggf. wegen Verstoßes gegen § 14 b DiätV unzulässigen Vertrieb als bilanzierte Diät, also als Lebensmittel, umfasst (vgl. zu einem solchen Antrag OLG Karlsruhe MD 2004, 1248). Im Übrigen lassen sich dem Vortrag der Klägerin auch keine hinreichenden Umstände entnehmen, die ein Vertriebsverbot i.S. des § 14 b DiätV gerechtfertigt erscheinen lassen.

B. Aus den Ausführungen zu A. ergibt sich zugleich, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht zustehen.

C. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.






OLG Hamburg:
Urteil v. 27.01.2005
Az: 3 U 28/03


Link zum Urteil:
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