Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juli 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 6/07

(BPatG: Beschluss v. 11.07.2007, Az.: 28 W (pat) 6/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet für die Eintragung in das Register ist die Wortmarke Vollmond-Salamifür die Waren der Klasse 29

"Fleisch- und Wurstwaren".

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen, da der Begriff "Vollmond-Salami" geeignet sei, in beschreibender Weise auf eine bestimmte, in der Vollmondnacht hergestellte Wurtspezialität hinzuweisen, die auch unter Verwendung von Fleisch produziert werde. Ob der Marke darüber hinaus auch die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter. Bei dem Begriff "Vollmond-Salami" handle es sich um einen Fantasiebezeichnung, die bisher auf dem Markt unbekannt sei und für den angesprochenen Verkehr keinen beschreibenden Bedeutungsgehalt beinhalte. Ein Freihaltungsbedürfnis sei deshalb nicht ersichtlich. Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen dem Vollmond und Wurst- oder Fleischwaren, weshalb für den Verbraucher unklar bleibe, was sich hinter der angemeldeten Bezeichnung verbergen solle. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr in Vollmondnächten produzierten Waren besondere Eigenschaften zumesse, zumal die Verbraucher insoweit nicht einschlägig informiert und vorgebildet seien. Als ungewöhnliche, bisher unbekannte Produktbezeichnung könne der Marke auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Diese Wertung werde im Übrigen auch durch verschiedene Voreintragungen anderer, für Lebensmittel und Getränke geschützte Marken mit dem Bestandteil "Vollmond" bestätigt. Auch eine aktuelle Eintragung einer prioritätsjüngeren Wortmarke "Vollmond-Salami" durch dieselbe Markenstelle spreche für eine zwischenzeitlich geänderte Beurteilung des Deutschen Patent- und Markenamts.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts, vom 8. März 2006 und vom 2. Oktober 2006, aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die Schutzhindernisse § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Unter "sonstige Merkmale" sind dabei alle für die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die fraglichen Waren in irgendeiner Weise bedeutsamen Umstände zu verstehen (vgl. BGH GRUR 2000, 231, 233 - FÜNFER). Ob einem Zeichen ein beschreibender Charakter zukommt, ist daher nach dem Verständnis der angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei diesen Verkehrskreisen um Endverbraucher und damit um normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher.

Zutreffend hat die Markenstelle festgestellt, dass es sich bei der angemeldeten Marke "Vollmond-Salami" um einen solchen beschreibenden Sachhinweis handelt. In den letzten Jahren ist der Einfluss des Mondes bzw. der unterschiedlichen Mondphasen auf den Menschen und seinen Lebensrhythmus über die wissenschaftliche Forschung hinaus, verstärkt in den Blickpunkt breiter Bevölkerungskreise gerückt. Zwar fehlt es an fundierten wissenschaftlichen Nachweisen zu einer solchen Einwirkung des Mondes, dennoch werden etwa in der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion seit jeher relevante Zusammenhänge zwischen den einzelnen Mondphasen und dem jeweils richtigen Zeitpunkt für die Vornahme bestimmter Tätigkeiten angenommen und berücksichtigt. Dies betrifft beispielsweise die Aussaat von Pflanzen, das Ernten von Heilkräutern oder die Zubereitung bestimmter Lebensmittel.

Unabhängig von der Frage der naturwissenschaftlichen Belegbarkeit handelt es sich hierbei um verkehrswesentliche Umstände, die den Schluss erlauben, dass bei einem erheblichen Teil der Verbraucher zumindest eine gewisse Sensibilisierung bzw. ein mehr oder weniger allgemein gehaltenes Wissen um mögliche Auswirkungen des Mondes vorhanden ist. Nach diversen Meinungsbefragungen sind sogar über 90 Prozent des inländischen Publikums vom Einfluss des Mondes auf ihren Alltag überzeugt. Ob diese Zahlen tatsächlich zutreffend sind, kann dahingestellt bleiben. Die in der mündlichen Verhandlung erörterten Rechercheergebnisse des Senats belegen jedenfalls, dass so genannte "Vollmondprodukte", ihr spezieller Herstellungszeitpunkt und dessen Auswirkungen auf den Menschen mittlerweile nicht (mehr) nur für ausgesprochen esoterisch interessierte Verbraucher von Interesse sind. Vielmehr ist die Bewerbung von Lebensmitteln als so genannte "Vollmondprodukte", wie beispielsweise "Vollmondabfüllungen" von Mineralwässern, Brotwaren, die nach dem Mondkalender oder mit bei Vollmond gemahlenem Mehl gebacken werden, bei Vollmond ausgesäten Möhren oder Fleisch von bei Vollmond geschlachteter Tiere auf dem Lebensmittelsektor inzwischen völlig gebräuchlich und dem Verkehr entsprechend bekannt. Die dargestellte Branchenpraxis bezieht sich dabei nicht nur auf lokale Herstellungsbetriebe, wie Metzger oder Bäcker, sondern auch auf überregional agierende Anbieter, wie beispielsweise den Demeter-Bund (vgl. hierzu auch unter ttp://www.demeter.de/demeter/dem_biodyn.php€pagegroup=Das+ist+Demeter&pageaction=biodyn).

Die Bezeichnung "Vollmond-Salami" hebt damit für einen relevanten Verbraucherkreis eine wichtige Eigenschaft der mit der Anmeldung erfassten Produkte hervor, nämlich ihren speziellen Herstellungszeitpunkt. Da für die Annahme eines schutzwürdigen Allgemeininteresses an der Freihaltung einer beschreibenden Angabe bereits die Bedürfnisse eines relativ kleinen Teils des angesprochenen Gesamtverkehrs ausreichend sind (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 198), steht der angemeldeten Marke daher der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, wie dies auch die Markenstelle angenommen hat. Im Rahmen der markenrechtlichen Schutzfähigkeitsprüfung ist es dabei irrelevant, ob die mit der angemeldeten Marke beschriebenen Produktmerkmale wissenschaftlich belegbar oder für den Verkehr überprüfbar sind. Maßgeblich ist insoweit nur die Frage, ob es sich hierbei um Produkteigenschaften handelt, die für den angesprochenen Verkehr wesentlich sind. Daran besteht nach den getroffenen Feststellungen des Senats aber kein Zweifel.

Als Wortmarke, die Produktmerkmale i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibt, fehlt der angemeldeten Marke für die fraglichen Waren zudem zwangsläufig die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 682, Rdn. 19 - BIOMILD, sowie EuG, Urteil vom 12. Juni 2007, in der Rechtssache T 190/05, Rdn. 39 - "TWIST & POUR", beide Urteile jeweils zu den entsprechenden Schutzhindernissen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c GMV).

Soweit die Anmelderin verschiedene Voreintragungen angeführt hat, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass aus Voreintragungen möglicherweise vergleichbarer, aber möglicherweise auch löschungsreifer Marken kein Anspruch auf Eintragung abgeleitet werden kann (st. Rspr., vgl. hierzu BPatG BlPMZ 2007, 236; 238 f. - CASHFLOW, sowie BPatGE 49, 178, 182 ff - Papaya, beide Entscheidungen jeweils m. w. N.). Diese Rechtsprechung ist durch verschiedene Entscheidungen des EuGH und des EuG zum Gemeinschaftsmarkenrecht immer wieder gestützt worden (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 231, Rdn. 46-49 - BioID; sowie nochmals EuG, Urteil vom 12. Juni 2007, in der Rechtssache T 190/05, a. a. O, Rdn. 65 - "TWIST & POUR"). Eine Bindung durch Voreintragungen wäre im Übrigen auch nicht mit der gesetzlich vorgegebenen Möglichkeit zu vereinbaren, eingetragene Marken wegen bestehender absoluter Schutzhindernisse wieder zu löschen (vgl. Ströbele, a. a. O., § 8 Rdn. 25). Zwar sind die Bedenken der Anmelderin darüber nachzuvollziehen, dass ein und dieselbe Markenstelle ihre eigene Markenanmeldung zurückweist, die identische Wortmarke einer ihrer Mitbewerber aber einträgt. Insoweit ist aber darauf hinzuweisen, dass es bei der Vielzahl von Anmeldeverfahren, die von den Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts zu bearbeiten sind, nicht auszuschließen ist, dass bei aller Sorgfalt immer wieder Marken Eingang in das Register finden, denen der Schutz eigentlich hätte versagt werden müssen. In diesen Fällen ist es nach den gesetzlichen Vorgaben die Sache der Wettbewerber, die Löschung einer solchen Marke zu beantragen.

Die Beschwerde musste somit erfolglos bleiben.

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Beschluss v. 11.07.2007
Az: 28 W (pat) 6/07


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