Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 10/00

(BPatG: Beschluss v. 20.06.2001, Az.: 29 W (pat) 10/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 20. Juni 2001 (Aktenzeichen 29 W (pat) 10/00) eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Wortmarke mit dem Namen "PlauderLine" abgewiesen. Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung teilweise abgelehnt, da die angemeldete Wortkombination keine Unterscheidungskraft aufweisen würde und lediglich als beschreibende Angabe wirke. Die Wortkombination setze sich zusammen aus dem deutschen Wortteil "plauder" und dem englischen Wort für "Netzverbindung, Telefonverbindung". Das Gericht stimmte dieser Einschätzung zu und befand, dass die angemeldete Marke keine ausreichende Unterscheidungskraft besitze. Die Wortkombination werde vom Verkehr als Bezeichnung für eine Leitung oder Anschluss verstanden, die ungezwungene Gespräche ermöglicht. Daher fehle der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft für die zurückerwiesenen Waren und Dienstleistungen. Die Beschwerde der Anmelderin wurde demnach zurückgewiesen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine genaue Prüfung der einzelnen Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf eine konkrete beschreibende Bedeutung oder Freihaltungsbedürfnis nicht erforderlich ist. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts beruht auf dem § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nach dem einer Marke die Unterscheidungskraft fehlt, wenn ihr ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und sie ein leicht verständlicher Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache ist, der vom Verkehr nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Diese Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM).




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.06.2001, Az: 29 W (pat) 10/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke

"PlauderLine"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 28. Oktober 1999 teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen:

"elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik;

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen".

Der angemeldeten Marke fehle für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Die angemeldete Kennzeichnung wirke lediglich als beschreibende Angabe. Die Wortkombination setze sich zusammen aus dem Zeichenteil "plauder" (Wortelement für "zwangloses Erzählen, ungezwungene Unterhaltung") und aus dem englischen Wort für "Netzverbindung, Telefonverbindung", das auch dem inländischen Verkehrs aus eingedeutschten Wörtern wie "Hotline, online" bekannt sei. In seiner Gesamtheit wirke die angemeldete Wortzusammensetzung als sprachüblich gebildeter Hinweis darauf, dass mittels der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ein entspanntes Gespräch, ein Plaudern mit einer anderen Person ermöglicht werde. Damit stehe die angemeldete Bezeichnung in einem unmittelbaren Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen, die entweder dem Unterhalten dienten oder deren Gegenstand eine "PlauderLine" sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Wortmarke sei unterscheidungskräftig, weil es keine konkreten Anhaltspunkte für die Schutzunfähigkeit in Bezug auf die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen gebe. Nach Rechtsprechung und Lehre sei es kaum noch möglich, Wortmarken wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückzuweisen. Der vorliegenden Kennzeichnung könne weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden noch handele es sich um einen gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache. Es bestehe kein direkter oder übertragener Zusammenhang zwischen der angemeldeten Wortkombination und den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Es handele sich um die Kombination eines deutschsprachigen mit einem englischsprachigen Ausdruck, die schon wegen der vielfältigen Deutungsmöglichkeiten von "Line" unklar sei. Auch ein Freihaltungsbedürfnis sei nicht gegeben, weil die nicht nachweisbare angemeldete Wortzusammenstellung keinen hinreichend klaren und konkreten beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen aufweise.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf das Ergebnis einer Internet-Recherche des Senats, Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die verfahrensgegenständlichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen, weil der Marke für diese Waren und Dienstleistungen jedenfalls die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Zwar setzt sich die angemeldete Wort Kombination aus dem deutschen Wortelement "Plauder" (abgeleitet von "plaudern" = sich gemütlich und zwanglos unterhalten, vgl. Duden, Deutsches Universal Wörterbuch A-Z, 3. Aufl.) und einem ursprünglich englischen Wortelement zusammen. Jedoch wirkt diese Wortzusammensetzung nicht sprachlich unüblich, weil "Line" weitgehend in die deutsche Sprache übernommen worden ist und in der Werbesprache - insbesondere auf dem Gebiet der Telekommunikation und Elektronik - zum Teil auch Kombinationen mit englischen Fachwörtern üblich sind (z. B. chatten, online gehen, Onlinedienst usw.) Da "Line" in der Bedeutung "Leitung, Anschluss" in vielen Ausdrücken, die auch in die deutsche Sprache übernommen worden sind (online, Hotline), vorkommt, wird der Verkehr die angemeldete Wortkombination ohne weiteres als Bezeichnung für eine Leitung, einen Anschluss oder eine Einrichtung halten, die ungezwungene, eher belanglose Gespräche ermöglicht, und die entsprechend existierenden zusammengesetzten Begriffen wie "Plauderstunde, Plaudertasche, Plauderton" gebildet ist, auffassen. Es handelt sich offensichtlich um die wörtliche Übersetzung des gebräuchlichen englischen Begriffs "Chatline", der einen Telefonanschluss oder Internetseiten bzw Internetadressen bezeichnet, über die ein Plaudern (auch im übertragenen Sinn per Tastatur in so genannten "Chatrooms") über bestimmte Themen möglich ist. Eine solche wörtliche Übersetzung wirkt auch nicht im von englischen Ausdrücken dominierten Gebiet der Telekommunikation und Elektronik unüblich, weil in Verbindung mit "chatten" von "Plauderecken" oder "Plauderplattformen" gesprochen wird (vgl. Loskant, Das neue Trendwörter Lexikon, Bertelsmann, Stichwörter "chatten ..." und "Plauder-Plattform"). Die Verwendung des angemeldeten Begriffs ist im Internet auch tatsächlich nachweisbar. Einmal ist er Bestandteil einer Internetadresse, die zu Internetseiten führt, auf denen man zu bestimmten Ereignissen oder Themen Gedanken austauschen kann (http://www.sigsagsug.ch/plauderline2/default .htm). Jedoch ist hier der Gebrauch nicht ganz klar als beschreibend erkennbar. In einem Zeitungsartikel allerdings wird der Begriff rein beschreibend für eine Telefonverbindung verwendet, über die man belanglose Gespräche führen oder auch nur zuhören kann (Neues Bülacher Tagblatt v. 21. September 2000, Artikel "Fernmeldespezialist linkte die Swisscom"). In Verbindung mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bezeichnet die angemeldete Wortkombination deshalb lediglich die Beschaffenheit oder den Gegenstand.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die angemeldete Wortzusammensetzung konkret beschreibende Zusammenhänge in Bezug auf alle verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen aufweist, für die zum Teil die Eignung oder Bestimmung zur Erstellung oder zum Betrieb einer "PlauderLine" keine spezifische Eigenschaft, sondern eine Verwendungsmöglichkeit unter vielen sein mag. Auch wenn man daran zweifeln kann, ob noch eine unmittelbare Beschreibung für diese beanspruchten Waren und Dienstleistungen, etwa "elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen" vorliegt, und insofern ein ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis jedenfalls zweifelhaft ist, braucht diese Frage hier nicht erörtert zu werden.

3. Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls für sämtliche zurückgewiesenen und noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"; WRP 2000, 741 "LOGO"; BGH WRP 2001, 35 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"). Dies ist hier der Fall. Die angemeldete Wortzusammensetzung eignet sich als Hinweis auf die Beschaffenheit oder Bestimmung der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die angemeldete Marke nimmt damit auf eine konkrete vorteilhafte Eigenschaft aller zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Marke in werbeüblicher, leicht verständlicher Form Bezug und wirkt wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für sämtliche dieser beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als Sachhinweis, nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb. Dies gilt auch für die Waren und Dienstleistungen, die nicht unmittelbar und konkret beschrieben werden, weil zu diesen Waren und Dienstleistungen jedenfalls ein enger sachlicher Bezug besteht. So gehört das Erstellen, Betreiben, Überwachen, Abrufen und Unterhalten von Kommunikationsverbindungen zu den typischen Verwendungszwecken elektronischer Geräte und Einrichtungen. Ebenso sind die angemeldeten Dienstleistungen sämtlich für das Erstellen und Betreiben oder das In-Anspruch-Nehmen einer Kommunikationsverbindung unerlässlich.

4. Diesem Ergebnis kann nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt entgegengehalten werden. Zum einen handelt es sich bei der Marke - anders als bei den zitierten Entscheidungen - um eine für die entscheidungserheblichen Waren und Dienstleistungen klare, unmissverständliche Sachangabe, die keine noch so geringe Unterscheidungskraft besitzt. Solche Marken aber sind auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und des HABM schutzunfähig, wie etwa auch die Gemeinschaftsmarkenanmeldung "DIRECT LINE" (vgl. HABM R0544/99-3, veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen, Version 5.3). Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand von Entscheidungen über Drittzeichen, sondern jeweils im Einzelfall zu beurteilen (vgl. zur Problematik von Paralleleintragungen BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rn. 84 ff. mwN).

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BPatG:
Beschluss v. 20.06.2001
Az: 29 W (pat) 10/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/0dbcf6d9289b/BPatG_Beschluss_vom_20-Juni-2001_Az_29-W-pat-10-00




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