Bundespatentgericht:
Urteil vom 22. Juni 2010
Aktenzeichen: 5 Ni 91/09

(BPatG: Urteil v. 22.06.2010, Az.: 5 Ni 91/09)

Tenor

I. Das deutsche Patent 103 08 538 wird für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 103 08 538 (Streitpatent), das am 27. Februar 2003 angemeldet worden ist und ein Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, eine Schlitzwandfräse und eine Schlitzwandfräsvorrichtung betrifft. Das Streitpatent umfasst 9 Patentansprüche, von denen die unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 6 folgenden Wortlaut haben:

1. Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem -mindestens ein an einem Rahmen (20) einer Schlitzwandfrä

se (10) angeordnetes Fräsrad (12, 12') durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt wird,

- die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird, wobei unterhalb des Fräsrades (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (3) hergestellt wird, und -der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird, dadurch gekennzeichnet,

-dass die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchlitz (3) eingeleitet wird,

-dass das abgeräumte Bodenmaterial von dem Fräsrad (12, 12') gezielt in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) gefördert wird,

-dass das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird, und -dass das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz (3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird.

4. Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes, mit einem Rahmen (20) und mindestens einem am Rahmen (20) angeordneten Fräsrad (12, 12'), wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, -dass durch den Freiraum (6) abgeräumtes Bodenmaterial von dem mindestens einen Fräsrad (12, 12') gezielt an dem Rahmen (20) vorbei in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) förderbar ist, und - dass am Rahmen (20) eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist.

6. Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellen einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit -einem Trägergerät (30) und -einer Schlitzwandfräse (10) nach einem der Ansprüche 4 oder 5, welche im Wesentlichen vertikal verstellbar am Trägergerät (30) angeordnet ist, wobei -die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung verschiebbar geführt ist.

Wegen der jeweils rückbezogenen Unteransprüche 2, 3, 5 und 7 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Weiter macht sie geltend, der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich angemeldet wurde. Ebenso werde die Erfindung im Patent nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Die Klägerin stützt ihre Klagebegründung auf folgende Druckschriften:

(NK 4-1) JP 7-54334 -im Original (NK 4-1a) und in beglaubigterdeutscher Übersetzung (NK 4-1b) (NK 4-2) US 53 68 083 A (NK 4-3) JP 9-273150 -im Original (NK 4-3a) und in englischer

(Maschinen-)Übersetzung (NK 4-3b) (NK 4-4) JP 11-200404 -im Original (NK 4-4a) und in englischer (Maschinen-)Übersetzung (NK 4-4b) (NK 4-5) JP 8-302670 -im Original (NK 4-5a) und in englischer

(Maschinen-)Übersetzung (NK 5-2b) (NK 4-6) DE 40 08 207 A1 (NK 4-7) JP 2000-160592 -im Original (NK 4-7a) und in englischer (Maschinen-)Übersetzung (NK 4-7b)

(NK 4-8) JP 7-216934-im Original (NK 4-8a) und in englischer (Maschinen-)Übersetzung (NK 4-8b) (NK 4-9) JP 8-177078 im Original (NK 4-9a) und in englischer (Maschinen-)Übersetzung (NK 4-9b).

Weiter hat die Klägerin in der Verhandlung die Prospekte "BG 9H -BG 18H Heavy-Duty Rotary Drilling Rings" von 2000 (NK 4-10) und "Geräteprogramm" von April 1996 vorgelegt, die das Firmenemblem der Beklagten tragen. Die Beklagte hat innerhalb der eingeräumten Schriftsatzfrist zugestanden, dass es sich um von ihrem Konzern stammende Prospekte handelt und nicht bestritten, dass diese der Öffentlichkeit vor dem Anmeldetag des Streitpatents zugänglich waren.

Die Klägerin stellt den Antrag, das deutsche Patent 103 08 538 im vollen Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 vom 12. März 2010 sowie weiter hilfsweise mit den in der Verhandlung übergebenen Hilfsanträgen 3 und 4, letzterem nach Maßgabe der im Verhandlungsprotokoll vermerkten Änderungen.

Die Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags 1 lauten:

1. Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem - zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') an einer Unterseite eines Rahmens (20) einer Schlitzwandfräse (10) angeordnet sind und durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt werden,

-an einer von den Fräsrädern (12, 12') abgewandten Oberseite des Rahmens (20) eine Führungsstange (33) befestigt ist, mit welcher die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird, wobei unterhalb der Fräsräder (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (3) hergestellt wird, und -der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird, wobei -die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchlitz (3) eingeleitet wird,

-der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, durch welchen das abgeräumte Bodenmaterial von den zwei Paaren von Fräsrädern (12, 12') gezielt in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz (3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird, und -der Rahmen (20) von der Unterseite, an der die zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') angeordnet sind, zu seiner Oberseite, an der die Führungsstange (33) befestigt ist, hin verjüngend ausgebildet ist.

2.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') reversierend angetrieben werden.

3.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitzwandfräse (10) bei der Herstellung des Frässchlitzes (3) zumindest zeitweise in eine alternierende Aufwärts-/Abwärtsbewegung versetzt wird.

4.

Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes, mit einem Rahmen (20) und zwei Paaren von Fräsrädern (12, 12'), welche an einer Unterseite des Rahmens (20) angeordnet sind, wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, durch den abgeräumtes Bodenmaterial von den zwei Paaren von Fräsrädern (12, 12') gezielt an dem Rahmen (20) vorbei in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) förderbar ist, am Rahmen (20) eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist, wobei -an einer von den Fräsrädern (12, 12') abgewandten Oberseitedes Rahmens (20) eine Führungsstange (33) befestigt ist, und - der Rahmen (20) von der Unterseite, an der die zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') angeordnet sind, zu seiner Oberseite, an der die Führungsstange (33) befestigt ist, hin verjüngend ausgebildet ist.

5.

Schlitzwandfräse (10) nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') eine für eine reversierende Drehbewegung geeignete Fräszahnanordnung aufweisen.

6.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellung einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit -einem Trägergerät (30) und -einer Schlitzwandfräse (10) nach einem der Ansprüche 4 oder 5, welche im Wesentlichen vertikal verstellbar am Trägergerät (30) angeordnet ist, wobei -die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung verschiebbar geführt ist.

7.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Linearführungseinrichtung als Führungsstange (33) eine Teleskopstange aufweist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist.

8.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Linearführungseinrichtung eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) aufweist, durch welche die Führungsstange (33) hindurchgeführt ist.

9.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass am Trägergerät (30) ein Stellantrieb, insbesondere ein Seilzug-Mechanismus (37), zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

Die Ansprüche 1 bis 8 des Hilfsantrags 2 lauten:

1. Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem - mindestens ein an einem Rahmen (20) einer Schlitzwandfräse (10) angeordnetes Fräsrad (12, 12') durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt wird,

-die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird, wobei unterhalb des Fräsrades (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchild (3) hergestellt wird, wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, und -der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird,

-die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchild (3) eingeleitet wird,

-durch den Freiraum (6) das abgeräumte Bodenmaterial von dem Fräsrad (12, 12') gezielt in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz (3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird,

-wobei die Schlitzwandfräse (10) an einem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit einer Führungsstange (33) verschiebbar geführt wird und -die Führungsstange (33) mit einem Stellantrieb am Trägergerät (30) vertikal verfahren wird,

-wobei zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsvorrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) übertragen wird.

2.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') reversierend angetrieben wird.

3.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitzwandfräse (10) bei der Herstellung des Frässchlitzes (3) zumindest zeitweise in eine alternierende Aufwärts-/Abwärtsbewegung versetzt wird.

4. Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellen einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit -einem Trägergerät (30) und -einer Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes (3), mit einem Rahmen (20) und -mindestens einem am Rahmen (20) angeordneten Fräsrad (12, 12'), -wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, wobei -durch den Freiraum (6) abgeräumtes Bodenmaterial von dem mindestens einen Fräsrad (12, 12') gezielt an dem Rahmen (20) vorbei in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) förderbar ist, und -am Rahmen (20) eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist, -wobei die Schlitzwandfräse (10) im Wesentlichen vertikal verstellbar am Trägergerät (30) angeordnet ist, und - die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit Führungsstange (33) verschiebbar geführt ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist, und -einem Stellantrieb am Trägergerät (30) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33),

-wobei der Stellantrieb dazu ausgelegt ist, zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft der Schlitzwandfräse (10) vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) zu übertragen.

5.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') eine für eine reversierende Drehbewegung geeignete Fräszahnanordnung aufweist.

6.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Führungsstange (33) eine Teleskopstange ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist.

7.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Linearführungseinrichtung eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) aufweist, durch welche die Führungsstange (33) hindurchgeführt ist.

8.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass als Stellantrieb ein Seilzug-Mechanismus (37) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

Die Ansprüche 1 bis 7 des Hilfsantrags 3 lauten:

1. Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem - mindestens ein an einem Rahmen (20) einer Schlitzwandfräse (10) angeordnetes Fräsrad (12, 12') durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt wird,

-die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird wobei unterhalb des Fräsrades (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (3) hergestelltes wird, wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, und -der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird,

-die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchlitz (3) eingeleitet wird,

-durch den Freiraum (6) das abgeräumte Bodenmaterial von dem Fräsrad (12, 12') gezielt in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz 3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird,

-wobei die Schlitzwandfräse (10) an einem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit einer Führungsstange (33), welche durch eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) hindurchgeführt ist, verschiebbar geführt wird, und -die Führungsstange (33) mit einem Stellantrieb am Trägergerät (30) vertikal verfahren wird,

-wobei zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsvorrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) übertragen wird.

2.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') reversierend angetrieben wird.

3.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitzwandfräse (10) bei der Herstellung des Frässchlitzes (3) zumindest zeitweise in eine alternierende Aufwärts-/Abwärtsbewegung versetzt wird.

4.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellen einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit -einem Trägergerät (30) und -einer Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes (3), -mit einem Rahmen (20) und -mindestens einem am Rahmen (20) angeordneten Fräsrad (12, 12'),

-wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, wobei -durch den Freiraum (6) abgeräumtes Bodenmaterial von dem mindestens einen Fräsrad (12, 12') gezielt an dem Rahmen (20) vorbei in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) förderbar ist, und -am Rahmen (20) eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist, -wobei die Schlitzwandfräse (10) im Wesentlichen vertikal verstellbar am Trägergerät (30) angeordnet ist,

- die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit Führungsstange (33) verschiebbar geführt ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist, und -die Linearführungseinrichtung eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) aufweist, durch welche die Führungsstange (33) hindurchgeführt ist, und -einem Stellantrieb am Trägergerät (30) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33),

-wobei der Stellantrieb dazu ausgelegt ist, zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft der Schlitzwandfräse (10) vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) zu übertragen.

5.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') eine für eine reversierende Drehbewegung geeignete Fräszahnanordnung aufweist.

6.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Führungsstange (33) eine Teleskopstange ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist.

7.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass als Stellantrieb ein Seilzug-Mechanismus (37) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

Die Ansprüche 1 bis 7 des Hilfsantrags 4 lauten:

1. Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem -mindestens ein an einem Rahmen (20) einer Schlitzwandfräse (10) angeordnetes Fräsrad (12, 12') durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt wird,

- die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird, wobei unterhalb des Fräsrades (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (3) hergestellt wird, wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, und -der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird,

-die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchlitz (3) eingeleitet wird,

-durch den Freiraum (6) das abgeräumte Bodenmaterial von dem Fräsrad (12, 12') gezielt in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird,

-das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz (3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird,

-wobei die Schlitzwandfräse (10) an einem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit einer Führungsstange (33), welche durch eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) hindurchgeführt ist, verschiebbar geführt wird, und -die Führungsstange (33) mit einem Stellantrieb am Trägergerät (30) vertikal verfahren wird,

-wobei der Stellantrieb dazu ausgelegt ist, zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) zu übertragen und als Stellantrieb ein Seilzug-Mechanismus (37) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

2.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') reversierend angetrieben wird.

3.

Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitzwandfräse (10) bei der Herstellung des Frässchlitzes (3) zumindest zeitweise in eine alternierende Aufwärts-/Abwärtsbewegung versetzt wird.

4.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellen einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit -einem Trägergerät (30) und -einer Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes (3), -mit einem Rahmen (20) und -mindestens einem am Rahmen (20) angeordneten Fräsrad (12, 12'),

-wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, wobei -durch den Freiraum (6) abgeräumtes Bodenmaterial von dem mindestens einen Fräsrad (12, 12') gezielt an dem Rahmen (20) vorbei in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) oberhalb des Rahmens (20) förderbar ist, und - am Rahmen (20) eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist, -wobei die Schlitzwandfräse (10) im Wesentlichen vertikal verstellbar am Trägergerät (30) angeordnet ist,

-die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit Führungsstange (33) verschiebbar geführt ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist, und -die Linearführungseinrichtung eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) aufweist, durch welche die Führungsstange (33) hindurchgeführt ist, und -einem Stellantrieb am Trägergerät (30) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33),

-wobei der Stellantrieb dazu ausgelegt ist, zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) zu übertragen und als Stellantrieb ein Seilzug-Mechanismus (37) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

5.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Fräsrad (12, 12') eine für eine reversierende Drehbewegung geeignete Fräszahnanordnung aufweist.

6.

Schlitzwandfräsvorrichtung (1) nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Führungsstange (33) eine Teleskopstange ist, an welcher die Schlitzwandfräse (10) gelagert ist.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig, zumindest in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen. Im nachgelassenen Schriftsatz vertieft die Beklagte nochmals ihren Standpunkt, die in der Verhandlung vorgelegten Prospekte seien nicht patenthindernd.

Im Verletzungsverfahren vor dem Landgericht München I, Az. 21 O 10125/07, erfolgte am 28. Mai 2008 Aussetzung (Anlage NK 7).

Gründe

Die Klage, mit der die in § 22 Abs. 2 i. V. m § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 PatG vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der unzureichenden Offenbarung der Ausführbarkeit und des Hinausgehens des Patentgegenstandes über die ursprüngliche Offenbarung geltend gemacht werden, ist zulässig und begründet.

Die in der Verhandlung vorgelegten Prospekte waren bei der Entscheidung zu berücksichtigen, nachdem die Beklagte zugestanden hat, sie stammten aus ihrem Konzern. Wenn im Schriftsatz der Beklagten vom 22. April 2010 von verspätet vorgelegten Prospekten die Rede ist (S. 4 unten), trifft dies nach derzeitiger Rechtslage schon grundsätzlich nicht zu, weil die Präklusionsvorschriften der ZPO im Patentnichtigkeitsverfahren keine Anwendung finden (vgl. Schulte, PatG 8. Aufl., Einleitung Rz. 186). Im Übrigen erfolgte die Vorlage als Reaktion auf eine geänderte bzw. zusätzliche hilfsweise Verteidigung der Beklagten. Fraglich erscheint daher allenfalls, nachdem inhaltlich die Prospekte in der Verhandlung diskutiert waren und die Schriftsatzfrist ausdrücklich nur zur Prüfung ihrer Identität eingeräumt war, ob das im nachgelassenen Schriftsatz enthaltene inhaltliche Vorbringen der Beklagten berücksichtigt werden durfte. Auch bei dessen Berücksichtigung sieht der Senat aber keinen Grund zur Änderung seiner Auffassung zur fehlenden Patentfähigkeit, so dass von einer sonst erforderlichen Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zur Gewährung rechtlichen Gehörs für die Gegenseite abgesehen werden konnte.

I.

1. Das Streitpatent befasst sich mit der Herstellung von Schlitzwänden im Boden (Verfahren) sowie den hierzu eingesetzten Vorrichtungen. Schlitzwände dienen insbesondere zur Abschottung von Bodenbereichen gegeneinander und/oder zur Sicherung einer nachträglich auszuhebenden Baugrube gegen nachdrückende Bodenoder Wassermassen, beispielsweise im Tunnelbau. Zur Herstellung einer Schlitzwand wird mit geeigneten Baumaschinen ein der späteren Wandbreite entsprechender Schlitz ausgehoben oder ausgefräst, wobei die entstehenden Seitenwände gegen Nachrutschen gesichert werden müssen. Schließlich wird in den fertigen Schlitz ein aushärtendes Material (i. d. R. eine Zementsuspension mit Zuschlagstoffen) eingebracht, welches nach Aushärten die fertige Schlitzwand bildet. Dem angegriffenen Patent liegt nun die Aufgabe zugrunde, ein solches Herstellungsverfahren sowie die hierzu geeigneten Vorrichtungen hinsichtlich Materialund Zeitaufwand zu verbessern. Zur Lösung dieser Aufgabe gibt der Patentanspruch 1 des Streitpatents die Lehre, mittels an einem Rahmen angeordneter Fräsräder, welche zusammen eine sog. Schlitzwandfräse bilden, den Boden im Schlitz abzutragen und in einem Arbeitsgang aus dem abgetragenen Bodenmaterial und einer über eine Zuführung eingeleitete abbindende Flüssigkeit, beispielsweise eine Zement-Wasser-Suspension, in situ die spätere Wand auszubilden, wobei das Gemisch aus Bodenmaterial und Suspension zugleich die Stützfunktion für die Wände des Schlitzes während der Herstellung übernimmt. Damit braucht das abgefräste Bodenmaterial nicht, wie bisher überwiegend üblich, erst an die Oberfläche transportiert, dort gemischt und sodann wieder in den Schlitz eingebracht werden. Auch entfällt bei dem streitpatentlichen Verfahren das zwischenzeitliche Abstützen der Schachtwände mittels einer separaten Stützflüssigkeit. In den nebengeordneten Patentansprüchen 4 und 6 werden eine für dieses Verfahren geeignete Schlitzwandfräse und eine Schlitzwandfräsvorrichtung beansprucht, wobei letztere fakultativ auf vorangehende Ansprüche rückbezogen ist.

Nach Merkmalen gegliedert lauten die nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 6 in der erteilten Fassung (der Nummerierung durch die Klägerin gem. Anlage NK 3, Bl. 11 bis 13 GA, folgend):

1.0 Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden, bei dem 1.1.1 mindestens ein an einem Rahmen (20) einer Schlitzwandfräse (10) angeordnetes Fräsrad (12, 12')

1.1.2 durch einen Antrieb (15, 15') in eine Drehbewegung versetzt wird, 1.2.1 die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird, 1.2.2 wobei unterhalb des Fräsrades (12, 12') befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (3) hergestellt wird, und 1.3 der Frässchlitz (3) mit einer abbindbaren Flüssigkeit aufgefüllt wird, dadurch gekennzeichnet, 1.4 dass die abbindbare Flüssigkeit am Rahmen (20) in den Frässchlitz (3) eingeleitet wird, 1.5.1 dass das abgeräumte Bodenmaterial von dem Fräsrad (12, 12')

1.5.2 gezielt 1.5.3 in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) gefördert wird, 1.6 dass das abgeräumte Bodenmaterial im Frässchlitz (3) mit der abbindbaren Flüssigkeit durchmischt wird, und 1.7 dass das abgeräumte Bodenmaterial zumindest teilweise im Frässchlitz (3) zum Bilden der Schlitzwand belassen wird.

4.1 Schlitzwandfräse (10) zum Herstellen eines Frässchlitzes, 4.1 mit einem Rahmen (20) und 4.2 mindestens einem am Rahmen (20) angeordneten Fräsrad (12, 12'), 4.3.1 wobei der Querschnitt des Rahmens (20) kleiner als der Querschnitt des Frässchlitzes (3)

4.3.2 unter Bildung eines Freiraumes (6) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, 4.4.1 dass durch den Freiraum (6) abgeräumtes Bodenmaterial 4.4.2 von dem mindestens einen Fräsrad (12, 12')

4.4.3 gezielt 4.4.4 an dem Rahmen (20) vorbei 4.4.5 in einen rückwärtigen Bereich (4) des Frässchlitzes (3) förderbar ist, und 4.5.1 dass am Rahmen (20)

4.5.2 eine Zuführeinrichtung (41) zum Zuführen einer Flüssigkeit in den Frässchlitz (3) angeordnet ist.

6.0 Schlitzwandfräsvorrichtung (1) zum Herstellen einer Schlitzwand, insbesondere mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit 6.1 einem Trägergerät (30) und 6.2.1 einer Schlitzwandfräse (10) nach einem der Ansprüche 4 oder 5, 6.2.2 welche im Wesentlichen vertikal verstellbar 6.2.3 am Trägergerät (30) angeordnet ist, 6.3 wobei die Schlitzwandfräse (10) an dem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung verschiebbar geführt ist.

2.

Als maßgeblichen Durchschnittsfachmann sieht der Senat einen Maschinenbau-Ingenieur mit besonderen Kenntnissen in Konstruktion und Einsatz von Baumaschinen für den Tiefbau an.

3.

Nach dem Verständnis dieses Fachmanns geht der Gegenstand des Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich angemeldet wurde. Gegen den diesbezüglichen Vorhalt der Klägerin, die im Erteilungsverfahren erfolgte Hinzunahme des Adverbs "gezielt" (Merkmal 1.5.2) bezüglich des Förderns von abgeräumtem Bodenmaterial in einen rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes (Merkmale 1.5.1 und 1.5.3) finde nirgendwo in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen eine Stütze und stelle damit eine unzulässige Erweiterung des Anmeldungsgegenstandes dar, führt die Beklagte die Zeilen 9 bis 11 in Absatz [0011] der die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen repräsentierenden Offenlegungsschrift an. Mit der dortigen Angabe,

"Das abgeräumte Bodenmaterial wird erfindungsgemäß von dem Fräsrad in einen rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes gefördert"

sei implizit ausgesagt, zumindest ein Schwerpunkt der Erfindung liege gerade in dieser so und nicht anders gewollten Förderrichtung; die Ergänzung "gezielt" stelle damit lediglich eine (insoweit zulässige) Klarstellung dar.

Der Senat schließt sich dieser Argumentation an und verneint eine unzulässige Erweiterung i. S. § 21 (1). 4 PatG. Im Gegensatz zu Änderungen in einem bereits erteilten Patent können nämlich im Erteilungsverfahren Klarstellungen in den Patentanspruch aufgenommen werden, solange sie durch die Ursprungsoffenbarung gedeckt sind.

4. Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Klägerin bezweifelt die Ausführbarkeit der Lehre nach dem auf den unabhängigen Patentanspruch 4 rückbezogenen Anspruch 5 bezüglich des Merkmals 5.1,

"dass das mindestens eine Fräsrad eine für eine reversierende Drehbewegung geeignete Fräszahnanordnung aufweist".

Diese Angabe sei lediglich aufgabenhaft, ohne dem Fachmann im Rahmen der Patentschrift hinreichend Mittel zu offenbaren, wie diese Aufgabe zu lösen sei. Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Denn es ist ohne Weiteres in das Fachwissen des hier zuständigen Fachmanns zu stellen, wie er Fräszähne auszubilden und anzuordnen hat, damit sie in beiden Drehrichtungen des Fräsrades wirksam sind. So können etwa alle Zähne am Umfang mit doppelseitigen Schneiden versehen oder Zähne mit einseitigen Schneiden jeweils um 180¡ versetzt abwechselnd am Umfang angeordnet sein.

5. Der Gegenstand des Streitpatents ist jedoch nicht patentfähig.

5.1 Zum Hauptantrag 5.1.1 Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) nicht neu.

Im Folgenden wird unter Anwendung der oben aufgeführten Merkmalsgliederung zu Einzelheiten aus den Figuren auf die Originaldruckschrift selbst (NK4-1a) und hinsichtlich Fundstellen im Text auf die unbestritten authentische deutsche Übersetzung (NK 4-1b) Bezug genommen.

Die eine Schlitzwandfräse betreffende JP 7-54334 offenbart neben der hierfür vorgesehenen Vorrichtung auch explizit ein Verfahren zum Herstellen einer Schlitzwand im Boden gem. Merkmal 1.0 des erteilten Patentanspruchs 1 (s. dort insbesondere Abs. 0008 bis 0015 der deutschen Übersetzung: "Anwendung" und "Praxisbeispiel").

Im Einzelnen umfasst dieses bekannte Verfahren in Übereinstimmung mit den entsprechenden Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1:

-Merkmale 1.1.1, 1.1.2: Zwei an einem Rahmen (7) der Schlitzwandfräse angeordnete Fräsräder (Frästrommeln 8) werden durch einen Antrieb in eine Drehbewegung versetzt (s. u. a. Abs. 0015);

-Merkmale 1.2.1, 1.2.2: Die Schlitzwandfräse wird mit dem Rahmen in den Boden abgesenkt, wobei unterhalb der Fräsräder befindliches Bodenmaterial abgeräumt und ein Frässchlitz (E1) hergestellt wird (ebd.);

-Merkmal 1.3: Der Frässchlitz wird mit einer abbindbaren Flüssigkeit ("Verbundmasse") aufgefüllt (ebd.);

-Merkmal 1.4: Die abbindbare Flüssigkeit wird am Rahmen in den Frässchlitz eingeleitet (ebd., s. insbesondere die Angabe "... aus dem Injektionsventil 7a am Rahmen 7 gepresst";

-Merkmale 1.5.1 -1.6: Wohin das abgeräumte Bodenmaterial bei dem Verfahren nach der NK 4-1 von den Frästrommeln gefördert wird, ist dort zwar nicht explizit angegeben; um gemäß dem hierbei vorgesehenen Verfahrensschritt zur Durchmischung des abgeräumten Materials mit der abbindbaren Flüssigkeit über die dortigen Rührtrommeln (9) in deren Arbeitsbereich zu gelangen, muss jedoch letztlich das Material zwangsläufig in den entsprechenden rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes gelangen, wo nach der Fig. 2 der NK 4-1 eben die Rührtrommeln (9) angeordnet sind. Im Übrigen verbleibt während der Vorwärtsbewegung der Schlitzwandfräse in Richtung des anstehenden Bodens gar kein anderer Platz, wo das Material zur Ablage kommen kann, so dass es zwangsläufig von den Fräsrädern (8) über die Rührtrommeln (9) in einen rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes gefördert wird. Inwieweit diese zwangsweise Förderung als "gezielt" i. S. des (zur Klarstellung aufgenommenen) Merkmals 1.5.2 zu verstehen ist, kann deswegen dahinstehen, weil aufgrund derselben Randbedingungen und Wirkmechanismen sowohl bei dem streitgegenständlichen Verfahren als auch bei dem nach der NK 4-1 jeweils derselbe Effekt auftritt.

-Merkmal 1.7: Das abgeräumte Bodenmaterial wird zumindest teilweise im Frässchlitz zum Bilden der Schlitzwand belassen. Ein anderes Vorgehen -etwa ein Herausbefördern des gesamten Bodenmaterials -ergäbe in Hinblick auf die auch dem Verfahren nach der NK 4-1 zugrunde liegende Aufgabenstellung gar keinen Sinn; denn es soll ja dort wie auch nach dem Streitpatent die zu erstellende Schlitzwand "in situ", also während des Herstellung des Schlitzes unter Einbeziehung des dabei anfallenden Bodenmaterials entstehen. Lediglich überschüssiges Aushubmaterial, welches wegen der beigemischten Verbundflüssigkeit anfällt, wird (wiederum zwangsläufig) nach außen entfernt. Insgesamt erfolgt somit das in der NK 4-1 offenbarte Verfahren mit denselben Verfahrensschritten wie sie im streitgegenständlichen Patentanspruch 1 beansprucht sind.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang anführt, bei dem Verfahren nach der NK 4-1 kämen zusätzlich zu den Fräsrädern sog. Rührtrommeln zum Einsatz und schon dies begründe die Neuheit des Patentgegenstandes gegenüber diesem Stand der Technik, so geht dies schon deswegen ins Leere, weil der Wortlaut des angegriffenen Patentanspruchs 1 solche Rührtrommeln nicht ausschließt.

5.1.2 Auch die Schlitzwandfräse nach dem nebengeordneten Patentanspruch 4 ist gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) nicht neu.

Wie nachfolgend im Einzelnen ausgeführt zeigt diese Druckschrift, wiederum unter Bezugnahme auf die Figuren des Originaldokuments (NK 4-1a) und den Text der deutschen Übersetzung (NK 4-1b), eine Schlitzwandfräse mit sämtlichen Merkmalen des angegriffenen Patentanspruchs 4:

-Merkmal 4.0: Abs. 0008 ff. "Anwendung" und "Praxisbeispiel"; -Merkmal 4.1: Rahmen (7) in Fig. 1 und 2; -Merkmal 4.2: Frästrommeln (8), ebd.; -Merkmale 4.3.1, 4.3.2: Gemäß Darstellung in Fig. 2b ist der Querschnitt des Rahmens (7) deutlich schmaler als die der Schlitzbreite entsprechende Außenkontur der überstehenden Frästrommeln (8) und belässt damit einen entsprechenden Freiraum;

-Merkmale 4.4.1 -4.4.5: Ergibt sich als zwangsläufige Wirkung der Rahmenanordnung (vgl. oben die Ausführungen zu den analogen Merkmalen des Patentanspruchs 1);

-Merkmale 4.5.1, 4.5.2: Injektionsventil (7a) in Fig. 2, i. V. m. Abs. 0015.

5.1.3 Schließlich ist auch die Schlitzwandfräsvorrichtung nach dem Patentanspruch 6 gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) nicht neu.

Der Anspruch 6 ist -abgesehen von einer fakultativen Rückbeziehung auf die Ansprüche 1 bis 3 (s. Merkmal 6.0) -insoweit als Nebenanspruch aufzufassen, als er bei übereinstimmender Kategorie auf eine anders bezeichnete Vorrichtung ("Schlitzwandfräsvorrichtung") gerichtet ist als der Patentanspruch 4 ("Schlitzwandfräse"). Die in Anspruch 6 beanspruchte Schlitzwandfräsvorrichtung umfasst gemäß dem Merkmal 6.2.1 die von Anspruch 4 umfasste Schlitzwandfräse sowie ein Trägergerät (Merkmal 6.1), an welchem (Merkmal 6.2.3) die vertikal verstellbare (Merkmal 6.2.2) Schlitzwandfräse mittels einer Linearführungseinrichtung verschiebbar geführt ist (Merkmal 6.3). Ein solches Trägergerät mit einer vertikal verstellbaren Linearführungseinrichtung weist jedoch bereits die Schlitzwandfräse nach der hierzu neuheitsschädlichen JP 7-54334 (NK 4-1) auf. In Fig. 1 dieser Druckschrift ist eine Trägermaschine (1) dargestellt, an welcher über eine aufund abwärts (also vertikal) bewegbare Kelly-Stange (3) die Schlitzwandfräse (4) angeordnet ist (vgl. auch Beschreibung, Abs. 0010). Da die NK 4-1 somit eine Schlitzwandfräsvorrichtung mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 6 in seiner nicht auf die Anspruch 1 bis 3 rückbezogenen Variante offenbart, ist diese ebenfalls nicht neu. Auch die fakultativ beanspruchte Einbeziehung der Merkmale eines der Patentansprüche 1 bis 3 ("insbesondere nach ...") führt nicht zu einem patentfähigen Gegenstand. Wie oben zur fehlenden Neuheit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 ausgeführt (s. Punkt 5.1.1), weist die Vorrichtung nach der NK 4-1 nämlich auch dessen explizit bzw. implizit mit umfassten gegenständlichen Merkmale auf, wie Rahmen, Fräsräder und Flüssigkeitszuführung (dort Pos. 7, 8 und 7a). Zu den weiter fakultativ mit einbezogenen Unteransprüchen 2 und 3 sei ebenfalls auf den Offenbarungsgehalt der NK 4-1 verwiesen, wo insbesondere in Abs. 0011 der Übersetzung (NK 4-1b) von in allen Richtungen drehbaren Frästrommeln die Rede ist (Anspruch 2) und in Abs. 0010 die Möglichkeit einer Aufund Abbewegung angegeben ist (Anspruch 3).

5.2 Zum Hilfsantrag 1 Zur Zulässigkeit der geänderten Patentansprüche nach den Hilfsanträgen hinsichtlich der Nichtigkeitsgründe Unzulässige Erweiterung und Unzureichende Lehre führt die Klägerin über die bereits zum Hauptantrag geäußerten Aspekte hinauskeine weiteren an. Auch der Senat sieht diesbezüglich keine Hinderungsgründe zu den Hilfsanträgen.

5.2.1 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) nicht neu. Es unterscheidet sich von dem in der erteilten Fassung beanspruchten Verfahren durch die Hinzunahme folgender Merkmale (Nummerierung durch den Senat):

-1.a Die Anordnung von zwei Paaren von Fräsrädern (12, 12') an einer Unterseite des Rahmens (20); -1.b Eine an einer von den Fräsrädern (12, 12') abgewandten Oberseite des Rahmens (20) befestigte Führungsstange (33), mit welcher die Schlitzwandfräse (10) mit dem Rahmen (20) in den Boden abgesenkt wird; -1.c Der Querschnitt des Rahmens (20) ist kleiner ausgebildet als der Querschnitt des Frässchlitzes (3), unter Bildung eines Freiraumes (6), durch welchen das abgeräumte Bodenmaterial in einen rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird; -1.d Der Rahmen (20) ist von der Unterseite, an der die zwei Paare von Fräsrädern (12, 12') angeordnet sind, zu seiner Oberseite, an der die Führungsstange (33) befestigt ist, hin verjüngend ausgebildet.

Ausweislich der Fig. 2a der NK 4-1 sind bei der dort offenbarten Schlitzwandfräse ebenfalls zwei Paare von Fräsrädern (8) an der Unterseite des Rahmens (7) angeordnet (Merkmal 1.a).

Auch weist die Schlitzwandfräse nach der NK 4-1 eine an der von den Fräsrädern (8) abgewandten Oberseite des Rahmens (7) befestigte Führungsstange (3) auf (s. Fig. 1 und 2 i. V. m. Abs. 10 der Übersetzung NK 4-1b) (Merkmal 1.b). Ferner lässt die Fig. 2 der NK 4-1 eindeutig erkennen, dass der Querschnitt des Rahmens (7) kleiner ausgebildet ist als die Kontur der Fräsräder (8), welche dem Querschnitt des Frässchlitzes entspricht (Merkmal 1.c). Schließlich ist der dortigen Fig. 2 auch zu entnehmen, dass der Rahmen (7) von der Unterseite, an der die zwei Paare von Fräsrädern (8') angeordnet sind, zu seiner Oberseite, an der die Führungsstange (3) befestigt ist, hin verjüngend ausgebildet ist (Merkmal 1.d). Damit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 in sämtlichen seiner Merkmale durch den Inhalt der NK 4-1 neuheitsschädlich vorweggenommen.

5.2.2 Auch die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 4 gemäß Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) nicht neu. Zu dem Merkmalsumfang des Patentanspruchs 4 sind nach Hilfsantrag 1 dieselben Merkmale hinzugefügt wie zu Patentanspruch 1 aufgeführt (s. oben Punkt 5.2.1). Analog zu den dort getroffenen Ausführungen kann daher für den Patentanspruch 4 nichts anderes gelten.

5.2.3 Die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 6 gemäß Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Inhalt der JP 7-54334 (NK 4-1) ebenfalls nicht neu. Nach Hauptanspruch 1 ist der Patentanspruch 6 in seiner Formulierung gegenüber der erteilten Fassung (Hauptantrag) unverändert geblieben. Soweit er aufgrund seiner obligaten und fakultativen Bezugnahme auf einen oder mehrere der Ansprüche 1 bis 5 deren gemäß Hilfsantrag 1 geänderten Merkmale mit einbezieht, schafft dies ebenfalls keinen gegenüber dem Inhalt der NK 4-1 neuen Gegenstand, da hierzu jeweils dieselben Überlegungen gelten wie zu den einzelnen vorangegangenen Patentansprüchen ausgeführt (s. oben Punkte 5.1.3, 5.2.1 und 5.2.2).

5.3 Zum Hilfsantrag 2 5.3.1 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 mag neu sein, es beruht jedoch gegenüber einer Zusammenschau der Druckschriften JP 7-54334 (NK 4-1) und JP 8-177078 (NK 4-9) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es unterscheidet sich von dem in der erteilten Fassung (Hauptantrag) beanspruchten Verfahren durch die Hinzunahme folgender Merkmale (Nummerierung ggf. in Übereinstimmung mit den gemäß Hilfsantrag 1 aufgenommenen Merkmalen):

-1.c Der Querschnitt des Rahmens (20) ist kleiner ausgebildet als der Querschnitt des Frässchlitzes (3) unter Bildung eines Freiraumes (6), durch welchen das abgeräumte Bodenmaterial in einen rückwärtigen Bereich des Frässchlitzes oberhalb des Rahmens (20) gefördert wird; -1.e Die Schlitzwandfräse (10) ist an einem Trägergerät (30) mittels einer Linearführungseinrichtung mit einer Führungsstange (33) verschiebbar geführt; -1.f Die Führungsstange (33) wird mit einem Stellantrieb am Trägergerät (30) vertikal verfahren; -1.g Zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) wird eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) übertragen.

Soweit das mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beanspruchte Verfahren in seinen Merkmalen mit dem nach dem Hauptantrag übereinstimmt, ist es, wie hierzu ausgeführt, aus der NK 4-1 bekannt (s. oben Punkt 5.1.1). Darüber hinaus ist auch das mit der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 übereinstimmende Merkmal 1.c bei dieser Schlitzwandfräse realisiert (s. oben Punkt 5.2.1). Weiterhin weist die Schlitzwandfräse nach der NK 4-1 aber auch die die Befestigung und vertikale Verstellung an einem Trägergerät mittels einer Linearführungseinrichtung mit einer Führungsstange betreffenden Merkmale 1.e und 1.f auf, welche nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 Gegenstand des Patentanspruchs 6 sind

(s. oben Punkt 5.1.3 und 5.2.3). Als hierzu unterschiedlich verbleibt beim Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 somit lediglich das Merkmal 1.g, wonach zum Vortrieb der Schlitzwandfräse eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät auf die Schlitzwandfräse übertragen wird. Wenn der Fachmann beim Herstellen des Bodenschlitzes für eine Schlitzwand einen Untergrund vorfindet, welcher aufgrund seiner Beschaffenheit einen besonders hohen Widerstand gegen das Eindringen der eingesetzten Schlitzwandfräse bietet, so dass deren Eigengewicht für ein effektives Arbeiten nicht mehr ausreicht, wird er selbstverständlich um eine Erhöhung der Vortriebskraft in Richtung auf den abzutragenden Boden bemüht sein. Sofern er dabei nicht bereits im Rahmen seines Fachwissens zu der Maßnahme gelangt, hierzu eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät auf die Schlitzwandfräse zu übertragen, so erfährt er jedenfalls aus der hier einschlägigen JP 8-177078 (NK 4-9) die entscheidende Anregung in diese Richtung. Bereits im englischsprachigen Abstract dieser Druckschrift ist diese Lösung bei übereinstimmender Aufgabenstellung ausdrücklich vorgezeichnet (s. dort "Purpose" und "Constitution", insbesondere Zeilen 8 bis 11). Zumindest in einer Zusammenschau mit der Lehre der NK 4-9 ergibt sich somit das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Inhalt der NK 4-1.

5.3.2 Auch die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 4 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag 2 umfasst eine Kombination der erteilten Patentansprüche 4 und 6 unter zusätzlicher Aufnahme des Merkmals 1.g, welches sich identisch bereits im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 findet (s. oben Punkt 5.3.1). Als unterschiedlich zu diesem Stand der Technik verbleibt beim Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag 2 somit lediglich das zusätzlich aufgenommene Merkmal 1.g, wonach zum Vortrieb der Schlitzwandfräse eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät auf die Schlitzwandfräse übertragen wird. Analog zu dem gleichlautenden Merkmal im Verfahrensanspruch nach Hilfsantrag 2 ist dieses auch in der Kombination mit dem Vorrichtungsanspruch 4 zu beurteilen, da es -unabhängig von den übrigen Merkmalen -wiederum lediglich um die Verstärkung der Kraftkomponente in Vortriebsrichtung durch eine entsprechend gerichtete Axialkraft vom Trägergerät auf die Schlitzwandfräse geht. Wie zu diesem Sachverhalt bereits ausgeführt (s. oben Punkt 5.3.1), wird der Fachmann auf diese Maßnahme durch den Inhalt der NK 4-9 hingeführt, ohne hierzu erfinderisch tätig zu werden.

5.4 Zum Hilfsantrag 3 5.4.1 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mag neu sein, es beruht jedoch gegenüber einer Zusammenschau der Druckschriften JP 7-54334 (NK 4-1) und JP 8-177078 (NK 4-9) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von dem nach Hilfsantrag 2 durch Hinzunahme des Merkmals, dass -1.h die Führungsstange (33) durch eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) hindurchgeführt ist.

Dieses Merkmal ist jedoch ebenfalls bei der Schlitzwandfräse nach der NK 4-9 realisiert, wie ganz augenscheinlich bereits das Abstract mit Zeichnung zeigt

(s. dort Hülse 14 am Führungsmast 11). Aus dieser Druckschrift erfährt der Fachmann somit -neben der grundsätzlichen Maßnahme des Aufbringens einer Axialkraft -die entscheidende Anregung zu einer vorteilhaften Führung der Führungsstange durch eine am Trägergerät angeordnete Führungshülse, so dass auch diese Merkmalskombination eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann.

5.4.2 Auch die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 4 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Analog zu Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag 2 beruht auch der nach Hilfsantrag 3 auf einer Zusammenfassung der erteilten Patentansprüche 4 und 6 unter Aufnahme des dem Patentanspruch 1 hinzugefügten Merkmals 1.h, wonach die Führungsstange (33) durch eine am Trägergerät (30) angeordnete Führungshülse (34) hindurchgeführt ist. Entsprechend ist auch die Patentfähigkeit dieses Anspruchs zu beurteilen, so dass auch dessen Gegenstand keine erfinderische Tätigkeit zugesprochen werden kann (s. oben Punkt 5.4.1).

5.5 Zum Hilfsantrag 4 5.5.1 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 mag neu sein, es beruht jedoch gegenüber einer Zusammenschau der Druckschriften JP 7-54334 (NK 4-1) und JP 8-177078 (NK 4-9) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von dem nach Hilfsantrag 3 durch eine Variation des Merkmals 1.h dahingehend, dass nunmehr -1.h' der Stellantrieb dazu ausgelegt ist, zum Vortrieb der Schlitzwandfräse (10) eine in Vortriebsrichtung gerichtete Axialkraft vom Trägergerät (30) auf die Schlitzwandfräse (10) zu übertragen, sowie durch Hinzunahme des weiteren Merkmals -1.i dass als Stellantrieb ein Seilzug-Mechanismus (37) zum vertikalen Verfahren der Führungsstange (33) vorgesehen ist.

Die Unformulierung des Merkmals 1.h zu 1.h' ist nach Auffassung des Senats für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unerheblich, da selbstverständlich auch das in der NK 4-9 offenbarte Aufbringen einer in Vortriebsrichtung gerichteten Axialkraft vom Trägergerät auf die Schlitzwandfräse impliziert, dass der Stellantrieb eben dazu ausgelegt ist. Die Maßnahme schließlich, gemäß Merkmal 1.i als Stellantrieb hierfür einen Seilzug-Mechanismus vorzusehen, erfährt der Fachmann aus dem Prospekt "BG 9H -BG 18H -Heavy-Duty Rotary Drilling Rings" (NK 4-10) der Firma Bauer, welchen die Beklagte innerhalb der eingeräumten Schriftsatzfrist als der Öffentlichkeit vor dem Anmeldetag des Streitpatents zugängliche Unterlage aus ihrer Firma anerkannt hat. Dieser Prospekt zeigt insbesondere auf den Seiten 3 bis 5 verschiedene Ausführungsvarianten für die Kinematik der vertikalen Führung und Kraftaufbringung an einer einschlägigen Schlitzwandfräsvorrichtung mit Trägergerät und Linearführungseinrichtung, wobei die Kräfte mittels Seilzügen in beiden Richtungen, also auch zum vertikalen Verfahren der Führungsstange übertragen werden.

Durch diesen Stand der Technik wird der Fachmann somit in naheliegender Weise auf die Verwendung eines Seilzug-Mechanismus als Stellantrieb i. S. des Merkmals 1.i hingeführt, ohne dass er hierzu erfinderisch tätig zu werden brauchte.

5.5.2 Auch die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 4 gemäß Hilfsantrag 4 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Analog zu Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag 3 beruht auch der nach Hilfsantrag 4 auf einer Zusammenfassung der erteilten Patentansprüche 4 und 6 unter Aufnahme der dem Patentanspruch 1 hinzugefügten Merkmale 1.h' und 1.i. Entsprechend ist auch die Patentfähigkeit dieses Anspruchs zu beurteilen, so dass auch dessen Gegenstand keine erfinderische Tätigkeit zugesprochen werden kann (s. oben Punkt 5.5.1).

5.6 Zu den erteilten Unteransprüchen Wie oben im Rahmen der Hilfsanträge 1 bis 4 ausgeführt, sind in deren jeweilige Patentansprüche -in unterschiedlichen Merkmalskombinationen -bereits sämtliche Merkmale mit aufgenommen worden, welche in der erteilten Fassung Gegenstand der Unteransprüche 2, 3, 5 und 7 bis 9 waren.

Der Senat sieht auch in weiteren denkbaren Kombinationen aus Einzelmerkmalen hieraus nichts, was ggf. zu einem patentfähigen Gegenstand des Streitpatents führen könnte.

III.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.

Schuster Gutermuth Schneider Hildebrandt Küest Ko






BPatG:
Urteil v. 22.06.2010
Az: 5 Ni 91/09


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ArbG Mannheim, Urteil vom 17. März 2015, Az.: 8 Ca 233/14BPatG, Beschluss vom 15. Juli 2002, Az.: 19 W (pat) 4/01BPatG, Beschluss vom 23. November 2010, Az.: 12 W (pat) 355/05BPatG, Beschluss vom 21. Juni 2010, Az.: 27 W (pat) 259/09BPatG, Beschluss vom 8. Oktober 2002, Az.: 33 W (pat) 207/02BPatG, Beschluss vom 24. April 2002, Az.: 28 W (pat) 125/00BGH, Beschluss vom 28. November 2000, Az.: X ZR 237/98BPatG, Beschluss vom 1. März 2005, Az.: 8 W (pat) 330/02LG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2004, Az.: 4b O 360/04BGH, Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: VIII ZR 343/09