Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juni 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 17/02

(BPatG: Beschluss v. 03.06.2003, Az.: 27 W (pat) 17/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Softwareschulungen" zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung PatOrgfür die Waren und Dienstleistungen

"Datenträger; Computersoftware, insbesondere für Patentanwälte und/oder Industriepatentabteilungen, und/oder zur Verwaltung von Patentanwaltskanzleien; Computersoftware für die Überwachung von Fristen, Computersoftware zur Überwachung der Zahlungsfristen für Jahres- und Aufrechterhaltungsgebühren von technischen Schutzrechten, Geschmacksmustern oder Marken, Computersoftware für die Buchhaltung, Computersoftware für die Verwaltung von Adressen; Softwareschulungen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung".

Die Markenstelle hat die Anmeldung durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil sie ausschließlich aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen, nämlich der Beschaffenheit und der Zweckbestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen könnten. Auch bei einer Betrachtung des Gesamteindrucks der angemeldeten Marke ergebe sich ohne weiteres die aus zwei Abkürzungen zusammengesetzte Bedeutung "Patent-Organisation". Für die beanspruchten Waren der Klasse 9 folge daraus, dass sie zur Organisation im Zusammenhang mit Patenten geeignet seien; dies gelte auch für die Dienstleistungen des Erstellens entsprechender Programme und der Schulung für diese. Als beschreibende Angabe sei "PatOrg" somit zugunsten der Mitbewerber für die Verwendung als Hinweis auf Beschaffenheit und Bestimmung ihrer Waren und Dienstleistungen freizuhalten. Ob diese Bezeichnung auch wegen mangelnder Unterscheidungskraft schutzunfähig sei, könne dahin stehen.

Gegen die Zurückweisung der Anmeldung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Unter Hinweis auf zahlreiche Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil "PAT" (PATMONITOR, PATNET, PATPRO, PatInform, Pattorney, PATSYS, PATARCHIV, PATWARE, PATPOD, PATKAT, WINPAT sowohl im Bereich der Verwaltung gewerblicher Schutzrechte als auch im Zusammenhang mit Arztpraxis-Organisation, sieht er keine hinreichende Veranlassung, die angemeldete Bezeichnung, die nicht mehr oder weniger beschreibend sei als andere, ähnlich aufgebaute Kombinationen, nicht als Marke zuzulassen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur hinsichtlich der Dienstleistung "Softwareschulungen" Erfolg. Für die übrigen Waren und Dienstleistungen stehen der angemeldeten Marke die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Der angemeldeten Bezeichnung "PatOrg" fehlt auch bei der gebotenen Anlegung eines großzügigen Maßstabs an die Beurteilung der Unterscheidungskraft (stRspr., vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; 2002, 64 - INDIVIDUELLE) jegliche Eignung, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Sie besteht aus den aufgrund der Binnengroßschreibung ohne weitere analysierende Überlegungen auf den ersten Blick erkennbaren Wortelementen "Pat" und "Org". Diese mögen zwar für Computersoftware bzw Datenträger mit Computersoftware sowie die Dienstleistung des Erstellens von Software allgemein betrachtet mehrfach interpretierbar sein. So ist der Bestandteil "Pat" ua auch als Abkürzung für "Patient" lexikalisch nachweisbar. Ferner wird er - wie der Anmelder in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - von einigen Unternehmen als Abkürzung für Performance Analyse Tool, Professional Audio Tools und Permanent Acting Training verwendet. Die Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens ist indessen nicht auf die im Waren/Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen allgemeinen Oberbegriffe beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle darunter fallenden Einzelwaren und -dienstleistungen, denn ein Zeichen ist bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihm für eine von dem Oberbegriff umfaßte Ware oder Dienstleistung ein Eintragungshindernis entgegensteht (vgl BGH GRUR 2002, 261, 262 - AC; EuG GRUR Int 2001, 835 - Eurohealth). Wie aus der durch den Zusatz "insbesondere ..." ersichtlichen Erläuterung des Oberbegriffs "Computersoftware" sowie der weiteren Warenangabe "Computersoftware zur Überwachung der Zahlungsfristen für Jahres- und Aufrechterhaltungsgebühren von technischen Schutzrechten, Geschmacksmustern oder Marken" hervorgeht, liegt der Schwerpunkt des Einsatzes der Bezeichnung "PatOrg" im Bereich Patentverwaltung und -Überwachung. In Bezug auf diese Waren versteht der angesprochene Verkehr, insbesondere Patentanwälte und Industriepatentabteilungen, die Bezeichnung "PatOrg" ohne weiteres und ausschließlich im Sinne von "Patentorganisation".

Wie die Markenstelle insoweit zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei "Pat" und "Org" um Abkürzungen, die nicht nur lexikalisch nachweisbar, sondern auch tatsächlich als solche gebräuchlich und dementsprechend allgemein bekannt sind. die Kurzform "Pat" begegnet dem Verkehr täglich in zahlreichen Bezeichnungen wie PatG, PatR, PatAnw, PatInfo. Aber auch die Abkürzung "org" wird in der kaufmännischen Geschäftssprache aus Vereinfachungsgründen häufig anstelle des vollständigen Worts "Organisation" verwendet und zwar nicht nur in den von der Markenstelle zitierten Wortgesamtheiten Orgchart und Orgware, sondern auch als selbständiger Bestandteil beschreibender Wortkombinationen, wie zB Org.-Abt. für Organisationsabteilung und Org.-Pl. für Organisationsplan (vgl DUDEN, Wörterbuch der Abkürzungen, 1999, S 245). Mit dem Ladungszusatz hat der Senat dem Anmelder weitere Unterlagen übersandt, aus denen die beschreibende Verwendung der Bezeichnungen Org.-Manager (www.computerwoche.de/heftarchiv/1990/19900209a 91549 html) bzw Org.-Management (http://services.aisec.org/pe/MC/MCP/Resources_Data/xdata5) hervorgeht.

In Anbetracht der Üblichkeit und Bekanntheit der beiden Abkürzungen stellt sich die Kombination "PatOrg" für den Verkehr als beschreibende Kurzform für eine Organisationssoftware für Patente dar, mit der (Jahres-) Fristen für Patente überwacht, fällige Gebühren errechnet, Änderungen des Namens und der Adresse der Schutzrechtsinhaber erfaßt und gespeichert, Mahnschreiben versandt werden können usw. Eine Mehrdeutigkeit dahingehend, daß der Bestandteil "Org" auch zur Bezeichnung einer Organisation als Institution oder Zusammenschluß mehrerer Institutionen verwendet wird, liegt entgegen der Ansicht des Anmelders hier nicht vor, weil die Vorstellung, daß eine Organisationssoftware für Patente von einer Organisation stammen oder für diese bestimmt sein könnte, für die angesprochenen Fachkreise fernliegend ist. Es trifft auch nicht zu, daß die Verwaltung und Überwachung von Patenten begrifflich keine Organisation darstellt, denn ein Programm, mit dem umfassend alle ein Patent betreffenden Daten einschließlich der Adressenverwaltung und Gebühren-Buchhaltung verarbeitet werden können, ist ein Organisationsprogramm, das mit "PatOrg" in einer für Software üblichen schlagwortartigen Kurzform beschrieben wird.

Die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke kann entgegen der Ansicht des Anmelders auch nicht darauf gestützt werden, daß bereits zahlreiche Wortbildungen mit dem Bestandteil "Pat" eingetragen worden sind, denn jede Anmeldung ist für sich genommen auf ihre Schutzfähigkeit zu prüfen. Es kann also nicht Gegenstand der Beurteilung im vorliegenden Verfahren sein, ob die vorliegend gegen die Schutzfähigkeit von "PatOrg" sprechenden Gesichtspunkte auf die genannten Voreintragungen PATMONITOR, PATPRO, PatInform, Pattorney, PATSYS, PATAR-CHIV, PATWARE, PATPOD, PATKAT, WINPAT zutreffen, ob es sich also zB bei den Wortelementen Inform, Sys, Pro oder Pod um - mit "Org" vergleichbare - selbständig gebräuchliche bekannte Abkürzungen handelt, die zudem in Verbindung mit "Pat" einen eindeutig beschreibenden Sinngehalt vermitteln (vgl zu "Pro" BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Unter Verwendung von Abkürzungen gebildete Zeichen sind bei eindeutigem Sinngehalt jedenfalls wiederholt von der Eintragung ausgeschlossen worden (zB 33 W (pat) 134/00 vom 22. Januar 2002 - EuropeCom; 30 W (pat) 113/94 vom 16. Oktober 1995 - PC-Com; 29 W (pat) 353/99 vom 7. März 2001 ComStation; 27 W (pat) 273/00 vom 9. April 2002 - ProRaid; alle Entscheidungen zitiert auf der PAVIS-CD-ROM). Im übrigen kann aus möglicherweise zu Unrecht vorgenommenen Eintragungen des Patentamts kein Recht auf Fehlerwiederholung hergeleitet werden.

In Anbetracht des beschreibenden Aussagegehalts der aus üblichen Abkürzungen zusammengesetzten Bezeichnung "PatOrg" hält der Senat auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG für gegeben. Auch wenn die beschreibende Verwendung dieser Bezeichnung gegenwärtig nicht nachweisbar ist, besteht wegen der Üblichkeit griffiger Kurzformen gerade im Bereich der Software ein Interesse der Mitbewerber, auf den Inhalt einer Organisationssoftware für Patente mit "PatOrg" hinzuweisen.

Dagegen kann der angemeldeten Marke hinsichtlich der Dienstleistungen "Softwareschulungen" nicht jede betriebskennzeichnende Eigenart abgesprochen werden, denn es bedarf einiger Überlegung und gedanklicher Zwischenschritte, um die Kombination "PatOrg" mit dem Gegenstand der Schulung in Verbindung zu bringen und darin einen möglichen Hinweis darauf zu sehen, daß die Schulung eine Organisationssoftware für Patente betrifft.

Dr. Schermer Friehe-Wich Dr. van Raden Pü






BPatG:
Beschluss v. 03.06.2003
Az: 27 W (pat) 17/02


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