Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. August 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 99/03

(BPatG: Beschluss v. 05.08.2003, Az.: 24 W (pat) 99/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenabteilung 9.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Januar 2003 insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen worden ist.

Der Markeninhaberin wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der versäumten Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren mit Zuschlag gewährt.

Gründe

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Datum vom 17. Juli 2001 per Einschreiben eine am 2. August 2001 zur Post aufgegebene Gebührenmitteilung gemäß § 47 Abs 3 MarkenG (aF) an die Inhaberin der am 20. März 1991 angemeldeten und (noch) im Register eingetragenen Marke 2 102 694 verschickt, die an die Rechtsanwälte G..., S... in Kanzlei G1..., K..., M...straße in M..., adressiert war. In der Mitteilung wird die Markeninhaberin un- ter Androhung der Löschung ihrer Marke aufgefordert, die Verlängerungsgebühren mit Zuschlag in Höhe von DM ... für die Verlängerung der Schutzdauer der Marke innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Monats, in dem die Mitteilung zugegangen ist, zu zahlen.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2002 hat die Markeninhaberin die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren beantragt und am selben Tag per Abbuchungsauftrag EUR ... Verlängerungsgebühren mit Zuschlag gezahlt.

Zur Begründung des Antrags ist im wesentlichen ausgeführt, daß die Vertreter der Markeninhaberin von dem Löschungsvorbescheid erst durch eine Statusüberprüfung der Marke anläßlich einer die Marke betreffenden Anfrage eines Dritten vom 4. Juni 2002 Kenntnis erhalten hätten. Eine Rückfrage beim Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Juni 2002 habe ergeben, daß ein an die og Adresse gerichteter Löschungsvorbescheid ergangen sei. Die Kanzlei S..., S1... pp sei 1995 durch Fusion mit der Kanzlei G1..., K..., S2... & Partner als solche untergegangen. Der Löschungsvorbescheid habe die Vertreter der Markeninhaberin, G1..., K..., S2...§ S1..., die immer schon die Adresse M1...staße in M..., gehabt habe, nie erreicht. Die Wiederein-' setzung sei an sich nicht erforderlich, da die obligatorische Zustellung des Löschungsvorbescheids nicht erfolgt sei. Sie werde daher nur vorsorglich beantragt.

Zur Glaubhaftmachung ist eine anwaltliche Versicherung und eine Kopie der Anfrage der Patentanwälte H... & S3...l vom 3. Juni 2002 eingereicht worden.

Mit Datum vom 8. Januar 2003 ist folgender Beschluß der mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzten Markenabteilung 9.1 des Deutschen Patent- und Markenamts ergangen:

1. Es liegt ein Wiedereinsetzungsfall vor.

2. Der Antrag der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der Verlängerungsgebühr samt Verspätungszuschlag wird zurückgewiesen.

Zur Begründung wird ausgeführt die mangelnde Zustellung der Mitteilung gemäß § 47 MarkenG aF sei unbestritten, jedoch unerheblich. Durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums sei das Deutsche Patent- und Markenamt von der Zustellung solcher Mitteilungen entbunden. Für den vorliegenden Fall einer Marke mit Schutzende vor dem 1. Januar 2002 sei nach der Übergangsregelung des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren am 31. März 2002 abgelaufen. Diese Frist sei versäumt worden, so daß ein Wiedereinsetzungsfall vorliege. Da die Einhaltung der Zahlungsfrist für die Verlängerung ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Markeninhaberin falle und keine weiteren Gründe für die Nichteinhaltung der Frist vorgebracht worden seien, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt (sinngemäß),

- den angefochtenen Beschluß aufzuheben,

- die Wiedereinsetzung in die Frist zu Zahlung der Verlängerungsgebühr für die Marke 2 102 694 zu gewähren und - die Marke 2 102 694 wieder in das Register einzutragen.

Sie führt hierzu aus, daß die Marke 2 102 694 wegen Nichtzahlung der Verlängerungsgebühren am 20. September 2001 gelöscht worden sei. Die Markenabteilung habe zu Unrecht § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG auf den vorliegenden Fall angewendet, da diese Vorschrift voraussetze, daß ein Löschungsbescheid nicht ergangen und die Marke noch nicht gelöscht sei. Die Rechtmäßigkeit der damals erfolgten Löschung könne sich nur nach altem Recht bestimmen. Zum damaligen Zeitpunkt aber habe von der Markeninhaberin die nach § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG obligatorische Löschungsvorankündigung erwartet werden dürfen, die aber an die Vertreter der Markeninhaberin nicht zugestellt worden sei. Nachdem die Löschungsankündigung nicht erfolgt sei, sei die Marke nicht löschungsreif gewesen.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2000 hat die Kanzlei Grünecker, Kinkeldey, Stockmair & Schwanhäusser Anwaltssozietät dem Deutschen Patent- und Markenamt mitgeteilt, daß die Kanzlei S..., S1... und Kollegen, M...straße in M..., mit der Kanzlei G1..., K..., S2... und Partner mit Wirkung vom 1. Juli 1995 verschmolzen worden sei und nun den Namen G1..., K..., S2... & S1... führe, und gebeten, künftige Korrespondenz an die im Briefkopf angege- bene Adresse, M1...straße in M..., zu richten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg, soweit die Markenabteilung den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der versäumten Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren einschließlich Zuschlag nach § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG gemäß § 91 Abs 1 u 4 MarkenG nicht gewährt hat.

1. Die Zurückweisung des Antrages der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung war schon deswegen aufzuheben, weil insoweit kein wirksamer Antrag vorlag.

Der Wiedereinsetzungsantrag vom 29. Juli 2002, der sich erkennbar nur auf die Wiedereinsetzung in die in der Gebührenmitteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Juli 2001 angegebene sechsmonatige Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren der Marke mit Zuschlag richtet, ist nicht wirksam geworden. Er wurde ausdrücklich nur vorsorglich, dh bedingt für den Fall gestellt, daß die nach § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG aF gesetzlich vorgeschriebene Zustellung des sog Löschungsvorbescheids wirksam erfolgt ist. Diese zulässig an einen innerprozessualen Vorgang geknüpfte Bedingung (vgl BGH BlPMZ 2000, 325, 326 "MTS") ist jedoch nicht eingetreten, da, wovon auch die Markenabteilung zutreffend ausgegangen ist, eine wirksame Zustellung der Gebührenmitteilung durch eingeschriebenen Brief gemäß § 94 Abs 1 MarkenG iVm § 4 VwZG nicht vorliegt.

Diese Zustellung ist unwirksam, weil die Mitteilung nicht richtig bzw nicht an den richtigen Bevollmächtigten der Markeninhaberin adressiert worden ist (§ 94 Abs 1 MarkenG iVm § 8 VwZG). Dem Deutschen Patent- und Markenamt war vor dem Erstellen des Löschungsvorbescheids mit Schreiben vom 23. Juni 2000 die Sozietätsänderung der Vertreter der Markeninhaberin mitgeteilt worden, wonach die bisherigen Vertreter, die Kanzlei "S..., S1... und Kollegen" mit der Kanzlei "G1..., K..., S2... und Partner" mit Wirkung vom 1. Juli 1995 verschmolzen worden sind und nun den Namen "G1..., K..., S2... & S1... Anwaltssozietät" führen. Auf die Korrespondenzadresse "M1...straße in M...", wird in dem Schreiben ausdrücklich hingewiesen. Gleichwohl hat das Amt die Gebührenmitteilung - offenbar aufgrund der im September 2000 im Registereintrag der Marke zusätzlich zu dem neuen Namen der Vertreter aufgenommenen unzutreffenden Zustellanschrift "Herren Rechtsanwälte G..., S... in Kanzlei G1..., K..., M...straße in M..." - sowohl in bezug auf den Namen der Vertreter als auch in bezug auf ihre Anschrift falsch adressiert. Nachdem die Vertreter der Markeninhaberin den tatsächlichen Zugang der Mitteilung glaubhaft bestreiten und dieser vom Deutschen Patent- und Markenamt nicht nachgewiesen worden ist, ist auch keine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 94 Abs 1 MarkenG iVm § 9 VwZG eingetreten. Unabhängig davon wäre aus diesem Grund auch die Vermutung des § 4 Abs 1 VwZG, wonach die Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes mit dem dritten Tag nach Aufgabe des Briefes zur Post als zugestellt gilt, widerlegt.

Mangels wirksamer Zustellung des Löschungsvorbescheids vom 17. Juli 2001 hat die gesetzliche Frist des § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG aF daher nicht zu laufen begonnen und ist folglich auch nicht versäumt worden. Wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, ist jedoch die zur Zahlung der Verlängerungsgebühren mit Zuschlag der Marke aufgrund des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums (Kostenbereinigungsgesetz) nach der Übergangsbestimmung des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG bis 31. März 2002 laufende Frist versäumt worden. Die Bestimmung gilt für die Zahlungsfrist von Gebühren, deren Fälligkeit vor dem 1. Januar 2002 liegt und für deren Beginn eine Gebührenbenachrichtigung erforderlich ist, die vor dem 1. Januar 2002 nicht erfolgt ist. Dieser Sachverhalt liegt hier vor. Die Schutzdauer der Marke ist gemäß §§ 47 Abs 1, 160 MarkenG am 30. März 2001 abgelaufen und die Gebührenmitteilung nach § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG aF wurde, wie dargelegt, im Jahr 2001 nicht (mehr) wirksam zugestellt. Der Auffassung der Markeninhaberin, die Übergangsbestimmung könnte schon deshalb keine Anwendung finden, weil die Marke bereits am 20. September 2001 gelöscht worden sei, ist schon deswegen unzutreffend, weil die Marke tatsächlich nicht gelöscht worden ist, was sich ohne weiteres dem - öffentlichen - Markenregister entnehmen läßt. Insoweit geht auch ihr Antrag auf Wiedereintragung der Marke ins Leere.

Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der versäumten Frist des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG hat die Markeninhaberin aber weder ausdrücklich gestellt, noch läßt sich ein dahingehendes Begehren ihrem Antrag vom 29. Juli 2002 entnehmen. Die Markenabteilung hat daher insoweit über einen nicht vorhandenen Antrag entschieden.

2. Der Markeninhaberin war vorliegend jedoch gemäß § 91 Abs 4 und 1 MarkenG auch ohne Antrag von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der versäumten Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren einschließlich Zuschlag nach § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG zu gewähren. Eine danach gebotene Wiedereinsetzung kann auch vom Rechtsmittelgericht aufgrund eigener Prüfung bewilligt werden, wenn sie, wie hier, im Verfahren erster Instanz unterblieben ist (vgl BPatGE 25, 121).

Nach § 91 Abs 4 MarkenG kann Wiedereinsetzung von Amts wegen gewährt werden, wenn die versäumte Handlung innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt worden ist. Dies ist hier geschehen. Das Hindernis zur Einhaltung der in § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG bestimmten Frist ist am 20. Juni 2002 entfallen, an dem Tag, an dem Markeninhaberin bzw ihre Vertreter durch die Rückfrage beim Patentamt von dem falsch adressierten Löschungsvorbescheid vom 17. Juli 2001 erfahren haben. Denn bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt und richtiger Würdigung der Sach- und Rechtslage hätten die auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes erfahrenen Vertreter der Markeninhaberin die Anwendbarkeit des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG erkennen müssen. Mit der am 29. Juli 2002 erfolgten Zahlung der gemäß § 14 Abs 1 Nr 1 PatKostG iVm § 47 Abs 3 MarkenG aF u Nr 132 100, 132 150 u 132 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatGebG fälligen Verlän- gerungsgebühren mit Zuschlag in Höhe von DM ... (= EUR ...) wurde daher die versäumte Handlung fristgereicht nachgeholt.

Voraussetzung der Wiedereinsetzung von Amts wegen ohne Antrag ist ferner, daß die die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen zum Zeitpunkt der Nachholung der Handlung aktenkundig oder offenkundig sind (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 91 Rdn 37; BPatGE 25, 121 f; BGH NJW 1979, 109, 110). Nach Auffassung des Senats ergibt sich aus den Akten sowie den weiteren, für das Patentamt im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Patentkostengesetzes offenkundigen Tatsachen, daß die Markeninhaberin ohne Verschulden verhindert war, die in Rede stehende Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühren mit Zuschlag für die Marke einzuhalten (§ 91 Abs 1 MarkenG).

Zwar kann allein in dem Umstand, daß die Markeninhaberin und insbesondere ihre rechtskundigen Vertreter, deren Verschulden sich die Antragstellerin wie eigenes zurechnen lassen muß, über die am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen neuen Kostenregelungen möglicherweise nicht oder unzureichend informiert waren, noch nicht als Entschuldigungsgrund für die Versäumung der Zahlungsfrist nach den geänderten Bestimmungen angesehen werden. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Versäumung einer Frist infolge eines Rechtsirrtums in aller Regel nicht entschuldbar. Grundsätzlich muß sich ein Rechts- oder Patentanwalt die erforderlichen Kenntnisse von Gesetzen verschaffen, die Gebiete betreffen, mit denen er in seiner Praxis gewöhnlich zu tun hat (vgl BGH NJW 1978, 1486, 1487; NJW 1971, 1704). Im vorliegenden Fall treten jedoch weitere besondere Umstände hinzu.

Zu berücksichtigen ist zunächst, daß das Kostenbereinigungsgesetz vom 13. Dezember 2001 am 19. Dezember 2001 erst sehr kurzfristig vor Inkrafttreten der geänderten Kostenregelungen am 1. Januar 2002 verkündet worden ist (vgl BGBl I, S 3656; BlPMZ 2002, 14 ff), wodurch allgemein die Information sowie die rechtzeitige sachgerechte Vorbereitung auf die bevorstehenden Änderungen für die beteiligten Kreise erschwert war. Auch das Deutsche Patent- und Markenamt hat offenbar diesem Grund die Öffentlichkeit erst sehr spät und relativ wenig detailliert über die bevorstehenden Gesetzesänderungen informiert (vgl die Informationen für Anmelder und Schutzrechtsinhaber über Verfahrens- und Gebührenänderungen ab 1. Januar 2002 in BlPMZ, Heft 12, 2001, 365; sowie eine entsprechende Information auf der Homepage des DPMA (dpma.de/infos/gebuehren/aktuell) vom 16. November 2001).

Hinzu kommt, daß gerade in bezug auf die Zahlungsfristen für die Verlängerungsgebühren von Marken mit dem Wegfall des Löschungsvorbescheids nach § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG aF durch § 7 Abs 1 PatKostG eine grundlegende Abweichung von der bisherigen langjährigen Gesetzeslage eingetreten ist. War früher vor dem endgültigen Verlust des Markenrechts infolge Nichtzahlung der Verlängerungsgebühren stets eine zustellungsbedürftige Gebührenmitteilung, verbunden mit einer sich daran anknüpfenden sechsmonatigen Zahlungsfrist, vorgeschaltet, tritt nach der jetzigen Regelung des § 7 Abs 1 PatKostG der Rechtsverlust unmittelbar mit Ablauf der darin bestimmten gesetzlichen Zahlungsfristen ein. Auf die vorherige Zustellung eines die Frist erst in Lauf setzenden Löschungsvorbescheids können Markeninhaber daher ab dem 1. Januar 2002 nicht mehr vertrauen. Allerdings versendet das Deutsche Patent- und Markenamt weiterhin formlose, den Lauf der gesetzlichen Zahlungsfristen nicht beeinflussende Zahlungsaufforderungen bzw Zahlungserinnerungen (vgl Informationen für Anmelder und Schutzrechtsinhaber über Verfahrens- und Gebührenänderungen ab 1. Januar 2002, Ziffer 1., BlPMZ 2001, 365). Nach Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamts sind auch vor Ablauf der Übergangsfrist des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG an die Inhaber betroffener Marken solche formlosen Zahlungserinnerungen verschickt worden. Daher ist speziell in der Zeit unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes am 1. Januar 2002, insbesondere auch in Anbetracht der relativ kurzen dreimonatigen Übergangsfrist zur Zahlung von fälligen Verlängerungsgebühren für Marken und der durch die Kostenneuregelungen gerade in der Anfangszeit entstandenen Unklarheiten, den Sorgfaltspflichten eines Anwalts genüge getan, wenn er die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit ihn an den Markeninhaber gerichtete patentamtliche Zahlungserinnerungen erreichen können. Dies ist hier seitens der Vertreter der Markeninhaberin durch die dem Patentamt im Jahr 2000 mitgeteilte Sozietätsänderung geschehen. Daß die Markeninhaberin gleichwohl keine nochmalige patentamtliche Aufforderung zur Zahlung der Verlängerungsgebühren innerhalb der Frist des § 14 Abs 1 Satz 2 PatKostG erhalten hat, liegt hier allein im Verantwortungsbereich des Deutschen Patent- und Markenamts. Aufgrund der im Register fehlerhaft eingetragenen Zustelladresse für die Vertreter der Markeninhaberin ist, wie oben dargelegt, die Zustellung des Löschungsvorbescheids vom 17. Juli 2001 fehlgeschlagen. Da dies im Deutschen Patent- und Markenamt unbemerkt blieb, wohl auch weil der Löschungsvorbescheid nicht als unzustellbar zurückkam, ging das Amt irrig vom Lauf der Sechsmonats-Frist nach § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG aF zur Zahlung der Verlängerungsgebühren für die Marke aus und hat es demzufolge unterlassen, die Markeninhaberin an die - vermeintlich nicht zur Anwendung kommende - Übergangsfrist des § 14 Abs 1 Satz 2 MarkenG zu erinnern. In der besonderen Ausnahmesituation nach dem Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes war die Markeninhaberin im Hinblick darauf, daß sie eine vom Deutschen Patent- und Markenamt ansonsten an sämtliche betroffene Markeninhaber versandte Zahlungserinnerung infolge eines im Verantwortungsbereich des Amtes liegenden Fehlers nicht erhalten hat, ohne Verschulden verhindert, die Übergangsfrist des § 14 Abs 1 Satz 2 MarkenG zur Zahlung der Verlängerungsgebühren mit Zuschlag einzuhalten.

Ströbele Guth Kirschneck Bb






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