Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 219/00

(BPatG: Beschluss v. 09.01.2002, Az.: 28 W (pat) 219/00)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 24. Februar 2000 und vom 17. Juli 2000 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung auch für die Waren "Grillanzünder; Fidibusse; Grillholzbrennstoff" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge Thüringer Schwarzbierbratenursprünglich für die Waren

"Grillanzünder; Fidibusse; Grillholzbrennstoff; Grillgeräte (auch mit Drehspieß); Fleisch- und Wurstwaren; Geflügel und Wild; Gewürze; Salz; Senf; Saucen (Würzmittel)".

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung als freizuhaltende Angabe (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) zurückgewiesen, da sie ausschließlich aus einer Sachaussage über die geographische Herkunft und die Beschaffenheit der Waren bestehe, die aus dem Bundesland Thüringen stammten und unter Verwendung von Schwarzbier hergestellt oder zubereitet seien bzw - hinsichtlich der Waren außer Fleisch- und Wurstwaren - von dort stammten und die obengenannte Eignung aufwiesen.

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde macht der Anmelder geltend, es handele sich bei der Wortfolge um eine sprachliche Neuschöpfung, die einen diffusen Aussagegehalt vermittle, so daß weder ein Freihaltungsbedürfnis für die beanspruchten Waren bestehe noch der Marke jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehle.

Der Anmelder hat das Warenverzeichnis bezüglich der Klasse 29 wie folgt beschränkt:

"Gewürze, Salz, Senf, Saucen (Würzmittel)".

Er beantragt auf der Grundlage des neugefaßten Warenverzeichnisses sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.

Der Anmelder ist seiner schriftsätzlichen Ankündigung folgend im Termin nicht erschienen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Hinsichtlich der Waren der Klasse 29 und der Klasse 11 steht der angemeldeten Wortfolge bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.

Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Danach ist Unterscheidungskraft die einer Marke innewohnende Eignung vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so daß jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Für Wortmarken führt der BGH insoweit aus, daß es nur dann an der erforderlichen Unterscheidungseignung fehle, wenn dem Wort kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handele, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.

Selbst diese geringen Anforderungen erfüllt die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Waren - mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren - nicht, da sie erkennbar wie der Name eines etwa auf der Speisekarte eines Restaurants zu findenden Gerichts ("Schwarzbierbraten") unter Hinzufügung seiner geographischer Herkunft in adjektivischer Form ("Thüringer") gebildet ist. Im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Lebensmitteln der Klasse 29 steht damit nur der Aussagegehalt im Vordergrund, die genannten Waren eigneten sich besonders zur Zubereitung eines Thüringer Schwarzbierbratens. Daß es sich hierbei entgegen der Ansicht des Anmelders nicht um eine phantasievolle Wortneuschöpfung, sondern vielmehr um eine bereits existierende regionale Spezialität handelt, belegt die Internet-Recherche des Senats, wonach neben einem "im Ofen glacierten Schwarzbierbraten (aus der Schweinekeule, Schwarzbierbratensoße, dazu Apfelrotkohl und Kartoffelklöße...)" (www. altesbrauhaus.de) ein "Frankenhäuser Schwarzbierbraten mit Erbsen im Kartoffelnest..." (www. alterschwedeonline.de) jeweils auf der Speisekarte verschiedener Restaurants angeboten werden. Ob der Verkehr dabei im einzelnen weiß, daß es sich bei Schwarzbier um eine Thüringer Brauspezialität handelt, spielt keine entscheidungserhebliche Rolle, denn dem Verkehr sind zahlreiche, ähnlich gebildete, regionale oder lokale Spezialitäten bekannt, die aus einem Bierbraten bestehen, dem ein geographischer Zusatz vorangestellt ist (zB "altfränkischer Bierbraten", "Braunschweiger Bierbraten", vgl die zahlreichen Fundstellen unter www.google.de zum Stichwort "Bierbraten"). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft umfaßt neben den noch im Streit befindlichen Waren der Klasse 29 auch noch die "Grillgeräte (auch mit Drehspieß)" der Klasse 11, da der Verkehr einem entsprechend gekennzeichneten Grillgerät lediglich den sachlichen Hinweis entnimmt, es sei insbesondere zur Herstellung eines Thüringer Schwarzbierbratens geeignet und bestimmt.

Keinen unmittelbar beschreibenden Bezug erkennt der Verkehr jedoch zu den im Tenor genannten Waren der Klasse 4, für die die Anmeldung gemäß Schriftsatz vom 8. Januar 2002 aufrechterhalten werden soll. Soweit in dieser Eingabe statt des der Anmeldung zugrundeliegenden Warenbegriffs "Grillanzünder" in der Klasse 4 das Wort "Kohlenanzünder" aufgeführt ist, handelt es sich erkennbar um einen Schreibfehler. Für die noch im Streit stehenden Waren der Klasse 4 kann daher weder ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angenommen noch jegliche Unterscheidungskraft verneint werden, so daß die Beschwerde des Anmelders insoweit Erfolg hatte.

Hinsichtlich die übrigen noch beanspruchten Waren war die Beschwerde aber zurückzuweisen.

Stoppel Schwarz-Angele Martens Bb






BPatG:
Beschluss v. 09.01.2002
Az: 28 W (pat) 219/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0af8d268e65e/BPatG_Beschluss_vom_9-Januar-2002_Az_28-W-pat-219-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share