Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 71/03

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für die Waren Kraftfahrzeuge sowie deren Teile, soweit sie in Klasse 12 enthalten sind; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser.

Fahrzeugmodelle und deren Teile, soweit sie in Klasse 28 enthalten sindist die Zahl 7.

Die Markenstelle für Klasse 12 hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, auf dem Kraftfahrzeugsektor würden vielfach Zahlen verwendet, um auf die Ventil- oder Zylinderzahl, die Anzahl der Türen, der Sitzplätze oder Gänge hinzuweisen. Die Grundzahlen würden somit vom Mitbewerber zur freien Verwendung benötigt werden, womit ein Freihaltebedürfnis bestehe. Ebenso habe die Zahl keine Unterscheidungskraft, denn der Verkehr werde in der Zahl allein keinen Herkunftshinweis sehen.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter und bestreitet einen unmittelbaren Sachbezug von Grundzahlen in Alleinstellung zu den beanspruchten Waren. Es bedürfe vielmehr weiterer Angaben und Zusätze, um dem Verkehr den konkreten Inhalt und Sinn der Zahl zu verdeutlichen. Die Verwendung von Zahlen in Alleinstellung sei auf dem Automobilsektor nicht üblich, so dass der Verkehr eine alleinstehende Zahl als Herkunftshinweis annehme.

Das Gericht hat der Anmelderin Fundstellen über die Verwendung von Zahlen auf dem Automobilsektor übersandt, einen rechtlichen Hinweis zur Frage der Schutzfähigkeit der Marke gegeben und der Anmelderin eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Eine solche ist auch nach Verlängerung der Frist nicht eingegangen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§ 165 Abs 4 MarkenG) der Anmelderin ist nicht begründet, denn an der angemeldeten Marke besteht in bezug auf die beanspruchten Waren zumindest ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, da sie auch nach den Feststellungen des Senats als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter ihr angebotenen Waren dienen kann und deswegen für die Mitbewerber freigehalten werden muss.

Die Entscheidung der Frage, ob ein Buchstabe oder eine Zahl in Alleinstellung als Marke eingetragen werden kann, richtet sich nach dem auf dem jeweiligen Warengebiet üblichen Bezeichnungsgewohnheiten. Erst diese tatsächlichen Feststellungen erlauben es zu beurteilen, ob das angemeldete Zeichen, wenn es in der als Marke herausgestellten Form verwendet wird, vom Verkehr als Kennzeichnung akzeptiert wird und vom Mitbewerber als eine die Eigenschaften der Ware nicht unmittelbar beschreibende Angabe geduldet werden muss.

Auf dem Kraftfahrzeugsektor besitzen Zahlen eine überragende Bedeutung, sie finden Verwendung bei der Beschreibung der Motorleistung (zB 1,0 oder 2,0 für die Größe des Hubraums), der Verdichtung (zB 9,0), der Ventile pro Zylinder (2 oder 4), der Bauart (zB Reihe 4 bzw R 4 und R 6 für den Reihenmotor mit 4 bzw 6 Zylindern), der Zylinderzahl (zB V6, V8), beim Schaltgetriebes der Anzahl der Gänge (meist 5 oder 6), der Antriebsart (4 x 4 für Allradantrieb), der Ausstattung (zB BMW 320/2 oder 4 für einen BMW 320 mit 2 bzw 4 Türen), der Anzahl der Sitzplätze und der Größe der Reifen (zB 7,5 x 18). Mitunter werden mit den Grundzahlen auch Baureihen und Produktserien bezeichnet, so zB bei BMW die 3er und 5er und 7er Reihe und der X5 und Z8, bei Audi der A2, A3, A4 und A6, bei Citroen der C3, C5 und C8. Häufig kann allein an den Zahlen- und Buchstabenkombinationen die Größe des Motors abgelesen werden, zB Alfa Romeo 156 3,2 (Hubraum), V6 (Anzahl der Zylinder), 24V (Anzahl der Ventile). Insbesondere den Grundzahlen kommt daher auf diesem Warengebiet eine besondere Aussagekraft zu. Hinzukommt, dass die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG unter dem Aspekt des Allgemeininteresses an einem unverfälschten Wettbewerb zu beurteilen sind (vgl EuGH MarkenR 2003, 227 - orange, Rdz 48 ff). Alle sich aus einer Marke für den Inhaber ergebenden Rechte und Befugnisse sind anhand dieses Zieles zu prüfen, denn die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches und unbefristetes Recht zur Monopolisierung. Hier spielt - ebenso wie bei dem vom EuGH entschiedenen Fall über die Eintragbarkeit der Farbe orange für Waren und Dienstleistungen der Telekommunikation - die nur beschränkte Verfügbarkeit der Grundzahlen 1 bis 9 eine erhebliche Rolle. Denn mit nur wenigen Eintragungen könnte ein Wirtschaftsteilnehmer den "Bestand" an diesen Zahlen, die für die konkreten Waren wichtig und notwendig sind, ausschöpfen, was zu einem erheblichen Wettbewerbsvorteil führen würde. Die Aufrechterhaltung eines freien Wettbewerbs erfordert es aber, für derartige Warenbereiche die Zuerkennung dieses Ausschließlichkeitsrechts an nur einen Mitbewerber zu verhindern.

Damit ist die Eintragung der Zahl wegen eines Freihaltebedürfnisses ausgeschlossen.

Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall der Zahl "1" für Tabak, Zigaretten uä vergleichbar. Während dort die Einzelfallbeurteilung gerade keinen Nachweis für Verwendung von Einzelzahlen erbrachte, steht hier aufgrund zahlreicher Belege das Gegenteil fest. Auch die blickfangartige und bisher unübliche Verwendung des Zeichens in völliger Alleinstellung mit der Folge, dass sich der Verbraucher der Zahl, mangels jedweder anderer Kennzeichnung, zwangsläufig bedienen müsste, ändert nichts an dieser rechtlichen Wertung. Denn die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens ist immer in der Form ihrer branchenüblichen, oben dargelegten, Verwendung zu überprüfen, womit der allein theoretische Fall einer isolierten Verwendung ausscheidet.

Abgesehen vom Bestehen eines aktuellen Freihaltebedürfnisses fehlt es der Anmeldung auch an jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, da der Verkehr wegen der geschilderten üblichen Verwendung von Zahlen auf dem beanspruchten Warengebiet solchen Zahlen auch in Alleinstellung keinerlei betriebliche Herkunftshinweise beimisst.

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Ko






BPatG:
Beschluss v. 01.10.2003
Az: 28 W (pat) 71/03


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