Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Mai 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 139/01

(BPatG: Beschluss v. 22.05.2002, Az.: 32 W (pat) 139/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. Mai 2002 (Az. 32 W (pat) 139/01) den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 31. Januar 2001 aufgehoben. Gegenstand der Entscheidung war die Anmeldung der Wortmarke "CIRQUE BOUFFON" für verschiedene Waren und Dienstleistungen aus den Bereichen Unterhaltung, kulturelle Aktivität und Musikdarbietung.

Die Markenstelle für Klasse 41 hatte die Anmeldung zunächst wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses abgelehnt, da es sich um eine rein beschreibende Angabe handele. Das Wort "CIRQUE" bedeute auf Französisch Zirkus und "Bouffon" stehe für spaßig, ulkig oder possenhaft. Dadurch werde ein spaßiger, ulkiger oder possenhafter Zirkus beschrieben. Zudem seien die beanspruchten Waren nur nach ihrer Klasse und nicht im Einzelnen benannt worden.

Der Anmelder legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und benannte die beanspruchten Waren in einem Schreiben vom 24. April 2001 im Einzelnen.

Das Bundespatentgericht erklärte die Beschwerde für begründet. Es stellte fest, dass die nachträgliche Einzelbenennung der beanspruchten Waren keine unzulässige Erweiterung des Verzeichnisses darstelle, sondern eine Konkretisierung des Schutzumfangs ermögliche.

Zudem seien weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben. Das Fehlen der Unterscheidungskraft könne nicht festgestellt werden, da der angemeldeten Marke "CIRQUE BOUFFON" keine im Vordergrund stehende Sachaussage entnommen werden könne. Die Markenstelle habe auch nicht nachweisen können, dass die Marke stets als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.

Auch sei die Marke nicht von der Eintragung ausgeschlossen, da sie nicht ausschließlich aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen könnten. Bei einer fremdsprachigen Marke müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine freihaltebedürftige beschreibende Verwendung im Inland wahrscheinlich sei. In diesem Fall sei eine solche Verwendung jedoch nicht ersichtlich.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Marke "CIRQUE BOUFFON" weder die Voraussetzungen der Unterscheidungskraft erfüllt noch ausschließlich beschreibende Angaben enthält. Daher wurde die Beschwerde des Anmelders erfolgreich und der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben.

(Auszug aus der Entscheidung des Bundespatentgerichts, erstellt durch Rechtsanwalt [Name])




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.05.2002, Az: 32 W (pat) 139/01


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 31. Januar 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke

"CIRQUE BOUFFON"

zunächst "für die Waren/Dienstleistungen Klasse 16, 41, 9 Unterhaltung, kulturelle Aktivität, Musikdarbietung".

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke und eines Freihaltebedürfnisses daran zurückgewiesen, weil es sich um eine rein beschreibende Angabe handele. "CIRQUE" sei französisch und heiße Zirkus; "Bouffon" heiße spaßig, ulkig, possenhaft. Damit sei ein spaßiger, ulkiger, possenhafter Zirkus beschrieben. Der Eintragung der Waren stehe entgegen, dass sie nur nach ihrer Klasse und nicht im einzelnen benannt seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Im Beschwerdeverfahren benannte er die beanspruchten Waren mit Schreiben vom 24. April 2001 wie folgt:

"geforderte Einzelbenennung der Klasse 09:

Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, sowie Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;

geforderte Einzelbenennung der Klasse 16:

Druckereierzeugnisse und Photographien."

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die beanspruchten Dienstleistungen "Unterhaltung, kulturelle Aktivität, Musikdarbietung" haben den Anmeldetag vom 24. Juni 2000, den Tag des Eingangs der Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Die weiter beanspruchten Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, sowie Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Druckereierzeugnisse und Photographien" dagegen haben den Anmeldetag vom 24. April 2001, dem Tag, an dem die zunächst nur der Klasse nach beanspruchten Waren der Klassen 9 und 16 im einzelnen benannt wurden (§§ 33 Abs 1; 32 Abs 2 MarkenG). Diese nachträgliche Einzelbenennung ist keine unzulässige Erweiterung des Verzeichnisses der beanspruchten Waren; es handelt sich vielmehr um eine die Feststellung des Schutzumfangs ermöglichende Konkretisierung.

Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es nämlich, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st Rspr; vgl BGH, BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE). Der angemeldeten Marke "CIRQUE BOUFFON" kann allgemein keine im Vordergrund stehende Sachaussage entnommen werden. Die angesprochenen Verkehrskreise sind hier die breite Masse der Verbraucher. Nicht unbeträchtliche Teile des inländischen Verkehrs (vgl BGH, BlPMZ 1995, 444 - quattro) werden die beanspruchte Marke nicht in das Deutsche übersetzen können und sie deshalb als Phantasiebegriff verstehen, weshalb das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft nicht feststellbar ist.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass "CIRQUE BOUFFON" stets als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Bei der Eingabe des Begriffs in übliche Suchmaschinen des Internets (zB ... am 11. März 2002) findet man überhaupt keine beschreibende Verwendung, sondern lediglich einen Hinweis auf die Künstlergruppe gleichen Namens, zu der der Anmelder gehört.

Die Marke ist auch nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen kann. Bei fremdsprachigen Ausdrücken, deren Gehalt nicht ohne weiteres vom inländischen Publikum erfasst wird, ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine freihaltebedürftige beschreibende Verwendung des ausländischen Ausdrucks im Inland wahrscheinlich ist. "CIRQUE BOUFFON" ist von der Markenstelle mit spaßiger, ulkiger, possenhafter Zirkus" übersetzt worden. Für die Waren "Schallplatten" und "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild" ist die Marke auch in dieser Übersetzung nicht beschreibend. Beim Zirkus steht die visuelle Wahrnehmung im Vordergrund, die nicht auf Schallplatten gepresst werden kann. Eine beschreibende Funktion für "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild liegt fern, da diese nicht speziell für einen "spaßigen Zirkus" angeboten werden.

Die beanspruchten Dienstleistungen "Unterhaltung", "kulturelle Aktivität" und im weitesten Sinne auch "Musikdarbietung" können Zirkus bzw zirkusähnliche Veranstaltungen sein.

Bei Magnetaufzeichnungsträger (etwa in Form von bespielten Videokassetten), Druckereierzeugnissen (etwa in Form von Programmen) und Fotografien (etwa der Künstler in Aktion) kann ein "spaßiger Zirkus" durchaus der Inhalt sein.

Allerdings ist eine beschreibende Verwendung - für einen Zirkus im Inland - in französischer Sprache nicht ohne weiteres vorstellbar, da große Teile der Verkehrskreise diese Übersetzung nicht vornehmen können. CIRQUE BOUFFON ist daher nicht geeignet zur (unmiss-)verständlichen Beschreibung dieser Waren zu dienen.

"CIRQUE BOUFFON" ist auch keine Werkkategorie, wie es etwa der italienische Ausdruck "Opera buffa" für eine komische Oper oder die französische Bezeichnung "Opera comique" für eine mit gesprochenen Dialogen durchsetzte Spieloper sind. Der Charakter des "Bouffon" ist möglicherweise einer Kunstfigur der Groteske entlehnt (www.showkolade.de/Kuenstler.htm) oder vielleicht auch eine Bezeichnung für die Randfiguren der Gesellschaft - die Querdenker und Grotesken (www.kulturboersefreiburg.de/files/29.htm) und beschreibt in der Verbindung mit "Cirque" nichts.

Somit sind keine Tatsachen feststellbar, die es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass "CIRUQUE BOUFFON" im Inland als - auch zukünftig - eindeutige Merkmalsbezeichnung dienen kann.

Winkler Klante Sekretatuk Hu






BPatG:
Beschluss v. 22.05.2002
Az: 32 W (pat) 139/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/0a0bc69d9a7e/BPatG_Beschluss_vom_22-Mai-2002_Az_32-W-pat-139-01




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