Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. März 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 135/99

(BPatG: Beschluss v. 28.03.2000, Az.: 24 W (pat) 135/99)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die IR-Marke 576 544 ELANIQ ist international registriert für die folgenden Waren der Klasse 3:

"Cosmetiques, parfumerie, huiles essentielles, savons, lotions pour les cheveux".

Für diese Marke wird die Erstreckung des Schutzrechtes auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beantragt. Dagegen ist Widerspruch erhoben worden aus der IR-Marke 562 254 VELANIC, die für die folgenden Waren der Klassen 3 und 5.

"Preparations pour nettoyer; savons; parfumerie; cosmetiques.

Produits pharmaceutiques, produits pour l'hygiène et les soins de la peau; substances dietetiques et produits de regime à usage medical", Schutz in der Bundesrepublik Deutschland genießt.

Mit Rücksicht auf diesen Widerspruch hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts der IR-Marke 576 544 den beantragten Schutz gem § 9 Abs 1 Nr 2 iVm §§ 42 Abs 2 Nr 1, 107, 114, 158 Abs 2 MarkenG versagt. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, daß die Waren der konkurrierenden Marken teilweise identisch, im übrigen einander sehr ähnlich seien. Die Marken kämen einander auch klanglich verwechselbar nahe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie meint, daß zwischen den konkurrierenden Marken keine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehe. Die Unterschiede zwischen beiden Markenwörtern seien deutlich genug, um Verwechslungen sicher auszuschließen. Klanglich unterschieden sich die Marken gerade im Anfangsbuchstaben, dem nach ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung zukomme. Außerdem müsse davon ausgegangen werden, daß viele der angesprochenen potentiellen Kunden den Anfangsbuchstaben "V" der Widerspruchsmarke "VELANIC" wie ein deutsches "W" aussprechen würden. Eine solche Aussprache würde die sichere Unterscheidung von der angegriffenen Marke noch erleichtern. Im übrigen würden zukünftige Käufer die angegriffene Marke "ELANIQ" auf den eingedeutschten Begriff "Elan" zurückführen, während es sich bei der Widerspruchsmarke um ein reines Phantasiewort handele. Auch diese Umstände würden Verwechslungen verhindern.

Anders als die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluß vertritt die Markeninhaberin schließlich die Auffassung, daß die angesprochenen Verkehrskreise Kosmetika und Körperpflegemitteln, die zu den Warenverzeichnissen beider Marken gehören, nicht mit flüchtiger, sondern mit gesteigerter Aufmerksamkeit begegneten. Auch der durchschnittliche Verbraucher lege Wert darauf, nur solche Produkte zu kaufen, die seinen besonderen Bedürfnissen entsprächen. Deswegen widme er den Marken dieser Produkte größere Aufmerksamkeit als anderen Masseartikeln.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und der angegriffenen IR-Marke den Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu bewilligen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Sie erachtet den Beschluß der Markenstelle für zutreffend.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, aber nicht begründet; denn die angegriffene Marke kommt der Widerspruchsmarke klanglich so nahe, daß Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 iVm §§ 42 Abs 2 Nr 1, 107, 114, 158 Abs 2 MarkenG besteht. Deswegen hat die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts der IR-Marke "ELANIQ" den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu Recht verweigert.

Die angegriffene Marke ist nur für Waren der Klasse 3 registriert. Diese Waren sind mit den Waren der Warenklasse 3 aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke identisch oder zumindest sehr ähnlich.

Die Widerspruchsmarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die angegriffene Marke kommt der Widerspruchsmarke iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG klanglich verwechselbar nahe. Phonetisch stehen sich die Wörter "Elanik" und "Velanik" gegenüber. Sie sind klanglich identisch bis auf den Anfangsbuchstaben der Widerspruchsmarke "V". Generell kann dieser im Deutschen entweder weich wie in "vital" oder stark wie in "Vogel" ausgesprochen werden. Im Fall der Widerspruchsmarke kommt jedoch nur eine weiche Aussprache in Betracht. Vor dem Vokal "e" ist die Aussprache des Konsonanten "v" im Deutschen in der Regel weich wie zB in "Velour" oder "Vene". Das gilt auch für Eigennamen wie zB "Veronika" oder "Venedig". Eine starke Aussprache von "v" vor dem Vokal "e" ist dagegen die Ausnahme. Sie gilt an erster Stelle für die Vorsilbe "ver" und für bestimmte Eigennamen wie "Veith" und "das hohe Venn" (vgl DUDEN, Rechtschreibung der deutschen Sprache, 1996, S 787 ff). Diese Ausnahmen treffen auf die Widerspruchsmarke nicht zu. Sofern ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise das Wort für französisch halten sollte, scheidet eine Aussprache des Anfangsbuchstaben als "f" von vornherein aus, weil der Konsonant "v" im Französischen ausnahmslos weich artikuliert wird. Andere Umstände, derentwegen der Anfangsbuchstabe "v" der Widerspruchsmarke im Deutschen ausnahmsweise wie "f" ausgesprochen werden könnte, sind nicht erkennbar.

Wegen seiner weichen Aussprache hat der Buchstabe "v" trotz seiner Stellung am Wortanfang keine besonders charakteristische Bedeutung für den klanglichen Gesamteindruck der Widerspruchsmarke. Bei einem Vergleich mit dem Klang der angegriffenen Marke überwiegt daher die phonetische Identität beider Marken im übrigen. Diese überwiegende Identität fällt auch deswegen besonders ins Gewicht, weil es sich hier nicht um einsilbige Kurzwortmarken handelt, sondern um längere Markenwörter mit jeweils drei Silben und drei verschiedenen Vokalen.

Die Geringfügigkeit des klanglichen Unterschiedes zwischen beiden Marken kann auch nicht - wie von der Markeninhaberin angenommen - durch eine erhöhte Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise aufgewogen werden. Denn auch für einen aufmerksamen Abnehmer ist der eine klangliche Unterschied zwischen den konkurrierenden Marken nur schwer wahrnehmbar, so daß es bei Verkaufsgesprächen in Kaufhäusern und Parfümerien sowie bei telefonischer Verständigung leicht zu Mißverständnissen und damit zu Verwechslungen kommen kann.

Auch der begriffliche Anklang der angegriffenen Marke an das ursprünglich französische und inzwischen eingedeutschte Wort "Elan" reicht nicht aus, um eine klangliche Verwechslung sicher auszuschließen. Zwar können Übereinstimmungen zwischen Marken in Wort oder Klangbild durch deren abweichenden Begriffsgehalt so reduziert werden, daß eine Verwechslungsgefahr zu verneinen ist. Wesentliche Voraussetzung dafür ist aber, daß der abweichende Sinngehalt vom Verkehr auch sofort erfaßt wird (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl 1997, § 9 Rdn 73). Bei hochgradigen klanglichen Übereinstimmungen - wie hier - kommt ein Ausschluß der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt in der Regel jedoch nicht mehr in Betracht. Das macht der vorliegende Fall besonders deutlich. Der Anklang der Widerspruchsmarke an den Begriff "Elan" hängt nämlich gerade von dem einzigen klanglichen Unterschied zwischen beiden Marken, ihren Anfangsbuchstaben, ab. Verhört sich der Abnehmer in diesem Punkt, so assoziiert er entweder gar nichts mit dem jeweiligen Markenwort oder er bringt den Begriff "Elan" mit der falschen Marke in Verbindung. Eine Verbindung der Assoziation an "Elan" mit der richtigen Marke - hier der angegriffenen - ist also erst dann möglich, wenn der Abnehmer beide Marken eindeutig klanglich unterschieden hat. Die begrifflichen Anklänge in "ELANIQ" sind daher von vornherein nicht dazu geeignet, die bestehende klangliche Verwechslungsgefahr zu verringern oder gar sicher auszuschließen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Kosten werden nicht auferlegt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Dr. Hacker Werner Bb






BPatG:
Beschluss v. 28.03.2000
Az: 24 W (pat) 135/99


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