Bundespatentgericht:
Urteil vom 1. März 2001
Aktenzeichen: 2 Ni 12/99

(BPatG: Urteil v. 01.03.2001, Az.: 2 Ni 12/99)

Tenor

I. Das deutsche Patent 196 34 695 wird für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,--DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 196 34 695 (Streitpatent), das am 28. August 1996 angemeldet worden ist und eine rahmenlose Glastür mit rahmenlosem Seitenteil betrifft. Das Streitpatent umfaßt 11 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 (ohne Bezugszeichen) folgenden Wortlaut hat:

"Rahmenlose Glastür, mit zwei parallelen, zueinander beabstandeten Glasscheiben und mit einem im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil, welches den zwischen den Glasscheiben angeordneten Luftzwischenraum dicht umschließt, wobei das Abstandsprofil zu den Außenkanten der Glasscheiben offene Freiräume zum Einbau von Beschlägen, Türschlössern und/oder dgl. bildet, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden beabstandeten Glasscheiben zumindest an einer Längsseite der rahmenlosen Glastür ein Zwischenstück aufweisen, an welches innerhalb des Freiraumes verdeckt einzubauende Bänder angeschlossen sind, und daß ein verschwenkbares Seitenteil vorhanden ist, das aus zwei parallelen zueinander beabstandeten Glasscheiben und mit einem im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil besteht, welches den zwischen den Glasscheiben angeordneten Luftzwischenraum dicht umschließt, wobei das Abstandsprofil zu den Außenkanten der Glasscheiben offene Freiräume an den Längsseiten aufweist, in denen je ein Zwischenstück eingelassen ist."

Wegen der Patentansprüche 2 bis 11 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichten bzw vorangemeldeten Druckschriften:

D1 DE 197 33 381 A1 (angemeldet 1. August 1997 mit innerer Teil-Priorität 1. August 1996 aus D2)

D2 DE-Patentanmeldung 196 31 051.2 (angemeldet 1. August 1996)

D3 FR 2 572 766 A1 mit deutscher Übersetzung (veröffentlicht 9. Mai 1996)

D4 DE 25 01 257 A1 (Offenlegung 22. Juli 1976)

D5 DE 41 29 735 A1 (Offenlegung 26. März 1992)

D6 DE 43 07 067 A1 (Offenlegung 8. September 1994).

Daneben beruft sich die Klägerin auch auf die im Erteilungsverfahren herangezogenen Druckschriften DE 36 33 618 C2, DE 40 29 497 A1, DE 40 38 259 A1, DE 43 00 481 A1, DE 44 00 196 C1, DE 195 02 877 A1 und DE 195 47 444 A1.

Mit Schriftsatz vom 13. November 2000 hat die Beklagte neue Ansprüche 1 bis 10 eingereicht. Der Anspruch 1 umfaßt nun die Merkmale der erteilten Ansprüche 1 und 2 und lautet:

"Rahmenlose Glastür mit zwei parallelen, zueinander beabstandeten Glasscheiben (5, 10) und mit einem im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil (6), welches den zwischen den Glasscheiben (5, 10) angeordneten Luftzwischenraum (18) dicht umschließt, wobei das Abstandsprofil (6) zu den Außenkanten der Glasscheiben (5, 10) offene Freiräume (26) zum Einbau von Beschlägen, Türschlössern und/oder dgl bildet, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden beabstandeten Glasscheiben (5, 10) zumindest an einer Längsseite der rahmenlosen Glastür (28) ein Zwischenstück (8) aufweisen, an welches innerhalb des Freiraumes (26) verdeckt einzubauende Bänder angeschlossen sind, daß ein verschwenkbares Seitenteil (33) vorhanden ist, das aus zwei parallelen zueinander beabstandeten Glasscheiben (32, 42) und einen im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil (6) besteht, welches den zwischen den Glasscheiben (32, 42) angeordneten Luftzwischenraum dicht umschließt, wobei das Abstandsprofil (6) zu den Außenkanten der Glasscheiben (32, 42) offene Freiräume an den Längsseiten aufweist, in denen je ein Zwischenstück (36, 37) eingelassen ist, und daß an den Zwischenstücken (8, 37) zusätzliche Einlaßstücke (9) zur Anschlagung der Bänder eingesetzt werden".

Die weiteren Ansprüche 2 bis 10 entsprechen den erteilten Ansprüchen 3 bis 11.

Die Klägerin beantragt, das Patent 196 34 695 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in seiner beschränkten Fassung für patentfähig.

Gründe

Die Klage, mit der der in § 22 Abs 2 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist in vollem Umfang begründet.

Das Streitpatent ist zunächst schon ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten in zulässiger Weise nur noch beschränkt verteidigte Fassung gemäß Hauptantrag hinausgeht (vgl Benkard, PatG, 9. Aufl, § 22 Rn 33 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die weitergehende Klage hat Erfolg, weil der mit ihr angegriffene Patentgegenstand in der von der Beklagten verteidigten Fassung nicht patentfähig ist.

I Das Streitpatent betrifft eine "rahmenlose Glastür mit rahmenlosem Seitenteil". Ihm liegt die Aufgabe zugrunde, eine rahmenlose Tür mit einem rahmenlosen Seitenteil zu schaffen, bei denen Tür und Seitenteil in Isolierglas ausgeführt sind, und gleichzeitig alle Bänder und Betätigungseinrichtungen, ausgenommen der Drükker, nicht sichtbar sind (s Sp 1, Z 68 bis Sp 2, Z 5), so daß keine über die Außenflächen der Glasscheiben überstehenden Bänder oder Betätigungseinrichtungen vorgesehen sind (s Schriftsatz der Beklagten vom 13. November 2000, Kap 3).

Anspruch 1 weist (nach seiner Beschränkung) folgende Merkmalsgliederung auf:

A Rahmenlose Glastür B mit zwei parallelen, zueinander beabstandeten Glasscheiben 5, 10 C mit einem im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil 6 D Das Abstandsprofil 6 umschließt den zwischen den Glasscheiben 5, 10 angeordneten Luftzwischenraum 18 dicht E Das Abstandsprofil 6 bildet zu den Außenkanten der Glasscheiben 5, 10 offene Freiräume 26 zum Einbau von Beschlägen, Türschlössern und/oder dgl.

-Oberbegriff -Kennzeichen -

F Die beiden beabstandeten Glasscheiben 5, 10 weisenzumindest an einer Längsseite der rahmenlosen Glastür 28 ein Zwischenstück 8 auf G An das Zwischenstück 8 sind innerhalb des Freiraumes 26 verdeckt einzubauende Bänder angeschlossen H Es ist ein verschwenkbares Seitenteil 33 vorhanden I Das Seitenteil 33 besteht aus zwei parallelen, zueinander beabstandeten Glasscheiben 32, 42 und einem im Außenbereich umlaufenden Abstandsprofil 6 J Das Abstandsprofil 6 umschließt den zwischen den Glasscheiben 32, 42 angeordneten Luftzwischenraum dicht K Das Abstandsprofil 6 weist zu den Außenkanten der Glasscheiben 32, 42 offene Freiräume an den Längsseiten auf L In den Freiräumen ist je ein Zwischenstück 36, 37 eingelassen M An den Zwischenstücken 8, 37 werden zusätzliche Einlaßstücke 9 zur Anschlagung der Bänder eingesetzt.

II 1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht neu.

Die vor dem Anmeldetag des Streitpatents angemeldete deutsche Prioritätsanmeldung 196 31 051.2 (D2) der nachveröffentlichten DE 197 33 381 A1 (D1) ist fingierter Stand der Technik (Schulte, PatG, 5. Aufl, § 3 Rdn 19). Alle Ansprüche 1 bis 22, die gesamte Beschreibung und alle Figuren 1 bis 34 der D2 sind auch in D1 veröffentlicht worden.

Diese ältere Anmeldung D2 betrifft einen "Flügel für ein Fenster, eine Tür oder dergleichen sowie Trageund/oder Randabschlußelement für einen Flügel". Nach Anspruch 1 der D2 kann der Flügel aus Glas sein und nach Anspruch 2 aus zwei parallelen Scheiben bestehen, zwischen denen von den Scheiben überlappte Trageelemente 2 angeordnet sind. Damit sind die beiden Merkmale A und B der Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 vorbekannt. Dies trifft auch auf Merkmal C zu, da im Anspruch 3 der D2 ein Abstandshalter 1 angegeben ist, der im Außenbereich umlaufend ist (s S 7, Z 14 u Fig 23, 33). Dadurch und durch seine nach Anspruch 8 feste Verbindung mit den Scheiben umschließt er einen Luftzwischenraum gemäß Merkmal D - mit einem Freiraum gemäß Merkmal E zu den Außenkanten hin (s Fig 23 u 24). Somit sind aus D2 alle Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 bekannt. Ebenso ergeben sich aus ihr die kennzeichnenden Merkmale. Insbesondere aus den Ansprüchen 9 und 12 der D2 ist nämlich ein Trageelement 2 an einer Türlängsseite zum Anschließen von Bändern bekannt, das beim Streitpatent dem Zwischenstück 8 gemäß den Merkmalen F und G entspricht. Auch ein verschwenkbares Seitenteil nach Merkmal H ist aus dem Anspruch 10 der D2 durch den Einsatz als "zweiflügelige Tür" bekannt, das wie der rahmenlose Flügel aufgebaut ist. Dadurch sind auch die Merkmale I bis L und somit alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 vorbekannt. Schließlich sind aus D2 auch die neu zum erteilten Anspruch 1 hinzugenommenen, an den Zwischenstücken 8 zusätzlich eingesetzten Einlaßstücke 9 zur Anschlagung der Bänder gemäß Merkmal M vorbekannt. Aus Anspruch 9 in Verbindung mit Figur 19, Seite 2, Absatz 4, 5 und Seite 7 unten bis Seite 8 oben der D2 ist nämlich zu entnehmen, daß das zusätzliche Funktionsbauteil 14 über die Befestigung 15 (s Bezugszeichenliste) mit dem Trageelement 2 verbunden ist und somit zur indirekten Anbringung eines Bandes dienen kann. Der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen im Türund Fensterbau, insbesondere auch von rahmenlosen Glasflügeln, erkennt diese mögliche Funktion des Funktionsbauteils 14 aus D2 ohne weiteres, so daß dem Funktionsbauteil 14 nach D2 das beanspruchte Einlaßstück gemäß Merkmal M entspricht (BGH Bl f PMZ 1995, 7/9, S 319 bis 322 - elektrische Steckverbindung).

Der Einwand der Beklagten, daß nach D2 nicht die erfindungsgemäße Funktionstrennung zwischen der Abstandhaltung der beiden Scheiben durch das Abstandsprofil 6 und der Gewichtsaufnahme der schweren Glasscheiben durch das Zwischenstück 8 vorliege, trifft nicht auf Ausführungsmöglichkeiten nach Anspruch 3 von D2 zu, wo ausdrücklich von Trageelement und separatem Abstandhalter die Rede ist (s auch S 9, Z 2). Da somit aus der älteren D2 alle Merkmale des geltenden beschränkten Anspruches 1 bekannt sind, hat dieser mangels Neuheit seines Gegenstandes keinen Bestand.

2. Die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 10 beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Unteransprüche 2 bis 10 des Streitpatents sind auf den Anspruch 1 rückbezogen. Ihre Merkmale sind aber nicht alle aus der älteren D2 zu entnehmen, so daß sie zusammen mit den Merkmalen von Anspruch 1 in Bezug auf erfinderische Tätigkeit zu beurteilen sind. Die ältere Anmeldung D2 ist insoweit nicht in Betracht zu ziehen.

Die nächstkommende Entgegenhaltung ist die FR 25 72 766 A1 (D3) - wobei im folgenden auf die deutsche Übersetzung von D3 Bezug genommen wird. Sie betrifft eine "doppelte Verglasung mit selbsttragendem Innenrahmen" (s insbes Fig 1 u 4). Nach der Beschreibung (s S 2, Abs 1) handelt es sich zwar um eine Verglasung für Fenster und nicht für Türen wie beim Streitpatent. Der hier maßgebliche Fachmann ist für Fenster und Türen gleichermaßen zuständig, da diese sich in ihren hier wesentlichen Merkmalen nicht unterscheiden. Gestützt wird diese Auffassung des Senats durch die Fenster und Türen betreffende gemeinsame IPC-Klassifikation in E 06 B und durch die im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren maßgeblichen Entgegenhaltungen DE 25 01 257 A1 (D4) (s S 1, Abs 1 u Z 3) und DE 43 07 067 A1 (D6) (s Sp 1, Z 5 bis 7) sowie die im Erteilungsverfahren herangezogenen DE 43 00 481 A1 (s Sp 8, Z 41, 42) und DE 195 02 877 A1 (s Sp 1, Z 19 und Sp 2, Z 25), welche alle für Fenster und Türen gleichermaßen verwendete Bauteile (Bänder und Isolierverglasung) betreffen.

Die D3 zeigt einen rahmenlosen Glasflügel gemäß Merkmal A der Merkmalsgliederung des Anspruches 1, da im erfindungsgemäßen Sinn kein herkömmlicher, außenliegender Flügelrahmen (s S 2, Z 21 u S 4, Z 6), sondern ein - gemäß den Merkmalen B und C - zwischen den beiden Scheiben umlaufender Rahmen 18 vorhanden ist, welcher dem erfindungsgemäßen Abstandsprofil 6 entspricht (s Fig 1 bis 4). Da dieser den Abstand zwischen den beiden Scheiben herstellende Rahmen 18 nach der D3 verklebt (s S 3, Z 4) und umlaufend (s Fig 1) ist, erkennt der Fachmann darin ohne weiteres das Merkmal D des Anspruches 1. Aus D3 (s S 3, Z 7 u Anspr 1 iVm Fig 4) ist ferner die Befestigung von Zubehören wie Bändern am äußeren Teil 5 des metallischen Profilteils 3 zu entnehmen, womit die Merkmale E, F und G des Anspruches 1 bekannt sind. Die Beklagte weist außerdem auf eine fehlende Funktionstrennung der abstandbildenden und der tragenden Teile der Vorrichtung nach D3 hin, was nicht zutrifft, da der abstandbildende Rahmen 18 (s Fig 4) und die zwei tragenden Profilteile 3 und 4 (s Fig 2) voneinander unabhängige Teile sind. D3 (s Fig 1 u S 3, Z 18) betrifft auch eine zweiflügelige Ausführung, so daß aus ihr auch die Merkmale H bis L des Anspruches 1 ohne weiteres herleitbar sind. Damit offenbart D3 alle Merkmale A bis L, also den Umfang des erteilten Anspruches 1, nicht jedoch das zusätzliche Einlaßstück gemäß dem hinzugenommenen Merkmal M des beschränkten Anspruches 1.

Dazu erhält der Fachmann aus D6 (s Anspr 2 u Fig 2) die Anregung, zum Befestigen von Bändern an Türen oder Fenstern ein zusätzliches, verschiebbares Haltestück 2 einzusetzen, das an einer Bandtasche 1 zum verstellbaren Anschlagen von Rollenlappen 3 gemäß Merkmal M des Anspruches 1 eingesetzt ist. Dabei entspricht das verschraubte, also auswechselbare Haltestück 2 nach D6 dem erfindungsgemäßen, zusätzlichen Einlaßstück 9 und der Rollenlappen 3 dem erfindungsgemäßen Bandlappen 13. Die Bandtasche 1 nach D6 kann in der Türoder Fensterleibung (s Sp 1, Z 31 u Sp 2, Z 34) aber auch im Flügelrahmen (s Sp 1, Z 24, 25) aufgenommen sein, wobei in diesem Fall die Bandtasche 1 dem erfindungsgemäßen Zwischenstück 8 entspricht, welches die Befestigungsstelle für das Einlaßstück - und somit die Bänder - an der Glastür darstellt. Als Vorteil nennt die Beklagte in der mündlichen Verhandlung noch, daß mit dem erfindungsgemäßen Einlaßstück der Einsatz unterschiedlicher Bandlappen ohne Änderung des eingeklebten Zwischenstücks möglich ist. Dies trifft nach Auffassung des Senats auch auf das dem Einlaßstück entsprechende Haltestück nach D6 zu. Die Übertragung der bekannten Bandbefestigung nach D6 auf die aus D3 bekannten Glasflügel stellt für den Fachmann nur eine einfache konstruktive Maßnahme dar, wenn er geeignete, nicht überstehende Bandbefestigungen sucht. Damit beruhen die Merkmale des beschränkten Anspruchs 1 gegenüber D3 in Verbindung mit D6 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Dies gilt auch für die weiteren Maßnahmen der Ansprüche 4 und 6 aufgrund der Lehre nach D6. Der Fachmann erhält aus ihr - wie dargelegt - Anregungen, die Verstellbarkeit der Bandlappen 13 in den Einlaßstücken 9 gemäß Anspruch 4 und deren Auswechselbarkeit gemäß Anspruch 6 vorzusehen. Abwinklungen der Bandlappen gemäß Anspruch 2 und ihre Anordnung in einer Tasche einer Zarge bzw Leibung gemäß Anspruch 3 sind nicht nur aus D6 (s Fig 2 u Sp 1, Z 31), sondern auch aus D4 bekannt. Dort sind Scharnierelemente 13 (Bandlappen 13) mit Befestigungsschuhen 14 (Abwinklungen 12) gezeigt (s insbes Fig 10), welche -gemäß Anspruch 2 - über Riegelelemente 18 am Flügel 2 einer Tür oder eines Fensters - ebenfalls gemäß Anspruch 4 verstellbar (s S 4, Z 19 bis S 5, Z 25) - angeschraubt und - gemäß Anspruch 3 - in einem Hohlraum 3 (Tasche 3) eines Rahmens 1 (Zarge 1) eingetaucht sind. Überträgt der Fachmann diese "nicht sichtbare" Befestigungsart auf die aus D3 in Verbindung mit D6 bekannte Glastür, so schraubt er naheliegend die Abwinklungen der im Hohlraum bzw Tasche eingetauchten Bandlappen über die Einlaßstücke an die - einen herkömmlichen Flügelrahmen ersetzenden - Zwischenstücke an und kommt damit ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand der Ansprüche 2 und 3.

Freiräume zwischen Beschlagteilen - nach Anspruch 7 zwischen den Einlaßstükken 9 - einer aus zwei Scheiben bestehenden Glastür zu verschließen, liegt im Ermessen des Fachmannes und bedarf keines erfinderischen Zutuns, zumal aus der DE 41 29 735 A1 (D5) (s Fig 8 u Sp 3, Z 44 bis 56) entsprechende Hinweise zum Versiegeln, also Verschließen von Freiräumen innerhalb der beiden Glasscheiben von zweiflügeligen Türen mittels eines Klebstoffs hervorgehen.

Schließlich beruhen auch die weiteren Merkmale der Ansprüche 5 und 8 bis 10 nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da sie durch D3 in Verbindung mit D6 nahegelegt sind. Die gemäß Anspruch 5 kraftund formschlüssige Verklebung der Zwischenstücke 8 zwischen den Glasscheiben ist durch D3 (s S 2 unten bis S 3, Z 8 u Fig 4) vorweggenommen, da dort der aus zwei Profilteilen 3 und 4 bestehende -den erfindungsgemäßen Zwischenstücken 8 entsprechende - Innenrahmen am Glas angeklebt ist. Dazu einen UV-stabilen, vernetzenden Zweikomponentenkleber zu verwenden, stellt nur eine im handwerklichen Können des Fachmannes liegende Maßnahme dar, da er stets bemüht ist, beim Verkleben, insbesondere von lichtdurchlässigen Glasscheiben, einen dafür geeigneten Kleber auszuwählen. Auch eine gemäß Anspruch 8 am Zwischenstück verdeckt angeschlossene Seitenteilver-/entriegelung ist mit der Verschlußstange 8, die am - dem erfindungsgemäßen Zwischenstück entsprechenden - Profilteil 3 angeschlossen ist, aus D3 (s Fig 2 u S 3, Z 9 bis 15) zu entnehmen. Nach Anspruch 9 dann einen verdeckten Schloßgegenkasten im Seitenteil eines zweiflügeligen Fensters anzubringen, ist für den Fachmann selbstverständlich, da sonst die Verriegelung beider Flügel unwirksam ist. Aus D3 (s S 3, Z 7 u Anspr 1) erhält der Fachmann auch Anregungen, im äußeren Teil 5 des Profilteils 3 verschiedene Zubehörteile anzubringen, wobei er zum Verschließen der Zwischenräume zwischen den beabstandeten Glasscheiben bei Bedarf auch Abschlußprofile gemäß Anspruch 10 ohne erfinderisches Zutun einsetzt.

Aus diesen Gründen haben auch die auf den beschränkten Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

Das Streitpatent war deshalb in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

III Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 01.03.2001
Az: 2 Ni 12/99


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