Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 43/03

(BPatG: Beschluss v. 24.09.2003, Az.: 29 W (pat) 43/03)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Dezember 2002 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke XtraEcoist am 27. November 2000 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

Elektrische und elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger, Chip-Karten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 35:

Werbung; Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;

Klasse 38:

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Geräten und Einrichtungen für die Telekommunikation;

Klasse 41:

Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Klasse 42:

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 20. Dezember 2002 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Der Verkehr erkenne in dem Bestandteil "Xtra" ohne weiteres die werbeübliche Schreibweise des Wortes "extra". Aus der Kombination mit dem weiteren Bestandteil "Eco" ergebe sich ein einheitlicher Gesamtbegriff, der ohne weiteres verständlich sei. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen weise das Zeichen daher ausschließlich darauf hin, dass diese besonders ökologisch bzw ökonomisch seien.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Der Bestandteil "Eco" sei im englischen Sprachgebrauch nicht in Alleinstellung gebräuchlich. Auch die Verwendung am Wortende sei sprachunüblich. Als Kurzform der englischen Begriffe "ecological" bzw "economic" erkenne der Verkehr den Bestandteil "Eco" daher nur, wenn er sprachregelgerecht als Präfix verwendet werde. Bei dem Bestandteil "Xtra" handele es sich nicht um eine gebräuchliche Abwandlung des Wortes "extra". Im Übrigen werde "extra" auch im Sinne von "zusätzlich, speziell" verwendet und habe daher keinen präzisen Aussagegehalt. Dementsprechend gebe es hinsichtlich der Bestandteile "Xtra" und "Eco" zahlreiche einschlägige Voreintragungen. Mangels klaren Bedeutungsgehalts sei "XtraEco" daher weder freihaltebedürftig noch fehle dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die angemeldete Marke ist weder als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG noch auf Grund fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1. Nach § 8 Abs 2 N 2 MarkenG sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können. Nach dieser Vorschrift ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann. Denn auch in diesem Fall ist die Voraussetzung erfüllt, dass die in dem Zeichen enthaltene Aussage als Sachangabe dienen kann (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE - mwN). Nach Auffassung des Senats stellt die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine in diesem Sinne unmittelbar beschreibende Angabe dar, denn es lässt sich weder feststellen, dass die Bezeichnung "XtraEco" im beanspruchten Waren- und Dienstleistungsgebiet als Sachangabe verwendet wird, noch finden sich hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass sie zukünftig als solche benötigt wird.

2. Die angemeldete Marke ist erkennbar aus den Bestandteilen "Xtra" und "Eco" zusammengesetzt. Bei "Xtra" handelt es sich um eine werbeübliche Abwandlung des Wortes "extra". Die Verkürzung der Vorsilbe "Ex" auf den Buchstaben "X" ist ein in der Werbesprache häufig verwendetes Gestaltungsmittel (vgl BPatG 24 W (pat) 270/97 - XPERTWARE; 26 W (pat) 46/01 - X-TRA; 27 W (pat) 153/97 - X- tra -; 28 W (pat) 159/99 - XTREME; 28 W (pat) 59/00 - XPERT; 30 W (pat) 3/02 - PlantXpert). In Kombination mit Substantiven kennzeichnet der Begriff "Extra" eine Sache als etwas Zusätzliches, Besonderes, zB Extrablatt, Extraklasse, Extrawurst (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001, CD-ROM). Auf Grund der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten zählt "Extra" zu den häufig in der Allgemeinsprache vorkommenden und in ihr verwurzelten Wortbildungselementen. Dementsprechend dient er auch als allgemeines Werbeschlagwort und findet für Waren und Dienstleistungen jedweder Art Verwendung. Der Bestandteil "Eco" beschreibt im englischen Sprachgebrauch einen Umweltbezug und ist als Wortbildungselement in Begriffen wie "ecofriendly", "ecolabel" gebräuchlich (vgl http://www1.oup.co.uk; Pons, Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Aufl 2002, S 265). Im deutschen Sprachgebrauch wird "Eco" darüber hinaus in Wortverbindungen vielfach als Kurzform der englischen Begriffe "economical" und "ecological" verwendet, um auf eine besondere Wirtschaftlichkeit oder Umweltfreundlichkeit von Produkten und Dienstleistungen hinzuweisen (vgl BPatG 24 W (pat) 228/98 - ECO; 27 W (pat) 159/01 - Ecostar, 30 W (pat) 205/01 - ECOCAM).

3. Allerdings hat der Senat trotz der genannten Bedeutung der beiden Bestandteile nicht feststellen können, dass die Wortverbindung "XtraEco" zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung oder sonstiger Merkmale dienen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das angesprochene Publikum zusammengesetzte Kennzeichen in der Regel so aufnimmt, wie sie ihm im Verkehr begegnen, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl BGH GRUR 1995, 269 - U-KEY; GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

3.1. Eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung "XtraEco" oder des entsprechenden deutschen Begriffs "ExtraÖko" lässt sich nicht feststellen. Die vom Senat durchgeführte Recherche zum Gebrauch von "Eco" in Alleinstellung ergibt lediglich Hinweise auf den gleichnamigen italienischen Schriftsteller und den Verband der deutschen Internetwirtschaft eco eV (vgl http://www1.oup.co.uk; http://wortschatz.informatik.unileipzig.de). Hingegen ist das deutsche Wort "Öko" auch in Alleinstellung als umgangssprachliche Kurzform für Ökologie gebräuchlich. So finden sich zB Sätze wie "Zu Anfang waren einige skeptisch von wegen Öko und so...", "Parteien, die dann für Öko statt für Wirtschaftsfreundlichkeit stehen, bekommen die Quittung...", "Etwas ganz anderes versteht man unter Öko bei der Schweizer Bank..." (vgl http://wortschatz.informatik.unileipzig.de).

3.2. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass das inländische Publikum in dem Bestandteil "Eco" ohne weiteres den deutschen Begriff "Öko" erkennt, folgt aus diesen Verwendungen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein klarer Bedeutungsgehalt. Bei den in Klasse 9 beanspruchten Geräten, Apparaten, Datenträgern und Chipkarten können zwar ökologische Gesichtspunkte bedeutsam sein. So können sie aus wiederverwendetem Elektronikschrott (vgl zB www.reusecomputer.de ) oder unter Vermeidung gesundheitsgefährdender Substanzen, wie zB Blei oder Cadmium, hergestellt werden. Sie können sich durch eine geringe und damit weniger umweltbelastende elektromagnetische Strahlung auszeichnen oder für den Einsatz im ökologischen Bereich bestimmt sein. Aus diesen verschiedenen möglichen Interpretationen des Begriffs "Eco" ergeben sich aber völlig unterschiedliche Aussagegehalte, die entweder die Beschaffenheit, die Art oder die Bestimmung dieser Waren beschreiben. Zu deren klaren und unmissverständliche Beschreibung erscheint die Angabe "Eco" angesichts dieser Mehrdeutigkeit daher nicht geeignet.

3.3. Gleiches gilt für die im Bereich der Werbung, Geschäftsführung, Telekommunikation, Unterhaltung und Softwareerstellung beanspruchten Dienstleistungen. Zwar können diese Dienstleistungen ebenfalls einen ökologischen Bezug haben, indem sie sich beispielsweise an ökologisch orientierte Betriebe und Verbraucher richten oder nach ökologischen Grundsätzen, zB unter Verwendung umweltfreundlicher Materialien oder energiesparender, strahlungsarmer oder anderweitig umweltschonender Hilfsmittel erbracht werden. Auch insoweit ist der Begriff "Eco" aber interpretationsbedürftig, so dass unklar bleibt, welche Merkmale dieser Dienstleistungen konkret beschrieben werden sollen. Nachdem es somit bereits für den Bestandteil "Eco" an einem eindeutigen und ohne weiteres erfassbaren Aussagegehalt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehlt, erscheint auch das Gesamtzeichen für eine Verwendung als Sachangabe nicht geeignet.

3.4. Berücksichtigt man darüber hinaus die weitere von der Markenstelle angenommene Bedeutung im Sinne von "ökonomisch" bzw "wirtschaftlich" ergibt sich nichts anderes. Zwar kann der Zusatz "Eco" bei Produktkennzeichnungen in Verbindung mit einer Sachangabe als Hinweis auf eine sparsame bzw wirtschaftliche Produktvariante dienen (vgl BPatG 29 W (pat) 296/02 - GPRS Eco). Da es sich aber bei dem Wort "Extra" nicht um eine derartige Sachangabe handelt, ist es auch nicht in der Lage den Bestandteil "Eco" im Hinblick auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu präzisieren.

4. Als eine Wortverbindung, die aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder eine eindeutige im Vordergrund stehende sachlich beschreibende noch eine allgemeine Werbeaussage enthält, fehlt der Bezeichnung "XtraEco" auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Grabrucker Pagenberg Fink Hu






BPatG:
Beschluss v. 24.09.2003
Az: 29 W (pat) 43/03


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