Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 57/00

(BPatG: Beschluss v. 22.02.2000, Az.: 27 W (pat) 57/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke. Die Anmeldemarke trägt den Namen "quattro" und ist für verschiedene Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen registriert. Die Widersprechende ist Inhaberin einer Marke, die für Herren-Oberbekleidungsstücke, welche nach Entwürfen italienischer Stylisten gefertigt werden, registriert ist. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte dem Widerspruch stattgegeben, da sie eine Gefahr der Verwechslung zwischen den Marken sah. Die Beschwerde wurde jedoch teilweise zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht entschied, dass es an einer Warenähnlichkeit in Bezug auf Schuhwaren fehle, während für die übrigen angegriffenen Waren eine Verwechselbarkeit bestehe. Das Wort "quattro" präge die Widerspruchsmarke optisch und habe einen eindeutigen Sinngehalt, was zu Verwechslungen führen könne. Die Beschwerde wurde deshalb teilweise abgewiesen. Wir können also teilweise gegen die Entscheidung vorgehen und müssen mit Kosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG rechnen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.02.2000, Az: 27 W (pat) 57/00


Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. April 1998 und vom 23. September 1997 dahingehend geändert, daß der Widerspruch aus der Marke 1 061 973 hinsichtlich der angegriffenen "Schuhwaren" zurückgewiesen wird.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Als Anmeldemarke eingetragen ist die Bezeichnung "quattro" ua für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen".

Gegen die Registrierung Widerspruch eingelegt hat (lediglich hinsichtlich der oben genannten Waren der Klasse 25) die Inhaberin der für "Herren-Oberbekleidungsstücke, sämtliche Waren nach Entwürfen italienischer Stylisten gefertigt" eingetragenen Marke 1 061 973 Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat dem Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, stattgegeben, weil - bei Warengleichheit bzw -ähnlichkeit - eine Gefahr der Markenverwechslung bestehe. Zwar sei es nicht ohne weiteres zulässig, beim Zeichenvergleich ein Element aus einer Marke herauszugreifen. Die Widerspruchsmarke werde jedoch optisch und auch vom möglichen Sinngehalt ihrer Bestandteile her eindeutig durch das Wort "QUATTRO" geprägt, mit dem sie in der Regel auch benannt werde. Somit stünden sich klanglich zwei identische Wörter gegenüber, so daß Verwechslungen unausbleiblich seien. Zu dem Argument der Markeninhaberin, daß der Bezeichnung "quattro" die Schutzfähigkeit fehle, verweist der Erinnerungsprüfer auf die jüngere einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wobei er bemerkt, die Markeninhaberin solle "froh sein", daß für sie selbst dieses Wort geschützt worden sei.

Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Neben ihrem früheren Vorbringen hat sie darauf verwiesen, daß es sich bei dem Widerspruchszeichen um eine kombinierte Wort-Bild-Marke handle, die sich deutlich von der Anmeldemarke abhebe. Auch sei nicht zu erwarten, daß die Marke einfach mit dem Schlagwort "QUATTRO" in Erinnerung bleibe. Die Möglichkeit assoziativer Verwechslungen scheide aus, da die Bezeichnung "QUATTRO" in vielfältiger Weise für die verschiedensten Warengruppen eingesetzt werde. Außerdem ist sie der Ansicht, daß die vom Erinnerungsprüfer gewählten Formulierungen ("...sollte vielmehr froh sein...") Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit geben könnten.

Die Widersprechende ist dem entgegengetreten. Sie erinnert daran, daß ihre Marke seit vielen Jahren auf dem einschlägigen Warengebiet erfolgreich eingesetzt worden sei. Sie werde, wie von der Markenstelle richtig dargelegt, durch den Bestandteil "QUATTRO" geprägt, der in erster Linie dem Verkehr in Erinnerung bleibe, was zu Verwechslungen führen müsse.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde konnte nur teilweise, nämlich hinsichtlich der angegriffenen "Schuhwaren" Erfolg haben. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Warenähnlichkeit, während die Vergleichsmarken im übrigen verwechselbar ähnlich im Sinne des Markengesetzes (§ 9 Abs 1 Nr 2) sind.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BlPMZ 1999, 32, 34 f "JOHN LOBB") eine Ähnlichkeit zwischen Bekleidungsstücken und Schuhwaren verneint hat, mußte der Widerspruch insoweit erfolglos bleiben.

Warengleichheit bzw unbedenkliche Warenähnlichkeit besteht jedoch hinsichtlich der verbliebenen angegriffenen Waren der Anmeldemarke. Auch die Vergleichsmarken sind ähnlich. Es ist offensichtlich, daß die Widerspruchsmarke schon optisch durch das hervorgehobene Wort "QUATTRO" geprägt wird, das auch regelmäßig als Kenn- und Merkwort in Betracht kommt. Dieses Wort bietet sich auch bei näherer Betrachtung der Marke (und Würdigung der sonstigen Bestandteile) am ehesten zu ihrer Benennung an, wie dies auch die Markenstelle dargelegt hat. Auch wenn man berücksichtigt, daß auf dem Textilsektor viel auf Sicht gekauft wird, sind mündliche Zeichenbenennungen nicht unüblich und können bei einem Zeichenvergleich nicht außer acht gelassen werden (vgl BGH MarkenR 1999, 57 "Lions"). Bei der Identität der Markenwörter ist mit Verwechslungen in ganz beachtlichem Ausmaß zu rechnen.

Das von der Markeninhaberin im Lauf des Erinnerungsverfahrens einmal vorgebrachte (inzwischen aber nicht mehr ausdrücklich wiederholte) Argument, früher sei das Wort "quattro" schutzunfähig gewesen und die Widerspruchsmarke sei nur als Wort-Bild-Zeichen eingetragen worden, liegt neben der Sache. Selbst wenn das einmal so war, wird mittlerweile (vgl BGH BlPMZ 1995, 444 "quattro II") dieses Wort sogar für Kraftfahrzeuge als schutzfähig angesehen, was natürlich erst recht für Bekleidungsstücke gelten muß, da insofern ein möglicher beschreibender Gehalt noch ferner liegt als im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen. Von dieser Betrachtungsweise hat die Markenanmelderin bei der Eintragung ihrer Marke durchaus "profitiert"; deshalb ist nicht verständlich, weshalb die Bemerkung des Erinnerungsprüfers, sie solle hierüber "froh sein", Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit geben könnte. Die Schutzfähigkeit des Begriffs "quattro" ist auch nicht etwa erst durch das Inkrafttreten des Markengesetzes möglich geworden, wie sich aus der vom Erinnerungsprüfer zu Recht zitierten "Dos"-Entscheidung (BGH BlPMZ 1993, 482) ergibt. Sonach konnte bereits zur Zeit der Anmeldung der angegriffenen Marke dem Wort "quattro" in Alleinstellung (und damit dem prägenden Bestandteil des Gegenzeichens) die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden. Deshalb können darauf gestützte Rechte aus der Widerspruchsmarke gegen die Anmeldemarke erfolgreich geltendgemacht werden.

Nach allem konnte die Beschwerde nur teilweise Erfolg haben; im wesentlichen war sie zurückzuweisen.

Wegen der Kosten wird MarkenG § 71 Abs 1 verwiesen.

Hellebrand Viereck Albert Mr/prö






BPatG:
Beschluss v. 22.02.2000
Az: 27 W (pat) 57/00


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