Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 217/03

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2004, Az.: 24 W (pat) 217/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Löwenzahnist für verschiedene Waren der Klassen 3, 5 und 21 zur Eintragung in das Register angemeldet.

Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung teilweise, und zwar für die Waren

"Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegemittel für nichtmedizinische Zwecke; Seifen, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegmittel für medizinische Zwecke; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege", als beschreibende freihaltebedürftige sowie nicht unterscheidungskräftige Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 und 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß das Wort "Löwenzahn" die Bezeichnung einer allgemein bekannten, gelb blühenden, besonders auf Wiesen wachsenden, zu den Korbblütlern gehörenden Pflanze sei, die seit alters her zu den Heilkräutern zähle, wie einschlägige Fundstellen in medizinischen, naturheilkundlichen und chemischen Nachschlagewerken sowie im Internet recherchierte Fundstellen belegten. Es sei sowohl auf pharmazeutischem wie kosmetischem Gebiet üblich, auf pflanzliche Ingredienzien mit dem Namen der jeweiligen Pflanze in herausgestellter Form hinzuweisen (zB Avocado, Jojoba, Aloe Vera, Rosmarin, Gingko, Weißdorn, Kamille, Salbei, Myrrhe ua). Im Hinblick auf die seit langem bekannte pharmazeutische Verwendbarkeit der Pflanze Löwenzahn könne der angemeldete Pflanzenname, unabhängig davon, ob die Produkte der Anmelderin Löwenzahn enthielten oder nicht, für die von der Zurückweisung betroffenen Waren als mögliche Inhalts- bzw Beschaffenheitsangabe dienen. Dabei müsse Löwenzahn nicht der Hauptbestandteil sein, da auch sonstige wichtige Wirkstoffe einschlägiger Produkte stets hervorgehoben würden. Nachdem der angemeldete Begriff "Löwenzahn" einen eindeutigen Sachhinweis auf die Inhaltsstoffe der fraglichen Waren liefere, müsse ihm auch die Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die die in der Beschwerde die von der Zurückweisung betroffenen Waren wie folgt einschränkt:

"Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegemittel für nichtmedizinische Zwecke - ausgenommen solche, die als Inhaltsstoff die Pflanze Löwenzahn enthalten;

Seifen sowie Mittel zur Körper- und Schönheitspflege - ausgenommen solche, die als Inhaltsstoff die Pflanze Löwenzahn enthalten;

Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegemittel für medizinische Zwecke - ausgenommen solche, die als Inhaltsstoff die Pflanze Löwenzahn enthalten;

pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege - ausgenommen solche, die als Inhaltsstoff die Pflanze Löwenzahn enthalten."

Nach ihrer Auffassung entfalle mit der vorgenommenen Einschränkung des Warenverzeichnisses das Argument der Markenstelle, daß "Löwenzahn" eine mögliche Beschaffenheitsangabe für die betroffenen Waren darstelle. Selbst wenn Löwenzahn in den Zahncremes der Anmelderin verwendet werden würde, was aber nicht der Fall und auch von anderen Herstellern nicht bekannt sei, ergebe sich nur ein mittelbarer beschreibender Bezug, da Zahncreme keine Darreichungsform von Löwenzahn sei, anders etwa als Apfelsaft von Äpfeln. Die angemeldete Marke gehe iü auf die Firmentradition der Anmelderin zurück, insbesondere deren Rechtsvorgängerin, die Löwen- bzw Leo-Werke Dresden, sowie den früheren Markennamen "Leo" in verschiedenen Abwandlungen.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls das absolute Schutzhindernis einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe im Sinn des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs 1 MarkenG).

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ein Wortzeichen unterliegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dann einem Freihaltebedürfnis, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 725 f (Nr 25-37) "Chiemsee"; GRUR 2001, 1145, 1147 (Nr 39-40) "Babydry"; MarkenR 2003, 450, 453 (Nr 32) "DOUBLE-MINT"). Eine solchermaßen beschreibende Bezeichnung stellt das Markenwort "Löwenzahn" für die beschwerdegegenständlichen Waren dar, und zwar auch in der von der Anmelderin beschränkten Fassung des Warenverzeichnisses.

Das angemeldete Markenwort "Löwenzahn" ist die allgemein geläufige Bezeichnung einer weitverbreiteten, gelbblühenden, milchigen (Wiesen-) Pflanze aus der Gattung der Korbblütler (vgl zB Der Brockhaus in einem Band, 8. Aufl, S 562). Der Löwenzahn, dessen Heilwirkung seit dem Altertum bekannt ist (vgl Römpp, Lexikon Chemie, 10. Aufl, S 240), enthält zahlreiche pharmazeutisch wirksame Inhaltsstoffe und wird als Teeaufguß und in Fluid-, Spisum- und Trockenextrakten als Bestandteil von Kombinationspräparaten bei verschiedenen Beschwerden, ua bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden, Störungen des Gallenflusses, zur Anregung der Diurese, traditionell zu sog blutreinigenden Frühjahrskuren, bei Gicht, Rheuma, chronischen Ekzemen und anderen Hauterkrankungen verwendet (vgl Pschyrembel, Wörterbuch Naturheilkunde, 1996, S 175 f, sowie in der Anlage zum Beschluß der Markenstelle vom 14.11.2002 die Internet-Seiten www.medicineworldwide.ch/pharmakologie/arzneimittel/magen_darm/loewenzahn.l und www.naturdrogerie.ch/naturtip/loewenzahn.htm ).

Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt und anhand von Verwendungsbeispielen aus der einschlägigen Produktwerbung belegt hat, können sämtliche angemeldeten Waren, einschließlich Mund- Zahn- und Zahnersatzpflegemittel, pflanzliche Wirkstoffe enthalten, auf die im Verkehr üblicherweise mit dem Namen der Pflanze, von der die Stoffe stammen, hingewiesen wird. Als möglicher pflanzlicher Inhalts- bzw Wirkstoff von Waren der angemeldeten Art kommt dabei auch Löwenzahn oder dessen Bestandteile und demzufolge der Pflanzenname "Löwenzahn" als beschreibende Bezeichnung ihrer stofflichen Beschaffenheit in Betracht. Daß es sich bei dem jeweiligen Produkt um eine besondere Darreichungsform von Löwenzahn handelt, ist insoweit nicht erforderlich, da beschreibende Angaben im Sinn des Gesetzes nicht nur Gattungsbezeichnungen, sondern auch sonstige Angaben sind, welche ua die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung oder sonstige Merkmale der Waren, hier, deren Inhalts- oder Wirkstoffe, bezeichnen. Hierbei spielt auch keine Rolle, ob die jeweils beschriebenen Merkmale der Waren wirtschaftlich wesentlich oder nur nebensächlich sind (vgl EuGH MarkenR 2004, 99, 109 (Nr 102) "KPN/Postkantoor").

Für "pharmazeutische Erzeugnisse" sowie "Präparate für die Gesundheitspflege" liegt der beschreibende Bezug zu Löwenzahn im Hinblick auf dessen verschiedene medizinisch wirksame Inhaltsstoffe auf der Hand. Insoweit läßt sich die Verwendung von Löwenzahn als Bestandteil von Säften, Tees, Tropfen, Kapseln, Extrakten etc mit der beschreibenden wörtlichen Bezeichnung "Löwenzahn" im Geschäftsverkehr auch tatsächlich belegen (vgl hierzu die og Fundstellen sowie die Verwendungs-Beispiele in der der Anmelderin vom Senat übermittelten Internet-Seite www.apobaer.de). Ebenso belegbar ist der Einsatz von Löwenzahn zu kosmetischen Zwecken, was seine mögliche Verwendung als Inhaltsstoff von - kosmetischen - "Seifen" und "Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege" indiziert. (vgl hierzu in der der Anmelderin vom Senat übermittelten Internet-Seite www.lauftext.de/naturkosmetik/loewenzahn.html die folgenden Zitate: "...Für kosmetische Zwecke wird seit altersher der beim Abschneiden des (Löwenzahn-) Stengels auftretende Milchsaft benutzt, um Furunkel, Karbunkel, Räude, Flechten und viele Hautkrankheiten einzudämmen. Auch destilliert wurde die Pflanze. Dieses Löwenzahnwasser wurde dann zur Schönheitspflege eingesetzt. ... Gegen Sommersprossen hilft zuweilen folgende Lotion: Eine Handvoll Löwenzahnblüten wird mit kochendem Wasser übergossen. ... Sie können die Lotion auch als Haarspülung verwenden. ...Ob trockenes, sprödes oder fettiges Haar - Löwenzahn hilft. Auch bei Schuppen. Noch etwas Gutes können Sie für sich tun; sich mit Löwenzahn eine Erfrischungskompresse machen. ..."; sowie außerdem in der Internet-Seite www.wienerkosmetikum.at die Beschreibung für das Ölbad Ceder: "Die enthaltenen Wirkstoffe von Ceder, Löwenzahn und Hirtentäschel beruhigen empfindsame und trockene Haut. ...").

Zwar ist der Anmelderin zuzugeben, daß sich derzeit die Verwendung von Löwenzahn bzw seinen Inhaltsstoffen im Bereich der Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegemittel nicht ermitteln läßt. Bei der Prüfung einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe sind jedoch nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen, sondern auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen, die eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 239; EuGH GRUR 1999, 723, 725 f (Nr 25-37) "Chiemsee"). Die nachweisliche Wirksamkeit von Löwenzahn gegen alle möglichen Hauterkrankungen aber lassen die Pflanze auch als einen in diesem Bereich geeigneten Wirkstoff erscheinen, da die Mund- und Zahnpflege in aller Regel die Pflege des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut mit einschließt. Nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten ist daher eine Verwendung von Löwenzahn als pflanzlicher Inhaltsstoff von "Mund-, Zahn- und Zahnersatzpflegemitteln" und dementsprechend die Verwendung der Bezeichnung "Löwenzahn" als darauf hinweisende Beschaffenheitsangabe für derartige Produkte jederzeit vorstellbar und möglich.

Das Schutzhindernis einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG wird dabei ferner nicht durch die von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren vorgenommene Einschränkung des Warenverzeichnisses ausgeräumt, durch die von den angemeldeten Waren jeweils solche ausgenommen sind, die als Inhaltsstoff die Pflanze Löwenzahn enthalten. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es mit der Markenrechtsrichtlinie Nr 89/104/EWG nicht vereinbar und würde zu Rechtsunsicherheiten hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen, eine Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter der Voraussetzung einzutragen, daß sie ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (vgl EuGH MarkenR 2004, 99, 110 f (Nr 114-117) "KPN/Postkantoor").

Es kann daher im weiteren dahingestellt bleiben, ob, worauf der Senat in seinem Ladungszusatz vom 16. Februar 2004 hingewiesen hat, infolge der Einschränkung des Warenverzeichnisses möglicherweise - auch - das absolute Schutzhindernis einer täuschenden Marke iSd § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG begründet worden ist, weil die durch die Bezeichnung "Löwenzahn" beim Verkehr hervorgerufene Vorstellung einer Wirkstoffangabe nicht (mehr) der tatsächlichen Beschaffenheit der angemeldeten Produkte entsprechen kann.

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 11.05.2004
Az: 24 W (pat) 217/03


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