Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 12. Juni 2012
Aktenzeichen: X ZR 104/09

(BGH: Beschluss v. 12.06.2012, Az.: X ZR 104/09)

Tenor

Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung vom 6. März 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Kläger war unter anderem als Leiter des Controllings "Verkauf Pharma International" und zuletzt als Leiter der "Strategischen Geschäftseinheit Dermatika" bei der Beklagten beschäftigt. Er hat geltend gemacht, dass eine mit der Beklagten geschlossene Vergütungsvereinbarung betreffend die Erfindung eines antimykotisch wirksamen Nagellacks zur Behandlung von Nagelpilzerkrankungen ungeachtet dessen, dass ihm aufgrund dieser Vereinbarung bereits eine Erfindervergütung in Höhe von 1.078.693 EUR zugeflossen ist, erheblich unbillig und damit nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ArbEG unwirksam sei. Seine Stufenklage, die in der letzten Stufe einen unbezifferten Zahlungsantrag enthalten hat, ist vom Landgericht abgewiesen worden. Seine Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Beide Instanzen haben den Streitwert jeweils auf 1 Million EUR festgesetzt. Mit Urteil vom 6. März 2012 hat der Senat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Mit Beschluss vom selben Tag hat der Senat den Wert des Streitgegenstands für die Revision ebenfalls auf 1 Million EUR festgesetzt. 1 Hiergegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in eigenem Namen mit seiner Gegenvorstellung vom 22. März 2012. Zur Begründung führt er aus, dass der Kläger in der Revisionsbegründung vom 18. Juli 2011 beansprucht habe, der Vergütungsberechnung einen Nettoerfindungswert in Höhe von 448.444.854,80 US-Dollar zugrunde zu legen, was an diesem Tag einem Betrag von 317.933.263 EUR entsprochen habe. Der Kläger habe außerdem die Heranziehung eines Anteilsfaktors in Höhe von 30 Prozent begehrt, so dass sich unter Berücksichtigung des unstreitigen Miterfinderanteils des Klägers von 10 Prozent eine Erfindervergütung in Höhe von 9.537.998 EUR errechne. Er beantragt, den Streitwert, wie schon in der mündlichen Verhandlung angeregt, an den Vergütungsvorstellungen des Revisionsklägers zu Beginn der Revisionsinstanz zu orientieren und entsprechend heraufzusetzen.

Der Kläger, der keinen Mindestbetrag angegeben und keine Angaben zum Streitwert gemacht hat, wendet sich gegen die beantragte Heraufsetzung des Streitwerts. Der Streitwert eines unbezifferten Zahlungsantrages bemesse sich nach dem Betrag, den das Gericht zusprechen werde, weswegen im Rahmen der Streitwertfestsetzung eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen sei. Insoweit bestehe keine Veranlassung, den Streitwert heraufzusetzen.

II. Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist in analoger Anwendung des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 1986 - IVa ZR 138/83, NJW-RR 1986, 737; Beschluss vom 7. April 2011 - VII ZR 66/07 Rn. 7), aber nicht begründet.

1. Der Wert des Streitgegenstands der Revision bestimmt sich nach den Schlussanträgen des Klägers aus der Vorinstanz, die er mit seiner Revision weiter verfolgt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Von im Wege der Stufenklage miteinander verbundenen Schlussanträgen ist allein der Leis-2 tungsantrag für die Streitwertbestimmung maßgebend (§ 44 GKG). Ist dieser - wie im Streitfall - nicht beziffert (§ 38 ArbEG) und hat der Kläger auch keinen Mindestbetrag genannt, ist der Streitwert in freier Schätzung nach § 3 ZPO festzusetzen, wobei grundsätzlich nach dem Betrag zu bemessen ist, den das Gericht auf Grund des Sachvortrags des Klägers als angemessen erachtet (Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 "unbezifferte Klageanträge" mwN). Offensichtlich übertriebene Einschätzungen und Angaben insbesondere zu Umständen, über die der Beklagte erst Auskunft erteilen soll, haben dabei außer Betracht zu bleiben.

Allerdings kann die Bewertung des mit der Klage verfolgten Interesses des Klägers sich nicht stets auf das schlüssige Vorbringen des Klägers und denjenigen Betrag beschränken, der ihm, gegebenenfalls nach Beweisaufnahme, auf dieser Grundlage zuerkannt werden könnte. Zielt das Klagebegehren, wie im Streitfall, auf eine grundsätzlich abweichende rechtliche Beurteilung der Höhe einer angemessenen Vergütung, muss sich dieses Rechtsschutzziel im Streitwert niederschlagen. Dabei ist jedoch umso mehr Zurückhaltung geboten, desto fernliegender es erscheint, dass die rechtlichen Erwägungen des Klägers die Höhe des Vergütungsanspruchs maßgeblich bestimmen könnten.

2. Nach diesen Grundsätzen besteht keine Veranlassung, den Streitwert höher als 1 Million EUR festzusetzen.

Der Kläger hat aufgrund der mit der Beklagten geschlossenen Vergütungsvereinbarung bereits eine Erfindervergütung in Höhe von knapp über 1 Million EUR erhalten. Seine auf die Zahlung einer weiteren Erfindervergütung nach § 9 Abs. 1 ArbEG gerichtete Klage wäre nur erfolgreich gewesen, wenn er schlüssig dargetan hätte, dass diese Vergütungsvereinbarung wegen eines objektiv erheblichen Missverhältnisses zwischen der gesetzlich geschuldeten und der in der Vereinbarung niedergelegten Leistung nach § 23 Abs. 1 ArbEG unwirksam gewesen wäre (vgl. dazu: 6 BGH, Urteil vom 4. Oktober 1988 - X ZR 71/86, GRUR 1990, 271 - Vinylchlorid). Dafür wird in der Praxis regelmäßig ein Mindestnachforderungsbetrag in Höhe von 50 Prozent der vereinbarten Vergütung verlangt (vgl. Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Aufl., § 23 Rn. 22.1; Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen - Praxisleitfaden, 5. Aufl. Rn. 381; Keukenschrijver in Busse, PatG, 6. Aufl., § 23 ArbEG Rn. 6; Volz, FS Bartenbach (2004), S. 199, 208 f.; Schwab, ArbEG, 1. Aufl., § 23 Rn. 9), woraus sich für die Klage ein Mindestnachforderungsbetrag in Höhe von 500.000 EUR ergäbe. Diesen Betrag hat der Senat in freier Schätzung (§ 3 ZPO) und in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Vorinstanzen auf 1 Million EUR erhöht, weil das Begehren des Klägers auf eine deutlich höhere Vergütung als die bislang erhaltene gerichtet war.

Demgegenüber stellen sich die Angaben des Klägers zur Errechnung der Erfindervergütung auf der Grundlage der Umsatzrendite der Beklagten und in Anlehnung an die Vergütung von Hochschulerfindungen als aufgrund des Erfindungswertes unter Berücksichtigung des Anteilsfaktors und des Miterfinderanteils des Klägers für die rechtliche Beurteilung ganz überwiegend unmaßgebliche Einschätzungen und persönliche Rechtsansichten dar, die für die Streitwertbestimmung nicht heranzuziehen sind.

Entsprechend würde eine Streitwertfestsetzung auf einen Betrag weit über 1 Million EUR, wie sie die Gegenvorstellung fordert, den Bereich des Angemessenen verlassen.

Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster Vorinstanzen:

LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 12.03.2008 - 2/6 O 440/07 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 14.05.2009 - 6 U 68/08 -






BGH:
Beschluss v. 12.06.2012
Az: X ZR 104/09


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