Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 18. Oktober 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 34/10

(BGH: Beschluss v. 18.10.2010, Az.: AnwZ (B) 34/10)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofes vom 6. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Allerdings ist der angefochtene Beschluss mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, denn er ist erst mehr als fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2009 am 16. März 2010 unterzeichnet und der Geschäftsstelle zur Zustellung zugeleitet worden. Dieser Verfahrensmangel hindert den Senat als Beschwerdegericht indessen nicht, im Beschwerdeverfahren, durch das eine neue Tatsacheninstanz eröffnet ist, nach dem Rechtsgedanken des § 538 Abs. 1 ZPO eine eigene Sachentscheidung zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 10/00, BGHR BRAO § 41 Abs. 1 Verfahrensmangel, wesentlicher 1; BGH, Beschluss vom 30. September 1997 - AnwZ (B) 11/97, BRAK-Mitt. 1998, 93).

2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschluss vom 26. November 2002 - AnwZ (B) 28/01, NJW 2003, 577). Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 der Zivilprozessordnung) eingetragen ist.

3. Diese Voraussetzungen waren zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides erfüllt. Der Antragsteller hatte am 7. Juli 2008 in zwei Vollstreckungsverfahren die eidesstattliche Versicherung abgegeben und ist seitdem im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts M. nach § 915 ZPO eingetragen. Damit wurde der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz) BRAO gesetzlich vermutet.

4. Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich nicht so konsolidiert, dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149). Der Antragsteller hat vielmehr am 7. Mai 2009 erneut die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Der Antragsteller hat seinen Vortrag, einige Forderungen seien bereits erfüllt, nicht belegt. Zudem hat er eine umfassende Übersicht über seine Vermögensverhältnisse weder im Verwaltungsverfahren vor der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Senat vorgelegt.

5. Für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären, ist nichts ersichtlich.

6. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden, da dieser sein Ausbleiben im Termin nicht entschuldigt hat.

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AGH Frankfurt, Entscheidung vom 06.07.2009 - 2 AGH 15/08 -






BGH:
Beschluss v. 18.10.2010
Az: AnwZ (B) 34/10


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