Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Januar 2003
Aktenzeichen: 11 W (pat) 26/02

(BPatG: Beschluss v. 20.01.2003, Az.: 11 W (pat) 26/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 20. Januar 2003 (Aktenzeichen 11 W (pat) 26/02) die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A43B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2002 aufgehoben. Das Gericht hat entschieden, dass das Patent mit den vom Anmelder vorgelegten Unterlagen erteilt wird. Das Patent umfasst die Patentansprüche 1-10 sowie die Beschreibung vom 20. Januar 2003 und die Zeichnungen Figuren 1-4 in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung.

In der Begründung des Gerichts wird erläutert, dass die Anmeldung vom 20. März 2001 mit dem Titel "Bad-Slipper mit geminderter Rutschgefahr" noch nicht veröffentlicht wurde. Die Prüfungsstelle für Klasse A43B hatte die Patentanmeldung am 29. Januar 2002 gemäß § 48 PatG zurückgewiesen, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Anmelderin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben und das Patent mit den am selben Tag eingereichten Unterlagen sowie den ursprünglichen Zeichnungen zu erteilen.

Das Gericht stellt fest, dass der nun geltende Anspruch 1 zulässig ist und aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in einer verständlicheren Struktur hervorgegangen ist. Der Anspruch wurde zudem um Merkmale aus dem ursprünglichen Unteranspruch 4 (rutschfestes Weichthermoplastmaterial) sowie aus der Beschreibung und den Zeichnungen ergänzt.

Der Bad-Slipper nach Anspruch 1 erfüllt die Anforderungen an die Patentierbarkeit. Er weist eine geschichtete Sohlenkonstruktion auf, die aus vier verschiedenen Schichten besteht, wobei jede Schicht eine eigene Funktion hat. Im Vergleich dazu besteht die Sohle in den bekannten Dokumenten aus drei bzw. einer einzigen Schicht.

Das Gericht argumentiert weiter, dass die erfinderische Tätigkeit des Bad-Slippers nach Anspruch 1 darin liegt, dass die zusätzlichen Maßnahmen zur Stabilität des Slippers und zur Rutschminderung durch die Versteifungseinlage und die Zwischeneinlage nicht in den bekannten Dokumenten enthalten sind. Daher war es nicht naheliegend, zu einem Slipper mit diesen Eigenschaften zu gelangen.

Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass der geltende Anspruch 1 sowie die Unteransprüche 2-10 gewährbar sind und das Patent entsprechend erteilt werden soll.

Anmerkung: Die Inhaltsangabe sollte den wesentlichen Inhalt der Gerichtsentscheidung wiedergeben und dabei einfach und verständlich formuliert sein. Die tatsächliche Inhaltsangabe kann in Abhängigkeit von der Länge der Ursprungstextes variieren.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.01.2003, Az: 11 W (pat) 26/02


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A43B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2002 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 - 10 und Beschreibung vom 20. Januar 2003, Zeichnungen Figuren 1 - 4 in der ursprünglich eingereichten Fassung.

Gründe

I.

Die am 20. März 2001 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Bad-Slipper mit geminderter Rutschgefahr" ist noch nicht veröffentlicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse A43B des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Patentanmeldung mit Beschluss vom 29. Januar 2002 gemäß § 48 PatG zurückgewiesen, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den am heutigen Tag eingereichten Unterlagen und den ursprünglichen Zeichnungen zu erteilen.

Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Rutscharmer Bad-Slipper (A) bestehend aus einem offenen oder geschlossenen, vorderen Schlupfgebilde (5) und einer Sohlenkonstruktion (b), die -von unten nach oben geschichtet- die Komponenten a bis d aufweist:

a. eine Laufsohle (1) aus einem mit flächig verteilten Noppen (6) aus rutschhemmendem Weichthermoplastmaterial bestückten Textilmaterial und einem damit verbundenen wasserdichten und schrittfedernden Kunststoffmaterial, b. eine Versteifungseinlage (2) zur Formstabilisierung des Bad-Slippers, c. eine Zwischeneinlage (3) als Feuchtesperre für die Komponente b, d. eine federnde, die Feuchte ab- und resorbierende Abdecksohle (4), wobei die Komponenten a, b und d, gemeinsam an ihren Seitenrändern mittels eines Näh- oder Klebevorgangs zu einer Einheit verbunden sind und wobei im Zuge dieses Vorgangs das Schlupfgebilde (5) in Schlauch oder Kappenform in die Sohlenkonstruktion (B) mit eingearbeitet ist.

Bezüglich der Unteransprüche und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat insoweit Erfolg, als das Patent mit den nunmehr geltenden Unterlagen erteilt wird.

Die Erfindung betrifft einen rutscharmen Bad-Slipper mit einer geschichteten Sohlenkonstruktion. Herkömmliche Bad-Slipper (US 2 220 722 [D1]) entsprechen nach der Auffassung der Anmelderin nicht den Anforderungen bezüglich der Funktionstüchtigkeit bei der Nutzung auf feuchten Böden hinsichtlich der Rutschgefahr, besonders bei Benutzung in der Hotelbranche. Auch gerieten sie durch Wasseraufsaugung außer Form und die Entsorgung könne umweltbelastend sein. Das technische Problem (die Aufgabe) sei daher die Entwicklung eines Bad-Slippers, bevorzugt für gehobene Ansprüche, der die bisherigen Unzulänglichkeiten überwindet.

Die Lösung dieser Aufgabe wird in einem Bad-Slipper nach dem geltenden Anspruch 1 gesehen.

Für einen solchen Bad-Slipper ist als Fachmann ein Schuhtechniker mit einer entsprechenden Berufserfahrung zuständig.

1. Der neu vorgelegte Anspruch 1 ist zulässig. Er ist aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in verständlicherer Struktur hervorgegangen und durch Merkmale aus dem ursprünglichen Unteranspruch 4 (aus rutschhemmenden Weichthermoplastmaterial) sowie aus der Beschreibung, S. 2, 3. Abs. in Verbindung mit den Zeichnungen, Figuren 2 und 4 (flächig verteilte Noppen) ergänzt worden.

2. Der gewerblich anwendbare Bad-Slipper nach dem geltenden Anspruch 1 ist patentfähig.

Er besitzt die erforderliche Neuheit schon deshalb, da seine Sohlenkonstruktion durch vier unterschiedliche Schichten gebildet ist, wobei die Schicht a ihrerseits zweiteilig aufgebaut ist, und jeder Schicht eine eigene Funktion zugeordnet ist. Dagegen besteht die Sohle der US 2 220 722 [D1] aus drei Schichten, wobei die mittlere Schicht mehrere Funktionen wahrnimmt.

Auch die Sohle des Gebrauchsmusters DE 81 01 424 U1 [D2] weist mit der Verschleißschicht unten und dem auswechselbaren Sohlenteil 9 oben drei Schichten auf.

Die aus der DD 61 950 [D3] und dem Gebrauchsmuster DE 93 03 990 U1 [D4] bekannten Sohlen besitzen einen einschichtigen Sohlenaufbau.

Die im Zwischenbescheid des Berichterstatters zum ursprünglichen Anspruch 4 noch genannten FR 2 692 114 A1 [D5] und JP 05-117902 A [D6] betreffen keine Slipper im Sinne des Patentanspruchs 1, sondern Strümpfe bzw. Socken.

Der Bad-Slipper nach dem nunmehr geltenden Anspruch 1 ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der US 2 220 722 [D1] ist ein Slipper mit verminderter Rutschgefahr bekannt, der aus einem Schlupfgebilde und einer Sohlenkonstruktion gebildet ist. Die Sohlenkonstruktion weist -von unten nach oben geschichtet- eine Laufsohle, eine Zwischenschicht zur Verstärkung (reinforcement) und zur Herstellung einer Wasserfestigkeit (waterproofing) sowie eine Abdecksohle auf. Die einzelnen Komponenten sind gemeinsam an ihren Seitenrändern mittels eines Nähvorgangs (stitching) zu einer Einheit verbunden. Dabei ist das Schlupfgebilde (upper piece) in die Sohlenkonstruktion mit eingearbeitet. Im Ausführungsbeispiel ist die obere und untere Schicht jeweils aus einem Papierwerkstoff und die mittlere aus einem Asphaltwerkstoff gebildet, wodurch eine zusätzliche Verklebung (bonding) der Schichten miteinander erfolgt. Eine Rutschminderung (nonskid) ist durch vorspringende Nähte (thread of the stitching) erreicht, die mit Kiefernharz (pine resin) getränkt sein können. Greift der Fachmann diese bekannte Lehre auf, wird er die Schichten der daraus entnehmbaren Sohle aus zeitgemäßen Textil- oder Kunststoffwerkstoffen fertigen. Da er diese Schichten aber dünn gestalten muss, um zielorientiert einen leichten, preiswerten und unproblematisch entsorgbaren Slipper zu erhalten, muss der Fachmann zusätzliche Maßnahmen für die Stabilität des Slippers ergreifen. Diese liegen nach Patentanspruch 1 in einer zusätzlichen Versteifungseinlage zur Formstabilisierung und einer weiteren Zwischeneinlage als Feuchtesperre für diese Komponente. Weil in D1 die Verstärkung und Herstellung einer gewissen Wasserfestigkeit durch nur eine Zwischenschicht hergestellt wird, findet der Fachmann dort kein Vorbild dafür, eine separate Versteifungseinlage und eine dieser zugeordneten Feuchtesperre vorzusehen. Da im Weiteren in D1 rutschmindernde Maßnahmen nur in der Randzone des Slippers ergriffen sind, liefert D1 auch dafür keinen Anhalt, die an sich aus der FR 2 692 114 A1 [D5] oder der JP 05-117902 A [D6] an Strümpfen bekannten, flächig verteilten Noppen aus einem rutschhemmenden Weichthermoplastmaterial auf der Laufsohle eines Slippers vorzusehen.

Auch das Gebrauchsmuster DE 81 01 424 U1 [D2] kann den Fachmann nicht auf diesen Weg bringen, da dort ebenfalls nur ein dreischichtiger Sohlenaufbau ohne zusätzliche Maßnahmen zur Rutschminderung zu finden ist. Deshalb kann auch die mögliche zusammenfassende Betrachtung der D1 und der D2 den Fachmann nicht zum Ziel führen.

Die weiteren Druckschriften DD 61 950 [D3] und DE 93 03 990 U1 [D4] liegen weiter ab, da deren Sohle jeweils nur einschichtig ist. Deshalb liefern sie dem Fachmann keine Einzelheiten bezüglich eines mehrschichtigen Sohlenaufbaus.

Nach alledem war erfinderische Tätigkeit erforderlich, um zu einem Bad-Slipper nach dem geltenden Anspruch 1 zu gelangen.

Anspruch 1 und mit ihm die Unteransprüche 2 bis 10, die zweckmäßige Weiterbildungen des Bad-Slippers aufzeigen, sind somit gewährbar. Das Patent ist antragsgemäß zu erteilen.

Dellingerv. Zglinitzki Harrer Schmitz Fa






BPatG:
Beschluss v. 20.01.2003
Az: 11 W (pat) 26/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/03a785b8b091/BPatG_Beschluss_vom_20-Januar-2003_Az_11-W-pat-26-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share